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diejenigen am meisten der Hülfe, welche andern Uebel bereiten durch ihre Fehler? und welcher Hülfe bedarf denn derjenige, der, weil er nach ungöttlicher Luft trachtet und die vergänglichen Dinge dieser Welt an sich zu reißen sucht, seinem Bruder Leiden bereitet? oder derjenige, des des nächsten Werke stört, weil er zu sehr nur auf sich selbst bedacht ist, als daß er umhersehen könnte, wie er sich zu den Geschäften eines andern verhält? Nichts anders bedürfen beide, als daß sie gereizt werden zur Liebe! Denn m. g. Fr. warum schließt der Mensch sich ab in sich selbst und liebt nur sich, da wir doch zu einem Erbe berufen sind, das uns allen gemeinsam ist? warum klebt er an der irdischen Freude, auf welche immer nur zu bald das irdische Leiden folgt, da sich ihm doch alles vergeistigen sollte und eine himmlische Geltung erhalten, wie ja unser aller Wandel schon hier im Himmel sein soll? Das ir dische ist ja ein wandelbares, das wir doch nie befestigen können in unserm Besiz; mit einem flüchtigen Rausch begnügt sich doch nur, wer keine höheren Freuden kennt; und die Selbstsucht ist ja eine Beschränkung, in der keiner verweilen wird, dem ein größerer Kreis geöffnet ist. Die Liebe aber öffnet ihn; wo sie ist, da erscheint alles selbstsüchtige in seiner Leerheit und Nichtigkeit, daß das Herz nicht mehr dabei verweilen kann; sie ist es, durch die alles an sich vergängliche sich in ein unvergängliches und himmlisches verwandelt, indem ihr Thun daran ihm ihr eignes göttlis ches Gepräge aufdrükkt. Für alle solche verirrte ist also das die einzige wahre Hülfe, daß wir sie zu reizen suchen zur Liebe, um den göttlichen Funken derselben in der Seele anzufachen, damit sie aus dem irdischen Nebel hervortauche, und ihre Bestrebungen einen höheren Flug nehmen.

Wenn aber nun verborgene Schikkungen, an welchen menschliche Handlungen keinen Theil haben, sondern die wir nur als von der Hand des Höchsten über uns kommend ansehen dürfen, uns ungünstig sind: müssen wir nicht auch in Beziehung auf diese gestehen, daß je mehr durch die Kraft der Liebe das Herz des Menschen in sich selbst rein und ruhig ist, voller Gnade und voll Friedens, desto leichter er auch alles trägt und überwindet, was ihm so von außen kommt, weil die Leiden dieser Zeit nicht verglichen werden können mit der Seligkeit, die in einem liebenden Herzen ist? Und finden wir nun, daß es einem an der rechten Kraft fehlt zu überwinden was ihm schon in den Weg getreten ist, oder dem ruhig entgegen zu sehen, was ihm noch drohen mag: so ist freilich immer das nächsie, daß wir einem solchen das Vertrauen auf Gott anwünschen und empfehlen. Aber wie können

wir wol lebendiges Vertrauen auf Gott haben, wenn er uns nicht nahe und gegenwärtig ist in unserer Seele, das heißt, wenn wir nicht sein göttliches Wesen in dem innern unseres Gemüthes wahrnehmen als das des starken und hülfreichen Gottes? Nun aber ist Gott die Liebe, wir können ihm also auch nur nahe sein in der lebendigen Kraft der Liebe. Der liebende Mensch allein wird also der sein, der wahrhaft auf Gott vertraut; und wenn, unter welchen Umständen es auch sei, unser Bewußtsein Gottes ein anderes Gepräge hat als das eines kindlichen Vertrauens: so kann der Grund davon nur der sein, daß das Herz noch der Lies be verschlossen, und die harte Rinde desselben noch nicht so ers weicht ist von dieser durchdringenden Kraft, daß ihr göttliches Feuer sich nach allen Seiten verbreiten und alles schöne und gute hervorlokken und nåhren kann.

Bleiben wir nun aber nicht bei dem einzelnen Menschen und dem, was zu seinem Wohl gehört, allein stehen, sondern ses ben eben so auch auf das wichtigere, auf den Gesammtzustand unsers gemeinsamen Lebens in allen seinen verschiedenen Beziehungen, ein Gegenstand der jedem wohldenkenden an Tagen wie der heutige vorzüglich am Herzen liegt: so müssen wir ebenfalls sagen, wir würden nicht so viel in dieser Beziehung zu klagen gehabt haben, als unstreitig auch in dem vergangenen Jahre geschehen ist, wenn das andere, wovon unser Text redet, nämlich ein größerer Neichthum von guten Werken unter uns wäre zu finden gewesen. Das sehen wir schon daraus, daß wir auf diesem Gebiet nicht leicht eine Klage hören ohne einen Tadel. Mag nun der Tadel auch oft ungerecht sein und unberufen: so liegt doch darin das allgemeine Zugeständniß, daß zu jeder solchen Klage auch der Natur der Sache nach ein Tadel gehört, weil hier alles von Redlichkeit und Wohlwollen, so wie von Einsicht und Sachverständniß abhängt. Wenn also jeder, so wie er es könnte und sollte, nicht das seinige suchte, sondern was aller andern ist, daß heißt, was zum gemeinen Nuzen gereichen kann; wenn jedem lez bendig genug vorschwebte, worauf es in allen seinen Verhältnis fen vorzüglich ankömmt, damit das rechte geschehe und das gute gefördert werde unter den Menschen, und damit alle Unvollkom menheiten und Unebenheiten immer mehr weggeschliffen und ausgeglättet würden, so daß wir uns das Leben gegenseitig immer leichter machten: dann würde es keinen Grund geben zu klagen. Was aber hiezu führt, das sind eben die guten Werke, welche der Apostel so beschreibt, Ist irgend eine Tugend, ist irgend ein

Lob, was lieblich ist und wohllautet, dem trachtet nach *). Nicht also etwa nur für einen noch so sehr unvollkommnen Zustand, als der unsrige uns wol mit Recht erscheint, gilt dieses; sondern wenn wir auch schon viel weiter fortgeschritten wären und folglich auch viel weniger zu klagen hätten als jezt, würden wir doch immer sagen müssen, wo es noch mit Recht etwas zu klagen giebt, da hat es auch an den guten Werken gefehlt. Hätten diese nicht ges fehlt an dem schikklichen Ort und zur rechten Stunde: so würde nichts übeles entstanden sein, worüber wir klagen dürften. Wie könnte es auch wol für das gemeinsame Leben der Menschen eine andere Regel und einen größeren Segen geben, als wenn böses überwunden wird mit gutem? Aber das Ueberwinden sezt eben Thätigkeit und Anstrengung voraus; soll also böses mit gutem überwunden werden, so kann das nicht anders geschehen als durch angestrengten Fleiß in guten Werken. So daß wir mit Recht sagen können, dieses allein sei es, dessen wir für unser gemeinsa mes Leben bedürfen.

Wenn also dies beides, Liebe und gute Werke in einem reichen Maaße unter uns und in uns wohnten: so würden wir nicht nur alle fröhlich sein und wohl zufrieden, weil jeder wohl, thätig und belebend in allen seinen Verhältnissen wirken würde: sondern alles was löblich ist und wohllautet vor Gott und Menschen würde auch in der reichsten Fülle unter uns aufblühen. Erblikken wir also bei dem Uebergang in ein neues Jahr noch irgend etwas trübes und hemmendes, wie es auch immer beschaffen sei: so dürfen wir uns auch nicht leugnen, es hat an der rechten Kraft der Liebe und an dem rechten Fleiß in guten Werken gefehlt. Die Liebe ist der Balsam, mit welchem wir jedes verwundete Gemüth erquikken sollen, sie ist der Wein, den wir jedem reichen sollen, welchen wir traurig sehen. Der Fleiß in guten Werken ist das beständige Opfer, aber auch das einzige, welches wir dem Gemeinwesen darzubringen haben, damit die Unehre, daß wir langsamere Fortschritte zu dem Ziele machen, welches ung allen vorschwebt, immer mehr von uns genommen werde. Last uns beides mit einander verbinden: so wird bald alles aufgehoben sein, worüber wir klagen, und eben so alles erreicht, was wir wünschen und hoffen. Und wie nicht nur jedes von diesen beiden für sich ein wahres Bedürfniß ist, sondern beide zusammen in der That das einzige, wodurch alles gestillt wird: so hängt auch beides so genau mit einander zusammen, daß eines auch wie

*) Phil. 4, 8.

der das Zunehmen des andern fördert. Wie sollte nicht die Fülle der Liebe auch überall den Reichthum der guten Werke mehren! und wenn wir überall umgeben wären von guten Werken aus reinem Herzen gethan: wie sollte dann nicht die Liebe auch immer mehr frei werden in jeder Brust, und so alles zusammenstimmen, auf daß vir uns alle immer mehr freuen könnten in dein Herrn!

II. Nun aber m. g. Fr. wird uns in den Worten unsers Textes auch zweitens gesagt, wie wir denn dieses gemeinsame Bedürfniß zu befriedigen haben. Wir sollen nämlich einander gegenseitig wahrnehmen durch Reizungen zur Liebe und guten Werken; wir sollen jeder sich selbst und jeder den andern zur Liebe und zu guten Werken immer stärker und dringender auffor, dern; und diese Reizung soll davon ausgehen, daß wir einander wahrnehmen. Nämlich dieser Ausdrukk, daß wir unser unter einander wahrnehmen sollen, geht allerdings, auch unserm Sprachgebrauch gemäß, zulezt darauf hinaus, daß wir für einander sors gen sollen in der angegebenen Beziehung; aber er giebt auch sehr bestimmt an, unser Sorgen solle damit beginnen, daß wir jeder den andern wohl beachten, daß wir uns darum bekümmern und uns eine anschauliche Kenntniß davon erwerben sollen, wie es um ihn steht, indem wir aufmerksam auf seinen Zustand sind und besonders seine Bedürfnisse recht erkennen. Sehet da m. g. Fr., so schenkt der Verfasser unsers Briefes in dieser schönen Ermahnung, daß ich mich so ausdrükke, uns alle einander zum neuen Jahre, jedem die andern als ein ihm anvertrautes Gut, wofür er zu sor gen hat. Wir sollen einander wahrnehmen, das ist das Werk der christlichen Gemeinschaft; wir sollen jeder für den andern sorgen in dem rechten christlichen Sinne, das heißt in Beziehung auf das Reich Gottes und dessen Förderung; und wo wir einans der sehen, dá soll das der Gesichtspunkt sein, aus welchem jeder den andern betrachtet. Wenn wir nun zunächst fragen m. g. Fr., wie wir es denn anfangen sollen andere zur Liebe zu reizen: so werden gewiß die meisten finden, daß die Forderung unausführbar sei, wenn sie so allgemein gestellt wird. Allein wir machen in der heutigen Welt einen viel zu großen Unterschied zwischen den entfernteren und näheren Verhältnissen, in denen wir mit ans dern stehen, viel größer, als der Christ ihn machen sollte. Denn das leidet wol keinen Zweifel, je mehr wir uns in dem rechten christlichen Sinne stårken, um desto mehr verringert sich auch dieser Unterschied; die entfernteren rükken uns nåher, und der Abstand erscheint uns bei weitem nicht so groß, als unsere Behands

lung desselben im gewöhnlichen Leben allerdings voraussezt. Nåmlich für den wahren Jünger des Herrn m. g. Fr. giebt es durch, aus keinen Menschen, der ihn nichts anginge; sondern jeder Mensch, der uns irgend einmal auf der Bahn unsers Lebens begegnet, ist entweder ein solcher, der sich mit uns der Wohlthaten der Erldsung schon freut, der mit uns denselben Herrn bekennt und preis set, oder ein solcher, den wir suchen sollen und uns des Berufs bewußt sein ihn dieser Wohlthaten theilhaftig zu machen. Es giebt also keinen, der uns fremd wåre; sondern wenngleich in einem verschiedenen Sinn und Maaße sind alle doch immer unsre Brüder. Und eben so müssen wir auf der andern Seite sagen, es giebt keinen, der irgend einem unter uns ausschließend angehörte; sondern wir sind für einander ein gemeinsames Gut. Jes der hat, da wir ja alle zu einer großen Gemeinschaft berufen sind, Nechte der Liebe auf jeden und Ansprüche an jeden zu machen, so fern nur irgend das Leben des andern ihn berührt, und aus dem Gemüth desselben etwas in das seinige übergehen kann. Ins dessen bleibt allerdings ein solcher Unterschied immer übrig, daß wir gegen einige viele Gelegenheit haben diese Pflicht zu erfüllen, gegen andere weniger, daß es uns bei einigen leicht gemacht wird ihrer wahrzunehmen, bei anderen nicht. In den engeren Verhältnissen des Lebens nun m. g. Fr., da ist von selbst klar und bedarf keiner weiteren Ausführung, wie es geschicht, daß wir unter einander uns wahrnehmen, und wie das rechte christliche Leben in jedem sich dadurch aussprechen soll, daß jede Beachtung der andern diesen ein Reiz zur Liebe wird. Aber ist es nicht auch bei entfernteren Verhältnissen möglich, wenn wir nur die zärtliche Sorge eines liebenden Gemüths überall hin bringen? können wir nicht auch derer, die uns nicht so unmittelbar umgeben, wenn nur unser Wille darauf lebendig gerichtet ist, ebenfalls so wahrs nehmen, daß wir bemerken was jedem fehlt? und soll wol irgend einer, wenn wir sein Bedürfniß erkannt haben, von uns gehen ohne eine geistige Gabe empfangen zu haben nach dem Maaße unserer Kräfte? O wie beschränkt wird unsere schönste Wirksamkeit auf einen geringen Theil unseres Lebens, und wie leer also das ganze übrige, wenn wir uns dieses erlassen!

Also bleibt uns immer nur die Frage übrig, Wenn wir nun andere zur Liebe reizen sollen, wie kann das geschehen? Wohl nicht anders, als so. Denkt euch, in einer menschlichen Brust folle die Liebe erst entstehn; einer habe die Quelle derselben nicht lebendig in ihm selbst: so müßte ja, damit diese Quelle in ihm entspringen könne, die Liebe ihm erst von außen mitgetheilt und

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