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wol daher, daß ihnen doch diese Einwirkung Christi das Bewußtsein von etwas fremden giebt. Und das scheint wol sehr zusammenzuhangen mit dieser großen Erweiterung der menschlichen Dinge, daß jeder gern alles, dessen er sich bedienen muß, was zum Les ben nothwendig gehört, auch will zu eigen haben. Dann freilich muß es sich gebessert haben mit dem inwendigen Menschen. Seid ihr nun etwas mehreren mächtig in euch als des unkräftigen Wohlgefallens, daß ihr hoffen könnt für euch allein zu bestehn im geis stigen Leben: so gedenkt ihr eigentlich nichts aufzurichten neben der Gerechtigkeit aus dem Glauben, wie jene Lehrer, gegen wels che Paulus in unserm ganzen Briefe warnt. Denn diese hielten fest an dem Glauben, daß Jesus der Christ sei, aber sie meinten, neben demselben sei doch auch nothwendig das Gesez zu halten. Und wenn nun Paulus doch schon von diesen sagt, daß sie die Gnade Gottes wegwerfen: wie viel mehr muß es dann von euch gelten! Denn ihr müßt des Lebens Christi ganz entbehren wollen, wenn ihr glaubt aus eigner Kraft bestehen zu können, und nur von da empfangen wollt, wohin ihr auch wieder vergelten. könnt. Aber woher soll diese Verbesserung entstanden sein? ist sie auch unabhängig von dem Leben Christi und von dem Geist, den er ausgegossen hat auf die seinigen? soll neben ihm her das menschliche Geschlecht sich selbst erzogen haben gebessert und geEräftigt, und er wäre eben auch nur zwischen eingekommen wie früher das Gesez, um diese innere Entwikklung zu beschleunigen und zu fördern? Sollte jemand so kühn sein ihm alles zurükkzugeben, was von ihm herrührt, und doch bestehen zu wollen in einem Gott gefälligen und ihn selbst befriedigenden geistigen Leben? Das nun wagt wol keiner; aber wenn auch nicht ohne feine Mitwirkung, so seien nun doch höhere geistige Kräfte wirk lich entwikkelt in der menschlichen Natur, sie eigneten ihr und brauchten micht mehr auf sein Leben und seine Einwirkung zurükkgeführt zu werden. Nun ja, das heißt die Gnade Gottes ganz wegwerfen; aber seht wohl zu, was ihr übrig behaltet! Wenn ihr den Ursprung dessen, was ihr als euer Eigenthum in Anspruch nehmen wollt, verläugnet, werdet ihr bald auch nicht mehr haben was ihr hattet; wenn ihr Bild und Ueberschrift austilgt, werdet ihr bald selbst irre werden an dem Werth eurer Münze. Brecht ihr den Zusammenhang mit Christo ab, so wird bald die Natur wie sie war zum Vorschein kommen; das reine Ziel werdet ihr nicht mehr-erblikken, die Liebe wird zusammenschrumpfen, das Reich des Geistes wird in sich zerfallen. Und wenn ihr meint im Geist fortzufahren ohne ihn und von einer Klarheit zur an

dern zu steigen: so werdet ihr plözlich merken, daß ihr nur im Begriff seid auch im Fleisch zu vollenden. Die Natur ist unvers åndert geblieben; nimmt sie nicht Christum immer wieder auf, so zeigt sie sich bald wieder als die Finsterniß, welcher nicht gegeben ist das Licht zu begreifen. Die Zeit der Unmündigkeit unter den Sazungen ist freilich vorüber; aber mündige Kinder Gottes zu sein, diese Macht erhalten und behalten wir nur, wenn wir ihn aufnehmen. Die Zeit dessen, der da kommen sollte, ist die lezte Zeit; wenn ihr euch von ihm abwendet in der Meinung noch eine andere Zeit eine schönere Zeit größerer Selbständigkeit und also auch größerer Freudigkeit des menschlichen Geistes herbeizuführen, so irret ihr euch; denn es steht nun keine neue Zeit weiter bevor. In ihm ist alles vollendet, aus ihm soll sich alles entwikkeln. Brecht ihr mit ihm, so kann euch nichts übrig bleiben als ein schrekkliches Warten des Gerichts *) und des Feuereifers, der die widerwärtigen verzehren wird. Aber wir versehen uns besseres zu allen, und daß vielmehr die Seligkeit nåher ist **). Denn was von dem gerechten überhaupt gilt, daß sein Recht immer wieder aufgeht wie der Mittag ***), das gilt noch viel mehr von dem einen, der allein nicht nur gerecht ist, sondern auch gerecht macht. Oft schon hat sich der Himmel verdunkelt, und Gewölk hat sich gehäuft; aber der Herr bringt sein Recht immer wieder hervor wie den Mittag.

Und damit wir nicht aufhören alles von ihm zu erwarten und nichts neben ihm zu suchen, so laßt uns auch noch an das andere Wort des Apostels gedenken, Wenn die Gerechtigkeit aus dem Gesez kommt, sagt er, wenn sie irgend anders woher kommt: so ist Christus vergeblich gestorben. Fragen wir uns nun, wie der Apostel dazu kommt hier gerade nicht im allgemeinen zu sagen, Christus ist vergeblich in die Welt gekommen, sondern so bestimmt, Er ist vergeblich gestorben. Da er hierüber gar nichts erklärend hinzufügt: so müssen wir es uns offenbar aus dem ers Elåren, was er kurz vorher über den Tod Christi gesagt hatte. Seine Meinung ist also, Christus sei vergeblich gestorben, wenn wir dem nicht gestorben blieben, wodurch er gestorben ist. Und das ist freilich nicht das Gesez allein, sondern alles wodurch überall ein Gesez nothwendig wird, alle Sünde und Unvollkommenheit, alles selbstsüchtige beschränkte Wesen. Dem allen sterben wir auch

* Hebr. 10, 27.

**) Hebr. 6, 9. ***) Pf. 37, 6.

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gewiß immer ab, wenn Chriftus in uns lebt, weil er nicht in uns leben kann, ohne daß wir alles eben so auf das allgemeine Heil aller beziehen und für die große Gemeinschaft derer leben, die seinen Namen bekennen und noch bekennen sollen. Wer will es wagen sich von dieser zu trennen und doch sicher sein in demsel ben Gang fortzugehen, den er sie führt. Wer, der es einmal recht empfunden hat, mag es wagen das fahren zu lassen als etwas fremdes das ihn nicht angeht, daß Christus um der Sünde willen gestorben ist, und doch sicher zu sein, daß er ihr nicht nach. geben wird hier oder da? Oder wer vermag eine Gerechtigkeit aufzurichten, die reiner wäre und größer als dessen, der gekommen ist, auf daß er allen diene und sich hingebe für alle? Neinweder laßt uns eine Gerechtigkeit der Werke des Gesezes aufrich, ten, noch eine Gerechtigkeit aus eigner sittlicher Kraft, damit uns Christus nicht vergeblich gestorben sei! Laßt uns festhalten mit unsern Vorfahren an dieser Gerechtigkeit aus dem Glauben, das mit wir auf das innigste mit dem in Verbindung bleiben, der uns zum Eigenthum erworben hat. Alle falschen Stüzen nieders zureißen, auf die sich sonst noch mißleitete Christen verlassen hats ten, und diese Gerechtigkeit aus dem Glauben allein wieder aufs zurichten, das war eine der Haupttriebfedern jener Erneuerung der Kirche, die auf dieses Bekenntniß gegründet ist. Dazu wollen auch wir Mitarbeiter sein, sicher daß wenn Christus in uns lebt, wir und unsre Nachkommen aus seiner Fülle nehmen werden Gnade um Gnade. Amen.

V.

Das vollendende Opfer Christi.

Text. Hebr. 10, 12.

Dieser aber, da er hat ein Opfer für die Sünde geopfert, das ewiglich gilt, sizt er nun zur rechten Gottes. Denn mit Einem Opfer hat er in Ewigkeit vollendet, die geheiliget werden.

M. a. Fr. Das neutestamentische Buch, woraus diese Worte

genommen sind, beschäftigt sich größtentheils damit eine Vergleis chung auszuführen zwischen dem neuen Bunde und dem alten, also daß der Verfasser den alten als einen Schatten und ein Vor bild, den neuen aber als das eigentliche Wesen darstellt. Und wie nun das Vertrauen der Mitglieder des jüdischen Volkes im alten Bunde vorzüglich auf der ganzen Ordnung des Gottesdiens stes und der priesterlichen Einrichtung beruhte: so hat er es auch vorzüglich mit diesen zu thun und stellt den Erlöser dar als den einzigen wahren Hohenpriester des Menschengeschlechts und sein Opfer als das einzige, welches auf alle Zeiten gilt für alles, was die Menschen entfernen könnte von Gott. Für uns, denen diese ganze Einrichtung so fern liegt, und daher auch schon für die Christen überhaupt seit vielen Jahrhunderten, seitdem der jüdische Gottesdienst mit seiner Herrlichkeit verschwunden ist, für uns hat das immer etwas fremdes, daß wir uns den Erlöser denken sol len als einen Priester und zugleich als das Opfer, das er dar bringt. Daher wäre es nicht zu verwundern gewesen, wenn wir

in unsern Mittheilungen über die Angelegenheiten des Heils diese bildliche Darstellung, weil sie sich nur auf jene öfter im neuen Testament vorkommende Vergleichung bezieht, ganz verlassen und uns für diese so wichtige christliche Lehre lieber ausschließlich an solche Ausdrükke gehalten hätten, wodurch der Erlöser selbst sie in seinen Reden oft und vielfach bezeichnet hat. Dies, sage ich, könnte und viel weniger befremden; aber wer von uns, wenn wir es nicht schon wüßten, würde sich so leicht entschließen zu glauben, man sei in der christlichen Kirche bei jener auf das jüdische Bezug nehmenden Darstellung geblieben, wolle aber doch das Opfer, wovon unser Verfasser redet, nicht als ein solches gelten laffen, das allein und in Ewigkeit für alles genüge, sondern habe ohnerachtet der deutlichen Erklärung unseres Textes doch noch ans dere Opfer und andere Priester, die Opfer darbringen müssen für die Sünden der Menschen, als etwas nothwendiges aufgestellt. Dieses nun ist einer von den wichtigen Punkten, in welchen unser Bekenntniß den Mißbräuchen der Zeit entgegengetreten ist und festgehalten hat an den Worten der Schrift, daß das Opfer Christi das einige sei, was in Ewigkeit gilt, wovon die Opfer des alten Bundes nur ein Schatten gewesen, und durch welches alle vollendet sind, die da geheiligt werden. Darum laßt uns nun dieses heiligende und vollendende Opfer unsers Erldsers zum Gegenstande unserer Betrachtung machen. Es kommt vorzüglich auf zweierlei an, erstens nämlich wie es zu perstehen sei, daß die, die da geheiligt werden, durch das Opfer Christi vollendet sind; und zweitens, was für Folgen nothwendig dar. aus entstehen müssen, wenn man neben diesem Opfer noch andere Opfer in das Gebäude des neuen Glaubens einführt.

I. Wenn wir uns nun fragen, wie das Opfer Christi, das er dargebracht, das Opfer einmal geschehen am Kreuz, der Grund unserer Seligkeit geworden sei, wie denn durch dasselbe diejenigen, die da geheiligt werden, vollendet sind: so giebt es freilich darüber auch unter den Christen unsers Bekenntnisses sehr verschiedene Vorstellungen, was natürlich damit zusammenhångt, daß der ganze Begriff des Opfers etwas fremdes und daher auch unbestimmtes und vieldeutiges für uns ist. Ohne uns daher über diese Verschiedenheiten ausführlich auszulassen, wollen wir lieber dabei stehen bleiben, was theils in unserm Texte selbst, theils im nächsten Zusammenhang mit diesen Worten in demselben Kapitel unseres Briefes über diesen Gegenstand gesagt ist, um uns mit dieser Behandlungsweise genauer zu befreunden und uns über das

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