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1. Ein großer Theil von der Rede, die Gott dem Herrn in jenem alten heiligen Buche in den Mund gelegt wird, beschäftigt sich mit den Werken der Natur und stellt dar, wie eben in der natürlichen Schöpfung Gott der Herr allem sein Maaß gesezt babe. Wie er, als die Welt auf seinen Ruf wurde und sich ge staltete, die unendliche Menge von Kräften, aus deren lebendiger Bewegung alles besteht, frei ließ, so hat er sie auch gebunden. Jede für sich ist ein eben so stolzes und unbåndiges Wesen wie jenes Element, auf welches sich die Worte unseres Textes zunächst beziehen, und möchte sich immer mehr nach allen Seiten in aus breiten und weit umher über alles andere herrschen. Da ruft der Herr das entgegengesetzte hervor und bindet das eine durch das andere. So hat er bei der Schöpfung aller Dinge gesondert und vereint; so schied er das Licht von der Finsterniß, aber er ließ stehen in festem und bestimmtem Maaß den wohlthätigen Wechsel von Tag und Nacht; so sonderte er das feste von dem flüssigen, aber vermöge des bestimmten Maaßes zwischen beiden trägt, hålt und befruchtet beides einander.

Sehen wir nun aber auf die natürliche Welt, wie sie gegen wärtig vor uns liegt, so finden sich schon nach dem Augenschein, noch mehr aber nach den wohlbegründeten und übereinstimmenden Zeugnissen derer, die sich mit diesen natürlichen Dingen ernsthaft und zusammenhängend beschäftigen, auf der Oberfläche sowol, als in den Tiefen der Erde die mannigfaltigsten Spuren wiederholter großer Zerrüttungen. Das verborgene unterirdische Feuer hat unbildend und zerstörend ungeheure Massen aus der Tiefe hervorge hoben; das Meer, das der Herr verschlossen zu haben schien und es zusammengefaßt zwischen unübersteiglichen Däminen, hat sich dennoch öfter wieder ergossen: aber nur so konnte durch wiederhelte Mischung und Trennung des festen und des flüssigen die Erde dieses vollkommne Maaß gewinnen, wodurch sie fähig wird, die ganze Masse des unendlich abgestuften Lebens zu tragen und zu nähren, welche sich auf derselben bewegt. Und auch jezt noch, obschon alle diese natürlichen Kräfte theils durch den oft wiederholten Wechsel von Aufregungen und Beruhigungen ins Gleichgewicht gebracht worden zu sein scheinen, theils auch in andern Richtungen abgelenkt und auf mannigfaltige Weise gebunden durch den Geist des Menschen, läßt der Herr sie sich von Zeit zu Zeit wieder nur mehr im kleinen und einzelnen über ihr gewöhnliches Maaß hinaus ergießen, daß doch den Menschen wieder bange wird, es möchte sich diese oder jene wieder zu einer zügellosen Herrschaft emporarbeiten und alle übrige aufreiben. Oft

noch wirbelt das losgelassene Feuer der Tiefe zu den Wolken ems por und bedekkt den Boden mit glühendem Tode, oft noch stürzen die Wasser zusammen von oben herab, ergießen sich weit über ihre gewöhnlichen Ufer, zerstören die Werke der Menschen und vers schlingen strekkenweise das mühsam angebaute Land; aber der Herr läßt das Feuer wieder verlöschen zu seiner Zeit und die Wasser wieder ablaufen, und der Mensch nimmt ihren Naub wieder zus rükk, und überall ist es Gott, der das rechte Maaß ordnet und allmählig immer schöner und genauer entwikkelt, und immer und überall sehen wir aus der scheinbaren Zerstörung eine neue und bessere Ordnung hervorgehen. Aber wo eins sich zügellos zu empören scheint, nachdem es schon gebunden gewesen war, und mit der ungemeffnen Kraft das ruhige und stille bedroht: da verbirgt sich uns mehr der Ewige, wie auch jener Prophet ihn im Sturm und im Feuer nicht fand; wir bekommen überwiegend den Eindrukk von einer gleichsam frei gewordenen Gewalt der Natur, und es bemächtigt sich unser das Gefühl unserer Ohnmacht und wie unbedeutend der Mensch sei gegen jene allgemeinen Kräfte. Wenn aber die Schleusen des Himmels oder die Pforten der uns teren Welt sich wieder schließen, wenn die zerstörenden Ausbrüche wieder still werden und was sich zugellos ergossen hatte wieder in dasjenige Maaß zurükktritt, worin es mit allem andern zusam men bestehen kann: da erblikken wir den Herrn; er verkündigt sich uns da, wo Ordnung entsteht und gehandhabt wird, wo ein freund, liches und mildes Maaß vorwaltet. Und haben wir so den Gedanken ausgedacht, es war der Herr, der gesprochen hat, Big hieher und nicht weiter, hier sollen sich legen deine stolzen Wellen! dann beginnen wir auch zu bedenken, daß beides zusammen gehört, und sehen dann auch in jenen scheinbaren Zerstörungen nicht mehr eine empörte Gewalt der bloßen Natur, sondern auch da den gebietens den Willen dessen, der auch wollte, daß die Wellen so weit gehen und so weit sich ergießen sollten, damit das rechte Maaß für jede neue Stufe in der Ordnung der Dinge entstehe.

Aber alles natürliche ist für uns doch nur entweder ein schwas cher Schatten des geistigen, oder ein vorzüglich bedeutendes Sinns bild desselben; und so laßt uns denn ganz besonders auf die Schöpfung sehen, welcher der Herr den lebendigen Odem einges haucht hat, auf den Menschen, den er gebildet hat zu einer vernünftigen Seele. O hier ist es ja eben ganz eigentlich m. g. Fr., wo wir so oft ausrufen, daß die Wege des Herrn uns unerforsch. lich erscheinen und unbegreiflich seine Gedanken. Was durch die Verwandtschaft der Natur in Liebe gebunden sein soll, das zertheilt

sich in stolzem und selbstfüchtigem Eifer; die einander von Herzen zugethan sein sollten, verschmähen oft auch die äußerlichste Ges meinschaft; die einander als gleiche und zusammengehörige gegens seitig dienen sollten, von denen will jeder nur herrschen über die andern. Wilde Leidenschaften brausen auf und zerrütten die Ges müther, so daß überall Maaß und Einheit nicht nur jedes einzels nen, sondern auch des gemeinsamen Lebens verloren geht. So sehen wir auch auf diesem Gebiete die kaum einigermaßen geordnete Natur im Begriff sich selbst wieder zu zerstören und in Verwirrung unterzugehen! Und nicht immer ist es nur der Eigennuz, der dieses Feuer entflammt, und das Feuer selbst nur ein Streit über den Besiz irdischer Dinge; sondern ganz vorzüglich, wenn entgegengesezte Ansichten über die beste Berathung und Anordnung der menschlichen Dinge, über die tiefste Quelle des öffentlichen und gemeinsamen Wohls und Wehes, über die wirksamsten Mittel, un» ter gegebenen schwierigen Umständen jenes zu fördern und dieses zu dämpfen, sich nicht mehr in den Grenzen der wechselnden Rede bewegen, sondern, weil jeder glaubt dem Verderben vorbauen zu müssen, das vom Gegentheil aus entstehen könnte, nun schon beide mit Gewalt einander gegenübertreten: welche Zerrüttungen erfahren dann die menschlichen Dinge! wie emfig wüthen dann die Menschen, glaubend daß sie nur zerstören um desto schöner zu bauen, aber doch immer nur bauend was gleich wieder zerstört werden muß! welch ein grausames Spiel wird dann getrieben uns ter dem Wahlspruch, es sei besser, daß einige umkommen und so das ganze erhalten werde, als daß das ganze verderbe aus weichs lichem Mitleid mit einigen angestekkten Gliedern! und welchem Abgrunde des Verderbens stürzen auf diese Weise ganze bedeutende Theile des menschlichen Geschlechts entgegen! Aber sei es die stolze Selbstsucht und die frevelnde Herrschbegierde, seien es wilde Leidenschaften und der entbrannte Zorn, sei es die sinnliche Bes gierde und die niedere Lust, oder sei es nur der verleitete und das durch zu einer Aehnlichkeit mit jenen Erscheinungen entbrannte bessere, auf das gute gerichtete Wille des Menschen: immer kommt früher oder später ein Punkt, wo der Herr spricht, Bis hieher und weiter nicht, hier sollen sich legen deine stolzen Wellen. Wollen die Menschen nicht mehr aus dem Gesez Erkenntniß der Sünde schöpfen: so läßt Gott alle Gråuel der Gesezlosigkeit hereinbrechen, bamt sie sehen, was in ihren Herzen verborgen ist. Aber zerstören läßt der Herr doch nicht mehr das Reich der Vernunft und der Sitte, welchen beiden er eine nie ganz zu überwindende Macht gegründet hat in der menschlichen Natur; sondern hat sich der

wilde Strom über diese Ufer ergossen, so führt der Herr die Be sonnenheit zurükk, gereifter durch traurige Erfahrungen; hat der Haß ausgewüthet, so gestaltet sich nach dem Rathschluß des Herrn eine innigere Liebe, gestärkt durch die gemeinsam erduldeten Leiden.

Doch laßt uns von diesem bunten und geräuschvollen Schauplaß äußerer Thaten und Verhältnisse hinweg und in die stilleren Tiefen der menschlichen Seele hineinschauen. Betrachtet den fins nenden Menschen, der die Verborgenheiten der Seele belauscht, der das innere Wesen der Welt, in welcher er lebt, zu verstehen und die Geseze, nach deuen sich alles in derselben begiebt, zu erforschen sucht. Wenn er so in sein eignes und in das innerste Wesen der Dinge immer tiefer eindringt und sich bald bewußt wird, wie viel edler diese forschenden Beschäftigungen seien, als dasjenige, womit der größte Theil unserer Brüder von den Sorgen des täglichen Lebens gedrångt sich abmüht, dann aber anfängt zu wähnen, sie seien zu edel, um etwas mit dem gewöhnlichen Leben zu theis len, und sich also immer mehr von diesem sondert: dann schwebt das Gleichgewicht der Seele und des Lebens in Gefahr. Die Wirklichkeit erscheint ihm gering, ja verächtlich gegen die Bilder, die er in seiner Seele trågt; dann wähnt er, ganz anders wie jene, die in dem Buche Hiob mit einander streitend ihre Gedanken austauschen und demüthigen Sinnes Gott den Herrn in seiner Verborgenheit zu rechtfertigen suchen, er habe das Geheimniß der Welt und ihrer Ordnung ergründet, ja das höchste Wesen selbst sei ihm nicht mehr verborgen, sondern er stehe in dem Lichte, zu dem sonst niemand kommen kann. Dann baut er einen stolzen Tempel und stellt sich selbst darin auf zur Verehrung. Und aus diesem Tempel quillt ein eisiger Strom liebloser und ungläubiger Vernünftelei und ertödtet weit umher das zarte Leben des Gemů, müthes; ja selbst die wunderbaren Heilquellen des göttlichen Wortes werden oft auf lange Zeit unzugänglich und vielen unbrauch bar gemacht durch das wilde Gewässer. Aber auch dieses darf nur toben seine angewiesene Zeit; dann ruft der Herr auch solchen losgelassenen Elementen des Geistes zu, Bis hieher und nicht weiter, hier sollen sich legen deine stolzen Wellen! Neue Räthsel steigen hervor aus den Tiefen der Natur sowol, als der menschlichen Seele und schlagen den voreiligen Uebermuth der weisen dieser Welt nieder, welche meinten, alles ergriffen und ergründet zu haben; aber vergeblich suchen sie das Wort des Räthsels und müssen bekennen, daß sie unweislich geredet haben was sie nicht verstehen, ja auch, was ihnen am nächsten liegt, wird ihnen ein Zeugniß ihrer Unwissenheit. Und ist dieser Zauber des Eigendün

fels gelöset: so weicht auch der tödtende Frost wieder, und ein milder Dunstkreis verbreitet sich über das geistige Leben. Es saugt wieder alle Erquikkungen des kindlichen Vertrauens nur um so begieriger ein, und die verschüchterten Gemüther befreunden sich um so inniger, je långer fie entbehren mußten, wieder mit den wohlthätigen Geheimnissen des Glaubens. So legen sich auch diese stolzen Wellen des menschlichen Geistes nicht nur, sondern sie lassen auch bleibenden Segen zurükk, und allem scheinbar empörten, auch was zum Himmel dringen zu wollen schien um ihn zu erstürmen, allem sezt der Herr Maaß und Ziel.

Doch m. g. Fr. wie tröstliche Aussichten in die Zukunft uns auch diese Erfahrungen eröffnen: eines ist uns noch übrig, nämlich in dieser Hinsicht auch der neuen Schöpfung Gottes zu gedenken, die sich erst gebildet, seitdem das Wort Fleisch geworden und uns in der Herrlichkeit des eingebornen Sohnes vom Vater voller Gnade und Wahrheit erschienen ist. In dieser neuen Schöpfung, welche der Geist Gottes in den Herzen der Menschen gründet, und von der wir je långer je mehr einen neuen Himmel und eine neue Erde erwarten, sollte sich wol alles nur innerhalb des richtigen Maaßes bewegen, und die neue Erde sollte sich wol dadurch hauptsächlich unterscheiden, daß sie nicht wieder ein solcher Schauplaz wenn auch nur scheinbarer Verwüstungen und Zerstörungen wäre, sondern alles regelmäßig gedeihend in guter Ordnung fortschritte. Aber so zeigt es sich leider nirgends; sondern aus dem schönsten und vollkommensten Maaße nie zu weichen und die reinste Zusammenstimmung sich immer zu erhalten, das war das ausschlies Bende Vorrecht des Einen, nach dessen Maaße wir freilich, aber nur wir zusammengenommen sollen ein vollkommener Mann werden, von dem wir aber nach dem ihm beliebigen Maaße jeder Theil des ganzen für sich nur mannigfaltige, aber zertheilte Gaben des Geistes empfangen haben, die sich nach der Verschiedenheit des Ortes und der Zeit, so wie der Naturen verschiedentlich offenbaren. Und hat sich nicht schon in den ersten Zeiten, wo das ganze der Christenheit noch leichter zusammenzuhalten war, ja unter den Augen der Apostel selbst, wie wir aus Paulus Briefen an die korin thische Gemeine sehen, ein Wettstreit zwischen diesen einzelnen Ga ben erhoben, der uns auch schon ein Bild von Verwirrung giebt, indem das einzelne Glied sich aus dem Zusammenhange mit dem ganzen losreißen und etwas für sich sein wollte, als ob es der übrigen entbehren könne. Das war nicht das Walten des Geistes, sondern das Treiben der in diesem höheren Zusammenhange sich noch nicht verstehenden menschlichen Natur, die sich mit der neu

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