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herrschenden Capetingischen Königen. Bis gegen das Ende des zwölften Jahrhunderts ist Frankreichs Geschichte nur ein Compler der Specialgeschichten einer zahllosen Menge kleiner Souverainitäten, ohne alles universal - historische Interesse, und sich verlierend in ein unaufhörlich sich wiederholendes, daher äußerst monotones und ermüdendes Detail endloser Fehden und Raufereien, kleinlicher Bestrebungen, egoistischer Zwecke und lauter solcher Vorgänge, die man gewöhnlich in jeder Jugendgeschichte roher, noch wenig cultivirter Völker findet. Obgleich diese Periode nicht ganz arm ist an einzelen kräftigen und edeln biographischen Zügen, größtentheils entsprossen aus wahrhaft christlicher Ge sinnung und Gesittung, begegnet man doch während derselben in dem weiten, für jeßt noch so öden Gebiete der französischen Geschichte keinem einzigen hervorragenden, wahrhaft großen Charakter, nirgends auch nur einem einzigen Denkmal, das große Erinnerungen zurückrufen könnte. Eben so wenig erblickt man auch irgendwo eine französische Nation. Stets sieht man sich blos entweder unter Aquitanier oder Normänner, Brettons, Burgunder, Provencalen verseßt, die jedoch sämmtlich auch nicht das schwächste Nationalband zu einer gesammten Nation vereiniget; und wenn auch z. B. ein Herzog von Aquitanien, oder der Normandie, irgend ein Unternehmen ausführt, dessen Folgen durch einen Zusammenfluß von Umständen sich ebenfalls über das übrige Frankreich wohlthätig verbreiteten; so hatte ein solcher Fürst doch nie das legtere im Auge, und seine wie seiner Hausvasällen und übrigen Unterthanen Wünsche und Bestrebungen blieben immer innerhalb der Grenzen des Herzogthums oder der Grafschaft eingeschlossen. Kurz, Frankreich befindet sich jest in einem wahrhaft chaotischen Zustande, dem Conflict seiner eigenen überall gährenden Kräfte überlassen, bis endlich, nachdem diese lange genug geftritten, gekämpft

und hin- und herfluthend sich gewaltig untereinander bewegt haben, nach und nach ein harmonischeres Gleichgewicht sich wieder bildet, und gegen das Ende des zwölften Jahrhunderts auf den Trümmern der gestürzten föderalistischen Verfassung ein neues Frankreich, das heißt eine ächt französische Monarchie, und gewissermaßen selbst unter noch reinern Formen, als unter den beiden vorhergegangenen Dynastien, sich wieder erhebt.

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II.

1. Hugo Capet, Gründer der dritten Dynastie). Das hier oben Gesagte enthält schon größtentheils, wenigstens in ihren Hauptümrissen, die ganze Regierungsgeschichte Hugo Capets. Auch als König blieb er der That nach immer noch bloser Graf von Paris und Orleans, und nur höchst unbedeutend ward durch seine neue Würde auch seine Territorialmacht vermehrt, die blos durch die beiden Städte Rheims und Laon, das spärliche Erbe des unglücklichen legten Carolingers, einen Zuwachs erhielt. Nur von seiner eigenen, aus seinen Verwandten und deren Vasallen bestehenden Parthei zum König ausgerufen, versagten ihm Frankreichs übrige Reichsfürsten die Anerkennung. Der erste Versuch, sie durch Waffen

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*) Quellen und Hülfsschriften bleiben die nämlichen, die wir schon im 18. B. dieser Fortseßung, bei der Geschichte Frankreichs, den Lesern bekannt gemacht haben. Aus den Erstern scheidet jedoch Frodoards Chronik aus, die blos bis zu dem Jahre 966. geht. Dafür kommen jedoch hinzu: Glaberi Rodulphi historiarum sui temporis Libri quinque, ab electione Hugonis Capeti in regem ad annum usque 1046. Ferner Helgaldi (Helgaudi) Floriacensis Monachi epitome vitae regis Roberti, Hugonis filii; und Excerpta historica de gestis sub Hugone et Roberto regibus, (Alle drei Schriften bei Du Chesne. T. IV.)

gewalt zu erzwingen, mislang. Nie oder nur äußerst selten war dem Hugo das Kriegsglück günstig. Aber desto sicherer und glänzender waren seine Erfolge auf dem Wege schlauer Unterhandlung; und durch seine Gewandtheit auf dem Felde der Politik brachte er es auch wirklich dahin, daß seine neue Würde, besonders nach der Gefangennehmung Carls, und der völligen Zerstreuung der Anhänger desselben, nach und nach von der Mehrzahl der Fürsten anerkannt ward *). Sehr große Schwierigkeiten konnte jedoch dieß nicht gehabt haben; denn die Anerkenunng hatte nicht die mindesten Folgen, vermehrte weder Hugo's Macht, noch verminderte jene der Fürsten. Als Rudolph von Burgund Carl dem Vierten die französische Krone entrissen hatte, mühete er sich ebenfalls mehrere Jahre ab, um allgemein als König anerkannt zu werden; und sobald er diese Anerkennung theils erkämpft, theils erhandelt hatte, kehrte er in seine Erbländer zurück. Vollkommen damit zufrieden, daß nun sein Name und seine Regierungsjahre allen Urkunden in Frankreich beigefügt wurden, blieb er der Verwaltung des französischen Reiches so fremd wie zuvor, und sah er sich auch einigemal gezwungen, an den Streitigkeiten der Herzoge und Grafen einigen Antheil zu nehmen; so erschien er dabei doch nicht sowohl als König, sondern blos als Bundesgenosse einer der mit einander streis tenden Partheien. In demselben Verhältniß, wie Rudolph, stand nun auch Hugo Capet zu Frankreich und den französischen Fürsten **).

*) Allgemein war diese Anerkennung nicht; denn es er hellt aus Urkunden, daß sein Sohn und Nachfolger Robert, selbst einige Jahre nach dem Tode seines Vaters, in verschiedenen Gegenden Frankreichs noch nicht als König anerkannt war.

** Daher auch die Chronisten jener Zeit nur sehr Weniges von Hugo Capets Regierung zu erzählen wissen, und noch überdieß das, was sie von ihm berichten, und

was größtentheils blos seine Person oder seine Familie betrifft, nur so allgemein und dunkel andeuten, daß man auch nicht zur Hälfte dadurch befriediget wird. So z. B. erzählen sie alle, daß der wahrhaft fromme, gut und sanftmüthige Robert, nachdem ihn Hugo Capet zum Mitregenten ernannt hatte, seinem Vater vielen Ver druß gemacht haben soll. Aber keiner deutet auch nur mit einer Sylbe darauf hin, worin dieser Verdruß bestanden haben möchte; so daß man sich diesfalls auch nicht einmal von Ferne zu irgend einer Vermuthung veranlaßt fühlt. Selbst Hugo Capets Zeitgenosse, Rudolph Glaber, der doch das zweite, zwölf Foliofeiten füllende Buch der Geschichte seiner Zeit mit Hugo Capets Thronbesteigung anfängt, berichtet gleichfalls nur so äußerst Weniges von demselben, daß alles, was er von ihm sagt, wenn man es zusammen stellen wollte, nicht einmal eine halbe Seite füllen würde; und dazu ist dieß Wenige so oberflächlich und nichts sagend gehalten, daß es Einen durchaus um nichts flüger macht, als man auch schon vorher gewesen ist.

2. Eine ungleich höhere historische Wichtigkeit erhält Hugo Capet durch seinen, während seiner ganzen Regierung dauernden Streit mit dem Römischen Stuhle; ein Streit, der um so mehr die allgemeine Aufmerksamkeit, selbst bet fremden Völkern erregen. mußte, da derselbe, in Beziehung der Stellung des Römischen Stuhles zu allen Kirchen der Christenheit, wirklich von der höchsten Bedeutung war. Schon die in Frankreich vorgefallene Thronrevolution, wodurch, ohne den Pabst um Rath zu fragen, und ohne daß es die Bedürfnisse der Nation, der Kirche und der Christenheit erfordert hätten, die legitime Thronfolge gestört, und durch die unerlaubtesten und gewaltsamsten Mittel eine neue Dynastie auf den Thron war erhoben worden, hatte den heiligen Stuhl tief gekränkt. Der damalige Pabst Johann der Fünfzehnte fühlte die Nothwendigkeit, das in Frankreich

so sehr verkannte päbstliche Ansehen auf das neue wieder geltend zu machen, und dazu bot sich nun bald eine, zwar dem Pabste nicht gerade erwünschte, aber gewiß doch demselben nicht ganz unwillkommene Gelegenheit dar. - Diese Stimmung des Pabstes darf man jedoch ja nicht nach unsern gegenwärtigen Be griffen beurtheilen. Man muß sich durchaus in Zeiten, wie jene, versezen, wo in den meisten Ländern, aber besonders in Frankreich, alle frühern, durch das Alter geheiligten gesellschaftlichen Verhältnisse völlig zerstört waren; wo es den Gesezen so sehr an Festigkeit und Bestimmtheit fehlte und für den Stärkern es gar keine Gesege mehr gab; wo der Eid seine Heilig. keit verloren hatte; wo die frevelhaftesten Gewaltthaten so an der Tagesordnung waren, daß sie als ganz gewöhnliche unbedeutende Ereignisse bei den schon daran gewöhnten Völkern auch nicht die mindeste Aufmerksamkeit erregten; wo endlich die Könige ohne Macht, und die trogigen Vasallen, das heißt, die zahllosen, rohen, nur ihrer Selbstfucht fröhnenden kleinen Despoten kein anderes Recht als das ihres Schwerts kannten. Wenn in einer solchen Zeit die unterdrückte Menschheit nicht noch bisweilen unter den schüßenden Flügeln der Kirche einen Zufluchtsort ge= funden, wenn es nicht eine Macht gegeben, die, weil geistiger Art, auch keine politischen Schranken kannte, mithin überall kräftig eingreifend, wo es sich um Recht und Gerechtigkeit handelte, die Wildheit und Zügellosigkeit der Zeit gebändiget, und den kein Recht mehr anerkennenden weltlichen Herren bewiesen hätte, daß, sobald fie berauscht von ihrer Allgewalt gewisse Grenzen überschritten, sie nicht blos im Himmel sondern selbst schon hier auf Erden einen höhern, sie richtenden Herrn hätten; kurz, hätte es nicht eine solche unsichtbare, nach göttlichen Gesezen alles schlichtende und mild ordnende Macht gegeben; was

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