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In Höhlen wohnt der Drachen alte Brut;

Es stürzt der Fels und über ihn die Fluth.

Kennst du ihn wohl?

Dahin! Dahin

Geht unser Weg! O Vater, lass uns ziehn !

Melodie und Ausdruck gefielen unserem Freunde besonders, ob er gleich die Worte nicht alle verstehen konnte.

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Er

liess sich die Strophen wiederholen und erklären, schrieb sie auf und übersetzte sie ins Deutsche. Aber die Originalität 35 der Wendungen konnte er nur von ferne nachahmen; die kindliche Unschuld des Ausdrucks verschwand. Auch konnte der Reiz der Melodie mit nichts verglichen werden. Sie fing jeden Vers feierlich und prächtig an, als ob sie auf etwas Sonderbares aufmerksam machen, als ob sie etwas Wichtiges vortragen 40 wollte. Bei der dritten Zeile ward der Gesang 10 dumpfer und düsterer; das: Kennst du es wohl? drückte sie geheimnissvoll und bedächtig aus; in dem: Dahin! Dahin! lag eine unwiderstehliche Sehnsucht, und ihr Lass uns ziehn wusste sie bei jeder Wiederholung dergestalt " zu 45 modificieren dass es bald bittend und dringend, bald treibend und vielversprechend 12 war.

ΙΟ

Nachdem sie das Lied zum zweitenmal geendigt hatte, hielt sie einen Augenblick inne, sah Wilhelmen scharf an und fragte: Kennst du das Land?" Es muss wohl Ita

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woher hast du

50 lien gemeint sein," versetzte Wilhelm ; das Liedchen?"-,, Italien," sagte Mignon bedeutend; ,, gehst du nach Italien, so nimm mich mit, es friert mich hier.". Bist du schon dort gewesen, liebe Kleine?" fragte

Wilhelm. Das Kind war still und nichts weiter 13

aus ihm zu

bringen.

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GÖTHE, Wilhelm Meisters Lehrjahre.

84. Das Kreuz des Südens.

Seit wir in die heiße Zone eingetreten waren, konnten wir jede Nacht die Schönheit des südlichen Himmels nicht genugsam bewundern, welcher in dem Maße, als wir nach Süden vorrückten, neue Sternbilder vor unsern Augen entfaltete. Man hat ein wunderbar bekanntes Gefühl, wenn man bei der Annäherung 5 gegen den Äquator, und besonders wenn man von der einen Hemisphäre in die andere übergeht, allmählich die Sterne niederer werden und zuletzt verschwinden sieht, welche man von seiner ersten Kindheit an kennt. Nichts erinnert einen Reisenden lebhafter an die unermeßliche Entfernung seines Vaterlandes, als der Anblick 10 eines neuen Himmels. Die Gruppirung der neuen Sterne, einige Nebelsterne, welche an Glanz mit der Nebelstraße wetteifern, und Räume, welche durch eine außerordentliche Schwärze ausgezeichnet sind, geben dem füdlichen Himmel eine eigenthümliche Physiognomie. Dieses Schauspiel setzt selbst die Einbildungskraft der- 15 jenigen in Bewegung, welche, ohne Unterricht in den höhern Wissenschaften, das Himmelsgewölbe gern betrachten, wie man eine schöne Landschaft oder eine majestätische Aussicht bewundert. Man hat nicht nöthig Botaniker zu sein, um die heiße Zone bei dem bloßen Anblick der Vegetation zu erkennen; ohne Kenntniß in 20 der Astronomie erlangt zu haben, fühlt man, daß man nicht in Europa ist, wenn man das ungeheure Sternbild des Schiffes® oder die phosphorescirenden Wolken Magellans am Horizont aufsteigen fieht. Die Erde und der Himmel, Alles nimmt in der ÄquinoctialGegend einen exotischen Charakter an.

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Die niedern Gegenden der Luft waren seit einigen Tagen mit Dämpfen angeschwängert. Wir sahen erst in der Nacht vom vierten zum fünften Julius, im sechzehnten Grade der Breite, das Kreuz des Südens zum ersten Mal deutlich; es war stark geneigt 30 und erschien von Zeit zu Zeit zwischen Wolken, deren Mittelpunkt, von dem Wetterleuchten gefurcht, ein filberfarbenes Licht zurückwarf. Wenn es einem Reisenden erlaubt ist, von seinen persönlichen Rührungen zu reden, so sehe ich hinzu, daß ich in dieser Nacht einen der Träume meiner ersten Jugend in Erfüllung 35 gehen sah.

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Die Befriedigung, welche wir bei der Entdeckung dieses Kreuzes empfanden, wurde lebhaft von denjenigen Personen der Schiffsmannschaft getheilt, welche die Kolonien" bewohnt hatten. In

der Einsamkeit der Meere grüßt man einen Stern wie einen Freund, 40 von dem man lange Zeit getrennt war." Bei den Portugiesen und

Spaniern scheinen noch besondere Gründe dieses Interesse zu vermehren ein religiöses Gefühl macht ihnen ein Sternbild theuer, dessen Form ihnen das Zeichen des Glaubens ins Gedächtniß ruft, welches von ihren Voreltern in den Wüsten der neuen 45 Welt aufgepflanzt wurde.

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Da die beiden großen Sterne, welche die Spiße und den Fuß des Kreuzes bezeichnen, ungefähr die nämliche gerade Aufsteigung " haben, so muß das Sternbild in dem Augenblick, wo es durch den Meridian geht, beinahe senkrecht stehen. Diesen Umstand kennen 5° alle Völker, welche jenseits des Wendekreises“ oder in der südlichen Hemisphäre wohnen. Man hat beobachtet, um welche Zeit in der Nacht, in verschiedenen Jahreszeiten, das Kreuz im Süden gerade oder geneigt ist. Es ist dies eine Uhr, welche ziemlich regelmäßig, nahezu um vier Minuten 16 täglich, vorrückt, und kein

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anderes Sternbild bietet, bei dem bloßen Anblick, eine so leicht 55 anzustellende" Beobachtung der Zeit dar." Wie oft hörten wir in den Savanen von Venezuela oder in der Wüste, welche sich von Lima nach Teurillo erstreckt, unsern Wegweiser sagen: „Mitternacht ist vorbei, das Kreuz fängt an sich zu neigen." Wie oft haben diese Worte uns die rührende Scene ins Gedächtniß zurück- 60 gerufen, wo Paul und Virginie," sigend an der Quelle des Flusses der Latanien,20 sich zum letzten Mal unterhalten, und wo der Greis, bei dem Anblick des Kreuzes, sie erinnert, daß es Zeit ist zu scheiden.

Alexander v. Humboldt.

85. Die deutsche Sprache.

Welche Sprache darf sich mit der deutschen messen? welche andere ist so reich und mächtig, so muthig und anmuthig,' so schön und so mild, als unsere? Sie hat tausend Farben und hundert2 Schatten. Sie hat ein Wort für das kleinste Bedürfniß der Minute, und ein Wort für das bodenlose Gefühl, das keine 5 Ewigkeit ausschöpft. Sie ist stark in der Noth, geschmeidig3 in Gefahren, schrecklich wenn sie zürnt, weich in ihrem Mitleide, und beweglich zu jedem Unternehmen. Sie ist die treue Dolmetscherin aller Sprachen, die Himmel und Erde, Luft und Wasser sprechen. Was der rollende Donner grollt," was die 10 kosende Liebe tändelt, was der lärmende Tag schwagt und die schweigende Nacht brütet; was das Morgenroth grün und gold und filbern malt, und was der ernste Herrscher auf dem Throne des Gedankens sinnt; was das Mädchen plaudert, die stille Quelle murmelt und die geifernde Schlange pfeift; wenn der muntere 15 Knabe hüpft und jauchzt, und der alte Philosoph sein schweres Ich seht und spricht: Ich bin Ich-Alles, Alles, überseßt und

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erklärt sie uns verständlich, und jedes anvertraute Wort überbringt sie uns reicher und geschmückter, als es ihr überliefert worden.”

Börne.

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Deutschlands Sprache.

Daß keine, welche lebt, mit Deutschlands Sprache sich
In den zu kühnen Wettstreit wage!

Sie ist

damit" ich's kurz, mit ihrer Kraft es sage

An mannigfalt'ger Uranlage1

Zu immer neuer und doch deutscher Wendung reich;
Ist, was wir selbst in jenen grauen 13 Jahren,
Da Tacitus uns forschte, waren :

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Gesondert, ungemischt und nur sich selber gleich.

Klopstod.

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