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mehr er aber mit der Quelle des Christenthums, dem Worte Gottes, vertraut wurde, desto gründlicher wurde auch seine Einsicht in die Ursachen des damaligen tiefen Verfalls der Kirche und desto inniger fühlte er sich zu jenen frommen Vereinen hingezogen, welche auf den Grund der heiligen Schrift in ihren kleinen Kreisen die christliche Lebensordnung in neuer Schönheit hergestellt hatten, zu den Waldensern. Er schloß sich ihnen an und vermöge seiner ungewöhnlichen Geistesgaben und eifrigen Frömmig= keit gelangte er unter ihnen bald zu hohem Ansehen.

Nikolaus wurde also, wie wir in unserer Zeit sagen, ein Separatist. Aber sein Separatismus entsprang nicht aus hochmüthiger Verachtung der herrschenden Kirche; er hatte vielmehr seine Quelle in dem brennendsten Durste seiner Seele nach der Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, und in dem herzlichen Bestreben, die zerrüttete Ordnung der Christenheit wieder bauen zu helfen. In jenem Schreiben vom Jahre 1356 erzählt er, daß er in der Christnacht des genannten Jahres plößlich von großer Schwäche überfallen wurde. Da er Gott angerufen, daß er ihn in dieser fröhlichen Festzeit nicht ohne Trost lassen möchte, so erhielt er durch innere Offenbarung einen Blick in die großen Gebrechen, an denen die Christenheit eben zu leiden hatte, und in die Plagen, die Gott deshalb über sie senden würde. Er betete sodann abermals zu Gott und sprach: „Ach grundlose Barmherzigkeit, erbarme dich über die Christenheit und komme ihr zu Hülfe und gedenke an das bittere schwere Leiden, das du dreiunddreißig Jahre in menschlicher Natur gelitten,, und an all dein Blut, das du vergossen hast, und an deinen bittern stren= gen Tod, und auch an deiner lieben Mutter Leiden, und

an alle deine lieben Heiligen, die je Marter und Leiden. durch dich ertragen haben. Erbarme dich über die Christenheit!" Als er so in herzinniger Liebe für alle seine christlichen Mitbrüder gebetet hatte, wurde ihm geoffenbaret, daß alle Plagen, die Gott senden würde, nur die WiederHerstellung der christlichen Ordnung zum Zweck habe, und auch nur so lange dauern würden, bis eine gründliche Besserung einträte. Die Plagen sollen vorzüglich über das ungläubige Volk ergehen, daß es in seinem Unglauben nicht weiter bestärket werde; sie sollen auch nicht an allen Enden in gleicher Weise eintreten, sondern in dem einen Lande soll das Volk durch Feuer und Wasser, in dem andern durch Erdbeben, in diesem durch Krankheiten, in jenem durch Verderben der Früchte, da durch gähen Tod, dort durch große Stürme und Ungewitter gedemüthigt werden. Wo keine Besserung eintritt, da soll eine Plage nach der andern kommen, bis der Starrsinn des Volkes gebrochen ist. Wo aber Gott eine aufrichtige Besserung findet, da will er schonen und behüten, und nicht eine allgemeine Sündfluth eintreten lassen wie zur Zeit Noahs. Nikolaus fühlte sich berufen, durch Wort und Schrift in der Christenheit noch zu retten, was zu retten war. Vorzüglich war es seine Aufgabe, Buße zu predigen und die Christenheit zur Erkenntniß ihrer großen Sünden zu führen. Sechs herrschende Haupt-Sünden und Gebrechen betonte er vor allen in seinen Schriften, nämlich die Hoffarth, die einst Lucifer zum ewigen Fall brachte, und nun in der Christenheit, unter Geistlichen und Weltlichen, bereits so viel Unheil angerichtet, daß es Gott in die Länge nicht mehr leiden könne; den Geiz, der die Hoffarth_beständig an sich ziehet und so weit verbreitet ist, daß ihn

die Menschen gar nicht mehr brachten; die Unkeuschheit, die jest heimlich und offen alle christliche Ordnung unterwühlt, und innerhalb wie außerhalb der heiligen Ehe gleich mächtig um sich gegriffen hat; der Betrug mit der Beichte, indem entweder der Beichtvater nicht den nächsten und sichersten Weg zur Besserung sagt, oder der Beichtiger mit besondern falschen Worten seine Sünden verdeckt; die ungerechten Gerichte, die geistlichen wie die weltlichen, indem man dabei nichts nach Gott fragt, noch christliche Ordnung zu erhalten sucht; und endlich die schlechte Geistlichkeit, welche Pfleger und Hüter der heiligen Christenheit hätte sein und ihr in einem frommen Leben vorangehen sollen, nun aber im Gegentheil dieselbe hat abnehmen und hinter sich gehen lassen und an ihrem tiefen Verfall einen großen Theil der Schuld trägt. Jedes einzelne dieser Gebrechen sei schon groß genug, um die Geduld und Langmuth Gottes zu brechen. Darum räth Nikolaus allen lieben Christenmen= schen, daß Jeder seine Schuld wohl erkennen und sich aufrichtig von der Sünde zu Gott bekehren möge, und nicht die Schuld auf Andere schiebe. Denn derer, die ohne Schuld an diesem Elend seien, gäbe es gar wenige; darum mahnt er sie, in sich zu gehen und ihrer selbst wahrzu= nehmen; dann würde Jeder mit selbst genug zu thun finden und anderer Menschen Schuld wohl vergeben und vergessen.

Wir dürfen wohl annehmen, daß es bei Nikolaus reines inneres Bedürfniß nach einer friedevollen Stellung zu seinem Schöpfer und aufrichtiges Bestreben, der ge= fallenen Christenheit zu helfen, war, was ihn zu den Waldensern hinzog. Wir dürfen deshalb aber auch von den

waldensischen Gemeinden annehmen, daß, wenn ein fo reich begabtes, tief frommes Gemüth bei ihnen mehr Befriedigung fand, als in der herrschenden Kirche, sich in ihren Gemeinden ein sehr hoffnungsreiches Leben entwickelt hatte, daß ste mit Recht als Vorläufer einer geistigen Wiedergeburt der Kirche des Abendlandes betrachtet werden, daß sie nicht Separatisten im gewöhnlichen Sinne waren, sondern aus der Kirche sich absonderten, um desto ungehinderter und heilbringender auf sie zu wirken. Nikolaus sagt in einer Schrift, es habe ihn, wenn er den elenden Zustand der Christenheit in sich bedachte, stets Wunder genommen, daß die vielen weisen Männer der Christenheit, die Theologen und Prediger, denen Gott so viel Vernunft und Erkenntniß gegeben, und die dieses Elend auch wohl einsähen, doch sich zu keinem Rath und keiner Hülfe bereit zeigten. Das komme von ihrem Eigenwillen, von dem bösen Geiste, der ste umstrickt habe, um sie aus allen zeitlichen Ehren dereinst in ewige Schmach zu stürzen. Darum aber müßten alle Christen, denen Gott Erkenntniß verliehen, fröhlich aufstehen, denn die Zeit sei da, und die Falschheit der trügerischen übellohnenden Welt fliehen. Darum müßten sie sich rüsten zum ritterlichen Kampf und fleißig gute Bücher, insbesondere deutsche Bücher lesen, und sich von solchen Lehrern, die mehr die Ehre vor der Welt als vor Gott suchten, nicht darin beirren lassen. Denn solle die Christenheit wieder in eine christliche Ordnung kommen, so müsse sie Rath_erhalten und zwar Rath, der aus dem heiligen Geiste kommt. Solcher Rath aber sei nicht wider die Schrift, denn die heilige Schrift und der heilige Geist seien einhellig mit einander. „Aber die Lehrer, welche Beruf und Erkenntniß

dazu haben, solchen Rath zu ertheilen, lassen uns in der Mistlache stecken und sagen uns nicht, wie wir heraus kommen sollen. Würde mich ein großer Herr dieser Welt, oder eine Stadt, oder ein Land um Rath angehen, was man zu thun habe, um sich mit Gott wieder zu versöhnen, so wollte ich rathen, daß man nur solchen Rath suche, der aus dem heiligen Geist kommt, werde er nun durch Pfaffen oder durch Laien ertheilt. Solche Menschen, die diesen ertheilen, sind zwar gar wenig in dieser Zeit zu finden; aber so wenig ihrer sind, so findet man ihrer doch noch. Freilich sind sie den Weltweisen allzumal unbekannt. Wo aber ein einziger solcher Mann Gottes in einem ganzen Lande wäre und man folgte seinem Rath, so würde das Land sicher vor allem Uebel behütet bleiben. Hieran will freilich das sinnliche, weltweise Volk nicht glauben. Da noch die Christenheit in Ehren stand und die Christenleute alle ihre Gedanken darauf lenkten, wie sie göttliche Liebe erwerben und des Todes und der Marter unsers Herrn Jesu nicht vergessen und christliche Ordnung erhalten möchten, und da noch die Menschen dieser Ordnung gar strenge wahrnahmen, da blieben sie auch bieder und gottesfürchtig, ehrbar und einfältig, ohne Geiz und ohne weltlich kluge sinnliche Behendigkeit. Zu diesen Zeiten stand die Mutter die heilige Kirche vor dem himmlischen Bater in großen Ehren. Den Menschen, die nun zu diesen Zeiten leben und den Christennamen tragen, hat Gott wohl reiche sinnliche Vernunft zu ihrem freien Willen gegeben, wie er den guten Christen und einfältigen Menschen that, die zuvor auf dem Erdreich wohnten; aber das meiste Theil der Menschen in der gegenwärtigen Zeit ist mit seinem Eigenwillen aus der göttlichen Liebe und der

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