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seine die Welt und die Natur vergötternden, pantheistischen Lehren vor. Er predigte in mehreren Klöstern und wußte seine grundstürzenden Irrthümer mit so großem Scheine der Wahrheit und solcher Eindringlichkeit anzu= preisen, daß sich Viele dadurch täuschen und von dem Wege der heilsamen Erkenntniß abführen ließen. Es entstand im Elsaß durch die Verbreitung dieser widerchristlichen Lehren, welche alle göttlichen und menschlichen Ordnungen auflösen, und indem sie den Menschen mit dem Wahne erfüllen, er selbst mit seiner ganzen natürlichen Sündhaftigkeit sei die höchste Offenbarung Gottes, durch lasterhafte Zügellosigkeit ihn unter das Thier herabseßen, eine die Kirche tief erschütternde Bewegung. Große Schaaren von Männer und Frauen schieden von der Kirche, die die einzig siegreichen Waffen des göttlichen Wortes, diesen Geist zu bannen, nicht besaß oder nicht zu gebrauchen verstand, aus, und zogen Verwirrung und Laster verbreitend im Lande umber. Brüder und Schwestern des freien Geistes nannten sie sich, während ihr Geist doch aufs Tiefste durch die Sünde geknechtet war. Sie hatten zahlreiche Anhänger unter Laien und Mönchen, und droheten Alles, nicht nur am Ober-, sondern auch am Unterrhein in bodenlose Verwirrung zu stürzen. Der damalige Bischof von Straßburg, Johann von Ochsenstein, verdammte in einem Circulaire an die Geistlichkeit seines Sprengels ihre Grundsäge und forderte die bürgerliche Obrigkeit zur Unterdrückung derselben auf. Viele wurden mit Gefängniß, viele mit dem Scheiterhaufen bestraft. Aber neue Schaaren entstanden aus ihrer Asche, weil der Geist des Widerchristes nur durch die geistlichen Waffen des Evangeliums, durch rechtschaffenen Glauben, auf

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weltlichen Dingen irgend einem untergeordnet zu sein, und erklärte Denjenigen, der anderer Ansicht sei, für einen Narren. Als ihn der Papst darauf vor seinen Richterstuhl citirte, ließ Philipp die päpstlichen Schreiben verbrennen und versicherte sich durch eine Ständeversammlung im Jahre 1302 der Gesinnung feines Volkes. Jener, dadurch zu neuem Zorn entbrannt, schleuderte neue Bullen mit noch maßloseren Grundsägen gegen den König von Frankreich. Gott hat uns," sagte er, Bibel, Glauben und alles Heilige für seine widerchristlichen Zwecke mißbrauchend, über Könige und Königreiche gesezt; uns legte er das Joch der apostolischen Knechtschaft auf, um in seinem Namen und nach seinem Worte die Völker und die Königreiche auszurotten, zu zerbrechen, zu verstören und wiederum zu pflanzen und zu bauen. (Jerm. 1, 10.) Darum soll alle Welt hören, was der Herr, unser Gott, in uns redet. Es stehet geschrieben, Gott habe zwei große Lichter gemacht, ein großes, das den Tag regiere und ein kleines, das die Nacht regiere (1 Mos. 1, 16); das heißt: es sind zwei Gewalten, um das Recht zu ordnen und auszutheilen, die geistliche und die weltliche. Dem Papste ist die geistliche verliehen, dem Kaiser und den Königen die weltliche. Da aber jener zu allen Zeiten das Recht gehabt hat, über die Sünde zu erkennen und zu richten, und die Frage mithin entsteht, wem die weltliche Gewalt von Rechtswegen gebührt, so folgt mit Nothwendigkeit, daß Niemand außer dem Statthalter Christi und des heiligen Petrus mit Recht darauf Anspruch machen kann. Wer anders meint, der verstößt gegen den Artikel unsers christlichen Glaubens: von dannen er kommen wird zu richten die Lebendigen und die Todten, so wie gegen

den andern Artikel: die Gemeinschaft der Heiligen. Deshalb was Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden. Die eine heilige Kirche muß einen Leib und ein Haupt haben, nicht wie ein unförmliches Ungeheuer zwei Häupter. Und dieses rechte, einige Haupt, der Statthalter Christi, hat nach der Lehre des Evangeliums zwei Schwerter, das geistliche und das weltliche. Denn als die Apostel sprachen: Herr, siehe, hier sind zwei Schwerter, da antwortete er nicht: Das ist zu viel; sondern: es ist genug. Diese beiden Schwerter, das geist= liche und das weltliche, sind in der Kirche, das eine, daß es für die Kirche gezogen, das andere, daß es von der Kirche gebraucht werde. Allein das eine Schwert muß nothwendig dem andern untergeordnet sein; denn der Apostel sagt: es ist keine Obrigkeit, ohne von Gott; wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott verordnet (Röm. 13, 1); dies würde aber mit nichten der Fall sein, wenn nicht das eine Schwert unter dem andern stände. Wenn also die weltliche Macht ausschweift, muß sie von der geistlichen gerichtet werden, wie das der Apostel in den Worten bezeugt: der geistliche Mensch richtet Alles, und wird von Niemandem gerichtet (1 Cor. 2, 15). Wer mithin dieser Macht widerstrebt, der widerseßt sich der göttlichen Ordnung, es wäre denn, daß er nach Weise der Manichäer von zwei Principien träumen wollte. Deshalb urtheilen und sehen wir, daß kein Mensch selig werden könne, er erkenne denn diese Macht des Statthalters Christi an."

Das waren die leitenden Grundsäße des Papstes im Kampfe gegen den König von Frankreich, die ohne die Strafe des gerechten Gottes nicht bleiben konnten. An

Jugendgeschichte ist uns sehr wenig Sicheres überliefert worden. Möglich ist es, daß sein Vater ein gewisser Nicolaus Tauler gewesen ist, der unter den Rathsherren der Stadt im Jahre 1313 genannt wird. Doch scheint es zufolge einiger Worte Taulers selbst in seiner Predigt am 19. Sonntag nach Trinitatis, daß sein Vater ein Arbeitsmann und nicht sonderlich bemittelt gewesen ist. Denn in jener Predigt, wo er nach Anleitung der Epistel Ephes. 4, 22—32 unter Anderm über den Mißbrauch des Bettelns als einer Art Diebstahls spricht, sagt er von sich selbst, der als Dominikanermönch auch von Almosen lebte: Mir, der ich ein ordentlicher Priester bin, ist es erlaubt, Almosen zu empfangen; aber glaubt mir, bis auf diese Stunde empfange ich sie mit lauter Furcht und Zittern, und wenn ich so viel davon gewußt hätte, da ich noch in meines Vaters Brod war, als ich jest weiß und gelernt habe, ich wollte in meines Vaters Haus geblieben sein und mich von der schweren Handarbeit ernährt haben.“

Als heranwachsender Jüngling trat Tauler in den Dominikanerorden, der damals in hohem Ansehen stand. Derselbe war 1215 zu dem Zwecke gegründet, die durch Sektirer in ihrer Einheit sehr bedrohte römische Kirche vermittelst freier Predigt und Seelsorge wieder nach innen zu stärken, und wurde bald einer der mächtigsten und einflußreichsten Träger aller derjenigen Glaubensarbeit, welche wir heute unter dem Gesammtnamen Innere Mission" zusammenzufassen gewohnt sind. Weil die Predigt die Hauptaufgabe dieser Mönche war, so nannten sie sich auch gewöhnlich Prediger, Praedicatores. Sie zählten unter ihren Reihen manchen gelehrten und erleuchteten Geist. In Straßburg hatten sie ein schönes und geräumiges

Kloster, dessen Kirche im Jahre 1308 eingeweiht worden. ist. In demselben entsagte der fromme Jüngling Johannes Tauler der Welt, um fortan neben seinen geistlichen Beschäftigungen sein Brod durch Betteln, wie es Regel des Ordens war, zu erwerben. In einem Nonnenkloster desselben Ordens in der Krautenau zu St. Claus in den Unden ließ sich seine Schwester für das jungfräuliche Leben einkleiden, woraus sich wohl schließen läßt, daß in ihrem älterlichen Hause hohe Ehrfurcht vor dem geistlichen Stand und Liebe zu frommem Leben geherrscht hat.

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Mit Tauler trat wahrscheinlich im Jahre 1308 sein Freund Nikolaus von Dambach, einem Dorf bei Straßburg, in den Orden ein. Dieser war später sein Begleiter auf die hohe Schule zu Paris, wo sie in dem Predigercollegium zu St. Jacob Theologie studirten. Tauler, der mit einem scharfsinnigen Geist und regen Eifer von Gott begabt war, zeichnete sich bald vor Vielen in dieser Wissenschaft aus und erwarb sich bei seinen Zeitgenossen die ehrenvollen Beinamen eines Meisters der heiligen Schrift" und eines hocherleuchteten Lehrers." Aber sein Geist blieb nicht in eitler Selbstgefälligkeit an der Schale der Wahrheit hängen, noch weniger suchte er den Ruhm der Gelehrsamkeit. Ein edleres Verlangen zog ihn beständig in die Tiefe, um zu gelangen zu dem wahren Grunde Gottes, und, sich selbst verlierend, in Gott seine wahre Vollkommenheit zu finden. Seine Lehrer zu Paris, Gelehrte vom Fach, erstorben in den todten Begriffen ihrer Schulweisheit, verstanden diesen Zug feines jugendlichen Geistes wenig zu befriedigen. Das hat Tauler selbst später erkannt und öfters ausgesprochen. Er sagte von jenen gelehrten Meistern und Doktoren, daß sie zwar mit

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