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sie meist vor Klosterleuten gehalten wurden, so bewegen sie sich ohne rednerischen Prunk in ruhiger Darlegung der Gedanken, belebt und wirksam allein durch den Geist der innigsten und reinsten Liebe, die keine Seele verloren gehen lassen möchte. Vielerlei Beispiele aus der Gegenwart und Vergangenheit, die eine feine Beobachtungsgabe beurkunden, viele Sprichwörter und volksthümliche Redensarten, viele Bilder und Vergleichungen aus der Natur und dem Leben. und Treiben der Menschen dienen dazu, die Gedanken zu seranschaulichen und das Gesagte in den Seelen der Hörer zu befestigen. Das Alles giebt den Predigten und Schriften dieses gottseligen Mannes immer noch einen hohen Werth, obschon Manches von papistischem Sauerteig und unklarem Mysticismus ihnen beigemengt ist. Auf ein christlich frommes Gemüth wird Tauler immer noch einen besonderen Reiz und eine hohe Anziehungskraft ausüben und für die evangelische Kirche ist und bleibt er einer der beachtenswerthesten Zeugen evangelischer Wahrheit in einer Zeit, wo die Finsterniß des Papstthums noch Alles bedeckte und beherrschte.

IV.

Wie Tauler die geistliche Armuth_lehrte.

Es liegt außerhalb der Grenzen unserer Arbeit, Taulers religiöse Lebensanschauungen und seine wissenschaftlichen Leistungen bis ins Einzelne zu verfolgen. Unsere Aufgabe ist es, durch das Lebensbild dieses gottseligen Mannes unser eigenes Leben zu erbauen auf dem einigen.

Grunde unseres Heiles und mit dem Strom des lebendigen Wassers, der von diesem gläubigen Bekenner Christi reichlich fließet, unsere matten Hände zu stärken und unsere strauchelnden Kniee zu erquicken. Aber deshalb dürfen wir es nicht unterlassen, einen Blick in sein Innerstes zu werfen und uns die große Idee vor die Seele zu führen, die seine ganze Wirksamkeit durchleuchtet.

Mit einer seltenen Kraft und Ausdauer hatte Tauler seine Gedanken darauf gerichtet, wie es möglich sei, die Christenheit wieder zurückzuführen zu der apostolischen Reinheit und Einfalt, mit der sie in so grellem Widerspruch stand. Seine Unzufriedenheit mit der theologischen und philosophischen Wissenschaft seiner Zeit, die sich mehr in unfruchtbaren Wortstreiten gefiel als in der Bezeugung der Wahrheit zur Gottseligkeit, haben wir bereits berührt. Gegen sie trat er in seinen Predigten und Schriften oft mit Nachdruck auf. Nicht unsere Vorstellungen von Gott, sagt er, sind Gott; sie hindern uns vielmehr an der wahren und wesentlichen Vereinigung mit Gott, wenn sie nicht von Gott selbst in uns gewirkt sind. Darum mahnt Tauler beständig, sich aller Gebilde und Formen der eigenen Vernunft und Phantasie zu entschlagen. Von ihnen müsse der Mensch das Haus seiner Seele rei= nigen, dann werde Gott selbst kommen und ihn erleuchten und belehren. Die ungläubige weltliche Gelehrsamkeit habe eine Hoffarth unter ihren Anhängern erzeugt, daß, wenn etwa ein einfältiger Mann zu solchen Gesellen komme, er damit abgewiesen werde, daß er ihnen zu schlecht, ja, viel zu thöricht sei. Sie behandeln die heiligsten Dinge, die ein Gemeingut Aller werden sollen, nur nach persönlicher Neigung. Darum sei in ihrem Gründe der lebendige

Brunnquell vertrocknet und ihr Wesen gleiche dem faulen Wasser der Cisternen.

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Diese Gelehrsamkeit habe zwar große Weltklugheit auch unter den. Geistlichen erzeugt. Aber aus List und Betrug des Teufels seien sie bei aller ihrer Klugheit doch von dem heilsamen Wege der Demuth und der christlichen Tugend gänzlich abgekommen. In ihrer. Hoffarth meinen sie, alle Wahrheit und Alles, was zu einem christlichen, Gott wohlgefälligen Leben gehört, auch ohne übernatürliche Hülfe und Beistand der Gnade Gottes, gar wohl verstehen und fassen zu können. Sie wollen mit ihrem natürlichen Licht und Verstand die hohen Geheimnisse der göttlichen Schrift erforschen, welche doch der heilige Geist und die ewige Weisheit Gottes eingegeben und offenbart hat. Sie halten sich für die allerklügsten Leute auf Erden und wähnen die heilige Schrift viel besser zu verstehen als die heiligen Männer Gottes selbst, welche sie geschrieben, gelehret und in ihrem Leben treulich gehalten, haben. Alle ihre Uebungen dienen nur ihrem eigenen Stolz. Sie studiren fleißig die heilige Schrift, um sie nach ihrem Willen zu tadeln und auszulegen, und andere Leute, die ein heiliges einfältiges Leben führen und die harten Uebungen der Buße fleißig halten, werden von ihnen für Thoren und beinahe wie das dumme Vich gehalten. Sie haben ihre Freude und Wollust mehr an Dingen, welche. sie nach der natürlichen Vernunft verstehen lernen, als an denen, die Glauben erfordern, nur durch den Glauben. begriffen werden und ewig selig machen. Darum sind sie nicht unbillig den unverständigen ungläubigen, Heiden zu vergleichen. Sie bemühen sich stets, etwas Neues zu erdenken und reden bei Anderen mit Freuden davon, stellen,

ein neues System nach dem andern auf, damit die Welt viel von ihrer Gelehrsamkeit Rühmens mache. Aber welche Gesinnung habe nun diese hoffärthige Gelehrsamkeit im Volke hervorgebracht? Man frage auch dort nichts mehr nach Gott und nach dem Wege, auf dem man zu ihm gelange. Man werde unachtsam auf alle guten Werke äußerlich und innerlich, verwerfe sogar alle innerlichen Werke, als Wollen, Erkennen, Lieben, Begehren, falle von Blindheit in Blindheit, von Unglauben in Unglauben, huldige einer falschen und verderblichen Freiheit des Geistes, und so werden besonders einfältige, junge Leute, die in der Gottseligkeit noch ungeübt sind, jämmerlich um das Heil ihrer Seele betrogen. Die Verderbtheit der eigenen menschlichen Natur lernt man nicht mehr erkennen. In falscher Selbstzufriedenheit macht man aus dem eigenen Ich einen Abgott, und schmeichelt sich sogar in diesem Zustande, Eins mit dem wahren Gotte und göttlicher Natur theilhaftig zu sein.

Der Christ müsse, lehrt Tauler, seinem natürlichen Licht und Erkennen zwar nachspüren, aber er dürfe nicht darin verharren, sondern müsse ihm zuleßt in wahrer Demuth um Gottes willen entsagen und sich einigen mit dem Einen, in diesem bleiben und ihn mit reinem, einfachem Geistesblicke schauen. In diesem einfachen Schauen des Einen entschwindet alles und jedes natürliche Erkennen, das doch nicht anders zu erhalten ist als durch gewisse Formen und Bilder, die aber den Menschen zur Erkenntniß und zum Schauen Gottes nicht bringen. Er soll Gott erkennen ohne Bild, mit einem von allen Bildern und Formen entledigten Geiste; sonst vermag er es nicht. Denn wer Gott erkennen will, sagt ein gewisser

Lehrer, muß aller geschaffenen Kunst ledig sein. Nur der ganz entledigte Mensch strebt nach dieser Erkenntniß, ihm genüget keine bloß natürliche Wahrheit, er hat so lange keine Ruhe und Rast, bis er zu dieser völligen Bloßheit, Leerheit, Entledigung alles natürlichen Erkennens und so zur unmittelbaren Schauung und Erkenntniß Gottes kommt. Ist er dahin gelanget, dann verzichtet er auf alles natürliche Dichten und Vorstellen, er ist in den hohen, hehren Sabbath des Herrn eingegangen, er ruhet im höchsten, reinsten Stillesein, der Geist hat seinen ersten Ursprung wieder gefunden, von woher er einst ausgegangen ist; an und in ihm ist nun erfüllt das Wort des Herrn: ich gebe euch den Geist der Wahrheit, der euch in alle Wahrheit leitet."

Taulers Streben ging dahin, eine totale Umgestaltung und innere Wiedergeburt der theologischen Wissen= schaft anzubahnen. Die Gottesgelehrtheit soll auch in Wahrheit eine von Gott stammende Gelehrtheit werden. Er steht den Theologen seiner Zeit gegenüber wesentlich auf demselben Standpunkt, von welchem aus vor ihm der Apostel Paulus den durch ihr Wissen aufgebläheten Corinthern zurief: „Nicht viel Weise nach dem Fleisch, nicht viel Gewaltige, nicht viel Edle sind berufen. Sondern was thöricht ist vor der Welt, das hat Gott erwählet, daß er die Weisen zu Schanden mache." (1 Cor. 1, 26. 27.)

Dieser Standpunkt lebendigen evangelischen Glaubens trieb den gottseligen Mann, der kein höheres Gebot kannte als den Befehl Christi, zum muthigen Zeugniß gegen das verderbte und in Welt- und Sündendienst versunkene Leben der Geistlichen wie der Laien, und die herrschend gewordene scheinheilige

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