ÀҾ˹éÒ˹ѧÊ×Í
PDF
ePub
[ocr errors]

Werkgerechtigkeit, die in jener entarteten Wissenschaft ihre mächtige Beschüßerin hatte. Er weiß die Wurzel dieser · großen Gebrechen, welche wir bereits geschildert haben, wohl zu treffen. Es ist die natürliche Selbstsucht des Menschen, die in den verschiedensten Formen auch in der Kirche Christi sich zur Herrschaft erhoben. Rom, welches Wort er von dem hebräischen rum, hoch sein, ableitet, ist ihm das Bild der Hoffarth und Herrschsucht. Wie zur Zeit Christi der Tempel zu Jerusalem von Krämern besezt gewesen, so sei es jetzt seine Kirche. Sie sei überfüllt von Solchen, die in allem ihrem Thun nur sich selbst suchten, die zwar für fromme Leute gehalten sein wollten, aber dabei aus der Gottseligkeit doch nur ein niedriges Gewerbe gemacht hätten. Denn das Wesen der falschen Geistlichkeit bestehe darin, daß man nicht in Gott, son= dern in den Creaturen. seinen Trost und sein Vergnügen suche, daß man auf eigene Werke vertraue und nicht in den wahren, lauteren Grund Gottes hindurchdringe. An solchen Geistlichen würde sich aber das Sprichwort er= füllen, daß sie hier am Karren zögen, in jener Welt aber am Wagen. Durch sie sei die Kirche jezt nicht besser als die Synagoge der Juden, welche auch viele Ceremonien gehabt, und doch dadurch keine Freude des ewigen Lebens erlangt hätten. Sie seien geistlich stolz, wie die Pharifäer, halten sich selbst für klug und verständig, obschon sie doch in Wahrheit unverständig seien, weil sie die christliche. Seligkeit nur in äußere Werke sezten. Solche Selbstsucht und Hoffarth finde sich bei allen Geistlichen, die sich ins Geistliche verirrt und ohne Eingeben und Antrieb von Gott diesen Stand erwählt haben. In einigen Predigten sagt Tauler, daß Geistliche,

[ocr errors]
[ocr errors]

die in den Sünden des Geizes, der Hoffarth und der Unzucht lebten, wie das so häufig war, schlimmer und verabscheuungswürdiger seien als Diebe und Mörder, weil diese doch zugestehen, daß ihre Thaten böse seien, jene aber ihr fündhaftes Leben noch vertheidigen und mit einem Schein von Heiligkeit zu umgeben wissen. Darum seien solche falsche Geistliche, solche vermessene Heilige auch am schwersten zu bekehren; sie seien so subtil und behende, daß sie mit Worten nicht leicht überwunden werden können, aber in der That seien sie die rechten Vorboten des Antichrists, die ihm den Weg bereiten zum Unglauben und ewiger Verdammniß. Auch an dem Dominikaner-Orden, dem Tauler selbst angehörte, hatte er gleiche Sünden zu strafen und that es mit christlichem Freimuth. Das Wesen ihres Ordens sei nichts anderes als die reine und vollkommene Darstellung der christlichen Religion selbst, nämlich die rechtschaffene Liebe Gottes, die rechtschaffene Demuth und willige Armuth am Geist und zeitlichen Gütern. Dieses zu halten hätten sie Gott gelobet. „Halten wir solchen Eid nicht, so werden wir meineidig und treulos an unserm Gott. Deshalb, liebe Kinder, bitte und ermahne ich Euch, daß Ihr das Wesen dieses Ordens wohl haltet und ihm nachfolget." Solche Ermahnungen, die Tauler oft wiederholte, wären nicht nöthig gewesen, wenn nicht auch dieser Orden wie alle übrigen der Verweltlichung und der Habsucht verfallen gewesen wäre.

Tauler hatte eine hohe Meinung von dem geistlichen Stande und dessen Hirten- und Seelsorgeramt. Deshalb stellt er auch sehr ernste Forderungen an die Geistlichen, und wendet sich so oft in seinen Predigten. strafend und ermahnend an sie. Der Geistliche, sagt er, Baehring, Tauler.

5

[ocr errors]

sehe in allen seinen Sachen vielmehr auf Gott als seinen leiblichen Nugen; er verhüte nach bestem Fleiß und Vermögen, daß nicht etwa eins der ihm anvertrauten Schäflein in seinem Gewissen verlegt werde. Er sei gleichge= sinnt gegen Freund und Feind; er halte die Jugend fleißig im Zaum, sei ernsthaft mit Freundlichkeit und suche in seinen Befehlen vielmehr geliebt als gefürchtet zu werden; er ziehe in schwierigen Fällen seine Oberen zu Rathe und kann er einem Uebel nicht abhelfen, so lasse er wenigstens seine Stimme dagegen laut werden. Kann er seine Gemeinde nicht in den Zustand der Heiligkeit und Gottseligkeit bringen, den er für sie wünscht, so lasse er sich nicht zum Kleinmuth verleiten; denn es gehet in diesem Falle wie mit einem alten zerrissenen Kleide: wird es nicht wieder geflickt, so ist es bald ganz zerrissen und unbrauchbar. Wo die geistlichen Uebungen und Werke aufhören, da mögen die leiblichen nicht lange bestehen. Wer geringe Sünden nicht achtet, der gewöhnt sich an die Sünde und fällt zulegt in große. Vor allen Dingen befleißige sich der Seelsorger, daß er seinen Untergebenen mit gutem Beispiele vorangehe und das mehr in Werken als in Worten. Geduldig soll er leiden, wenn er eine Sache bei sich wohl erwogen und mit aller Treue ausgerichtet hat, daß sie Andere übel deuten und lästern und daß ihm diejenigen, welchen er am meisten bemüht ist, Gutes zu thun, gerade die schwersten Uebel bereiten. Denn der Geistliche soll noch geboren werden, der es allen Leuten recht machen kann. Will das aber einer, so wird er es gar oft gegen Gott und die Wahrheit unrecht machen müssen. Böser Leute und Buben Schelten ist frommer Leute Lob und Ehre. Ferner soll der Geist=

liche böse Gesellschaft in und außerhalb des Hauses fleißig meiden. Diejenigen, welche aus Furcht vor dem Haß der Welt diesen Pflichten nicht nachkommen, suchen nur ihren Nußen, trachten nur nach ihrer Ehre und Würde und richten dabei die Gottseligkeit und wahre Ehrbarkeit zu Grunde. Solche Leute verkaufen sich selbst und haben ihren Lohn dahin. Ist ein Geistlicher aber im Fall, Andere strafen zu müssen, so strafe er zuvor sich selbst, alsdann wird er das Böse mit Gutem überwinden. Denn ein Teufel treibt den andern nicht aus. Vor allen Dingen aber soll ihm daran gelegen sein, den wahren Gottesdienst zu fördern und auszubreiten, nicht aber so, daß er Andere lehre und sich selbst vernachlässige. Deshalb soll der Geistliche des Tages etliche Mal, besonders des Abends und Morgens, in sich selber gehen und sich selbst vor Gott prüfen, das Herz zu ihm erheben und sich durch ihn für alle Trübsal mit Kraft und Trost ausrüsten. Deshalb, sagt Tauler, gebe ich Allen, die in ein geistliches Amt gesezt sind, den einfältigen, aber doch sehr nüßlichen Rath, daß sie wahrhaft demüthig seien und wohl bedenken, wie sehr gering und nichts sie seien, allen Stolz und Eigennutz meiden, ihre vielfältige Gebrechlichkeit erkennen und bedenken, wie plöglich sie von hinnen scheiden und zur Rechnung von ihrem geistlichen Haushalten gefordert werden können. Deshalb ist ihm nichts betrübender, als daß so viele Miethlinge die Heerde Christi weiden, so Viele sich sogar durch Simonie und andere Mittel des Eigennußes in Amt und Würden gebracht, nur um daselbst ihrem Eigennuße desto besser fröhnen zu können, daß so. Viele den Brunnen des lebendigen Wassers verlassen haben und auf äußerliche Dinge verfallen sind, die sie mit ihrer Ver

nunft ausgegrübelt und sich eingebildet haben; daß die Meisten entweder, wie die Schriftgelehrten der Juden, Subtile und Klüglinge sind, die alle Dinge in die Vernunft ziehen, und die hohen göttlichen Glaubensgeheimnisse dennoch auslegen, dabei aber in dem innerlichen Grunde, daraus die Wahrheit einfältiglich hervorquellen sollte, ganz wüste und unfruchtbar sind; oder daß sie den alten Pharisäern gleichen, die nur sich selbst für gerecht und fromm halten, auch ihre Sagungen und Ordnungen gar steif_be= obachten und ihre Gewohnheiten allen andern vorziehen, nur um gerühmt zu werden, dabei aber leichtfertig andere Menschen, die es nicht mit ihnen halten, richten und verdammen; oder auch daß sie in beiden Fehlern, in hochmüthiger Subtilität und in scheinheiliger Strenge bis über die Ohren stecken. Solche Geistliche seien schwerer zu einem wahren Leben in Gott zu bekehren, als die verwildertsten Weltkinder.

Bei solchem Zustand der Kirche und ihrer Diener konnte es auch in der Welt, in den Häusern und Gemeinden nicht wohl bestellt sein. Die bittersten Klagen, die herzinnigsten Vermahnungen, die kräftigsten Warnungen finden sich auch in dieser Hinsicht in Taulers Schriften. Er klagt, daß die Teufelskinder sich ohne Schaam und Scheu in allerlei Sünde ganz muthwillig wälzen und der größte Haufe den reinen, lauteren Grund Gottes ver= läßt und sich zu dem bösen und falschen Grund begiebt, den sinnlichen Begierden nachhängt und über alle Gebühr nur Wohllust, Freude und Kurzweil sucht in den vergänglichen Creaturen." Die ganze Welt gefalle sich nur in äußerlichen Dingen und reibe sich in denselben auf. Niemand wolle mehr bescheiden in seinem Stand und Beruf

« ¡è͹˹éÒ´Óà¹Ô¹¡ÒõèÍ
 »