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zugleich die Schrift gedanken über die Genesis der menschlichen Sünde ablehnte. Die Schrift lässt den Menschen erstens nicht von selbst sich lossagen von Gottes Gesetz in rebellischem Trotze; sie lässt ihn vielmehr verführt werden und zwar durch Lug und Trug eines dämonischen Wesens (Röm. 7, 11; Gen. 3, 1-4); dem Verführten aber steht die Rückkehr eher offen als dem Empörer, subjectiv im eigenen Gefühle und Willen wie objectiv im Verhalten Gottes gegen ihn. Zweitens deutet die Schrift in den drei Versuchungen auf Stadien des Falles hin, der aus geringfügigen Anfängen heraus zur vollen Grösse erst allmählich sich entwickelt.1 Kant's jähe „intelligible" That bleibt ein moralisches und psychologisches Rätsel, während die Schrift uns erläutert, nicht nur dass Böses gethan ward, sondern auch wie das Mysterium des Bösen aus einer uns verborgenen Welt und ohne Gefährdung der Heiligkeit des Schöpfers hereintrat in die Menschheit und diese in schwere, doch in sühnbare und verzeihliche Schuld stürzte. Der Kant'schen intelligiblen That scheint nur die schwerste Schuldanrechnung zu entsprechen; jene Urthat scheint Todsünde, vollendete Bosheit zu sein, da sie aus der Freiheit des Ich heraus

Die

1) Vgl. mit Genes. 3, 1b. 4. 5: Matth. 4, 3-9; 1 Joh. 2, 16. spöttische, das Gebot entstellende und seinen Inhalt in's Gegenteil verkehrende Frage (Genes. 3, 1) weckt den Zweifel am Buchstaben des Gesetzes (Rom. 7, 88 ἀφορμὴν δὲ λαβοῦσα ἡ ἁμαρτία διὰ τῆς ἐντολῆς κατειργάσατο ἐν ἐμοὶ πᾶσαν ἐπιθυμίαν); die kecke Lüge der Versucherin (vgl. mit Genes. 3, 4 auch Joh. 8, 44) lässt irre werden an der Strenge des Gesetzes und an der Wahrhaftigkeit des Gesetzgebers; die arglistige, zweideutige Perspective auf den Neid der selbstischen Gottheit und die mögliche Gottgleichheit des sich emancipierenden Menschen (Röm. 7, 11: ¿¿ŋtátŋoé μe) entfesselt den zweifachen Egoismus der Sinnlichkeit (Genuss der verbotenen Frucht) und der geistigen Hoffart (Ungehorsam).

2) Nicht den Ursprung des Bösen in der Welt (dieser ist und bleibt für uns Mysterium, vgl. auch Matth. 13, 25), sondern seine Uebertragung in das Herz des Menschen schildert Genes. 3 und Röm. 7, ethisch wie psychologisch analysierend. Kant ist im Rechte, wenn er dagegen protestiert, dass das metaphysische Problem vom Ursprunge (und von der Möglichkeit) des Bösen überhaupt durch die Berufung auf den Satan. gelöst werde. Denn bei Satans Fall kehrt ja die Frage wieder: wie konnte ein von Gott geschaffener, also der göttlichen Natur teilhafter Geist fallen? Aber indem Kant alle Objectivität des Bösen vor und ausser dem Menschen ignoriert, stellt er diesen nicht sowohl an die Stelle des biblischen Adam, als an die des Satan, welcher einstmals fiel:

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(ohne das Zwischenglied der Bethörung und Verführung) sich vollzog. Allein der energischen Prämisse (intelligible That) fehlt die entsprechende Konsequenz (volle Wertung oder Leugnung der Schuld); Kant's Ethik schwankt zwischen den beiden angegebenen Extremen; sie kennt wohl Röm. 7, 14-23, aber ohne zu Röm. 7, 24, geschweigc zu Röm. 8 sich führen zu lassen.

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Zum Teil lässt sich diese Halbheit schon hier daraus erklären, dass die ausschliessliche Betonung des Formalen das materiale Gewicht sowohl der That als der Schuld nicht zu klarem Bewusstsein kommen lässt. Hätte Kant z. B. den Willen nicht bloss als purus actus oder Willkür, hätte er das Ich in seiner materialen Bezogenheit zu einem (dieses Ich im innersten Wesen erst konstituierenden und regulierenden) Du (über sich: Gott, um sich die Nächsten), nicht bloss negativ in seiner Gelöstheit von der Natur und in seinem Verhältnisse zum abstracten Gesetze gefasst: so würde er nicht so leicht, getragen von der Amphibolie seiner rein formalen Terminologie, sich die Brücke geschlagen haben über so manches Entweder Oder, zu dem ihm die schroffe, rücksichtslose Sprache des nach sachlichem Principe nur urteilenden Gewissens herandrängte. Den Willen, der erfahrungsmässig durch wiederholte Thaten aufhörte purus actus zu sein in dem Sinne, dass er sittlich neutral sich nach beiden Seiten hinwenden könnte, würde dann auch Kant nicht durch die blosse Stimme des kategorischen Imperatives als zur neuen Revolution (zur Unterordnung unter das Vernunftgesetz) befähigt darstellen; er würde zu der Paulinischen und Augustinischen Folgerung genötigt worden sein, dass die ursprüngliche eine That als universale Macht des Bösen fortwirkt und die ganze Persönlichkeit des Menschen gefesselt hält. Dieser Folgerung wird Kant nur scheinbar gerecht. Er teilt den Menschen in ein Noumenon und in ein Phänomenon: in jenem lässt er die Idee des Guten, in diesem die Sinnlichkeit und Sündigkeit herrschen. Wo aber ist nun das Einheitsband zu suchen, wodurch dieser abstracte Dualismus überwunden und zu einer lebensvollen Gestalt zusammengefasst werden kann? Die membra disiecta sind ohne „das geistige

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er vermengt die psychologisch-ethische Frage, auf welche die Schrift allein eingeht, mit der metaphysischen, welche die Schrift kaum streift (,,Schlange" in Genes. 3 und ,,Sünde" in Röm. 7 sind keineswegs ohne weiteres zu deuten als der „,Satan" in seiner herkömmlichen Begriffsbestimmung).

Band;" beim ,,Erkennen und Beschreiben des Lebendigen" ist,,der Geist herausgetrieben" worden. Wenn Kant das Ich als rein logischen, formellen Mittelpunkt einschiebt nnd dieses Ich als nahezu identisch mit der Willkür definiert: so fehlt diesem Ich nicht nur die sittliche Qualität, sondern auch jede sittliche Energie. 1 Es bleibt also ein unvermittelter Dualismus bestehen (Kant hat ihn in seinen beiden ersten Kritiken offen ausgesprochen, in der dritten 2 hat er nicht ihn selbst, sondern nur seinen Schein beseitigt) im physischen Sein wie im sittlichen Thun des Menschen. Neben einander hausen das gute und das böse Princip in einer keines

1) Ganz anders bestimmt Paulus in Röm. 7, 14-23 das só des Menschen: dem ἔσω ἄνθρωπος eignet im νοῦς Auge und Ohr für den νόμος θεοῦ (ν. 22 f.), er σύμφησιν und συνήδεται τῷ νόμῳ (ν. 16. 22) und θέλει ποιεῖν τὸ καλόν (ν. 21); aber er ist πεπραμένος ὑπὸ τὴν ἁμαρτίαν, machtlos der σάρξ gegenüber (v. 14) und er unterliegt im Kampfe gegen die auaptía, welche in den Gliedern ihren Sitz hat und die Sinnlichkeit als ihr Organ im Kampfe gegen das veυpaτzóv im Menschen benutzt. Also das wahre Ich des Menschen ist gottverwandt, und auch im Stande der sittlichen Knechtschaft ist es nie ohne den Zug des Geistes zum Vater (Röm. 8, 23 f.): es ist sachlich von Gott bestimmt. Der Selbstwiderspruch (Röm. 7, 15 ff.) löst sich dadurch, dass nicht das Ich, sondern eine fremde Macht, die Sünde, im Menschen das Hausrecht und die Herrschaft ausübt (7, 20 f.). Der Mensch ist beim Sündigen nicht in erster Linie activ; er leidet (7, 24. 21. 23. 15. 17) in seinem sittlichen Gefühl und er leidet Gewalt durch die fleischliche, sinnliche, gegen den Geist entfesselte Begierde. Das zweite Ich, die andere Seele im Menschen, d. h. das niedere Ich ist die objective, dem Menschenwesen fremde und feindliche, wenn auch auf Zeit es beherrschende Sündenmacht. Vgl. Weiss, Bibl. Theologie (3. Aufl.) 234 f.

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2) In,,Kritik der Urteilskraft" treten Mensch und Natur unter den teleologischen Gesichtspunkt; die Kluft zwischen dem Verstande, dem Vermögen der Begriffe, und der Vernunft, dem Vermögen der Ideen und Principien, überbrückt die ästhetische und teleologische Urteilskraft; während die theoretische Vernunft die Welt nur nach Naturgesetzen, und die practische Vernunft die Welt nur nach dem Gesetze der Freiheit, also als eine sittliche, zu erfassen vermag: schliesst die Urteilskraft die Welt der Erscheinungen nach ihrem Ursprunge und Zwecke an ein übersinnliches Princip (Gott). Freilich kommt letzteres über die objective Möglichkeit nicht hinaus; der Zweckbegriff ist lediglich subjectiver Art, d. h. unser discursiver Verstand legt ihn in die Natur hinein, um sie einheitlich zu erfassen; die Teleologie ist nur regulatives, nicht constitutives Princip. Vgl. §§. 69. 74-78 der Kritik der Urteilskraft.

wegs motivierten Koordination, da doch im Gefolge der vom Menschen (als Noumenon) ausgeführten intelligibeln That das radicale Böse sich geltend machen und das volle Menschenwesen depravieren sollte. Allein diese moralische Konsequenz zieht Kant nicht im Ernste. Leicht und unvermittelt, wie einst in rätselhafter That sich der Uebergang vom Guten zum Bösen vollzog, soll sich umgekehrt auch wieder der Uebergang vom Bösen zum Guten vollziehen können; der kategorische Imperativ soll genügen, um die Kluft im sittlichen Sein des Menschen zu überbrücken (ebenso wie er die logische im Systeme Kant's verdeckt). Und doch ist jene erste Entscheidung des Menschen um so schwerer und verhängnisvoller, als bei diesem Akte des freien Willens weder die Annahme einer Verführung noch eines intellektuellen Irrtumes (als Anfang des áμaptáveιv, d. h. des Verfehlens sowohl des göttlichen Willens, als des eigenen Zweckes und Zieles) zulässig erscheint. Ferner: der einmal und plötzlich eingetretenen sittlichen Revolution (zum Guten) soll angeblich ein stetiger Fortschritt folgen in der subjectiven Heiligung, als wäre fortan der sittliche Dualismus nur ein machtloser Schatten und leerer Schein. Schärfer sah Origenes, der auf Grund der schwankenden, inkonsequenten Entscheidungen des freien Willens eine Reihe von Welten, ein Auf- und Niederwogen im sittlichen Processe der Geister annahm;1 ihm ergab sich aus dem Begriffe der formalen Freiheit ein steter Wechsel von Abfall und Rückkehr, so aber ein unendlicher Kreislauf endlicher Welten.

2. Die menschliche Freiheit.

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Der Freiheitsbegriff nimmt in Kant's System der practischen Vernunft die erste Stelle ein, nach der äusseren Reihenfolge wie nach der inneren Bedeutung und Wirkung der in Frage kommenden Begriffe. Kant ist ein enthusiastischer Lobredner der Freiheit im Menschen. Die speculative Vernunft schon garantiert sie, weil sie ihrer beim Kausalitätsbegriff bedarf; sie ist, entgegengesetzt dem Naturmechanismus, durch das Sittengesetz in den Vernunft wesen gefordert.,,Ihr Begriff macht, sofern seine Realität durch ein apodiktisches Gesetz der practischen Vernunft bewiesen ist, den Schlussstein vom ganzen Gebäude eines Systems der reinen, selbst der speculativen Vernunft aus, und alle anderen Begriffe (die von

1) Vgl. Baur, das Christentum der drei ersten Jahrhunderte 251 f.

Gott und Unsterblichkeit), welche als blosse Ideen in dieser ohne Haltung bleiben, schliessen sich nun an ihn an und bekommen mit ihm und durch ihn Bestand und objective Realität.“ „Freiheit ist aber auch die einzige unter allen Ideen der speculativen Vernunft, wovon wir die Möglichkeit a priori wissen, ohne sie doch einzusehen, weil sie die Bedingung des moralischen Gesetzes ist, welches wir wissen. 1 Freiheit und moralisches Gesetz sind Wechselbegriffe. Die Freiheit ist die ratio essendi des moralischen Gesetzes und dieses ist die ratio cognoscendi der Freiheit; das moralische Gesetz ist vor der Freiheit, doch es würde ohne sie in uns nicht anzutreffen sein.

Die von Kant aufgestellten Definitionen der Freiheit sind teils negativer, teils positiver Art; nur formell verschieden ergänzen sie sich sachlich. Die negativen lauten: a) Freiheit ist Unabhängigkeit von der Naturnotwendigkeit und den Zeitbedingungen (Kritik d. pract. Vernunft 170 ff. 51. 155. 177); b) Freiheit ist Unabhängigkeit von Neigungen, wenigstens als bestimmenden (Kritik d. pract. Vernunft 212 f.; Relig. innerhalb d. Grenzen d. Vernunft 68 f.); c) Freiheit ist die Unabhängigkeit von aller Materie des Gesetzes, d. h. einem begehrten Objecte (Kritik d. pract. Vernunft 58 f. 73). Die positiven Definitionen sind: a) Freiheit ist die dynamische Kausalität, eine Vernunftidee,2 die als solche nur im reinen, nicht im empirischen Bewusstsein vorstellbar, also intelligibel ist (Kritik d. pract. Vernunft 185 ff. 5 ff. 30 ff. 170 ff.); b) Freiheit ist daher das Dasein der reinen Vernunft in der intelligibeln Welt (Kritik d. pract. Vernunft 79 f.); c) Freiheit ist endlich und vornehmlich die absolute Spontaneität, das Vermögen der absoluten Kausalität, das Vermögen des absoluten Anfangs einer Handlung (Kritik d. pract. Vernunft 58 f. 84 f. 173 ff. 181 ff. Relig. innerhalb d. Grenzen d. Vernunft 59).

Alle diese Definitionen sind rein formalistischer Art, die gegenüber der sittlichen Qualität freier Handlungen rein

1) Krit. d. pract. Vernunft 2 ff. 9 ff. 13. 115 ff. 118 ff.; Relig. innerhalb d. Grenzen d. Vernunft 58 f.

2) Die moralischen Ideen definiert Kant als „Urbilder der practischen Vollkommenheit, die zur unentbehrlichen Richtschnur des sittlichen Verhaltens wie zum Maassstabe der Vergleichung dienen" (Krit. d. pract. Vernunft 230).

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