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Willen des Ich vollkommen identisch setzen mit dem Ich und der Persönlichkeit überhaupt?1

Bekanntlich ist der entschiedenste Widerspruch laut geworden gegen die von Kant behauptete und gefeierte,,Autonomie" und ,,Autarkie" der practischen Vernunft. Und dieser Widerspruch ist ein zweifellos berechtigter. Historisch und dialectisch ist jedoch auch anzuerkennen, dass Kant's Behauptungen die berechtigte, ja notwendige Reaction bilden zu der auf Kosten der Anthropologie durch Augustin, Gottschalk, Bradwardina, Luther, Zwingli, Calvin einseitig ausgebildeten Theologie. Die Lehre von der Prädestination, die in letzter Instanz doch trotz aller vermittelnden Motive ethischer Art auf einen physischen Gottesbegriff zurückkommt, 2 hatte den Freiheitsbegriff in Schatten gestellt. In diesen setzt Kant ein; freilich so, dass er das subjective anthropologische Gegenstück zur früheren einseitigen, ausschliesslich objectiven Theologie gab. Nicht eine ausschliessliche Theologie, nicht eine eben so einseitige Anthropologie, sondern nur eine Theanthropologie kann des Rätsels Lösung sein; gerade so wie die Gegensätze von Gott und Mensch sich nur in der Idee und in der Person des Gottmenschen versöhnen. Diese Erkenntnis blieb indes erst der nachkantischen Philosophie und Theologie vorbehalten.

4) Die Behandlung der Christologie, überhaupt der biblischen Geschichte durch Kant3 hat sich von jeher einen von Kant selbst nicht in Abrede gestellten Vorwurf gefallen lassen müssen: den der Verflüchtigung der heiligen Geschichte in moralische Ideen. Was aber trieb Kant bei seinem ausgeprägten Pelagianismus überhaupt zu einem Christus? Die tiefe Erkenntnis von dem Hange zum Bösen in der menschlichen Natur, deren,,Gebrechlichkeit, Bösartigkeit, selbsttrügerische Tücke" er in beredter Weise schildert. 4 Jener Hang ist vorhanden, er ist eine Thatsache der allgemeinen Erfahrung: aber von

1) J. Müller, Lehre v. d. Sünde (3. A.), I, 522. 552; II, 42 f. 67 f. Luthardt, Lehre v. freien Willen 3 ff. 442 ff.

2) Schleiermacher, Werke z. Theologie II, 395–484.

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3) Relig. innerhalb d. Grenzen d. Vernunft 108-114. 190-193. 239; vgl. Lehre v. d. Person Christi II, 972 ff.; Baur, Trinität (Bd. III) u. Lehre v. d. Versöhnung (vielfach); vgl. Kalich (1870): Cantii, Schellingii, Fichtii de filio dei sententia.

4) Relig. innerh. d. Grenzen d. Vernunft 20 - 39.

Es er

wannen stammt er? dies ,,bleibt uns unerforschlich". 1 hellt, wie gegenüber dem rätselhaften und doch innerhalb des Erscheinungsmenschen allmächtigen Bösen eine andere, sittliche, höhere Macht stehen muss, die entrückt allem gemeinen Empirismus den Geisteskampf aufnimmt, frei und ewig unverletzt. Das apriorische Bewusstsein der Freiheit, mit der das sittliche Gesetz in Reciprocität steht, 2 fordert den Kampf, indem sie die ideelle Macht eines guten Princips ahnt und verbürgt. Verzichtend auf einen theoretischen Nachweis des Ursprungs des Bösen, verzichtend auf eine speculative Theodicee: appelliert Kant im practischen Glauben, der uns derselben gewiss macht, an das Vorhandensein und die überwältigende Majestät der sittlichen Idee. Ihr Symbol ist ihm der Name ,,Christus", den er (gemäss dem Worte Joh. 14, 6) umsetzt aus der vereinzelten Objectivität Jesu Christi in die allgemeine Subjectivität. Ueber dem Christus in uns kommt bei Kant der Christus vor uns und für uns nicht zur Geltung. Dies Uebergehen des historischen Christus als unseres Erlösers ist ein Fehler; indes die starke Betonung des in uns vorhanden sein sollenden Christus ist doch auch ein ächt christlicher, ein mystischer Zug, den man vielfach,,dem alternden Kant" übelnahm. Im teilweisen Rechte war Kant mit dieser Subjectivierung der Christologie und der biblischen Geschichte nicht nur, sofern bis zu einem gewissen Grade alle Geschichte die Hülle und die Entfaltung einer Idee ist, sondern in besonderer Weise gegenüber der theoretischen, das Objective starr betonenden, das Ethische vielfach durch juridische, äusserliche Abrechnung unterdrückenden ,,Orthodoxie". Der Tadel, dass Kant in das entgegengesetzte Extrem verfiel, dass er die Geschichte in die Idee verwandelnd überhaupt nur eine innere Geschichte des sittlichen Werdens gelten liess, sollte nur die Art treffen, wie Kant dies innere, ethische Christentum nachwies und forderte: dass er es forderte, ist ihm zu danken. Dabei hat sich Kant, der mit der Strenge eines Moses und Elias das eherne Gesetz verkündigte, der sanfteren Stimme des Evangeliums nicht ganz verschlossen, das auch ihm im Innersten der Seele

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1) Relig. innerh. d. Grenzen d. Vernunft 46. 39 ff.

2) Krit. d. pract. Vernunft, Vorrede 5. 6.

3) Christi Leben als ein typisches für jeden Christen: vgl. Anselm, de trinit. 2; Dorner, Person Christi II, 453 ff. 510 ff.; mehrfach anch Martensen, in M ister Eckhart.

uns

das Wort von der Gnade predigte. ,,Hier ist nun derjenige Ueberschuss über das Verdienst der Werke und ein Verdienst, das aus Gnaden zugerechnet wird"; ,,es ist also immer nur ein Urteilsspruch aus Gnade, obgleich (als auf Genugthuung gegründet, die für uns nur in der Idee der gebesserten Gesinnung liegt, die aber Gott allein kennt) der ewigen Gerechtigkeit völlig gemäss, wenn wir, um jenes Guten im Glauben willen, aller Verantwortung entschlagen werden": so äussert sich Kant bei Besprechung der Satisfaction, die nach ihm der Mensch als vooúμεvov für den Menschen als patvóμevov zu leisten hat. Dies innere Evangelium hat ihn auch das äussere achten lassen: nicht bloss wegen der Fülle und Wahrheit seiner Ideen, sondern auch, weil er in Uebereinstimmung mit den Resultaten seiner drei Kritiken und in Folge der eben berührten sittlichen Zweiteilung des (ideellen und empirischen) Menschen das Ideal des Guten nicht nach Art eines deus ex machina auf die empirische Menschheit einwirken lassen durfte. Er sieht daher die Kirche, die Bibel, alles Statutarische in der Religion wenigstens als Schattenbilder an, als Vehikel zur Vollkommenheit (vgl. 1 Cor. 15, 28; 13, 12).2 Das,,Reich Gottes" ist nicht,,von dieser Welt".3

5) Mit der Verwerfung aller äusseren Autorität zieht sich Kant auf die ihm einzig gültige, die innere zurück. Ihr Ursprung und ihre Kraft bleibt ihm ein Mysterium für die theoretische Erkenntnis; sie ist ihm aber das Regulativ für das practische Thun. Der rätselhaften Freiheit und dem ihr correspondierenden moralischen Gesetze im Menschen entspricht in der gesamten äusseren Natur der Organismus" 4 Kant behandelt diesen Begriff, der dem Naturmechanismus ebenso gegenübersteht, wie die Vernunftideen den Verstandeskategorien, in der ,,Kritik der [teleologischen] Urteilskraft" (1790) 5 und definiert ihn als ,,die einge

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1) Relig. innerh. d. Grenzen d. Vernunft 100 f.

2) Martensen, Dogmatik 308 (4. A).; Relig. innerh. d. Grenzen d. Vernunft 109 ff.

3) Vgl. Rothe, Theol. Ethik II, 240 ff. 394 ff. 411 f.

4) Rothe, Theol. Ethik I, 330 ff.; Dorner, Person Christi I, 713. 910. 921; II, 186. 262. 410 f.; Luthardt, Freier Wille 4 ff.; Kant, Krit. d. pract. Vernunft 15 f.; 289.

5) Krit. d. pract. Vernunft 8 f. 17. 72-75. 94. 115 ff. 185 ff. 245, 254 f.; vgl. Erdmann, Gesch. d. Philos. (1. A) II, 327 f. 331. 338.

borene Zweckmässigkeit." Ihr gegenüber steht der kritische Verstand stille; denn er ist nur einer mechanischen, discursiven Naturbetrachtung gewachsen. Daher zunächst die Forderung eines ,,intuitiven Verstandes", der im Einzelnen schon das Allgemeine ahne und über jenes sich erhebe; daher sodann der Uebergang aus der ungenügenden physikotheologischen Betrachtung, die höchstens auf einen Ordner der Mechanismen führe, zu der höheren Ethikotheologie, deren Ausgangs- und Endpunkt der moralische, ideale Mensch ist als Träger der ächten Tugend und der wahren Glückseligkeit. Zu einer eudämonistischen Glückseligkeit hatte auch die vorkant'sche Physikotheologie geführt; zu Tugend und Glück aber im Bunde führt nur die Moralität, deren Gesetz den Glauben an seine Vollbringung und somit das Ideal des höchsten Gutes in der Ideentrias Gott, Tugend, Unsterblichkeit hervorruft. Ueber diesen Fortschritt Kant's sagt Weisse: „Die Philosophie des ontologischen (d. i. spinozistischen) Standpunktes hatte den Zweckbegriff überhaupt für unwahr erklärt. Die bisherige, von den Begriffsbestimmungen des Deismus aus- und in denselben zurückgehende Physikotheologie hatte zwar den Begriff wieder hergestellt, aber die Zweckmässigkeit der Weltordnung nicht in die Idee der Gottheit selbst, sondern aus derselben heraus in die nur ausser Gott gesetzte, nicht zugleich in ihm bleibende oder in die Einheit mit ihm zurückgenommene Creatürlichkeit verlegt. Die Ethikotheologie hebt den so wieder hergestellten Zweckbegriff nur dialectisch auf, aber sie zerstört ihn nicht; sie verleibt ihn vielmehr durch dieses Aufheben in die göttliche Idee selbst ein und lässt Gott, nicht blos subjectiv für das menschliche Erkennen denn das thut auch der Deismus, sondern an sich und in der göttlichen Wahrheit, Gott sein, nur wiefern er das, was sein unmittelbares Dasein ausmacht (die Idee des Guten) als einen durch freie, creatürliche Thätigkeit zu realisierenden Zweck aus sich herausstellt: d. h. seine Gottheit, oder abstract seine Unsterblichkeit mitteilt. Dies nämlich liegt in dem Satze: dass mit der Gewissheit von dem Dasein Gottes die Gewissheit von der Unsterblichkeit der Seele eine und dieselbe, beide aber das zum Ideale des höchsten Gutes entwickelte Bewusstsein des moralischen Vernunft wesens als einzig möglichen Selbstzweckes der Weltschöpfung sind." 1

1) Weisse, Idee der Gottheit 243 f.

Mit welchem Nachdrucke Kant den Begriff der ethisch-theologischen Teleologie in das Denken seiner Zeit einführte, beweist u. A., dass sein Nachfolger Fichte,,die moralische Weltordnung" als das absolute Sein, als die höchste Wahrheit verkündigte. Seit Kant besonders, wenn auch nicht direkt oder allein durch Kant's Anregungen, ist auch die teleologische Behandlung der Geschichte, die Geschichtsphilosophie in ihre heutigen Bahnen gelenkt worden.

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Von diesen, vorwiegend sittlich begründeten Grundlagen ausgehend hat Kant in seiner Art und in seiner Sprache die vielfach variierte Frage gestellt:,,Was muss ich thuen, dass ich selig werde?" Die Antwort, die er mit männlicher Energie gesucht und in seiner praktischen Philosophie gegeben hat, kann freilich, trotz des steten Appelles an die im Menschen latenten Kräfte und an dessen noch vorhandene sittliche Thatkraft, nicht als voll befriedigend gelten. Herz und Gemüt gehen bei dieser Religion,,innerhalb der Grenzen der Vernunft" fast leer aus. Auch wird das „böse“ Gewissen durch die halbe Sühne schwerlich zum dauernden Schweigen vermocht. Der doppelte Irrtum, den schon die Fragestellung einschliesst, hat die Antwort verhängnisvoll beeinträchtigt. Dieser doppelte Irrtum ist: der Wahn, dass überhaupt das „Ich“ sich seiner Autonomie und Autarkie getrösten dürfe; sodann: der Wahn, dass durch das „, Thuen", nur durch selbsteigenes Thuen, je des Menschen Streben und Sehnen zum Ziele gelangen könne.

1) Vgl. die Einleitungen zur Philosophie der Gesch. von Hegel (1837) und Co. Hermann (1869). · Gelegentlich erklärt Kant: „Unter dem Begriffe von Gott versteht man nicht etwa blos eine blind wirkende Natur, als die Wurzel aller Dinge, sondern ein höchstes Wesen; und dieser Begriff eines lebendigen Gottes interessiert uns allein".

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