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II.

Darstellung und Kritik des Kant'schen Nomismus.

Aus dem Axiom der ,,Autonomie der Vernunft" hat die practische Philosophie Kant's ein (trotz der Idee vom radicalen Bösen) bis zu den äussersten Konsequenzen durchgeführtes System des Pelagianismus sowie einen einseitigen idealistischen Nomismus abgeleitet. Der Kant'sche Nomismus kehrt seine Spitzen im Allgemeinen: gegen den Begriff und das Wesen der Religion, welcher im Gegensatz zur Sittlichkeit, als dem Postulate der practischen Vernunft, jede höhere und selbständige Bedeutung, ja fast das Anrecht auf Existenz abgesprochen wird; im Besonderen: gegen die historischen Gestalten Jesu Chrsti und seines Werkes, der Kirche, die nur noch als sinnliche Niederschläge und Verschlackungen der Gesetzesidee gelten sollen. Darstellung und Kritik des Kant'schen Versuches, der Religion ihre selbständige Bedeutung zu verkümmern, bietet das zunächst folgende.

1. Das Verhältnis von Religion und Sittlichkeit.

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Das Verhältnis von Gottseligkeit" und "Tugend" d. i. von Religion und Sittlichkeit hat Kant eingehend im vierten Stück der,,Religion innerhalb der Grenzen der blossen Vernunft" (,,vom Dienst und Afterdienst unter der Herrschaft des guten Principes") behandelt. Ausser den Aftergestalten der Pietät kennt Kant recht wohl eine ächte Frömmigkeit, neben der fides spuria (servilis, imperata) ist ihm die fides sacra (ingenua) engegengetreten: doch auch diese edlen Formen der Pietät und des Herzensglaubens stehen ihm tief unter der ,,Tugend", der ,,Pflichterfüllung." An Stelle des vor Kant traditionellen objectiven Religionsbegriffes (,,Gottseligkeits

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lehre") setzt Kant den subjectiven: „Erkenntnis" aller unserer Pflichten als göttlicher Gebote." Durch diese Definition soll vom Wesen der Religion ausgeschlossen werden a),,die Forderung eines theoretischen Erkennens und Bekennens, jedes assertorischen Wissens" (selbst das Dasein Gottes sei nur eine Hypothese der theoretischen und ein Postulat der practischen Vernunft), b) der Wahn, es sei die Religion,,der Inbegriff besonderer, auf Gott bezogener Pflichten", es gebe ausser den,,ethisch bürgerlichen Pflichten (von Menschen gegen Menschen) noch Hofdienste". „Die wahre Religion" enthalte,,nichts als Gesetze, d. i. solche practische Principien, deren unbedingter Notwendigkeit wir uns bewusst werden können, die wir also, als durch reine Vernunft (nicht empirisch) offenbart, anerkennen". Die wahre Religion ist sonach die natürliche, in der ich zuvor wissen muss, dass etwas Pflicht sei, ehe ich es für ein göttliches Gesetz anerkennen kann“. Die natürliche Religion als Moral (in Beziehung auf die Freiheit des Subjects) verbunden mit dem Begriffe desjenigen, was ihrem letzten Zwecke Effect verschaffen kann (Gott als moralischer Welturheber) und bezogen auf eine Dauer des Menschen, die diesem Zwecke angemessen ist (Unsterblichkeit), ist ein reiner practischer Vernunftbegriff". Folglich sind auch ihre Gesetze ,,natürliche, durch blosse Vernunft erkennbar"; ihre Quelle, Autorität und Triebkraft ist die Vernunft. 1

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Objectiv angesehen ist demnach die Religion nicht sowohl ,,Gottseligkeitslehre" (so vor Kant), als vielmehr ,,Tugendlehre".

Die Inferiorität jener früheren Bestimmung gegenüber der seinigen erweist Kant folgendermassen. a) Die Gottseligkeit bestimmt die moralische Gesinnung als „,Furcht Gottes" und als ',,Liebe Gottes"; jene entspricht der Unterthanenpflicht und der Achtung für das Gesetz, diese der freien Wahl und dem Wohlgefallen am Gesetz. Aber Gottesfurcht und Gottesliebe bringen ausser der Moralität,,,noch über sie", den Begriff eines ,,über sinnlichen Wesens", das wir uns nicht anders als anthropomorphistisch,,und dadurch oft unseren sittlichen Grundsätzen zum Nachteil" denken. Die Gottseligkeitslehre enthält den Begriff von einem

1) Relig. innerh. d. Grenzen d. bl. Vernunft. (Ausg. v. 1794) Vorrede X sqq. 147. 229 ff. 236 ff. 247 ff. 260 ff. 281 ff. Kritik d. pract. Vernunft (Ausg. v. 1788) 233.

Gegenstande, den wir uns in Beziehung auf unsere Moralität als ergänzende Ursache unseres Unvermögens in Ansehung des moralischen Endzweckes vorstellen." „Die Tugendlehre aber besteht durch sich selbst, ohne den Begriff von Gott".,,Die Gottseligkeitslehre kann also nicht für sich den Endzweck der sittlichen Bestrebungen ausmachen, sondern nur zum Mittel dienen, das, was an sich einen besseren Menschen ausmacht (die Tugendgesinnung), zu stärken, dadurch dass sie ihr die Erwartung des Endzwecks, wozu jene unvermögend ist, verheisst und (im practischen Glauben) sichert". b) Während der Tugendbegriff aus der Seele des Menschen genommen ist, muss der Religionsbegriff ,,durch Schlüsse herausvernünftelt werden" und führt schliesslich hinweg von der reinen Idee der Sittlichkeit, sofern die unvermeidlichen Anthropomorphismen und Bilder die theoretisch zulässig sind uns practisch dazu verleiten, uns einen Gott zu machen, wie wir ihn brauchen können. Nur zu leicht wird dann der Gott ein,, Idol", und an Stelle der Tugendübungen aus innerem Pflichtgefühl tritt Gottesverehrung, ein schwächliches ,,Surrogat der Tugend“. Von hier aus eröffnet Kant seinen Feldzug gegen alles Statutarische, Zufällige, Historische in der Religion. Es fällt dahin unter dem Kanon:,,Es ist nicht wesentlich und also nicht jedermann notwendig zu wissen, was Gott zu seiner Seligkeit thue oder gethan habe; aber wohl, was er selbst zu thun habe, um dieses Beistandes würdig zu werden". So lehre auch Luc. 17, 21 f.1

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Nur scheinbar erklärt sich Kant gelegentlich für eine Superiorität des Religionsbegriffes über den Tugendbegriff. Sätze wie:,,Moral· führt unumgänglich zur Religion" (,,wodurch sie sich zur Idee eines machthabenden moralischen Gesetzgebers ausser dem Menschen erweitert, in dessen Willen dasjenige Endzweck der Weltschöpfung ist, was zugleich der Endzweck des Menschen sein kann und soll") oder: Gottseligkeit ist die Vollendung der Tugend" (um mit ,,der Hoffnung der endlichen Gelingung aller unserer guten Zwecke bekrönt werden zu können"), stellen doch die Religion nur hin als integrierendes Moment der Moral. Sie sind nach dem Axiome Kant's zu verstehen, dass ,,die Idee Gottes und der Religion wohl aus der Moral hervorgeht; aber nicht die Grundlage der

1) Relig. innerhalb d. Grenzen d. Vernunft 152 ff. 257 ff. 278 ff 286 f. 63. 167 f. 199. 208 ff. Kritik d. pract. Vernunft 71. 233.

selben ist"; auch ist auf Grund der Kant'schen Lehren von der Autonomie und Autarkie der Vernunft festzuhalten, dass Kant's ,,Vernunftreligion" und,,reiner Religionsglaube" jegliche Heteronomie bekämpft (also auch die Theonomie) und die „,Pflichten" nicht als objective,,Sanktionen, als willkürliche, für sich selbst zufällige Verordnungen eines fremden Willens" anerkennt. 1

Die scholastische Auffassung von dem Verhältnisse der Theologie zur Philosophie, wonach jene als domina, diese als serva oder ministra zu gelten habe, hatte Kant durch die Frage ironisiert: ob denn je die philosophia ministra der angeblichen domina theologia die Schleppe nachgetragen, ob nicht vielmehr jene dieser stets die Fackel der Erkenntnis vorangetragen habe? Im Streite der Fakultäten verlor die Theologie ihren traditionellen Primat. Und zwar infolge davon, dass nach Kant die Religion nicht oder doch nicht mehr die Feuersäule ist, die den Völkern einst bei ihrem Wüstenzuge voranleuchtete; sie erscheint bei ihm mehr als die Nebelhülle, die den Strahl des inneren Lichtes, vor allem der dem Menschen immanenten practischen Vernunft, trübt und verkümmert. Der Religion als solcher spricht Kant im Grunde eine höhere und selbständige Bedeutung, ja fast das Anrecht auf Existenz ab: sie soll aufgehen in der Moral; die Gottseligkeit soll ersetzt werden durch die Uebung von Tugend und Pflicht; der Gottesbegriff, das A und O jeder Religion, mag immerhin noch ein problematisches Dasein fristen als Hypothese der theoretischen und als Postulat der practischen Vernunft. 2

Die Präponderanz des Moralischen über das Religiöse ist oftmals als Axiom aufgestellt worden, und zwar besonders von Per

1) Relig. innerhalb d. Grenzen d. Vernunft VIII sqq. XIII. 167 ff. 173. 146 f. 212 ff. 286. Kritik d. pract. Vernunft 232 f. 248. 71 ff. Weil materiale Principien zum obersten Sittengesetze ganz untauglich sind, so ist das formale practische Princip der reinen Vernunft das einzige mögliche." Jedes materiale und heteronome Princip der Sittlichkeit, auch das christliche, hemmt die,,subjective Verwirklichung des Ideals der Heiligkeit", da es den Eudämonismus, wenn auch in verfeinerter Form, in sich birgt.

2) Dorner, Lehre von der Person Christi II, 987 f. Gesch. d. protest. Theol. 743.,,Kant sucht noch Anknüpfungspunkte für den theistischen Gottesbegriff, aber allerdings hat ihm, wenn nicht die Idee, doch das Sein

sonen und in Zeiten, in denen ein äusserlicher Intellektualismus und Ergismus das Leben des Gemütes und des Gefühles, die im Stillen, oft im Verborgenen schaffende Macht der Gesinnnng und des Charakters übersah oder doch unterschätzte. Weil über das Moralische, über das was Pflicht und Recht sei, weniger gestritten werde, als über die religiösen Dogmen und Cärimonien, so sei durch die practische Uebereinstimmung der Menschen schon der Beweis erbracht, dass das Religiöse als das Unwesentliche, das Moralische als das Wesentliche zu gelten habe. Kant hat diesem seichten, am Sinnenfälligen und Greifbaren haftenden Rationalismus zwar nie das Wort geredet. Aber trotz seines Dringens auf die Lauterkeit der Gesinnung, der Maximen, der Motive, trotz seines Appelles an die geheimnisvolle Macht des Gewissens und des uns eingeborenen kategorischen Imperatives kommt er, ob seiner Erkenntnistheorie und einseitigen Vernunftkritik, nicht zur entschiedenen Anerkennung davon, dass der Mensch in seinem Gemüte eine heilige Macht erfährt und einer Lebensfülle inne wird, „die von innen heraus sich uns kundgiebt, meinem Gemüte als Gemüt, meinem Willen als Willen". ,,Es war ein glücklicher Weg, den Kant in seiner Deduction der practischen Vernunft zum Gottesbeweise einschlug, indem er, Elias folgend (1 Kön. 19, 1–14), Gott im stillen Säuseln oder Lispeln des Gewissens suchte. Aber er schnürte der kaum begonnenen Analyse des Gemütsphänomens des Gewissens mit seinem Systeme wieder den Hals zu. Warum giebt er uns dem frostigen moralischen Idealismus preis und verwandelt dieses kräftige lebendige Wort, das in uns gepflanzt unsere Seelen selig und frei oder elend macht, je nachdem wir ihm in die Hand oder zuwider handeln, in einen nichtigen Lufthauch?"1 Kant lässt wohl unsere Erkenntnis und unseren Willen, nicht aber das Gefühl und Gemüt zur Geltung kommen; die Rechte und Funktionen des Kopfes verkümmern bei ihm die des Herzens; der Lichtschein seiner kritischen Philosophie ist und lässt ohne Wärme; seine Vernunft,,vernimmt" nicht den Hauch des Geistes (Joh. 3, 8; 1 Cor.

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Gottes nur eine hypothetische, ja müssige Stelle. Es kommt bei seinem Systeme nicht sowohl darauf an, dass Gott sei, als darauf, dass er geglaubt werde." „Von dem alten Doketismus bildet Kant's System das moderne d. h. anthropologische Seitenstück; denn bei ihm behält das Göttliche vor dem Menschlichen nur eine Scheinexistenz."

1) Baader, Die Weltalter (von Hoffmann 1868) S. 112 f.

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