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in den Schoß uns fiel, für welche Dinge wir gleichgültig zu danken vergaßen, die wir als ganz selbstverständlich hinnahmen: heute lasset uns Herzen und Hände emporheben zu dem Vater, von dem jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk kommt und lasset uns mit dem Psalmisten frohlocken: Lobe den Herrn meine Seele und was in mir ist, seinen heiligen Namen! Lobe den Herrn meine Seele und vergiß nicht, was er dir Gutes gethan hat! Auf dem Sonntagsberg der Verklärung prüfe vor Allem dein Herz im Lichte des ewigen Gottes. Wir fragen heute nicht blos: Was haben wir in der vergangenen Woche eingenommen, was haben wir profitirt, wie viel Prozente haben wir verdient? wir fragen heute vielmehr wie steht es mit unsern Herzen? haben wir aufgespeichert jene verborgenen Schäße, die köstlich sind vor Gott, oder haben wir Schaden genommen an unserm inwendigen Menschen? Wie stehen wir zu unserm Himmelsvater? Dürfen wir ihm fröhlich und wohlgemuth in's allwissende Auge blicken oder müssen wir beschämt die Augen senken und reuevoll sprechen: Vater ich habe gesündigt vor dem Himmel und vor dir? Haben wir Leib und Seele in der vergangenen Woche rein erhalten von allem Unrecht und aller Unsauberkeit oder sind wir in die Fallstricke der Versuchung gefallen? Wir fragen heute: Wie stehst du zu deinen Mitmenschen, insbesondere zu deinen Familienangehörigen? Hast du, so viel an dir lag und so weit es möglich war, den Frieden gehalten mit Jedermann? haft du keinen schlimmen Gedanken, kein bitteres Wort, kein unrechtes Vorgehen den Deinen abzubitten? Hausvater, Hausmutter, Eltern, Kinder, Herrschaften und Dienstboten, habt ihr einander nichts zu vergessen und zu vergeben? und wenn ihr zu vergeben habt, nicht wahr, heute leget ihr allen Troß und Eigensinn, alle Rechthaberei und allen Uebermuth von Herzen ab und vergebet einander von Herzen? Und wenn uns bange werden will vor den Aufgaben und Pflichten, vor den Sorgen und Schmerzen, welche in der kommenden Woche auf uns warten, so befehlen wir unsern Weg dem Herrn, dessen gewiß, daß wir unsere Pflicht zu er= füllen haben, er es aber mit uns machen wird, wie es gut ist; dessen gewiß, daß er uns mit seiner Kraft emporheben wird über die Schwachheit des eigenen Herzens. Ofreudiger, o weihevoller Sonntag !

Und es ist uns ja so leicht gemacht, dem Sonntag diese Weihe zu geben. Als dein eigener Priester kannst du in der Stille des Hauses in stiller Sonntags-Morgen- oder Abendstunde dein Herz eintauchen in den läuternden Feuerstrom der Selbstprüfung und im Morgenthau der Ewigkeit deine Seele lauter baden. Und wenn dir dein Haus zu eng ist, so rufen dich die Kirchenglocken auf einen noch viel erhabeneren Berg der Verklärung: in's Gotteshaus. Dort versammeln sich mit dir Hunderte deiner Brüder und Schwestern, mit dir verbunden durch gemeinsames Menschenloos, durch ähnliche Schicksale, ähnliche Erfahrungen, ähnliche Empfindungen, ähnliche Leiden und Freuden wie die Deinen sind. Sie alle Legen hier gemeinsam ihr Herz und ihr Leben, ihre Kraft und ihre Schwachheit, ihre Vorzüge und ihre Mängel, vor Allem aber ihre Sehnsucht nach Gott vor dem Throne des Ewigen nieder. - Haben nicht die feierlichen Glockentöne, die Stimmen der Örgel, die mächtig bald an das Gewissen

heranrauschen, bald im Flüsterton die seligsten Geheimnisse uns offenbaren, haben nicht die machtvollen Choräle, die gemeinsamen Gebete mit ihrem demüthigen Sündenbekenntniß und ihrer Fürbitte für Haus und Hof, für Schule und Kirche, für Volk und Vaterland, für das Kommen des Reiches Gottes, haben nicht gute, erbauliche Predigtworte deinem Sonntag je und je die rechte Weihe gegeben? Erhält deine Sonntagsfeier ihre rechte Weihe nicht dann erst, wenn du aus Erfahrung mit dem Dichter sprechen kannst ? Könnt ich in dem Zimmer bleiben, Wann das Volk zur Kirche wallt? Könnt ich Alltagswerke treiben, Wann der Glockenruf erschallt?

Neues Leben, neue Stärke,
Reiner Andacht frische Gluth
Zu dem frommen Liebeswerke
Schöpf ich aus der Gnadenfluth.

Und von göttlichen Gedanken
Einen reichen Blüthenstrauß
Trag ich heimwärts, Gott zu danken
In dem kleinen stillen Haus.

Olasset uns am Sonntag niemals vergessen, auf den Berg der Verklärung zu steigen, weil da oben erst die Sonntagsruhe und die Sonntagsfreude auch die rechte Weihe empfangen. Möchten wir alle, möchte unser ganzes Volk je mehr und mehr den Segen des Sonntags wieder empfinden und erfahren; möchte sein Segen fortwirken bis in die spätesten Zeiten. Das walte Gott! O. B.

Zur evangelisch-reformirten Synode.

Nächsten Montag den 19. Juni versammelt sich auf dem Rathhaus die Synode der evangelisch-reformirten Landeskirche von Basel, und damit hat Basel endlich auch die Gelegenheit, einmal eine liberale Kirchensynode an der Arbeit zu sehen. Diejenigen, die dabei gewesen sind, erinnern sich bei diesem Anlaß, welche Mühen, Kämpfe und Opfer es seit fünfzig Jahren kostete, an dieses Ziel zu gelangen. Möge die Synode im Geist der besten Kirchenpolitik handeln, welche der alte, gute Spruch enthält: Im Nothwendigen Einheit, im Zweifelhaften Freiheit, in Allem Liebe!

Das erste Traktandum, der Bericht des Kirchenrathes an die Synode, dürfte ziemlich kurz und glatt abgehen. Es spiegelt sich darin zwar wieder ein kirchlich bewegtes Jahr. Er erwähnt: 1) die Anregung betreffend Neueintheilung der Kirchgemeinden, 2) die Wiederwahl des Obersthelfers in der bekannten allerschroffsten Form, 3) die Erledigung der St. Leonhard-Petition um einen vierten Geistlichen, 4) die Thätigkeit des Diakonissen-Pfarrers in der Gemeinde Riehen, 5) die Wahl eines Hülfsgeistlichen am Spital, 6) die Freigebung der Zwischenkommunionen, 7) die Verweigerung eines Gutachtens im Streitfall zwischen Oberst Merian-Jselin und der evangelischen Gemeinde Luzern, 8) die kirchlichen Funktionen u. s. w. Laut den betreffenden Tabellen wurden im Jahr 1881 im ganzen Kanton 1272 Taufen gehalten (Münster 224, St. Peter 162, St. Leonhard 273, St. Theodor 405), Cheeinsegnungen im Ganzen 256, kirchliche Beerdigungen 1004, 749 Kinder konfirmirt, wöchentlich 1071/2 Kinderlehren gehalten, die im Ganzen von 3648 Kindern besucht werden.

Das zweite Traftandum, die Abänderung der kaum in Kraft getrete

nen neuen Kinderlehrordnung dürfte schon größeres Interesse erwecken. Es ist nämlich der h. Kirchenrath selbst, welcher den Catecheten eine Anleitung zukommen ließ, welche im Widerspruch steht zu dem, was die Synode in ihrer lezten Sizung beschloß. Die Abänderung hat unsern Beifall, denn sie bezweckt, dem Wunsch der Schule entsprechend, die Zeit des Confirmandenunterrichts probeweise von einem Vierteljahr auf ein Halbjahr auszudehnen und ihn wöchentlich statt drei Mal zwei Mal ertheilen zu lassen. Aber diese Bresche, welche die junge Kinderlehrordnung damit erleidet, wird nicht die einzige bleiben, denn die Reformparthei hat es sich und den Gemeinden feierlich gelobt, dahin zu arbeiten, daß der von letter Synode beschlossene Taufzwang für die zu Confirmirenden im Sinn der Gewissensfreiheit für Alle beseitigt werde. Es ist darüber letztes Jahr so lang und so viel, so gründlich und so schön geredet worden (vergleiche das Votum von Obersthelfer 3. Wirth, Protestantenblatt 1881, Nr. 27), daß die Stimmen wohl auf beiden Seiten gemacht sind und Niemand durch leere Wiederholungen die Zeit tödten wird, denn wir haben die Meisten sehr viel zu thun.

Das dritte Traktandum, die Neuordnung der Gottesdienste, deren Entwurf von Seite des Kirchenrathes den Synodalen leider erst in den letzten Tagen zugeschickt worden ist, bekommt zweifelsohne den Löwenantheil in der Diskussion. Ist es doch ein Werk, durch welches auf Jahrzehnte hinaus das kirchliche Leben in seiner Bewegung gehemmt oder gefördert, auseinandergezerrt und verstümmelt oder geheilt und gekräftigt werden soll. Möge dieser großen Bedeutung die Sammlung, Hingebung und Ausdauer aller Mitglieder der Synode entsprechen. Ganz besonders muß dies von der kleinen freisinnigen Mehrheit erwartet werden, denn der Entwurf trägt den Stempel der Mehrheit im Kirchenrath und diese ist, im Widerspruch zur Synode, immer noch entschieden orthodox. Wir verdenken es wahrlich dieser orthodoren Mehrheit im Kirchenrath nicht im Geringsten, daß sie im Entwurf durchaus ihre Anschauung und Ueberzeugung zum Ausdruck gebracht hat, und in manchem Punkt danken wir ihr einen kleinen Fortschritt zum Bessern. Aber die freisinnige Mehrheit in der Synode müßte bei Freund und Feind den Eindruck äußerster Schwäche machen und die ganze Arbeit kampfesschwerer Jahrzehnte verleugnen, wenn sie nicht in mehreren Punkten Posto faßte für die liberale Minderheit im Kirchenrath, die wahrscheinlich heiß genug hat ringen müssen, um in ihren maßvollen Anträgen den berechtigten Forderungen der freisinnigen Bevölkerung und ihrer Auffassung landeskirchlicher Ordnung entgegen zu kommen. Hic Rhodus hic salta. Der Herr der Kirche, welcher der Geist ist, lenke die Arbeit zum Besten unserer ganzen Kirche, der wir in diesen Tagen der Entscheidung noch einmal kein besseres Symbol zu geben wissen, als das Augustin's : In necessariis unitas, in dubiis libertas, in omnibus charitas! A. Kirchenzeddel Sonntag den 18. Juni 1882.

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Fünfter Jahrgang.

No 25.

Samstag, 24. Juni 1882.

Schweizerisches Proteftantenblatt

Herausgeber:

Pfr. A. Altherr und E. Linder in Basel, Pfr. Bion in Zürich.

Wir sollen nur nicht in Sinn nehmen, daß der heilige Geist gebunden
sei an Jerusalem, Rom, Wittenberg oder Basel, an deine oder eine andere
Person. In Christo allein ist die Fülle der Gnade und Wahrheit.
Qecolampad an Luther.

Erscheint jeden Samstag. Man abonnirt auf jedem Postamt der Schweiz und des Auslandes. Preis halbjährlich franko zugesandt 2 Fr. Wer das Blatt in Basel gratis erhalten will, kann dasselbe in der Buchdruckerei J. Frehner, Steinenvorst. 12, abholen.

Ein Blick in den Entwicklungsgang eines Propheten.

Es ist gegenwärtig als ziemlich sicheres Ergebniß wissenschaftlicher Forschung anzunehmen, daß die Ereignisse, welche in der Bibel als „Auszug Israels aus Aegypten“ erzählt sind, in Wirklichkeit eine große soziale und religiöse Revolution gewesen sein müssen, deren Zeitdauer viel länger war und deren Wogen viel höher gingen, als sich aus den biblischen Berichten erkennen läßt. Es ist begreiflich, daß diese leztern, die ja erst viele hundert Jahre nach den Ereignissen und unter ganz andern Verhältnissen geschrieben wurden, schon wegen der einseitig partheiischen Auffassung kein objektiv richtiges Bild des Geschehenen mehr geben konnten, und es wäre nöthig, um ein richtigeres Verständniß jener Bewegung zu gewinnen, auch Nachrichten von ägyptischer Seite zu haben. Diese würden natürlich auch wieder von einseitigem Standpunkt aus geschrieben sein, aber die Zusammenstellung und Vergleichung beider müßte doch zu etwelcher Klarheit führen.

Wir besigen nun glücklicherweise solche ägyptische Nachrichten, allerdings auch aus einer spätern Zeit und ihrem Wortlaute nach sehr verschieden von den israelitischen; aber bei genauerer Betrachtung enthalten sie so viele Berührungspunkte, daß wir nicht zweifeln dürfen, sie schildern dasselbe Ereigniß, dieselben Bewegungen, wie das 2. Buch Mose. Die Zusammenstellung mit den Nachrichten der Bibel führt uns darauf, daß die ganze Bewegung eine religiöse und zugleich soziale Reform gewesen ist, welche mit dem Auseinandergehen der zwei sich entgegenstehenden Partheien endigte. Als den Urheber und Führer dieser Bewegung nennen die ägyptischen Nachrichten einen Priester Osarsiph und berichten von ihm, daß er, nebst einigen andern Priestern, von der ägyptischen Religion abgefallen sei, sich zu den „Unreinen“ gesellt und sie gelehrt habe, keine Götter mehr anzu

beten, die Götterbilder zu verachten und zu zerstören und sogar die heiligen Thiere zu schlachten und zu braten. Auch habe er sie durch einen Schwur sich verpflichten lassen, mit feinem Andern als mit ihren Bundesgenossen Gemeinschaft zu pflegen.

Wir erkennen unschwer, auch wenn es in dem genannten Berichte nicht geschrieben stünde, daß das dieselbe Persönlichkeit ist wie Mose, und wir finden in den angeführten, von den Aegyptern als Greuelthat be= trachteten Geboten des Osarsiph die Grundgedanken der mosaischen Religion: die Abschaffung der Vielgötterei und die Anbetung eines einzigen unsichtbaren Gottes, die Abschaffung des Bilderdienstes und die Einrichtung des Opferdienstes, bei welchem gerade das den Aegyptern heilige Thier, das Rind, als Schlachtopfer verwendet wurde. Die orthodoxen ägyptischen Priester stellten das natürlich als eine Aufhebung aller Religion dar, wie es ja bei jeder religiösen Neuerung der Fall zu sein pflegt.

Ebenso unschwer ist zu erkennen, wer diese Unreinen waren, von welchen der ägyptische Bericht redet; es waren zunächst die Leute israelitischer Abkunft, welche als Viehhirten dem Aegypter vom alten aristokratischen Schlag als unrein galten, und sodann viele Andere aus dem ägyptischen Volke, welche durch ihre gedrückte Lage der Verachtung anheimgefallen und wohl auch mit der herrschenden Religion zerfallen waren, weil diese ihnen keine Erlösung brachte, sondern nur den Kastengeist nährte. Daß auch Priester unter ihnen gewesen, beweist nur, daß auch unter dieser vornehmsten Menschenklasse solche sich befanden, welche in ihrem Denken mit der Landesreligion zerfallen waren und den Muth hatten, ihre fortschrittlichen Ansichten auszusprechen.

Unter diesen scheint nun Mose der bedeutendste gewesen zu sein. Die Bibel nennt uns zwei hervorragende Charaktereigenschaften dieses Mannes: einmal die reine, nach Licht und Wahrheit ringende und mit der erkannten Wahrheit Ernst machende Frömmigkeit, und sodann eine ausgeprägte Ge= rechtigkeitsliebe, die nicht vorübergehen kann, wenn irgendwo Gewalt oder Unbill geübt wird. Diese beiden Charakterzüge entwickelten sich unter den damaligen Verhältnissen nothwendig zu einer Stärke, die ihn nöthigte, ein Bahnbrecher zu werden. Religiöses Frrwesen und soziales Elend traten ihm täglich vor die Augen. Als denkender Kopf und gelehrter Priester mußte er über die Priesterreligion des damaligen Aegyptens hinauskommen und die Bekanntschaft mit den im Israelitenvolk von Abraham her gepflegten monotheistischen Gedanken reifte in ihm einen Gottesglauben, der hoch über der Götterlehre Aegyptens stand. Die Bibel läßt uns diese Verbindung beider Elemente, der ägyptischen Bildung und der religiösen

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