Anschauungen Israels, erkennen in der feinen Sage von der Rettung des Knäbleins Mose und der Erziehung durch zwei Mütter, eine ägyptische und eine israelitische. Sie schildert uns ferner den für einen Priester ungewohnten Verkehr mit den Unreinen" und die Theilnahme mit den Leiden der Gedrückten in jener Erzählung, wie Mose einen Aegypter erschlug, um ungerechte Gewaltthat zu verhindern und zu strafen. Unter diesen verschiedenartigen Einflüssen bildete sich Mose zu einem religiösen und sozialen Reformator heran, welcher schließlich der Stimme Gottes, die ihm die Befreiung des Volkes als Lebensaufgabe auwies, nicht mehr zu widerstehen vermochte. Aber wie lange diese innere Entwicklung dauerte, wie viele hergebrachte Anschauungen von sich zu werfen, wie mancher Zweifel zu bekämpfen, wie manche Schwierigkeit zu besiegen, wie viel Vorwürfe, Ver dammungsurtheile oder verächtlichen Spott dabei hinzunehmen waren wer vermag das zu sagen? Aber auch hievon hat uns die Bibel ein schönes Bild gegeben, welches zwar, wie alle Bilder, diese lange Entwicklung in einen einzigen Moment zusammendrängt, aber darum nicht minder wahr und schön ist. Es ist die Erzählung 2. Mose 3 und 4, von der Berufung Moses durch Gott. Es wäre zu naiv, wollten wir diese Erzählung als buchstäblich so geschehen annehmen, aber dichterisch aufgefaßt eröffnet sie uns einen Blick in den geistigen Kampf, der im Herzen Moses vielleicht während vieler Jahre hin und hergewogt hat. Alle frommen Menschen vernehmen in sich je und je die Stimme Gottes, die ihnen sagt, was ihre Pflicht sei, die sie antreibt, für irgend einen edeln Zweck von größerer oder kleinerer Bedeutung ihre Kraft einzusetzen. Aber bei allen Menschen regt sich auch das zaghafte Bedenken der Schwierigkeiten, die ängstliche Rücksicht auf sich selbst und sein Schicksal, das kleinmüthige Mißtrauen in die eigene Kraft und EinLicht. Bei den meisten Menschen siegen zuletzt die leztern Erwägungen, bei Gottesmännern dagegen dringt die Stimme Gottes durch; ihnen gilt nicht mehr „was menschlich, sondern was göttlich ist“. So bei Mose. Je mehr er einerseits die Haltlosigkeit des ägyptischen Götterglaubens erkannte und in der Berührung mit den israelitischen Anschauungen zu einer höhern Auffassung von Gott und Gottesdienst gelangte, um so mehr fühlte er sich gedrungen, diese erkannte Wahrheit zu verkündigen und den Vielen, die von der herrschenden Religion unbefriedigt geblieben, Licht und Heil zu bieten. Und je mehr er andrerseits in die Lage der Tausende von elenden und verachteten Sklaven hineinsah, trieb ihn sein warmes Herz, sie zu befreien und zu einem freien, menschenwürdigen Dasein emporzuheben. Eine neue Religion, diejenige des Glaubens an den einen Unsichtbaren und ein Volk Gottes, wovon Jeder dem Andern gleichgestellt sein sollte das war sein Jdeal. Das oben genannte Gespräch zwischen Gott und Mose, das nach den Worten der Bibel so rein menschlich lautet, ist nichts anderes als die Schilderung des Kampfes, welchen dieses Ideal gegen alle menschlichen Bedenken zu führen hatte. Die Größe Moses besteht darin, daß schließlich diese Bedenken alle schweigen mußten und er sich als Träger und Verkündiger eines göttlichen Gedankens auf opferte. Es ging ihm, wie es jedem ächten Propheten geht und wie es Jeremia so schön schildert: „Herr, du hast mich überredet, und ich habe mich überreden lassen; du bist mir zu stark geworden und hast gewonnen." Aus der Basler Synode. L. Am 19. Juni trat die durch die Wahlen vom 5. Februar ergänzte und erweiterte Synode zum ersten Male zusammen, um den üblichen Jahresbericht des Kirchenrathes pro 1881 zu behandeln und über die Dauer des Konfirmationsunterrichtes zu beschließen. Das Haupttraktandum, die Berathung eines Entwurfs einer Gottesdienstordnung, wurde auf eine Herbstsigung vorschoben und wird alsdann die Herren Synodalen gehörig in Anspruch nehmen. Aus der Debatte über den kirchenräthlichen Jahresbericht notiren wir nur einen, aber den interessantesten Gegenstand, die Diskussion über das Verhalten des Kirchenrathes in der Luzerner Angelegenheit. Ein reicher Basler, Oberst M. besigt in der Nähe Luzerns ein Landgut und war als Protestant gehalten, an die reformirte Kirchenvorsteherschaft seine jährliche Steuer (sie soll etliche 30 Franken betragen!) zu bezahlen, verweigerte aber dieselbe beharrlich, behauptend, daß er nicht zu der „Konfession“ der refor= mirten Luzerner Kirche gehöre und sich in seinem Gewissen beengt fühle, seinen Beitrag zu leisten. Die Luzernische Kirchenvorsteherschaft konnte diese den Bestand einer Diasporagemeinde gefährdende Weigerung nicht still= schweigend hinnehmen, sie wandte sich an den Regierungsrath, es gab Replik und Duplik und schließlich kam die Angelegenheit vor das Bundesgericht. Während der Verhandlungen wandte sich die Kirchenvorsteherschaft in Luzern an sämmtliche protestantische Kirchenbehörden der Schweiz, um von ihnen ein Gutachten zu verlangen über verschiedene Fragen betreffend Zugehörigkeit der Luzerner Kirche zur allgemeinen schweizerisch-protestantischen Kirche. Diese Gutachten wurden von sämmtlichen Kirchenbehörden, von den einen in bejahendem, von andern in verneinendem Sinne, abgegeben, einzig der Baselsche Kirchenrath antwortete nicht. Diese Angelegenheit war nun aber im Jahresbericht so unbestimmt und dunkel angegeben, daß wer nicht schon anderweitig mit der Sache bekannt war, die bezügliche Mittheilung weiter nicht beachtete. Leztere vom Kirchenrath offenbar gewünschte Nichtbeachtung verhütete aber Pfr. Böhringer, indem er die Sache zur Sprache brachte, die Entwicklung der Angelegenheit bloslegte, mit warmer Liebe die Verhältnisse der betreffenden Gemeinde schilderte und auf die Gefahr hinwies, welche für sie aus ähnlichen Fällen und namentlich aus der Theilnamlosig= keit der Kirchenbehörden entstehen könnten. Die Diskussion über diesen Gegenstand machte auf alle Unbefangenen den Eindruck, daß es einerseits für den genannten Oberst M. trop den Bestimmungen der Bundesverfassung nicht sehr ehrenhaft war, seine Steuer zu verweigern und unter der Firma des bekannten pharisäischen Christenthums der blühenden Gemeinde Schaden zuzufügen, andrerseits, daß sich der Baselsche Kirchenrath schwach gezeigt hat, indem er sich, wahrscheinlich dem Basler zu lieb und dem Reformpfarrer in Luzern zu leid, mit einer leeren Ausrede oder wie es Pfr Böhringer mit Recht nannte: einem Juristenkniff aus der Sache zog. Leider gestattete das Reglement nicht, über den Jahresbericht einen Beschluß zu fassen, somit kam es zu keiner Abstimmung. Die Verhandlungen über den Konfirmandenunterricht führten endlich zu einem glücklichen Abschluß. Bekanntlich besteht seit Frühjahr eine Ordnung für den kirchlichen Religionsunterricht, entstanden durch einen glücklichen Kompromiß zwischen Kirche und Schule. Die lettere hat bereit= willig für den kirchlichen Unterricht Stunden aus ihrer Schulzeit abgetreten, kann aber für den abschließenden Konfirmationsunterricht davon nicht mehr als zwei abtreten, so daß also bei einer zweistündigen wöchentlichen Unterweisung deren Dauer ein ganzes Semester umfassen müßte. Nach_bisherigem, allerdings ungeschriebenen, Gebrauch in Basel unterrichtete und konfirmirte man zwei mal im Winter, auf Weihnachten und auf Ostern, und jede dieser Unterweisungen drängte sich auf drei bis 4 Monate zusammen, mit wöchentlich wenigstens 3, oft aber 4 und 5 Stunden. Es handelte sich nun darum, die durch das Verhältniß zur Schule gebotene halbjährige Unterrichtszeit, die übrigens außerhalb Basel fast überall besteht, einzuführen, und die Differenz zwischen dem Kirchenrath und der Synodalmehrheit bestand eigentlich blos darin, daß ersterer die Sache als ein Provisorium, die lettere sie als eine definitive Einrichtung beschließen wollte. Die letztere siegte und wir haben nunmehr endlich Ordnung in dieser Hinsicht; eine ausreichende Unterrichtszeit, wobei der Schüler nicht allzu sehr angestrengt wird, passende Unterrichtsstunden, und Harmonie zwischen Schule und Kirche. Eltern und Lehrmeister werden sich freilich daran gewöhnen müssen, daß man nun nicht mehr wie bisher nach seinem Belieben Konfirmation auf Weihnachten oder auf Ostern wünschen kann, auch hört hoffentlich die Anschauung auf, der Konfirmandenunterricht sei etwas, das man in ein paar Wochen abmachen könne; beides aber wird zum Nußen und Frommen derer geschehen, welche am Ende doch die Hauptpersonen dabei sind, der Kinder. L. Soziales. Die Stadt Basel hat im Sommer 1881 zum vierten Mal armen Schulkindern eine 14tägige Ferienerholung verschafft. Diesmal waren es 206 Kinder mit 18 Lehrern und Lehrerinnen, für welche 7294 Fr. verausgabt wurden. Da jezt die Gabensammlung wieder im Gang ist, mag als Aufmunterung Folgendes dienen, aus einem Gedicht von Pfr. Bion über die Ferienversorgung in Zürich: Was zieht im Morgengrau'n zum Bahnhof hin, Schwer sind beladen alle mit Gepäcke, Statt finstrer Maur'n und Dächer Wald und Au, Bau'n Hütten uns, spiel'n Moor und Robinson, Des andern Tages steigen wir hernieder Zum Bach, zum muntern Wasserquell, Hüllt hie und da der Himmel sich in Grau, Und nach dem Wandern ist das Ruh'n gesund. Seht denn auch wir den Knospen, Blumen gleichen, Im Fluge führt das schnelle Dampfroß wieder --- Gar manche Freudenthräne wird vergossen. ‚Wie blühend, kräftig siehest du doch d’rein, Roth von der Luft und von der Sonn' verbrannt! Wie so ganz anders, als du gingst von heim, "Da auf dem Hut den prächt'gen Alpenstrauß, Den bring', ihr Lieben, ich zum Gruß nach Haus, In all des Wiedersehens Freudendrang, Wo lang noch nachhallt der vergangnen Tage Klang. |