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wissen: ob denn nicht eine Hoffnung dem Volke Gottes geblieben sei, eine Hoffnung, die stärker sei als der Tod - und aus entseglichen Menschentrümmerhausen dringt die gleiche Frage an unser Ohr, die letzte Frage der Erstickenden: ist es aus mit uns, für immer aus, oder lebt der alte Gott noch und wir mit ihm?

Liebwerthe Brüder und Schwestern, wer wollte unter uns es übernehmen, hier den Lehrmeister zu machen? Doch Einiges dürfen und müssen wir sagen:

Erstens, die Leugnung der geistigen Fortdauer ist jedenfalls kein ge= meinsames Dogma der kirchlich Freisinnigen.

Zweitens, noch heut haben die bekannten „Reden über die Religion" vollkommen Recht, wenn sie es unfromm nennen, daß Viele bei ihrer Hoffnung des ewigen Lebens nicht so sehr an die Gemeinschaft Gottes, an den Eingang in Gottes Geistesreich denken, als an die Konservirung ihres irdischen Ich und an dessen gesteigerte Glückseligkeit in einer neuen, nur vom Uebel befreiten, nach menschlichem Maßstab verschönerten Erde.

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Und endlich bekennen wir doch nicht wir selbst wollen das Wort bis zum Schluß behalten; auch nicht einen Friedrich Schiller oder einen Immanuel Kant wollen wir als Zeugen für die Vernünftigkeit eines die Todesnacht überschreitenden Ewigkeitsglaubens anrufen, obwohl es auch heut keine Schande sein kann, solcher Männer Glaubensgenosse zu sein. Einer der nüchternsten Denker, einer der kaltblütigsten Kritiker und Zweifler der neuesten Zeit, John Stuart Mill, soll hier das Wort haben. In einem seiner drei nachgelassenen Aufsätze „Ueber Religion" heißt es: „Weil die Erscheinungen des geistigen Lebens und Bewußtseins nach aller Erfahrung mit der Thätigkeit körperlicher Gliedmaßen verknüpft sind, so soll es nach der Behauptung einer ganzen Klasse von Denkern abgeschmackt sein, wenn wir es als möglich annehmen, daß diese geistigen Erscheinungen auch unter irgend welchen anderen Bedingungen existiren könnten. Sie sollten doch aber nicht vergessen, daß ein beständiges Zusammen-Vorkommen einer Thatsache mit einer andern die eine Thatsache darum noch nicht zu einem Bestandtheil der anderen oder gar zu einer und derselben Thatsache mit ihr macht... So wenig als die Fortdauer des menschlichen Geistes bewiesen ist, so wenig auch das Gegentheil... Wir dürfen annehmen, auch ohne die Erfahrung davon zu haben, daß dieselben Gedanken, Empfindungen, Willensregungen und selbst Eindrücke, welche wir hier auf Erden haben, vielleicht anderswo unter andern Bedingungen fortdauern oder wieder anfangen." Nun, das ist noch nicht die Sprache des christlichen Herzens, aber ein Zeugniß soll's auch dafür sein, daß die christliche Glaubenszuversicht, soweit sie auf den Geist und nicht auf das Fleisch sät, nicht bei allen vernünftigen Denkern für ein Zeichen von Geistesschwäche gilt. Eine Fortdauer bewußten Geisteslebens außerhalb des menschlichen Gehirns nennst du eine kindische Vorstellung für Abenteurer Gottes Geist ist doch auch dir nicht das Unbewußte, und eine Vorstellung von dem bewußten unendlichen Geiste ist dir doch auch nicht vollziehbar. Ein sicheres Ende aber brächte der leibliche Tod auch dem geistigen Theil des Menschen nur dann, wenn der Geist wirklich nichts wäre als eine Verrichtung des Gehirns. Nun, Niemand glaubt das, der sich einen Christen nennt. solcher hält den Geist für das besondere Wesen des Menschen; und indem

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er sich überhaupt aller möglichen oder unmöglichen Vorstellungen über die zukünftige Form unserer geistigen Realität entschlägt, befiehlt er dieses sein geistig Theil Gotte zur Fortentwicklung über das Sterben hinaus und „am Grabe noch pflanzt er die Hoffnung auf“ auch an der Pforte der großen Gräberstädte.

So oft denn im gottgeordneten Haushalt der Natur die Zeit dazu erfüllet ist,

Blast Wind', und sprengt die Backen! Wüthet, blast!
Ihr Katarakt und Wolkenbrüche, strömt,

Bis ihr der Kirchen Thürme sammt dem Hahn ertränkt ! .
Ihr schweflichten, gedankenschnellen Blitze,

Bortrab des Donnerkeils, der Eichen spaltet,

Versengt der Menschen Haupt! Du Donner schmetternd,
Schlag' flach das mächt'ge Rund der Welt, zerbrich

Die Formen der Natur .

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das Wesen der Welt ist doch nicht der Stoff, sondern der Geist, und es lebt ein Gott, der Geist und Liebe ist und angefangene Geisteswerke auch im Toben der Elemente nicht vergißt und liegen läßt.

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Vielerlei, m. Fr., ist auch unsererseits über das Verhältniß zwischen unserem Gottesglauben und den verheerenden Naturgewalten nicht beizu bringen. Aber es scheint mir genug zu sein, um die Glaubensthüre, durch welche der gnädige Gott in unsere Herzen einziehen und dort Wohnung machen will, nicht zu verengen oder gar zu schließen, sondern immer weiter und höher zu machen, daß der König der Ehren einziehe; genug, um in das Gelübde des Kirchenliedes auch unsrerseits mit einzustimmen:

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genug endlich, um uns, wenn der Blick aus der Weite auf die Schweizerlande zurückkehrt, in voller Glaubenseinigkeit mit um den trefflichen Pfarrer von Matt zu schaaren, der am letzten 14. September auf dem Wiesengrunde hinter der Kirche zu Elm eine der drei schwierigsten Aufgaben zu lösen hatte, welche das Jahr 1881 seelsorgerlicher Weisheit und Kraft gestellt hat, und mit ihm also zu sprechen:

„Gott, der allmächtige Herr, hat geredet als der, der auch unter Donner und Wettern einherfährt, und wenn Er spricht, der die Gewalt übet im Himmel und auf Erden, so zittern die Berge und die Grundvesten der Erde erbeben.

„Der Herr hat geredet, - was antwortest du darauf, armes, armes Elm? Antworte, liebe Gemeinde, im festen Christenglauben, der auch am Tage des Jammerns und der Klage die Probe der Bewährung besteht:

„Dein sind wir, o Herr! Geschöpfe Deiner Hand, Kinder Deiner Zucht, Bürger des Reiches, darinnen als Herr Du, o Gott, waltest, immer ein Vater Deiner Menschenkinder; Dein sind wir und bleiben es ewig! Amen.“

Druck und Expedition: Vereinsbuchdruckerei, Spalenvorstadt 3, Basel.

S.

Fünfter Jahrgang.

N. 4.

Samstag, 28.Januar 1882.

Schweizerisches Proteftantenblatt

Herausgeber:

Pfr. A. Altherr u. Pfr. E. Linder in Basel, Pfr. Bion in Zürich.

Wir sollen nur nicht in Sinn nehmen, daß der heilige Geist gebunden sei an Jerusalem, Rom, Wittenberg oder Basel, an deine oder eine andere Person. In Christo allein ist die Fülle der Gnade und Wahrheit.

Decolampad an Euther.

Erscheint jeden Samstag. Man abonnirt auf jedem Postamt der Schweiz und des Auslandes. Preis per Vierteljahr franko zugesandt 1 Fr. Wer das Blatt in Basel gratis erhalten will, kann dasselbe in der Vereinsbuchdruckerei, Spalen 3, abholen.

Die vergrabene Religion Jesu.

Jesus von Nazareth glaubte, die Religion, welche er lehre, werde ewig bleiben. In diesem Glauben vertraute er die ganze Wahrheit dem Worte, schrieb kein Buch, gründete keine Anstalt und bestellte keine besondere Kaste, seine Offenbarungen zu bewahren. Nun sind seine Worte in alle menschlichen Sprachen überseßt und werden in all' den tausend Zungen der Erde von den Fichtenwäldern des Nordens bis zu den Palmenhainen Ostindiens wiederholt. Seine Worte sind der Athem des Guten, die Hoffnung der Weisen, die Freude der Frommen geworden. Sie machen das Leben einfacher Menschen schön und göttlich. Ihr Gebot schläfert die Sorge ein, sie nehmen der Krankheit den Stachel und dem Unglück die Macht, uns zu täuschen. Sie geben der frommen Seele, die auf ihrer Reise durch's Leben Schiffbruch gelitten hat, Gesundheit und frische Schwingen. Städte und Reiche sind untergegangen, ohne eine Spur auf der Erde zu hinterlassen, die Philosophie der Weisen, die Kunst der Künstler, der Gesang des Dichters, das Ritual des Priesters sind ein Raub der Vergessenheit geworden, obwohl sie zu ihrer Zeit göttlich verehrt wurden; aber die Worte des Christenthums von den Lippen jenes hebräischen Jünglings sind durch Jahrhunderte der Verwüstung weiter geflogen, wie eine Tanbe im Sturm; sie haben eine neue Civilisation aufgebaut, wie sie der weiseste Heide nicht hoffte und der frömmste Hebräer nicht prophezeite: es gibt keinen Knaben auf den Bergen Neu-Englands, kein Mädchen, das im schmußigsten Keller einer europäischen Hauptstadt geboren ist, - deren Loos nicht durch die großen Worte Jesu von der Gottes- und Nächstenliebe ein besseres geworden wäre. Aber sieht man

das offizielle Christenthum an, so erscheint nichts unsicherer und vergäng= licher. Der Unterschied zwischen der ursprünglichen Religion Jesu und dem Christenthum verschiedener christlicher Sekten und Kirchen ist tiefer und wesentlicher, als der zwischen Jesus und Plato. Nichts wechselt mehr, als die Lehren, welche als wesentlich zur Seligkeit angesehen werden. Die Keßerei eines Zeitalters ist die Orthodoxie und die unfehlbare Richtschnur des nächsten. Die Menschen haben ihre Ansichten vom Christenthum als das lebendige Wort Gottes gelehrt, während unsere Gedanken und theologischen Lehrgebäude doch alle nothwendig unvollkommen und vergänglich sind. Wer Frrthümer in den biblischen Handschriften findet, gilt jezt als ein großer Sünder, wer aus Ehrfurcht für den Allerhöchsten nicht glauben will, daß er dem Abraham seinen Sohn zu opfern befahl, wird als ein Ungläubiger angesehen. Dieses Gözenbild, das sich die Menschen aus der Bibel gemacht haben, muß fallen. Die Begriffe, welche sich die Menschen von der Natur der Bibel und Jesu Christi machen, haben mit dem Christenthum nichts zu thun. Es sind theologische, nicht religiöse Fragen. Alle wechselnden Sonnensysteme sind nicht die Sonne, die Theologie der Päpste und Katechismen, der Sekten und Kirchen im ersten wie im neunzehnten Jahrhundert sind nicht die Religion Jesu. Das Christenthum beruht weder auf der unfehlbaren Autorität des Neuen Testamentes, noch auf der persönlichen Autorität Jesu, so wenig, wie der allmächtige Gott auf den Beweisen der Philosophen für sein Dasein beruht: was wahr ist, besteht durch sich selber.

Ohne Zweifel wird eine Zeit kommen, wo die Menschen Christum sehen werden, wie er ist. Wir haben einen Gößen aus ihm gemacht und das Knie vor ihm gebeugt, aber nicht gethan, was er gesagt hat. Er ist die glänzendste Offenbarung dessen, was allen Menschen möglich ist, wenn auch jezt noch nicht, so doch später. Macht man ihn aber zum Sohne Gottes in ausschließlichem Sinn, so hat seine Tugend kein Verdienst, seine Liebe keine Empfindung, sein Kreuz keine Last, sein Todeskampf keinen Schmerz, dann ist seine Ergebung keine Lehre, sein Leben kein Muster, sein Tod kein Sieg für uns, die wir keine Götter, sondern sterbliche Menschen find. Das Christenthum ist nicht ein Lehrgebäude, sondern ein Weg zu Gott zu kommen, sein Ziel ist, daß alle Menschen Eins mit Gott werden, wie Christus Eins war mit ihm. Wir sind nicht eher Christen, als bis wir, wie Jesus, Gott ohne Mittler dienen, ohne daß etwas zwischen ihm und uns steht. Vergleichen wir die Einfachheit des Christenthums, wie Christus dasselbe in der Bergpredigt darlegt mit dem was bisweilen unter diesem verehrten Namen gelehrt und geglaubt wird so ist das Eine von

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Gott, das Andere von Menschen. Das Christenthum der Sekten, der Kanzel, der Gesellschaft ist eine Eintagsfliege es geht vorüber und wird vergessen. Die Religion aber, die Jesus auf dem Berge sah und die er in dem niedern Leben eines galiläischen Zimmermannssohnes darlebte, die kann nicht vergehen. Diese Religion ist immer über den Menschen, mögen diese noch so weit fortschreiten. Es ist, als wenn wir einem Sterne zuflögen, der um so größer und glänzender wird, je näher wir ihm kommen, bis wir in seine Herrlichkeit eingehen und von ihr verschlungen werden. (Th. Parker.)

Die Verschmelzung kleiner Kirchgemeinden.

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Es ist noch nicht lange her, daß in einem einzigen Schweizerkantone vier Fälle skandalöser Aufführung von Seite reformirter Pfarrer offenbar und vertuscht wurden. Neben andern Ursachen steht für uns längst fest, daß es eben auch vom geistlichen Stande heißt: Müßiggang ist aller Laster Anfang. Es ist keine genügende Lebensaufgabe vorhanden für einen ge= sunden Mann, eine kleine Gemeinde von kaum tausend Seelen zu pastoriren, und es muß sein Ansehen auf das Tiefste schädigen, wenn der hart arbeitende Bauer und der fast aufgeriebene Schullehrer und der gejagte Industrielle vom Insaßen des stattlichen Pfarrhofs mit Recht annehmen darf, derselbe habe kaum zwei Stunden des Tages ernstlich zu thun, während er gerade auch durch rastlose Thätigkeit mit gutem Beispiel vorangehen sollte. Minder als 1500-2000 Einwohner sind ein Schaden für ihn und für die Gemeinde. Das Lettere zeichnet A. Bizius in Bern in den Reformblättern mit folgenden Worten: „Es läßt sich durch die That bewähren, daß ein Zusammenlegen kleiner Kirchgemeinden nicht eine Minderung, sondern eine Erhöhung des religiösen und gemeinnüßigen Geistes zur Folge habe, daß 1000 Seelen, weniger sollten in einer Kirchgemeinde nicht gefunden werden, mehr seien als 300 + 400 + 300, daß jede tiefere Eintracht Verschiedenheiten, Ausgleichung ungleicher Individualitäten, Gaben und Kräfte voraussetzt, und daß es sich auf einer Harfe mit mehreren Saiten schöner und harmonischer spielen lasse, als auf einer mit blos einer Saite. Eben darum soll sie auch jene burgerlichen Zwerggemeinden erlösen aus ihrer steigenden Vereinsamung. Du kennst das Dörfchen M., lieber Freund: keine 300 Seelen mit einem gemischten Schülein, einem gestifteten Kuhglöcklein und einem Friedhöflein; beladen mit dem Luxus zweier Ge

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