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Fünfter Jahrgang.

No 35.

Samstag, 2. Sept. 1882.

Schweizerisches Proteftantenblatt

Herausgeber:

Pfr. A. Altherr und E. Linder in Basel, Pfr. Bion in Zürich.

Wir sollen nur nicht in Sinn nehmen, daß der heilige Geist gebunden
sei an Jerusalem, Rom, Wittenberg oder Basel, an deine oder eine andere
Person. In Christo allein ist die Fülle der Gnade und Wahrheit.
Qecolampad an Luther.

Erscheint jeden Samstag. Man abonnirt auf jedem Postamt der Schweiz und des Auslandes. Preis halbjährlich franko zugesandt 2 Fr. Wer das Blatt in Basel gratis erhalten will, kann dasselbe in der Buchdruckerei J. Frehner, Steinenvorst. 12, abholen.

Trofteswort an eines Lieben Grab.

(Pf. 62, 2-3.)

Wenn eine Familie in tiefe Trauer versetzt worden ist, so suchen die Glieder derselben einige Erleichterung darin, daß eines mit dem andern über den schweren Verlust redet und mit ihm weint. Und wenn etwa Kinder aus der Ferne in das Trauerhaus kommen, dann drücken ihnen die andern Familienglieder die Hand und seufzen: „Was für ein betrübendes Wiedersehen ist das!" Und Verwandte und Freunde kommen nnd drücken auch ihre Theilnahme aus und man schüttet gegenseitig sein Herz aus. Aber die laute Klage muß doch auch, wieder verstummen, und man fühlt es nur zu gut, daß der Schmerz eigentlich unaussprechlich ist und daß alle Klage und alle empfangene Theilnahme, so wohl sie auch thun mag, ihn doch nicht heilen kann. So wird der Mund wieder still; aber wird darum auch die Seele still? Bleibt die Klage in der Seele nicht fortwährend laut? Wenn einem Jemand gestorben ist, der einem recht theuer war, klagt es dann nicht beständig in der Seele: Ach, es war so schön, als er noch da war! Taucht dann nicht auf die Erinnerung an jedes gute Wort des Naths, an jeden empfangenen Beweis von Liebe, an jeden glücklichen Tag und auch an schwere Tage, wo man am Krankenbett saß, und man würde gern noch länger am Krankenbett sizen können. In der Seele scheint die Klage nicht verstummen zu können, wenn auch unser Mund still geworden ist.

Nun sagt aber David: „Meine Seele ist stille zu Gott!" und er hat das gesagt, als er auch schmerzliche Stunden erfahren hatte. Soll denn nun auch unsere Seele stille zu Gott sein? Sollen wir ihm nicht immer wieder klagen dürfen, wenn unsere Seele betrübt und unruhig ist? Nein,

so ist es nicht gemeint, denn David selbst sagt in unserem Psalm: „Hoffet auf Gott allezeit, lieben Leute, schüttet euer Herz vor ihm aus; Gott ist unsere Zuversicht." Und Jesus Christus fordert uns dazu auf, Tag und Nacht zu Gott zu schreien, wenn das Herz uns dazu treibt. Nein, was gemeint ist, daß unsere Seele stille sein soll zu Gott, das ist, daß wir nicht ungläubig murren und klagen sollen, daß wir unsere Seele in seinen Willen ergeben sollen, daß wir von Jesu sollen beten lernen: „Vater, nicht wie ich will, sondern wie Du willst!" Stille sein zu Gott, das heißt: Vertrauen haben zu Gott, daß Alles, was uns begegnet, aus seiner Hand kommt, und daß auch selbst das Schmerzlichste, was uns begegnet, gut sein muß, weil es aus seiner Hand kommt. Darum sagt auch David: „Meine Seele ist stille zu Gott, der mir hilft, denn er ist mein Hort, meine Hülfe, mein Schuß, daß mich kein Fall stürzen wird, wie groß er ist.“ Und in einem andern Psalm (68, 20—21) sagt David: „Gelobet sei der Herr täglich; Gott legt uns eine Last auf, aber er hilft uns auch; wir haben einen Gott, der da hilft, und den Herrn, Herrn, der vom Tode errettet."

Und hat nicht auch der Dahingeschiedene, an dessen Grabe wir jezt trauern, das wirklich erfahren? Auch in seinem Leben ist ihm manche schwere Last aufgelegt worden. Jedes Leben hat seine Last und, wie unser Aller Heiland sagt, so hat jeglicher Tag seine Plage, aber außer diesen gewöhnlichen Lasten, wie sie das tägliche Leben mit sich bringt, hat doch der Vollendete noch ganz besonders schwere Schläge erfahren müssen. Aber der Dahingeschiedene hat es erfahren, wie Gott, wenn er eine Last auferlegt, auch wieder hilft. Freilich scheint es doch, als ob nicht ganz das Wort seine Anwendung auf ihn finde: „Daß mich kein Fall stürzen wird, wie groß er ist." Heißt es doch in seiner Lebensgeschichte, daß der Tod seines zweitältesten Sohnes den schon kranken Vater gewissermaßen gestürzt und gebrochen habe. Und doch haben wir gerade da erfahren dürfen, daß wir einen Gott haben, der da hilft. Sanft, ohne Schmerzen ist der Vollendete entschlafen und ist ihm dadurch geholfen worden von aller irdischen Trübsal. Wir Christen sind ja nicht traurig, wie solche, die keine Hoffnung haben, sondern wissen gerade im Anblick des Todes noch viel besser als es David gewußt hat, daß wir einen Gott haben, der da hilft, und einen Herrn, Herrn, der auch vom Tode errettet. Wir hoffen ja, was Paulus in den Worten ausspricht: „Wir werden allezeit bei dem Herrn sein, so tröstet euch mit diesen Worten untereinander." Wir hoffen ja, daß auch auf uns das Wort seine Anwendung finde, das unser Heiland geredet hat: „Vater, ich will, daß, wo ich bin, auch die bei mir seien,

welche du mir gegeben hast, daß sie meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast." Gewiß hat diese Hoffnung auch den Vollendeten aufrecht erhalten, daß er alle seine Leiden mit vieler Geduld ertragen hat.

Er ist nun zur Ruhe eingegangen, aber Sie, verehrte Leidtragende, müssen noch die Schmerzen, welche das irdische Leben mit sich bringt, tragen und sind betrübt. Möge auch Ihre Seele stille sein zu Gott! Wohl wird es uns schwer, uns ruhig zu ergeben in Gottes Rathschluß und Tag für Tag zu tragen, wenn unsere Seele betrübt ist. Da müssen wir auf das Wort hören, das unser Heiland sagt: „Kommet her zu mir Alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken; nehmet auf euch mein Joch und lernet von mir, denn ich bin sanftmüthig und von Herzen demüthig, so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen, denn mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht." Ja, wenn wir zu ihm kommen und von Jesu lernen, sanftmüthig und demüthig zu sein und die uns von Gott aufgelegte Last zu tragen, wie er die von Gott ihm aufgelegte Last ge= tragen hat, was er nennt, sein Joch zu tragen, dann werden wir erfahren, daß Gott eine Last auflegt, aber sie auch tragen hilft, sie wieder sanft und leicht macht, dann wird auch unsere Seele stille sein zu Gott, dann werden wir Ruhe finden für unsere Seelen.

„Unsere Seele sei stille zu Gott, der uns hilft." Und wie hilft Gott? Gott ist die Liebe und er hilft uns dadurch, daß er uns Liebe erfahren läßt. Sie haben, verehrte Leidtragende, diese Liebe erfahren von dem nun Vollendeten. „Die Liebe höret nimmer auf." Wir hoffen, daß auch die Liebe, welche uns mit den Unserigen verbindet, nicht aufhöre, sondern daß wir wieder mit einander verbunden werden, und verbunden. bleiben wir fortwährend im Andenken an unsere Geliebten. Aber Sie werden auch Trost finden in der Liebe, welche Sie, die Zurückgebliebenen, mit einander verbindet, Mutter, Söhne, Töchter, Geschwister, und deren Liebe noch inniger werden wird im Andenken an den Verewigten. Darum sei Ihre Seele stille zu Gott, der uns hilft und der Tag für Tag die Schmerzenslast, welche er auflegt, auch tragen hilft, und auch selbst am Trauertage mögen Sie sprechen: „Gelobet sei der Herr täglich, Gott legt eine Last auf, aber er hilft uns auch; wir haben einen Gott, der da hilft, und einen Herrn, Herrn, der auch vom Tode errettet." Amen.

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y.

Ein Rathschlag Livingstone's über Betreibung der Mission in Afrika.

Gegen die Mission, das Bestreben, christliche Gesittung überall hin in fremde Länder zu verbreiten, wird man nichts einwenden können. Nur kommt es sehr darauf an, wie die Sache angefaßt wird, auf welche Weise, mit welchen Mitteln sie betrieben wird, um des Erfolges sicher zu sein. Die Missionsgesellschaften haben, wie sie selbst zugestehen und wie es übrigens begreiflich - denn Jrren ist menschlich schon vielfache Mißgriffe gethan. Um so mehr dürften sie die Winke beachten, welche ein so erfahrener und weitblickender Missionär, wie Livingstone, gibt. Was er bezüglich eines von ihm speziell in's Auge gefaßten Gebietes sagt, gilt mehr oder weniger für die missionirende Thätigkeit im Allgemeinen. Er spricht sich in dem Tagebuch seiner lezten Reise in folgender Weise aus:

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Es würde keine großen Schwierigkeiten haben, etwa hundert Meilen von der afrikanischen Ostküste eine christliche Mission einzurichten. Die daherige Erlaubniß des Sultans von Zanzibar, zu dem alle intelligentern Stämme in Beziehung stehen, würde gewiß ertheilt, wenn man sie in respektvoller Weise nachsuchte. — Mit den Eingebornen Suaheli müßte alle Diskussion über den Glauben der Moslem, von dem sie wenig wissen, vermieden werden; jedes förmliche oder herausfordernde Leugnen der Autorität des Propheten würde den Fanatismus der dorthin eingewanderten Muhamedaner von Muskat, Persien und Indien anfachen und sie veranlassen, die Suaheli gegen die Mission aufzustacheln. Das Hauptaugenmerk der= selben muß auf die Eingebornen gerichtet sein und es wäre leicht, sie ihre Sprache in lateinischen Buchstaben lesen zu lehren. Die beste Politik bestünde darin, die Mission durch einen respektabeln Araber mit freien Trägern von Zanzibar aus begleiten zu lassen, auf dem ausgewählten Gebiet mit Erlaubniß des Häuptlings Häuser zu bauen, gegen gute Bezahlung durch Araber Waaren und Vorräthe, welche das Land nicht erzeugt (Thee, Kaffee, Zucker), herbeizuschaffen, die ersten mitgenommenen Träger mit Ausnahme weniger, die sich gut aufgeführt, zurückzuschicken, den Leuten, unter denen man lebt, die Besorgung der gewöhnlichen Geschäfte Holz und Wasser holen, das Feld bestellen, Schmiede-, Zimmermanns-, Töpferarbeit, Korbflechten zu übertragen. Freie Schwarze, die schon eine europäische Bildung erhalten, sind nicht mitzunehmen; in wenig Monaten leisten Eingeborne so viel, wie jene und sie sind mit weniger Lohn einem Stück Zeug, Perlen zufrieden, während die Mitgebrachten, da sie sich selbst für Missionäre halten, sehr anspruchsvoll bezüglich der Lebensmittel und

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der Bezahlung sind; zudem haften Freigewordenen meist lebenslang die Fehler ihres frühern Sklavenstandes an. Jede Mission soll sich ihre eigene Hülfsmannschaft aus den Eingebornen selbst erziehen. Sie wird, aus einigen Europäern bestehend, wenn sie des großen Stabes ausländischer Begleiter und Diener ermangelt, allerdings auf einen sehr einfachen Küchenzettel angewiesen sein; was ist das aber für diejenigen für eine Entbehrung, welche sich zu Hause mit Fasten, Vigilien 2c. amüsiren? Durch jene Nebungen geht der (katholischen) Kirche eine große Summe von Kraft verloren. Sie sind, wenn man dabei keinen bestimmten Zweck im Auge hat, eine Zeit- und Kraftvergeudung und dienen nur dazu, eine Art von Selbstgenügsamkeit zu erzeugen und ihr zu fröhnen, statt daß man ihr eine Wendung zum Nußen Anderer geben sollte. Im Dienst der Mission, der Wissenschaft, der Humanität sich Entbehrungen auferlegen, Hunger und Durst erträgen, das ist weit werthvoller und segensreicher.

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Die Kosten einer so betriebenen Mission brauchen gar nicht groß zu sein; es ergibt sich dies schon daraus, daß ein arabischer Händler mit Waaren im Werth von 3000 Dollars eine dreijährige Reise von Zanzibar aus ins Innere machen, die Geschenke an die Häuptlinge bestreiten und täglich 2-300 Personen ernähren und bezahlen und dazu Waaren Elfenbein, freilich auch Sklaven — von weit höherm Betrag zurückbringen kann. Mit den Erfahrungen, welche ich gesammelt, könnte ich meine ganze bisherige Expedition für die gleiche Summe 1000 Pfd. Sterling weniger machen, als sie mich gekostet hat. An einer andern Stelle sagt er: Viele Gegenden des Innern Afrikas bieten recht verheißungsvolle Aussichten für richtig betriebene Privatmission und deren freundlich gesinnte Häuptlinge könnten leicht durch einen klugen Missionär gewonnen und gelenkt werden. Der Lehrer des Evangeliums darf nicht von fremder Unterstützung abhängig sein, soll sich nicht zu sehr auf sie verlassen. Eine solche hätte nur etwa darin zu bestehen, daß ihm gelegentlich einmal eine Zufuhr von Kattun und Perlen zugeht. Kaffee und Zuckerrohr ist dort heimisch, Weizen und Reis und andere Nahrungsmittel, auch europäische Gemüse können mit Erfolg gepflanzt werden, wenn man für die Aussaat die richtige Zeit wählt. Eine solche Kolonie hätte eine Art Robinson Crosoe-Leben, jedoch mit überreichem Material, sich selbst Annehmlichkeiten zu schaffen und die der Verfeinerung Fähigen unter den Eingebornen zu verfeinern.

Nach diesen Auslassungen ergeben sich für die Mission folgende allgemeine Grundsäße: dieselbe soll keine konfessionelle, sondern eine allgemein christliche sein (wenn Livingstone von Fasten und Vigilien redet, so ist ihm die katholische Missionsarbeit willkommen, so gut wie die protestantische)

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