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Kämpfen und Bauen.

Die Predigt, welche Pfr. W. Bion am kirchlichen Volkstag in Berlin über Neh. 4, 17-21 hielt (siehe vorige Nummer), lautet in der Hauptsache, wie folgt :

„Nicht mit leichtem Herzen folge ich dem Rufe, in dieser Versammlung zu sprechen, bin ich mir ja doch der schweren und verantwortungsreichen Aufgabe wohl bewußt. Was mich nun aber schließlich doch dazu bestimmt, ihm nachzukommen, ist einerseits das Gefühl der Pflicht gegenüber Gesinnungsgenossen, die von mir einen Dienst begehren und andererseits die Hoffnung, es möchte mir vielleicht vergönnt sein, der Sache des freien Christenthums dadurch etwas zu nüßen, daß ich die Freunde desselben in dieser Stadt in der Ueberzeugung stärke, sie stehen nicht allein, sondern es gebe auch anderwärts Viele, die mit ihnen dasselbe anstreben und es theilweise schon errungen haben. Oder ist etwa die Ueberzeugung, daß wir, die wir in diesem oder jenem Lande für die Verwirklichung der großen Gedanken des Christenthums arbeiten, kämpfen und wohl auch dulden, unter allen Nationen Bundesgenossen haben, die mit tapferem Geist und freudigem Herzen zu uns stehen und sich bereits mancher schöner Erfolge freuen dürfen, nicht dazu angethan, unsern Muth zu heben und neue Kraft und Begeisterung in die oft verzagende Seele zu gießen? In diesem Sinne nun, um Stärkung zu bringen und zu holen, um den Bund zwischen den religiös Freigesinnten Deutschlands und der Schweiz auf's Neue zu befestigen und so etwas beizutragen zum Aufbau jener Kirche der Zukunft, in der sich alle Frommen und Freien über die Grenzen der Nationalität und Konfession hinweg die brüderliche Hand reichen und ein Hirt und eine Heerde sein wird, komme ich zu euch und aus dieser Hoffnung schöpfe ich den Muth, zu euch zu sprechen. Nichts aber wird uns und das Band, welches uns verbindet, mehr stärken, als wenn wir uns unsere gemeinsame Aufgabe vor Augen führen und ihrer wieder recht lebendig bewußt zu werden suchen. und die im Kämpfen und Bauen besteht.

I.

Unsere Tertesworte verseßen uns in die Zeit, da die Juden, aus der babylonischen Gefangenschaft zurückgekehrt, den zerstörten Tempel wieder aufzubauen begannen. Bei solcher Arbeit wurden sie von den benachbarten Volksstämmen verspottet und durch feindselige Angriffe gestört. Der Prophet Nehemia fordert sie auf, dieselben mit den Waffen in der Hand abzuwehren, aber zugleich am Tempelbau unverdrossen fortzuarbeiten. Und so geschah es denn, daß sie mit der einen Hand die Arbeit verrichteten und mit der

andern die Waffe hielten. Es läßt sich diese Lage und Aufgabe des Volkes Israel auf die Christenkirche unserer Tage anwenden. Auch diese will ein zum Theil zerstörtes und verlassenes Heiligthum wieder aufbauen und aus der Fremde und Knechtschaft, in welcher die Christenheit lange unter dem Bann und den Banden todter, geistlicher Satzungen oder kalter, ge= müthsarmer Verständigkeit gefangen lag, dieselbe wieder in ihre wahre Heimat und in die Freiheit der Kinder Gottes, in die Tiefen des gottliebenden Gemüths und des gottsuchenden Geistes zurückführen. Ihre Stellung ist aber dabei eine sehr schwierige. Auf der einen Seite wird sie von denen, welche ängstlich an den von den Vätern überlieferten Saßungen und Formen hangen, als eine verderbliche, weil zerstörende Macht angesehen, welche pietätslos einen durch die Jahrhunderte geheiligten Glauben umstürzen und an dessen Stelle die wohlfeile Weisheit des Tages seßen wollen. Das Brandmal des Unglaubens, der Keßerei wird ihr aufgedrückt. Auf der andern Seite macht sie ein bald in feinen, wissenschaftlichen Theorien, bald in grobsinnlicher Praxis sich kundgebender Materialismus zum Gegenstand des Hasses und Spottes. Diejenigen, welche an einer geistigen Fortentwicklung der christlichen Kirche arbeiten, werden wir jene, beim Tempelbau beschäftigten Israeliten, von beiden Seiten verlacht: „Was wollen diese ohnmächtigen Leute? Werden sie die zu Staub verbrannten Mauern wieder herstellen? Laßt sie nur machen! Wenn ein Fuchs heraufginge, so zerrisse er wohl ihre steinernen Mauern !"

Welche Aufgabe haben nun Diejenigen, welche, wie wir, sich nicht mit Allem dem einverstanden erklären können, was die Kirche als Christenthum erklärt und doch in diesem selbst das Heil der Menschheit erblicken? Sie müssen kämpfen. Ja kämpfen müssen wir mit Freuden, nicht aus Lust am Streite, sondern aus harter, schmerzlich empfundener Nothwendigkeit. Denn wir müssen auch gegen solche kämpfen, denen wir nicht nur in unsern äußern Lebensverhältnissen nahe stehen, sondern mit denen wir uns auch in so manchen Fragen des geistigen und sittlichen Lebens und Strebens innig berühren. Da zur Rechten sehen wir solche, die mit einem zähen, strengen Festhalten am Buchstaben und äußern Formen doch eine aufrichtige Frömmigkeit, ein sittenreines, rechtschaffenes Leben, eine aufopfernde Thätigkeit für das Wohl ihrer Mitmenschen verbinden. Wie gerne wollten wir mit ihnen, dir wir ja doch im Grunde unseres Herzens achten und lieben, Frieden halten. Aber können wir dies, wenn wir von ihnen als Ungläubige, als Gottes- und Christusläugner, als Verächter des göttlichen Wortes denuncirt und verurtheilt werden, wir, die wir ja doch nichts anderes wollen, als den Glauben, die Religion in Einklang bringen mit der Vernunft, der Erfah

rung, dem Gewissen, in der Ueberzeugung, daß die Beiden, aus der einen Gotteskraft stammend, unter sich nicht in Widerspruch stehen können und dürfen, wir, die nie etwas Anderes wollen, als an die Stelle der Verehrung des höchsten Wesens durch Namen und Formen die Anbetung Gottes im Geiste und in der Wahrheit sehen, nichts Anderes wollen, als Christum, der uns durch die Wundersucht in übernatürliche Ferne entrückt wurde, wieder als unsern Freund und Vorbild zurückführen in die Bruderarme der Menschheit und nur das als Gotteswort anerkennen, was wirklich Gottes vollkommenem Wesen entspricht?! Nein, wir können und dürfen gegenüber solchen Anklagen nicht schweigen, sondern müssen uns wehren für unser gutes Recht. Wir müssen gegen die, welche den in ruheloser Entwicklung begriffenen Geist religiöser Wahrheit für alle Zeiten in feste Sagungen und Formen bannen wollen, die zu ihrer Zeit vielleicht der angemessene Ausdruck der religiösen Erkenntniß waren, aber es jezt nicht mehr sind und darum feine Macht über den Geist und das Gemüth der Menschen mehr haben, auftreten und ihnen sagen: die verschiedenen Gestaltungen der christlichen Kirche sind nur Pläge, an denen der Mensch auf seinem Zuge nach dem gelobten Lande für einen Augenblick stille hält und ausruht. Dann spricht Gott zu ihm: Du hast nun lange genug um diesen Berg gelagert ; stehe auf und seße deinen Fuß weiter; denn siehe, das Land der Verheißung liegt noch vor dir. Wir müssen ihnen, welche die Lehren der Kirche irgend einer Zeit für die ewige Wahrheit halten, sagen: Ihr irrt euch, diese sind nur die Blätter am Baume der Religion, welche eine kurze Zeit blühen und dann welken und abfallen und von der Triebkraft des religiösen Geistes durch andere, lebensvollere Formen ersetzt werden. Die Kirche ist nur die Wolke des Himmels, die bald da, bald dort steht, das Christenthum ist aber der Himmel selbst, der mit seiner Sonne und Sternen sich in unwandelbarer Herrlichkeit über uns ausbreitet. Wir müssen ihnen, die über den Untergang der Religion jammern, wenn auch nur ein vermeintlicher Kezer im dürren Laube veralteter Dogmen raschelt, erklären, daß sie bei all' ihrer Gläubigkeit doch noch des rechten Glaubens an Gott und seine siegreiche Sache ermangeln. Und dort zur Linken finden wir solche, die mit rastlosem, treuem Eifer an der Bildung und Aufklärung der menschlichen Geschlechter arbeiten, bessere Einsichten zu verbreiten suchen und tapfer gegen Irrthümer und Vorurtheile ankämpfen und mit denen wir uns, die wir dasselbe anstreben, nahe verwandt fühlen. Aber wenn dann von dieser Seite her die Religion als eine Feindin der Bildung erklärt und verfolgt wird, können wir dazu schweigen und ruhig zusehen, wie die Heiligthümer unsers Gemüths und die Grundlagen unserer häuslichen und öffentlichen

Wohlfahrt angegriffen und gelästert werden? Nein, wir müssen kämpfen. Wir müssen gegen die, welche die Religion als eine Feindin der Bildung erklären, auftreten und ihnen sagen: Ihr irrt euch, denn ihr verwechselt die Religion mit einer entarteten Erscheinung derselben in der Kirche irgend einer Zeit. Der Zweck der christlichen Religion ist der, den Menschen mit der höchsten Intelligenz, Gerechtigkeit und Liebe, welche wir Gott nennen, in Uebereinstimmung zu bringen, den Menschen zu bilden nach dem höchsten Bilde und Ideale aller Vollkommenheit. Und eine solche Religion sollte die Feindin der Bildung sein? Nein, sie ist vielmehr die Quelle und die wesentlichste Förderin aller wahren Bildung. Denn diese fängt an und hört auf mit der religiös-sittlichen Natur der Menschen. Es ist Zeit, einmal von der falschen und verderblichen Meinung wegzukommen, als bestehe die Bildung des Menschen nur in der Entwicklung seiner Verstandeskräfte, in einer möglichst großen Summe von Kenntnissen und in der Gewandtheit in gesellschaftlichen Umgangsformen. Lehrt uns ja doch so manche That und Erscheinung der Gegenwart in erschütternder Weise, daß unter diesem glänzenden Firniß einer bloßen Verstandes-, Wissens- und Gesellschaftsbildung oft eine Rohheit des Gemüthes, eine Selbstsucht des Herzens und eine Verwilderung der Leidenschaften verborgen liegt, welche den Menschen wenig vom Barbaren unterscheiden. Und denen, welche die Religion als einen überwundenen Standpunkt erklären, müssen wir sagen: Ihr irrt euch! Statt zu fragen: sind wir noch Chriften, solltet ihr vielmehr fragen: sind wir schon Christen. Ist in Einem von uns, von den zahllosen Menschen, welche den Namen Christi tragen, seine geistige und sittliche Größe schon zur vollen, wirklichen Lebensgestalt geworden, hat Einer sein Vorbild erreicht? Sind die großen Gedanken und Lehren des Christenthums schon in unsern häuslichen und bürgerlichen Verhältnissen verwirklicht, ist das Ideal erreicht, das in Chrifto dem Menschen und der Menschheit aufge= gangen ist? Und wenn wir in Wahrheit bekennen müssen: Nein! Christus ist noch lange nicht von uns erreicht, — er gleicht vielmehr einem Sterne des Himmels, der, je näher wir ihm kommen, uns desto größer und glänzender erscheint, wie kann man denn das Christenthum eine überwundene Religion nennen?! Wo in aller Welt wird man Ziele, Ideale als überwunden erklären, die noch unerreicht vor und ob uns liegen?! Ein solches Verfahren käme mir ebenso thöricht vor, wie dasjenige eines Mannes, der einen hohen Berg ersteigt und unterwegs, ehe er dessen Höhe erklommen und die Herrlichkeit, die sich ihm da oben erschließen würde, geschaut hat, erklären wollte: dieser Berg ist für mich ein überwundener Standpunkt, ich will mich nach andern, erhabeneren Gipfeln umsehen! - Nein, die Mensch

heit hat auf dem Wege ihrer geistigen Entwicklung die christliche Religion noch nicht hinter sich zurückgelassen, Gott steigt vielmehr mit jedem Fortschritte der Bildung auf einen erhabenern Thron und der denkende und gebildete Geist bringt ihm eine immer reinere und tiefere Verehrung dar. Indem wir aber, meine Freunde, solche Ueberzeugungen aussprechen, erwecken wir lebhaften Widerspruch und werden in einen harten Kampf nach Rechts und Links hineingezogen. Lasset uns vor ihm nicht zurückschrecken, sondern ihn aufnehmen mit jener freudigen und tapferen Ueberzeugung, aus welcher der Apostel spricht: „Wir vermögen nichts wider die Wahrheit, sondern nur für sie." Laßt uns ihn aber kämpfen mit Waffen der Gerechtigkeit zur Rechten und zur Linken, nicht Böses mit Bösem, Verdächtigung mit Verdächtigung, Verachtung mit Verachtung, Haß mit Haß, Verfolgung mit Verfolgung, sondern Böses mit Gutem vergelten und den Frrthum durch die Wahrheit besiegen, eingedenk des Wortes Pauli: „Wer bist du, der du einen fremden Knecht richtest? Er steht oder fällt seinem Herrn !"

II.

Die Israeliten gebrauchten beim Tempelbau die Waffen nur, um sich feindseliger Angriffe zu erwehren. Ihr Zweck war nicht das Kämpfen, sondern das Bauen und das Kämpfen nur Sache der Noth. Dies soll auch unsere Stellung und Aufgabe sein. Nicht meine ich, daß wir vorhandene arge Uebelstände aus Menschenfurcht oder kluger, selbstsüchtiger Berechnung einfach hinnehmen sollen, wären wir ja doch dann nicht Jünger dessen, der über Käufer und Verkäufer die Geißel seiner sittlichen Entrüstung schwang und den Pharisäern sein: Wehe euch! entgegenschleuderte. Nur das meine ich, daß wir ob dem Kämpfen nicht das Bauen vergessen dürfen, sondern dieses uns die Hauptsache bleiben müsse. So laßt uns denn bauen und zwar vor Allem aus auf religiös-kirchlichem Gebiete und dadurch beweisen, daß wir nicht die Negativen, sondern die wirklich Positiven sind. Wir können nun unsern Ueberzeugungen treu bleiben und sie verbreiten, ohne beständig die Waffen des Streites zu schwingen. Es gibt ein Mittel, den Frrthum zu vertreiben, das besser wirkt, als wenn wir ihn mit dem Schwerte in der Hand angreifen. Es besteht darin, bessere Einsichten, große Wahrheiten zu verbreiten, neben denen jener nicht bestehen. fann und durch welche der menschliche Geist ihn gleichsam auswächst. Je mehr das Licht zunimmt, desto mehr nimmt die Finsterniß ab. Mit den Strahlen der aufsteigenden Sonne sinken die Schatten der Nacht. Laßt uns nur immer mehr richtige und erhabene Ansichten über unsere christliche Religion gewinnen und verbreiten, nur immer mehr von ihrem vergänglichen Buchstaben zum unvergänglichen Geist hindurchdringen. Je mehr die Menschen zur Erkenntniß und zum Bewußtsein des Wesens der Religion kommen, desto weniger werden sie an ihrer Form hangen, sondern lächelnd dieselbe bei Seite legen können, wie der erwachsene Mann das Spielzeug seiner Kinderjahre.

Wie an einer Neubelebung der christlichen Religion, so lasset uns auch bauen an einer Neugestaltung der christlichen Kirche. Bauen an

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