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einer Kirche, in welcher die Religion die Hauptsache ist, die für den ganzen Menschen ist, seinem Geiste Erkenntniß, seinem Gemüthe Frieden, seiner Hand gute Werke und seiner Seele das Streben nach Vollkommenheit gibt, an einer Kirche, welche einen Zweck hat, aber daneben vollkommene Freiheit des Gewissens und des Bekenntnisses gewährt, die auf dem großen, evangelischen Grundsage des allgemeinen Priesterthums ruht, deren Thore weit genug sind, um alles Volk einzulassen, das Gott fürchtet und recht thut, und deren Hallen hoch genug, um auch dem Fluge des kühnsten Gedankens Raum zu geben. Doch unser Bauen darf sich nicht auf das firchlich-religiöse Gebiet beschränken, sondern muß auch das soziale Leben umfassen. Einer der Hauptlehrer der neuern Wissenschaft verkündigt uns: Das Leben ist ein Kampf um's Dasein. In diesem Kampfe muß das Schwache, Unentwickelte dem Starken, Entwickelten weichen und erliegen. Gewiß liegt in dieser Lehre eine tiefe Wahrheit, der auch das Christenthum beistimmen kann, nämlich die Wahrheit, daß durch die ganze sichtbare Schöpfung hindurch eine fortlaufende, aufsteigende Entwicklung von den unvollkommensten zu immer vollkommeneren Formen des Seins stattfindet, und diese Entwicklung durch Arbeit und Kampf hindurchgeht. Wer aber will bestreiten, daß dieser Lehre eine Auslegung und Anwendung gegeben werden kann und oft auch gegeben wird, welche durchaus falsch und verderblich ist, nämlich die, daß die Starken und Gebildeten bestimmt und berechtigt seien, die Schwachen und Unwissenden zu unterdrücken und zu verdrängen? Leget die Lehre vom Kampf um's Dasein Allen so aus und die Folgen hievon werden Unrecht und Gewalt auf der einen und hoffnungslose Verzweiflung auf der andern Seite sein. Ein Krieg Aller gegen Alle wird entbrennen, in welchem zuerst die Schwachen an ihrer Schwäche und dann die Starken an ihrer Stärke zu Grunde gehen. Das Christenthum erhebt sich mit aller Macht gegen ein solches Prinzip, das wohl auf dem Boden eines unbewußten, vernunftlosen Naturlebens seine Berechtigung haben mag, nie aber in der sittlichen Menschenwelt haben darf. Das Christenthum stellt neben dieses reiche, grausame Naturgeseß das Gesetz des Geistes, der Liebe. Ihm ist das Leben auch ein Kampf, aber nicht ein solcher, in dem die Einen auf Kosten der Andern gedeihen und die Andern zu Gunsten der Einen untergehen, sondern in dem die Kräfte Aller entwickelt und ihrer Bestimmung entgegen= geführt werden sollen. Es will die Schwachen, Unentwickelten dadurch vor dem Verderben bewahren, daß es sie stärkt und entwickelt. Allerdings wird es unter uns Menschen immer, auf verschiedene Naturanlage beruhende, innere Unterschiede geben, welche auch eine Verschiedenheit der äußern Lebensverhältnisse bedingen, - aber wie viele dieser Unterschiede lassen sich nicht auf einen höhern Willen, sondern nur auf die Sünde und Selbstsucht der Menschen zurückführen! Wie Viele, die stark und entwickelt sein könnten, sind und bleiben schwach um ihrer eignen oder der Mitmenschen Sünde willen! Diesen will das Christenthum helfen. Ihm ist der Mensch ein Wesen von unendlichem Werthe, mit den Anlagen zur höchsten geistigen und sittlichen Vollkommenheit ausgestattet. Es will, daß diese Anlagen in Allen zur möglichsten Ausbildung entwickelt und ihnen die hiezu nöthigen Mittel verschafft werden. Von wem anders aber kann und soll

diese Hülfe den Schwachen und Zurückgebliebenen kommen, als eben von den Starken und Vorgeschrittenen?! Die Starken sollen die Lasten der Schwachen tragen. Und so lange sie dies nicht thun, so lange können die Armen und Schwachen gegen sie vor Gott und den Menschen gerechte Klage erheben.. Mir scheint, daß in dieser Beziehung die Gesellschaft, so viel auch von ihr gethan wird, ihre Pflicht noch lange nicht voll und ganz erfülle. Sie beschränkt sich zu sehr darauf, Verbrechen zu strafen und Elend zu lindern, statt Verbrechen und Elend zu verhindern.. Sie ist noch zu wenig tief und schmerzlich vom Bewußtsein durchdrungen, daß wir alle an der Noth, dem Elend und der Sünde unserer Mitmenschen bis auf einen gewissen Grad mitschuldig und dafür solidarisch haftbar und verantwortlich sind. Denn sind wir nicht für etwas verantwortlich, was wir verhindern könnten und wir thun es nicht? Schuld an dem Verderben der Blinden, der einem Abgrunde entgegengeht und wir warnen ihn nicht und halten ihn nicht zurück? O gewiß, es liegt eine gerechte Anklage gegen die Gesellschaft in der erschütternden Thatsache, daß mitten unter uns Tausende von menschlichen Wesen leben, die in tiefes, geistiges und sittliches Verderben versunken sind. Aus diesen Abgründen des Lasters dringt ein noch viel lauterer und herzergreifenderer Ruf um Hülfe, als ihn materielle Noth je ausgestoßen hat. Allerdings ist die materielle Noth oft die Ursache der geistigen, sittlichen. Ein wirklich men= schenwürdiges Dasein wird sich in der Regel nur auf Grundlage eines gewissen, materiellen Wohlbefindens aufbauen. Lebt auch der Mensch nicht vom Brode allein, so doch auch nicht ohne Brod. Wir sollen nicht unter dem Vorwand, für die Seelen der Menschen zu sorgen, ihre Leiber vernachlässigen. Aber wir dürfen auch nicht meinen, daß, wenn wir für ihre leiblichen Bedürfnisse sorgen, wir unsere Pflicht an ihnen erfüllt haben. Der Mensch ist für ein höheres Gut geschaffen, als für Essen und Trinken und einen warmen Heerd, und ist größern Uebeln ausgesetzt, als dem Hunger und der Kälte. Die höhere göttliche Natur im Menschen, sein Menschenrecht und seine Menschenwürde zu erkennen, zu ehren, vor Schaden zu bewahren und zu entwickeln, das allein heißt erst den Nächsten lieben, wie man sich selbst wahrhaft lieben sollte. O! daß doch immer mehr jenes heilige Feuer der Liebe Christi, die auf Golgatha sich für die Rettung der Brüder hingab, in den Herzen der Starken und Gebildeten unter uns entbrennte und sie antriebe, die Schwachen und Unwissenden zu stärken, zu trösten, zu retten, o! daß doch an die Stelle des grausamen, selbstsüchtigen Kampfes um's Dasein; in welchem Eines das Andere zu verdrängen sucht, der edle Wetteifer der christlichen Liebe träte, in welchem Einer dem Andern zu dienen sucht mit der Gabe, welche er empfangen hat, von wie vielen sozialen Uebeln, welche die Gesellschaft mit Verderben bedrohen, würden wir dann bewahrt und befreit, und welch' eine neue schöne Welt würde sich dann auferbauen! Die größte, weiseste und ehrenwertheste Arbeit der Starken und Vorgeschrittenen unter uns ist, nicht die Schwachen und Zurückgebliebenen im Kampfe um's Dasein verderben zu lassen, sondern sie zu stärken, zu entwickeln und zu sich emporzuziehen. Je mehr sie dies thun, desto mehr erheben sie sich selbst zur wahren Menschenwürde, zur Hohheit und Würde

des Menschensohnes, der nicht gekommen ist, daß er sich dienen lasse, sondern daß er diene.

Es wird unserer Nichtung oft vorgeworfen, daß sie sich viel zu sehr auf wissenschaftlicher Höhe halte und zu wenig zum Volke herabsteige, daß sie sich der Rettung der Armen aus physischer und moralischer Noth nicht mit der Wärme und Hingabe widme, wie die strenggläubige Partei. Wenn diese Vorwürfe auch vielfach ungerecht sind und namentlich in neuerer Zeit immer weniger zutreffen, so können und sollen wir doch in dieser Beziehung von unsern Gegnern lernen. Immer mehr sind es die sozialen Fragen, welche sich in den Vordergrund drängen und die Masse des Volkes bewegen. Der Sieg auf religiösem und politischem Gebiete wird denen zu Theil, die das Weiste für das Wohl des Volkes thun. Er gebührt ihnen auch; denn die größte und innigste Frömmigkeit und die edelste Bürgertugend werden sich jederzeit in der größten Liebe kundthun. Daran wird Jedermann erkennen, ob ihr meine Jünger seid, so ihr Liebe habt untereinander!"

Wer gibt uns nun aber zu solchem Kämpfen und Bauen Muth und Kraft? Es ist unser Glaube an die christliche Religion, an die menschliche Natur und an die Bestimmung Beider für einander. Wir glauben, daß die Religion Jesu Christi aus einer höhern Welt stammt und mit Kräften von dieser ausgestattet ist, daß sie gekommen, einen neuen Himmel und eine neue Erde zu bringen, Alles neu zu machen, „das VerLassene froh und die Wüste blühend wie einen Rosengarten, das steinerne Herz zu zerbrechen, den schuldbeladenen, erdgebundenen Geist in Freiheit zu sehen und ihn fleckenlos vor Gottes Thron in jubelnder Freude zu bringen." Wir glauben, daß die menschliche Seele für die christliche Religion geschaffen ist, wie das Ackerfeld für die Saat, daß das tiefste aller menschlichen Bedürfnisse das Verlangen nach Gott ist und der menschliche Geist und das menschliche Gemüth kein wahres Glück finden können, außer in dem unendlichen Geist.

Wir glauben, daß eine ernste und gründliche Wissenschaft mit dem Wesen der christlichen Religion nicht in Widerspruch treten kann. Denn, wie viel von Gott ist zu sehen in jedem Blatte, welches, obgleich so schwach, daß es bei jedem Windhauche erzittert, doch eine lebendige Verbindung mit der Erde, der Luft, den Wolken und der entfernten Sonne unterhält und durch diese lebensvollen Beziehungen zu dem Weltall eine Offenbarung des allmächtigen Geistes ist. Und sollte die Wissenschaft, welche die Hieroglyphen des Himmels entziffert und alle Träume der alten Zauberei zu Schanden macht, die in jedem Funken des fernsten Sterns, in jeder verborgenen Zelle, die sie an's Licht bringt, Weisheit und Ordnung findet“, allein im höchsten Gebilde der sichtbaren Schöpfung, im Menschen, in seinem Leben und Schicksal keinen Zweck, keine höhere Leitung finden können ?

Wir glauben auch an die menschliche Natur. Allerdings bietet uns die Geschichte der menschlichen Geschlechter und unsere eigene Erfahrung so viel erschreckende und betrübende Erscheinungen der Sündhaftigkeit und Ent= artung dar. Aber hören und lesen wir nicht auch von zahlreichen Zügen und Thaten des Edelmuths, der Seelengröße, opferfreudiger Hingabe und

heiliger Selbstüberwindung? Sind wir nicht selbst schon Zeuge von solchen gewesen? Haben uns nicht selbst schon geistige Schönheit und Seelenadel von einem menschlischen Antlitz entgegengestrahlt, haben wir nicht schon Töne der Liebe vernommen, die unser Herz durchzitterten, ein edles Mitgefühl im Leiden und eine himmlische Mitfreude am Glücke Anderer gesehen?" Nicht schon in der Verborgenheit und Niedrigkeit des bescheidensten Menschenlebens eine Stärke der Liebe, eine Ausdauer des frommen Vertrauens, eine Kraft tugendhafter Entschlüsse und eine himmlische Geduld gefunden, welche ein mächtiges Zeugniß für die Göttlichkeit der menschlichen Natur sind? Darum glauben wir an sie, wenn wir auch im Verkehr mit den Menschen noch so oft ihre Schwächen und Sünden, und, in uns selbst blickend und uns vor das Angesicht des heiligen Gottes stellend, unsere eigene Schwachheit und Sündhaftigkeit mit Schmerzen erkennen und beklagen müssen. Weder das spöttische Lächeln des Weltmenschen, noch der Seufzer einer düstern Theologie kann unsern Glauben an die göttlichen Kräfte und Ziele der Menschennatur erschüttern. In diesem Glauben kämpfen und bauen wir, des Sieges gewiß und froh. Der Prophet Esra berichtet uns, das neue Heiligthum, welches die Israeliten kämpfend erbauten, sei herrlicher gewesen, als das alte, weil es, obgleich ihm die Goldzier und die köstlichen Gefäße des salomonischen Tempels fehlten, doch größer und weiter war, als dieser. So ist auch der Tempel, an dem wir bauen, wenn auch weniger kostbar und prunkend, als derjenige früherer Zeiten, so doch größer und weiter und in seiner Einfachheit erhabener. „Das Werk, das wir vorhaben, ist groß und weit, und wir, die wir auf der Mauer stehen, ferne von einander zerstreut. Darum, an welchem Orte ihr nun die Stimme der Posaune hören werdet, daselbst hin versammelt euch! Unser Gott wird für uns streiten." - Gilt nicht diese Mahnung des Propheten auch uns, meine Freunde? Fern von einander zerstreut, nicht nur räumlich, sondern oft auch geistig, sind wir. Es kämpfen und bauen so Viele, die doch schließlich dasselbe wollen, in unkluger oder selbstsüchtiger Vereinzelung für sich und es fehlt uns oft jenes Zusammenhalten, das unsern Gegnern so viel Macht und Erfolg gibt. Dürfen und wollen wir uns auch nicht der Freiheit und Selbstständigkeit begeben, welche ja zu unserm Prinzipe gehört, so laßt uns doch auf den Ruf der Posaune, der uns zur Einigung im Kampfe gegen einen gemeinsamen Widersacher und zur Arbeit an einem gemeinsamen Bau auffordert, hören, damit wir nicht zersplittert im Streite erliegen oder nichts Rechtes und Großes zu bauen im Stande sind! Vor dem Schall dieser Posaune mögen alle Sonderinteressen zurücktreten, sonst sind wir, wenn auch nicht verloren, so doch gelähmt in unserer Kraft und in unserm Einflusse auf das öffentliche Leben. Aber nicht nur groß und weit ist unser Werk, sondern auch schwierig zu bauen. Es braucht zu demselben nicht bloß freie Geister, sondern auch große, heilige Herzen, die sich durch keine feindseligen Angriffe, durch keinen zeitweiligen Mißerfolg erbittern lassen. Die heidnische Sage erzählt uns von einer Quelle, welche stundenlang mitten durch einen trüben, salzigen See floß und weiter unten in unveränderter Klarheit und Süßigkeit demselben wieder entströmte und an ihren Ufern ein grünendes, blühendes Leben verbreitete. Dieser Quelle wollen wir gleichen.

Uns nicht trüben und verbittern lassen durch das trübe und bittere Meer der Anfechtung, durch welches das freie Christenthum in diesen Tagen hindurchgehen muß, sondern aus ihm hervorgehen mit reinen, liebevollen Herzen und freudigem Glauben. Ja! durch Ehre und Schande, durch gute und böse Gerüchte lasset uns hindurchgehen und kämpfen und bauen, wie jene israelitischen Jünglinge, vom Aufgang der Morgenröthe, bis die Sterne des Heils und des ewigen Friedens über uns glänzen!"

Trübe und fröhliche Weltanschauung.
(Aus dem Leserkreis.)

Pessimism u s.

Ein gleißend Trugbild ist die Welt,
Die jede Freude uns vergällt,

Wie sich die Rose reizend schmückt,
Doch in die Hand den Dorn uns drückt.

Optimismus.

Es ist das Dunkel in der Welt,
Dem Licht als Schatten nur gesellt,
Wie selbst am Dornstock Rosen blüh'n
Und lieblich, still erröthend, glüh'n.

Am das Gewissen ist es doch eine eigene Sache; es wird bald eine eigentliche Krankheit, alles Mögliche, was man oft aus niedern Beweggründen nicht mag, mit der Erklärung fernzuhalten, es sei eine Verlegung des Gewissens. Da sucht die Basler Bibelgesellschaft in Tessin ihre Bibeln anzubringen und muß nun von der römischen Presse hören, das sei eine Beschimpfung, ein Fallstrick, eine Gotteslästerung, eine schmähliche Verletzung des katholischen Gewissens!

Basler Kirchenzeddel Sonntag den 29. Oktober.

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Verlag der J. Dalp’schen Buchhandlung Bern, zu beziehen durch alle Buchhandlungen: Martig, Unterweisungen in der christlichen Lehre nach biblischen Abschnitten 3 vollständige, umgearbeitete, von der reformirten Kirchensynode des Kantons Bern mit einem Preise bedachte Auflage. Preis 70 Centimes. Partiepreis von 12 Exemplaren 60 Centimes. (0 4906 H)

Druck und Expedition von J. Frehner, Steinenvorstadt 12, Basel.

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