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kommen, soweit diese den Broterwerb bedingen. Wem hier zu folgen nicht möglich ist, der wird eben von der Konkurrenz ausgeschlossen, und ihm bleibt nur der Jammer über eine klägliche Existenz bei einer Arbeit, die vielleicht zu anderen Zeiten einen goldenen Boden gehabt. Und aus diesen, von einer zeitgemäßen Geistesbildung ausgeschlossenen Bürgern des Staates rekrutiren sich einerseits die mit einem kläglichen Minimum bezahlten Arbeitskräfte, die Sklaven des Kapitals, und anderseits ein arbeitsscheues Proletariat, unter dem die böse Saat der tollen Idee eines Umsturzes aller gesellschaftlichen Ordnung einen günstigen Boden findet. In solchen Kreisen häuft sich eine Summe von Erbitterung, aus welcher nur allzu leicht der Zündstoff sich bilden könnte für einen bedauerlichen Versuch zur gewaltsamen Lösung einer Frage, die unter geistig gehobeneren Menschen friedlich zu lösen wäre.

Oder haben wir etwa Unrecht, wenn wir behaupten, daß diejenigen Arbeiter, welche sich vermöge einer bessern Ausbildung zu einer ordent lichen Existenz aufgeschwungen haben, fast durchwegs zu den friedlichsten Bürgern gehören? Ich glaube, es kann nicht bestritten werden, wenn wir behaupten, daß sie zum besten Kern des Volkes zählen.

Wenn es nun in einem Staate noch Gemeinwesen gibt, denen es, wie es ja mancherorts der Fall ist, entweder an gutem Willen oder an materiellen Hülfsmitteln fehlt, um für eine zeitgemäße, allgemeine Volksschulbildung zu sorgen, erfüllt dann der Staat nicht eine heilige Pflicht, wenn er dafür sorgt, daß die Schwachen und Saumseligen die Pflichten mit Rücksicht auf die Ausbildung ihrer Jugend besser erfüllen? Für uns ist das keine Frage; denn wir sagen: Erhöhte Volksbildung erhöht die Erwerbsfähigkeit, diese verbessert die Existenz, und in einer menschenwürdigen Existenz liegt eine große Gewähr für den Fortbestand eines geordneten gesellschaftlichen Lebens. Im hungernden Magen und im freudenleeren Alltagsgetriebe erstickt jede ideale Auffassung des Lebens, und ohne diese ist ein glückliches Zusammenleben der Menschen nicht denkbar. Nicht umsonst ertönt heute von allen Seiten der Ruf an die Vertrauensmänner des Staates: Beschäftigt euch etwas ernster mit den materiellen Fragen des Volkes! Da nun mit diesen Fragen diejenige der Volksbildung im engen Zusammenhange steht, so begrüßen wir den Anstoß zur Hebung des allgemeinen Volksschulwesens auch im Interesse einer Verbesserung der sozialen Zustände.

IV.

Wie verhält sich die Volksbildung zu den Pflichten eines

Republikaners?

Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Volksbildung auch dazu berufen ist, ein besseres Verständniß für die Pflichten gegenüber dem Vaterlande zu vermitteln.

Diese Bedeutung der Volksschule fällt bei der Betrachtung unserer heutigen Frage ganz besonders schwer in die Wagschale. Die Bedingungen für die Existenz eines staatlichen Haushaltes im allgemeinen und für den gedeihlichen Fortbestand einer Republik im besondern sind heute nicht mehr die gleichen, wie vor 100 Jahren.

Die großartige Entwicklung der Industrie und des Handels, die Verbesserung der Verkehrsmittel, und damit Hand in Hand das Fallen der

engeren Schranken zwischen den verschiedenen Staaten und Nationen, diese und andere Umstände mehr haben im Innern eines jeden größeren Gemeinwesens ein vielgestaltiges Leben hevorgerufen, so daß die Physiognomie eines Staaatshaushaltes von heute eine wesentlich andere ist, als diejenige früherer Zeiten. Infolge dessen gibt es eine Menge von Fragen zu regliren, an die man früher kaum dachte. Die Staatsmaschine ist komplizirter geworden, und ihre Leitung verlangt ein höheres Maß von Intelligenz.

Wo man aber diese schwieriger gewordene Leitung, wie in unserer Nepublik, in die Hand des Volkes gelegt hat, da geziemt es sich doch wohl für jeden aufrichtigen Freund des Vaterlandes, daß er ernstlich Umschau halte, wie es mit dem Sachverständniß dieser vielköpfigen Leitung bestellt sei. Wem es nicht daran gelegen ist, daß dieses Verständniß der Schwierigkeit der Aufgabe entspreche, der beweist, daß ihm das Wohl des Vaterlandes nicht am Herzen liegt. Ich erlaube mir hier, zu wiederholen, was ich an einem andern Orte mit Rücksicht auf diesen Punkt gesagt habe:

In immer höherem Maße wird der Entscheid über das Wohl und Weh des gesammten Vaterlandes in die Hände des Volkes gelegt. Unsere, aus der Mitte der Bürger gewählten Repräsentanten sind nichts mehr anderes, als die ersten Diener des Staates und haben aufgehört, die Regenten eines willenlosen Volkes zu sein. Die Resultate ihrer eingehendsten Berathungen werden von den Mitbürgern zur Einsicht verlangt und bekommen ihre Geltung erst durch deren Zustimmung. Kein Jahr vergeht, daß nicht Vorlagen von großer Tragweite zum Entscheide vor dieses Forum gebracht werden, und das Ja oder Nein des leßten Hirten auf der Alp hat für das Schicksal des Projektes die gleiche Bedeutung, wie dasjenige des Gelehrten; und der unerfahrene Jüngling legt das gleiche Gewicht in die Wagschale, wie der er= fahrenste Mann. Das ist im Prinzip schön und gut, denn es ist der Ausdruck der Souveränität eines demokratischen Volkes. Aber es ist nicht gleichgültig, in welchem Verhältnisse die geistige Bildungsstufe eines mit solchen Rechten ausgerüsteten Volkes zur Ausübung dieser Rechte stehe ; und nicht gleichgültig für das Wohl eines Staates, wie groß die Zahl derer sei, die in solchen entscheidenden Momenten ihr Ja oder Nein ohne die Spur eines selbständigen Urtheils über die Sache abgeben. Ich begreife nicht, wie ein Republikaner es über sich bringt, den Bestrebungen derjenigen Männer in den Weg zu treten, die sich redlich bemühen, sämmtlichen Bürgern zu ermöglichen, sich in ihren Jugendjahren besser vorzubereiten für die Ausübung ihrer schönsten und ehrenvollsten Pflichten, die sie dem Vaterlande gegenüber auszuüben haben.

Oder glaubt Jemand im Ernste daran, daß es in dieser Beziehung in unserer Republik befriedigend aussehe? Dürfte es wohl ernstlich bestritten werden, wenn man behaupten wollte, daß bei einer eidgenössischen Volksabstimmung Tausende von Karten nichts anderes repräsentiren, als die Stimmen einer Anzahl ignoranter Heßkapläne, die sich zur Aufgabe gemacht haben, die besten Männer unseres Landes zu besudeln, dem Wohle des Volkes dienende Bestrebungen zu verhöhnen, und, so gut sie es verstehen, die staatsfeindlichen Lehren der Jesuiten zu verbreiten, die (leider nur auf dem Papiere) aus unserem Schweizerlande verwiesen sind. Das ist nicht nur eine Schattenseite der Volkssouveränität, sondern geradezu eine Gefahr für die Republik. Hebung der Volksbildung wird diese Gefahr vermindern.

Im Weitern möchten wir hier betonen, daß die wahre Bildung auch die Sittlichkeit eines Volkes erhöht. Wenn wir das behaupten, so denken wir nicht an jene traurige Bildung, die es nur auf das Einpfropfen eines trockenen Wissenstrames abgesehen hat, sondern wir denken an eine Volksbildung, die auch das Gemüthsleben des Menschen pflegt. Daß eine solche Bildung die Sittlichkeit fördert, das zu beweisen, haben wir nicht nothwendig, große psychologische Studien zu machen; ja es ist nicht einmal nöthig, die Geschichte aufzuschlagen, welche uns auf jedem Blatte verkündet, daß die Sittlichkeit eines Volkes mit der wahren Bildung Hand in Hand geht. Wir brauchen nur in unserer Gegenwart Umschau zu halten, so tritt uns diese Wahrheit von allen Seiten entgegen.

Wir sagen also, eine erhöhte allgemeine Schulbildung ist zu begrüßen, und zwar nicht allein mit Rücksicht auf die Steigerung der Erwerbsfähigkeit, sondern auch im Interesse der idealen Seite des Volkslebens.

V.

Was fordert der Schulartikel von den religiösen Konfessionen ?

Die ideale Bedeutung einer richtigen Volksschule werden wir noch weiter zu betrachten haben, indem wir nun zur Besprechung der religiösen Seite unserer Frage übergehen.

Der Standpunkt, den unsere Bundesverfassung nach dieser Nichtung einnimmt, ist ausgesprochen in den zwei weiteren Forderungen: Der Primarunterricht soll ausschließlich unter staatlicher Leitung stehen, und die öffentlichen Schulen sollen von den Angehörigen aller Bekenntnisse ohne Beeinträchtigung ihrer Glaubens- und Gewissensfreiheit besucht werden können.

Nach der Ansicht der Konferenz schweizerischer Schulmänner müßten zur Verwirklichung dieser Forderungen etwa folgende Grundsäge aufgestellt werden:

Als öffentliche Schulen sind anzusehen Schulen, welche aus öffentlichen Mitteln vom Staat oder von staatlich anerkannten Korporationen ganz oder theilweise unterhalten werden.

Der Besuch einer öffentlichen Schule darf nicht von der Zugehörigkeit zu einer kirchlichen Genossenschaft abhängig gemacht werden und ebensowenig die Leitung derselben.

Kirchliche Genosseuschaften dürfen an der Leitung öffentlicher Schulen keinen Antheil haben.

Weder die Leitung, noch die Mitleitung einer öffentlichen Schule steht einem kirchlichen Amt als solchem oder dessen Träger von Amtswegen zu.

Die Einrichtung einer öffentlichen Schule darf nicht von einer kirchlichen Behörde, einer konfessionellen Anstalt oder Genossenschaft abhängig sein. Das Lehrpersonal hat sich über Befähigung zum Schuldienst vor einer ausschließlich staatlichen Behörde nach allgemein gesetzlichen Normen auszu= weisen.

Lehrer und Lehrerinnen, welche in dem, was zum Schuldienst gehört, neben der staatlichen, noch einer andern, nicht staatlichen Leitung unterstehen oder in Folge eingegangener Verpflichtungen kirchlichen Charakters unterstellt werden können, dürfen nicht verwendet werden.

Diese letteren Vorschriften gelten auch für Privatschulen. Diese können nur mit staatlicher Bewilligung gehalten werden und sind der Aufsicht der

Staatsbehörden unterworfen in Betreff derjenigen Vorschriften, welche das Bundesgesetz über den genügenden und obligatorischen Primarunterricht aufstellt.

Die Lehrmittel dürfen nichts enthalten, was den Frieden unter den Angehörigen der verschiedenen Religionsgenossenschaften zu stören geeignet ist, und sind in Bezug hierauf der staatlichen Genehmigung zu unterwerfen.

Der Religionsunterricht, wo solcher in der Primarschule ertheilt wird, darf nicht dogmatischer Natur sein, und der Besuch desselben ist nach Art. 49 der Bundesverfassung selbstverständlich freigestellt.

Auch im übrigen Unterricht darf nie etwas gelehrt werden, was die religiösen Anschauungen einer Konfession verlegen könnte. Ueberhaupt soll in der Schule keinerlei Einwirkung im Sinne einer bestimmten Konfession ausgeübt werden.

VI.

Warum sind diese Forderungen berechtigt !

Wie kam man dazu, solche Forderungen überhaupt zu stellen? Gibt es in unserem staatlichen Leben in und außer der Schule Erscheinungen, die solche Vorschriften wünschbar machen?

Es ist uns allen bekannt, wie in den stürmischen Tagen der Refor= mationszeit die Anhänger der protestantischen und diejenigen der katholischen Konfession unter dem Einfluß einer leidenschaftlichen Befehdung da und dort auch örtlich geschieden wurden, wie das in Appenzell im Jahr 1597 geschah. In manchen Landesgegenden fand die neue Lehre nur in einzelnen, abgegrenzten Ortschaften Aufnahme, während man in andern beim Alten blieb, je nachdem die in den betreffenden Gemeinden tonangebenden Persönlichkeiten zu dieser Bewegung diese oder jene Stellung einnahmen. Solche Trennungen sind uns ein sprechendes Beispiel von einer leidenschaftlichen Erregung, wie sie eben in Zeiten wach gerufen wird, in denen jede ruhige Ueberlegung außer Kurs gesezt ist. Später hat es sich dann aber gezeigt, daß das Volk aus all' den theologischen Stürmen immer noch einen gewissen Grad von Harmlosigkeit gerettet, und infolge dessen auch die Fähigkeit beibehalten hat, Andersdenkende als Nebenmenschen zu betrachten und mit ihnen in Frieden zu verkehren. Das einigende Band der mannigfaltigen Beziehungen, in denen die Bewohner eines Landes auf einander angewiesen sind, erwies sich in den Zeiten des Friedens wieder stärker, als die trennende Macht der konfessionellen Verschiedenheiten. Je mehr die industrielle Thätigkeit in unserem Vaterlande sich ausdehnte und die Verkehrsmittel besser wurden, desto mannigfaltiger gestalteten sich die gegenseitigen Beziehungen zwischen den verschiedenen Gauen des Landes, und desto weniger war es dem Einzelnen möglich, in einer isolirten Stellung zu verharren. So ist es denn in unserem Zeitalter der Eisenbahnen und Telegraphen dahin gekommen, daß sich die konfessionell getrennten Elemente wenigstens örtlich wieder etwas mehr zusammengefunden haben. Von all' den bedeutendern Ortschaften, welche vor Zeiten ausschließlich von den Anhängern der einen oder andern Konfession bewohnt waren, gibt es heute wohl kaum mehr eine einzige, in welcher das gegentheilige Glaubensbekenntniß nicht durch eine mehr oder minder starke Minorität vertreten wäre. Ebenso finden wir heute in unserem Lande zahlreiche Bekenner der israelitischen Religion.

Stellen wir nun neben diese Thatsache die obligatorische Volksschule als ein Institut des Staates, dem die Eltern verschiedener religiöser Bekenntnisse ihre Kinder anvertrauen müssen. Ist es denn nicht für jeden Unbefangenen einleuchtend, daß die angeführte Thatsache für sich allein schon genügen könnte, um das Verlangen zu begründen, daß aus einer solchen Volksschule die Förderung aller und jeder spezifisch konfessionellen Bestrebungen unbedingt auszuschließen sei. Wir glauben, wem es ernstlich darum zu thun ist, ein friedliches Zusammenleben verschieden denkender Bürger zu ermöglichen, der muß einem solchen Verlangen rückhaltlos beistimmen.

Nun ist aber die Verschiedenheit der religiösen Bekenntnisse unter den Bewohnern des Landes nicht einmal der zwingendste Grund für die Aufstellung solcher Bestimmungen. Wenn wir vorhin gesagt haben, es seien die Angehörigen der verschiedenen religiösen Anschauungen örtlich einander wieder näher gerückt, so müssen wir leider mit Rücksicht auf ihre gegenseitige Duldung und Anerkennung das Gegentheil bezeugen, der Unterschied zwischen Protestantismus und Katholizismus stellt sich uus heute schroffer entgegen, als je zuvor. Seit der Unfehlbarkeitserklärung des Papstes hat sich die

Kluft erweitert.

Die Grundsäße, auf welche das ganze moderne Staatsleben aufgebaut ist, werden von der römisch-katholischen Kirche verflucht; ja verflucht ist schon Derjenige, welcher nur daran zweifelt, daß die Bekämpfung dieser Grundsäge nicht ein Gott wohlgefälliges Werk sei. Die Verkeßerung und die Verfolgung Andersdenkender zählt noch dieser Lehre zu den verdienstlichsten Werken; die Bekämpfung des Protestantismus mit allen zu Gebote stehenden Mitteln bildet in der römischen Kirche die Hauptthätigkeit Derer, die sich die Stellvertreter Christi auf Erden nennen. Und diese Leute sehen in diesen Tagen ihre leßte Kraft daran, dem Staate die öffentliche Erziehung der Jugend wieder zu entreißen, und sich derselben vollständig zu bemächtigen, wo das nicht schon bereits geschehen; denn sie wissen: Wer die Jugend hat, dem gehört die Zukunft. Darin liegt das Signalement des ganzen Kampfes, den wir mit diesen Feinden der staatlichen Volksschule zu kämpfen haben.

Und diese Bestrebungen der jesuitischen Kirche mit ihren alles verdammenden Lehrsäßen verschaffen sich ihre Geltung nicht nur in den Priesterschulen, sondern treten da und dort in deutlichen Spuren auch in den Lehrmitteln der Volksschule auf.

Nehmen wir z. B. den Katechismus der katholischen Religion für das Bisthum St. Gallen, der sicher zu den tolerantesten Lehrmitteln dieser Art gehört, und den ich darum durchaus im Allgemeinen nicht als extrem verurtheilen möchte, so finden wir eben doch in demselben die Tendenz, in den Kinderherzen eine Mißachtung gegen Andersdenkende zu pflanzen, was sich wohl aus wenigen Antworten ergibt, die ich hier anführe. Sie lauten:

„Die Eine Kirche, welche Jesus Christus gestiftet hat, erkennt man daran, daß sie ist einig, heilig, katholisch und apostolisch.

Diese vier Kennzeichen hat nur die römisch-katholische Kirche. Daraus folgt,. daß die römisch-katholische Kirche allein die wahre Kirche Jesu Christi ist. Man nennt sie die allein seligmachende Kirche, weil nur sie die reine und ganze Lehre Jesu, alle seine Gnadenmittel und somit den rechten Weg zum Heile besitzt. Die katholische Kirche hat allein die Sendung und Gewalt von Christus zum Heile der Menschen.“

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