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wieder wecken, den glimmenden Docht wieder zur hellen Flamme anfachen, wenn er nicht ganz erlöschen soll. Ein guter Eidgenosse hat das schöne Wort gesprochen: Jedes sittlich verwahrloste Kind sei ein Vorwurf gegen unser republikanisches Vaterland! Wohlan denn, gehen wir ein Jeder in seinem Kreise und nach seinen Kräften den Verlorenen nach und sorgen wir dafür, daß das Vaterland diesen Armen auch wirklich zum Vater werde! Und was wird der Lohn dieser erfüllten Hirtenpflicht rettender Liebe sein?

Ich weiß wohl, daß wir Christen einfach unsere Pflicht zu thun und keinem Lohne nachzufragen haben. Den Hirten dürfte der Gedanke, daß er das verlorene Schaf vielleicht nicht mehr finden werde, vom suchen nicht zurückhalten. Und keine Mutter wird aufhören, ihr verirrtes Kind zu suchen, auch wenn ihr oft der Gedanke der Vergeblichkeit durch die Seele zittert. Wer sich verwahrloster, innerlich verfallener Menschen annimmt, der muß sich im Gegentheil von vorneherein auf viel Undank, auf viel Aergerniß und Herzeleid gefaßt machen. Denkt euch nur einmal als Hausí vater oder Hausmutter hinein in eine Anstalt von dreißig bis vierzig, sozusagen von der Straße aus materiellem und sittlichem Elend aufgelesener Knaben, denket euch einmal hinein in die Lage eines Gefängnißgeistlichen, der mit Troß, Stumpfsinn, Heuchelei unsägliche Kämpfe zu bestehen hat. Einen vollständig mit Unkraut überwucherten Garten in einen Blumengarten zu verwandeln, ist ein schweres Stück Arbeit. Aber wie? wenn uns Gottes Güte einen Lohn darbietet, sollten wir ihn hochmüthig zurückweisen? Ihr habet es alle schon gesehen jenes liebliche Bild von dem Hirten, der mit dem wiedergefundenen Schäflein auf den Schultern nach Hause eilt. Freude, seligste Freude strahlt aus dem Antliß, aus jeder Bewegung; es ist dir, du müssesst mit ihm springen und jubiliren. Und nun, ihr Eltern! wenn ihr einen Sohn, eine Tochter, welche in jugendlichem Leichtsinn einen Frrweg gingen, als gerettetes Gotteskind wieder an's jubelnde Herz drücken könnet, ist das nicht auch ein Freudenfest schöner, als alle Geburtstagsfeste und Weihnachtsfeste, die ihr schon gefeiert habet? Ist das nicht ein Liebeslohn süßer und köstlicher, als Alles, was Gott euch für euere Liebe geben kann. Möchte es nicht für uns Seelsorger der köstlichste Lohn sein, wenn es uns gelingt, mit unserm schwachen Predigtwort einen Sünder von seinem Irrwege zu bekehren oder im KonfirmandenUnterricht einen Sohn, eine Tochter zu wecken, daß sie brechen mit der Thorheit der Jugend und dem Herrn ihr jugendlich Herz zu eigen geben ? Lieber Mitchrist: wenn du durch Nath und That nur einen Menschen in deinem Leben errettet, ihn vielleicht aus der Nacht gottverlassener Verzweif

lung erlöst hast, wird diese That nicht als ein Silberblick dich begleiten dein Leben lang? Menschenfreunde, Mitchristen, Mitbürger: Wenn wir durch vereinte Liebesarbeit auf gemeinnüßigem, sozialen, pädagogischen und kirchlich-religiösen Gebiete manchem Gott und Menschen verlassenen Menschenkinde die Leuchte himmlischen Lebens im Herzen entzündet haben, ist das nicht seliger Lohn? Und wenn der Gerettete dir die stille Hand drückt und mit Thränen dir dankt, dir und andern nun durch seinen Wandel zum Segen gereicht, wenn du, da du den andern suchtest und fandest, für seinen Gott auch deinen Gott noch besser fandest, ist das nicht seliger Lohn? Und wenn einst unser letztes Stündlein kommt und wir anklopfen an den Pforten der Ewigkeit, da wird der seligste Lohn dir zu Theil, sofern du diese Hirtenpflicht rettender Liebe getreu erfüllt hast: der Vater voll Gnade und Erbarmen wird dich an sein Herz ziehen und sprechen: du hast viel geliebt, darum wird dir auch viel vergeben! O. B.

Vorwärts oder rückwärts ?

So oft wichtige Fragen unser Volk bewegen und es sich um eine grundsägliche, tiefgreifende Entscheidung handelt, gruppiren sich die sonst so mannigfaltigen Standpunkte und Parteien nach und nach in zwei Lager, in ein fortschrittliches und ein rückschrittliches. So steht es heute mit der Frage um den eidgenössischen Schulsekretär. Da heißt es nicht mehr: wollen wir einen Beamten mit 6000 Franken Besoldung mehr oder wollen wir ihn nicht? Sondern: wollen wir in der geistigen Bildung unsrer schweizerischen Jugend einen Schritt vorwärts thun oder nicht? Die Einen sind dafür, — die Andern dawider, die Leztern allerdings mit dem kaum verhehlten Hintergedanken, auch den Artikel 27 der Bundesverfassung überhaupt auszumerzen.

Man muß sich über die starke Opposition gegen den Bundesbeschluß wundern, ja dieselbe kann einen ganz traurig machen, wenn man bedenkt, wie klein eigentlich der Schritt ist, welcher gethan werden soll. Zunächst nur eine Untersuchung, ob und wie weit die Kantone den im Artikel 27 aufgestellten Vorschriften nachkommen. Was dieser Artikel verlangt, ist nur das, was jedem wahren Freund des Volkes am Herzen liegt, was die Kämpfer für eine gute Volksschule schon seit hundert Jahren und länger gewünscht haben: eine gute, unparteiische, allen Kindern zukommende und den religiösen Frieden fördernde Staatsschule. Manche Kantone haben zum Theil schon, was die Bundesverfassung verlangt,

warum sollten sie den Andern die Wohlthat nicht auch gönnen? Und die, welche sie noch nicht haben, nun die sollten erst recht dafür stimmen! Aber so ist es nicht. Eine wuchtige Masse stemmt sich dagegen und wendet alle Mittel auf, um die geplante, bessere und allgemeinere Bildung zu verhindern.

Wenn es nur die Unwissenden im Schweizerland wären, so könnte man es begreifen. Sie verstehens halt nicht besser. Aber es ist eine fast erschreckend große Zahl von Gebildeten dabei, die selber die Wohlthat einer Schulbildung, und nicht etwa bloß einer „genügenden Primarschulbildung", genossen haben, fein gebildete, vornehme, reiche Leute, dazu viele Geistliche und eine auffallend große Zahl von Lehrern.

Es ist aber immer so gewesen. In dem langen, mühsamen Kampf um die Volksschule gegenüber den Prirat- und Sonder- und Ständeschulen wurde stets eine auffallend aristokratische Sprache geführt von Seiten der Gegner. Die Aristokratie will eben keine geistige Hebung des gesammten Volkes, weil sie allein regimentsfähig sein will und um ihrer Vorrechte willen wünschen muß, daß ein großer Theil des Volkes zur Unwissenheit und Abhängigkeit gezwungen sei. Der alte Gedanke an eine Unterscheidung in zwei Klassen, in Herren und Sklaven, taucht immer wieder auf, wo es sich um Hebung der Volksbildung handelt. Was hat nicht Pestalozzi von den angesehensten Männern seiner Zeit als Antwort auf seine begeisterten Vorschläge hören müssen? Zwei Beispiele! Die im Jahre 1810 zur Prüfung der Pestalozzischen Anstalt in Yverdon niedergesezte Kommission sagte unter Anderm: „Es wäre eitle Bemühung, in unsern Landschulen alle Mittel vereinigen zu wollen, welche ihnen Eifer und Wohlwollen zudenken möchten. Der Erfolg würde dabei nicht groß sein. Es ist wohlgethan, wenn wir uns für die Landschulen der Kenntnisse und der Erweiterungen enthalten, deren Bedürfniß der Landmann nicht fühlt. Was soll ihm unsere hohe Wissenschaft, unsere tiefe Forschung? Sie würde ihn nur beunruhigen, nur eine Leere in's Herz bringen, welche bei seiner Lebensweise ewig unausgefüllt bliebe." In ähnlicher Weise schrieb der damals hochangesehene Landanımann Zellweger von Trogen an Pestalozzi: „Ich bin kein Feind der wahren Aufklärung; aber man kann auch zu viel thun. Zu viele Lehranstalten sind einem Lande schädlich. Eine allzu große Menge Menschen entziehen sich dadurch der Handarbeit, und doch ist diese Erde dazu da, daß sie bearbeitet werde. Und durch wen ? Durch die Menschen, deren Körper darnach eingerichtet ist. Unter den besser Geschulten gibt es auf 50 nicht 10, die zu nüßlichen Mitgliedern der Gesellschaft werden; die mehrsten werden zu schlechten, schädlichen Schriftstellern, Advokaten, Projektenschmieden, gefehlten KaufLeuten und was der Menge Menschen mehr ist, die täglich Unheil in der Welt stiften, und das warum? Weil sie aus ihrer natürlichen Lage herausgerissen worden sind." Das ist die Sprache der Aristokratie zu jeder Zeit gewesen.

Warum aber treffen wir unter den Gegnern so viele Geistliche, römische und protestantisch-orthodore? Ich kann keinen andern Grund finden, als den, daß sie für ihre dogmatisch-konfessionelle Religion fürchten. Zu dieser braucht es vor Allem Glauben und zwar blinden Glauben. Eine

bessere Schulbildung aber macht denkfähig und vor dem Denken, auch dem einfachen Denken des gemeinen Mannes, schwindet der Wunderglaube, auf welchen das römisch-katholische, wie das orthodox-protestantische Lehrsystem aufgebaut ist. Daher der Ruf: Religionsgefahr! Es gibt aber eine Religion, - und so viel wir wissen, hat Christus sie gelehrt, welche den Menschen die Erkenntniß der Wahrheit und die Liebe zu den Mitmenschen ohne Rücksicht auf ihr Bekenntniß zur heiligen Pflicht macht. Wollte Gott, sie wäre die Religion Aller! Aber jene genannten Priester sind gewohnt, das Wesen einer Religion in dem zu suchen, was die Konfessionen trennt; auf die konfessionellen Unterschiede legen sie viel mehr Werth, als auf die gemeinsamen Ueberzeugungen; diese leztern nennen sie geringschäßig eine Allerweltsreligion, und das Streben nach einem konfessionslosen Religionsunterricht, der die religiösen Schranken, die stets ein Uebel gewesen sind, entfernen soll, gilt ihnen gleichviel, wie „Entchristlichung der Schule“ oder die Einführung eines „eidgenössischen Antichristenthums".

Am Bemühendsten aber ist die Thatsache, daß ein bedeutender Theil der Lehrerschaft sogar gegen die beabsichtigte Verallgemeinerung guten Schulunterrichts Front macht. Gerade hier meint man, sollte ein solches Streben auf's Allerfreudigste begrüßt werden. Aber was sollen wir denken, wenn aus Lehrermunde sogar von einer „Bildungspest“ gesprochen wird? Wollen sie denn verurtheilen, was sie vielleicht durch staatliche Mittel- selbst sich angeeignet haben und was zu verbreiten ihr eigenster Beruf ist? Oder wollen sie nur einen Theil der Bevölkerung damit bevorzugt wissen, den andern aber die Bildung vorenthalten, als ob sie, wie der Branntwein, ein Gift für sie wäre?

Wir mögen den Gründen der Gegner nachgehen und ihre Flugblätter prüfen, soviel wir wollen, wir erkennen in ihrem Streben einen Zug nach rückwärts, einen Widerwillen nicht bloß gegen den jezt in Frage stehenden Schulsekretär oder gegen ein zu hoffendes Schulgeset, sondern gegen die bereits errungenen und in der Bundesverfassung niedergelegten Prinzipien. Darum ist ihr Verhalten, ob sie es wollen oder nicht, ein rückschrittliches, ihr Ideal ein hinter 1874 liegendes Bild der Vergangenheit.

Wir aber wollen vorwärts! Darum legen wir ein freudiges Ja in die Urne. Der Schritt, der gethan werden soll, ist doch wahrlich kein Sturmschritt, sondern ein sehr kleiner; es handelt sich wahrlich um keine Unbesonnenheiten oder Ueberstürzungen. Was seit Jahrzehnten von den besten Freunden des Volkes angestrebt worden ist, und was in den acht Jahren, seit es in der Bundesverfassung steht, noch nicht ausgeführt werden konnte, - das ist keine Frucht voreiligen Stürmens. Endlich, endlich einmal eine That nach den Millionen von Worten und den unzähligen Verhandlungen!

Wir wollen vorwärts hauptsächlich aus drei Gründen: Einmal muß eine bessere und allgemeine Schulbildung unsere Bürger fähig machen, ihr Recht, zu wählen und zu stimmen, das ihnen der demokratische Staat gesichert hat, mit Urtheilsfähigkeit auszuüben. Sodann ist eine solche genügende Bildung auch eine Förderung der sozialen Verhältnisse.

Je länger, je mehr taxirt man den Menschen nicht mehr nach seinem Geldsack, sondern nach seinem Kopf und nach seinem Charakter und betrachtet einen guten Schulunterricht als ein besseres Kapital, als den todten Besitz. Und endlich aus religiösen Gründen. Denn das ist wahrlich nicht das Zeichen wahrer Religion, wenn von Konfession zu Konfession Schlagbäume aufgestellt sind, die Schweizer und Schweizer trennen. Unser Ideal ist ein solches Zusammensein, wo der eine zum andern nicht sagen lernt: „Dein Glaube ist nicht mein Glaube", wohl aber: „Dein Gott ist mein Gott!"

Item, wir halten mit dem ewig wahren Worte Heinrich Zschokke's : „Volksbildung ist Volksbefreiung“.

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Zur Todesstrafe. Wo über den Mord in Glattfelden geredet wird, kann man sicher sein, in Bezug auf die Mörderiu sagen zu hören, um die wäre es doch nicht schade, einen solchen Unmenschen sollte der Staat nicht noch auf seine Kosten füttern und nach ausgestandener Haft wieder frei herumlaufen lassen, wie das bereits mit einigen Mördern geschehen. Dieses Urtheil ist gewiß mehr als begreiflich, es ist wohl das Urtheil weitaus der meisten rechtschaffenen Leute, und es soll uns gar nicht wundern, wenn unter dem peinlichen Eindruck dreier scheußlicher Mordthaten, die rasch nacheinander auf dem Boden des Kantons Zürich geschehen sind, auch dieser Kanton dem Beispiel von Uri, Appenzell J.-Rhd. und Luzern nachfolgt und die Tadesstrafe wieder gestattet. Diejenigen, welche trotzdem die Wiedereinführung der Todesstrafe für keinen Gewinn halten, weil sie weder abschreckt, noch bessert, sollen sich nur gestehen, daß sie fast überall in der Minderheit sind. Ueber diese Sache denken Leute einer und derselben politischen oder kirchlichen Richtung sehr verschieden. Unter den Gegnern der Todesstrafe finden sich auch strenggläubige Christen, dagegen sind viele Freidenker und Radikale dafür, mit den Mördern ganz kurzen Prozeß zu machen. Praktisch liegt an diesem Für oder Wider nicht außerordentlich viel, denn sehr viele, die im Prinzip die Todesstrafe gestattet haben wollen, sind es ganz zufrieden, wenn selbst nach den abscheulichsten Morden das richterliche Urtheil auf Todesstrafe auf dem Wege des Begnadigungsrechtes in lebenslängliche Haft umgewandelt wird.

A.

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