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Nachtwanderer. Er kam vom rechten Weg ab, stürzte in eine tiefe Steingrube außerhalb des Dorfes und blieb liegen bis zum Morgen. Aus der Ohnmacht erwacht, kothig und blutend, kroch er aus der Grube herauf und wankte auf einem Umweg seinem Häuschen zu. Schon gaben die Glocken das erste Zeichen zur Kirche, als er unerwartet durch die Hausthüre eintrat. Bei seinem Anblick schrie das arme Weib erschrocken auf und die fünf Kinder flohen entsetzt vor dem blutenden Mann in alle Winkel hinein. Dieser Aufschrei des braven Weibes und dieses Fliehen der Kinder vor ihm, dem Vater, verseßten seinem Herzen einen Dolchstich und das war der Anfang seiner Rettung. Er warf sich laut weinend auf sein Bett, gelobte seinem Weib, von seinen Sündenwegen umzukehren und hat es gehalten. Diese Weihnacht versteht nun Dursli, was es heißt: „Das ist ja gewißlich wahr und ein theuer werthes Wort, daß Christus Jesus in die Welt ge= kommen ist, die Sünder selig zu machen." Aber vor einem Jahre war es noch dunkle Weihnacht.

2. Dunkle und doch helle Weihnacht.

Es ist ein nettes Häuschen der Vorstadt, in welches wir eintreten. Vor einem Jahr war eine gar fröhliche Weihnacht drinn, denn der Vater lebte noch. Er war Angestellter in einem großen Geschäft für 200 Franken im Monat. Damit konnte er seine liebe Frau und die drei herzigen Kinder ordentlich durchbringen. Bei aller Einfachheit lebten sie vergnügt wie die Engel im Himmel, weil Eins am Andern die größte Freude hatte. An der Weihnacht vor einem Jahr sangen sie noch alle fünfe miteinander: Stille Nacht, heilige Nacht! Nun ist das Lied verklungen und der Vater seit Oktober an der Auszehrung gestorben. Mit ihm haben Frau und Kinder ihren Ernährer verloren; er hatte zwar als ein sorglicher Hausvater sein Leben versichert und nun bekamen seine Angehörigen monatlich eine Prämie von 40 Franken, aber das reicht ja lange nicht für 4 Personen, die Mutter arbeitete daher tief in jede Nacht hinein für verschiedene Geschäfte. Und was das liebende Herz an Heimweh nach dem Seligen ertrug, war noch viel schwerer als die ökonomische Sorge. Sie konnte sich nicht mehr freuen auf die Weihnacht, sondern erschrack davor und hätte sie am liebsten ganz still vorübergehen lassen. Aber dann raffte sie sich, der lieben Kinder wegen, doch auf und rüstete ein ganz kleines Bäumchen. Sie legte darunter einige selbstverfertigte Sachen, für den kleinsten Knaben Speerreuter aus farbigem Papier, an die Wand hing sie des Vaters Bild, mit Grün lieblich umkränzt. Die Kinder waren hoch erfreut, denn das Kinderherz vergißt gar schnell und lebt im Augenblick. Die Mutter

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lächelte auch, und wenn es sie übernehmen wollte, ging sie schnell in's Nebenzimmer, um durch ihre Thränen die Kinderfreude nicht zu versalzen. Dann hieß sie das älteste Kind das schöne Weihnachtslied lesen, worin der Vers vorkommt: „Wenn oft mein Herz in Leiden weint und keinen Trost kann finden, rufft du mir zu: ich bin dein Freund, ein Tilger deiner Sünden", und eben las das zehnjährige Mädchen den Schluß des Liedes: „So laß mich deine Wohnung sein; komm', komm', und kehre bei mir ein, mit allen deinen Freuden“, da klopfte es an die Thüre. Ein Diener des großen Fabrikherrn, bei welchem der Vater angestellt gewesen, legte ein schweres Paket auf den Tisch „für die braven Kinder der Wittwe“ und dann zog er einen Brief aus der Tasche, auf dem die Wittwe die Worte las: „Zum Andenken an einen treuen Arbeiter" und im Brief fand sie die Zusicherung einer jährlichen Pension, durch welche Mutter und Kinder vor Noth für immer geschüßt wurden. Jezt hielt die Mutter ihre Thränen nicht mehr zurück, aber es waren Thränen innigen Dankes gegen den himmlischen Vater, der noch aus dem Grabe guter Menschen Segensquellen fließen läßt. Mutter und Kinder fühlten, „alles Ding währt seine Zeit, Gottes Lieb' in Ewigkeit." In diesem Gefühl wurde ihre Anfangs dunkle Weihnacht freudenhell.

3. Helle Weihnacht und doch dunkel.

In einer Stadt am See liegt ein prächtiges Haus in einem großen Park, der von einem schweren Eisengitter umschlossen ist. Links vom hohen Eingang hat der Portier seine Wohnung. Am heiligen Abend hat dieser Portier viel Arbeit, denn die vielen eingeladenen Gäste, Verwandte und Freunde des Hauses, kommen angefahren, Wagen um Wagen. Im ersten Stock ist die Bescheerung bereitet: in drei ineinander laufenden Säälen je ein. prächtiger Christbaum, umgeben von einem Berg der mannigfaltigsten Geschenke. Wie das ein Glanz ist von den hundert Lichtern! Wie sinnig durch die drei Transparente über den hohen Thüren der Spruch leuchtet: Ehre sei Gott in der Höhe, Friede auf Erden und an den Menschen. ein Wohlgefallen! Die Worte des Erstaunens, der Freude und des Dankes zwischen den Herren und Damen, Wohlgerüche des Morgen- und AbendLandes, die Herrlichkeiten der ersten Weltstädte erfüllen den strahlenden Naum! Und doch hat es den Anschein, als sei etwas gar nicht in Ordnung. Das Lächeln der Hausfrau sieht nicht aus, als ob es aus einem fröhlichen Herzen komme, sondern wie eine Gefälligkeit gegenüber den Gästen. Auch ihrem Herrn Gemahl muß etwas quer gekommen sein, denn so theilnahmlos ist Niemand, wie er. Und vollends ihr einziges Töchterlein,

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Vater

was auf aller Welt ist denn ihm nicht recht? Offenbar sucht es etwas, ohne zu finden, mit einem Ausdruck, als wollte es sagen: man thut mir doch nie, was ich will! wendet es sich ab, Mama geht mit ihm hinaus, Papa hinter ihnen drein, es set draußen Thränen, Vorwürfe, Disput, das Mädchen wird den Abend nicht wieder gesehen, und Mutter sind mit den Gedanken wenigstens abwesend, die Gäste thun, als merkten sie's nicht. Aber so reichlich besetzt die Tafel ist und so farbenprächtig das Anseh'n des Festes, durch das Ganze klingt der Ton eines zerbrochenen Glases. So wundervoll der Engelsgruß auf die Gesellschaft niederleuchtet, in den Herzen liegt etwas von tiefer Nacht und peinlichem Unfrieden. In diesem Hause leben offenbar verwöhnte Menschen, sie gerathen über jede Kleinigkeit außer Fassung und mögen einander wenig vertragen. Hier ist die helle Weihnacht nur wie Lichtstrahl auf ein dunkles Grab.

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Die Schwestern vom rothen Kreuz.

III.

Als Gehülfin des Seelsorgers.

A.

Die Schwester in der Gemeindepflege ist aber auch die treue und unentbehrliche Gehülfin des Seelsorgers. „Also auch des Seelsorgers? Dachte ich doch, daß die Schwestern vom Rothen Kreuz sich um die Seelen der Kranken nicht bekümmern, gar nicht sich bekümmern dürfen, daß sie sich bloß mit dem Leiblichen befassen, so wenigstens ist mir's immer gesagt worden." Und wenn das nun, troßdem man es dir „immer“ gesagt hat, falsch wäre? Zunächst eine persönliche Bemerkung! Die Gemeinde, an der ich stehe, wird zu den wohlhabenden Gemeinden gerechnet und zählt unter etwa 4000 Seelen verhältnißmäßig wenig Arme, und doch hat unsere Schwester vollauf zu thun und ich wüßte gar nicht, wie wir Prediger es ohne dieselbe machen sollten. Aufrichtig bin ich Herrn Pastor Funcke dankbar dafür, daß er mich zur Einführung dieser, in unseren hiesigen liberalen Gemeinden bisher noch nicht vorhandenen Institution aufgemuntert hat. Die Schwester ist die natürliche Vermittlerin zwischen dem Pfarrhaus und den Häusern seiner Gemeindeglieder, nicht nur der Wohlthaten empfangenden, sondern auch der spendenden. Außer den Kindern, die den Unterricht des Predigers besuchen und von ihm konfirmirt werden sollen, sind ja Arme und Kranke der nächste Gegenstand seiner seelsorgerischen Thätigkeit; der Pfarrer ist Kranken- und Armenpfleger, freilich nicht allein, aber doch mit Kraft seines Amtes, und es wäre schlimm mit diesem seinem Amt bestellt, wenn er an dieser Sorge für die Mühseligen und Beladenen" keinen Antheil nähme. Also schon, insofern er das thut, ist die Schwester auch seine Gehülfin.

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Im Uebrigen ist es allerdings wahr, daß unsere Schwestern für eine besondere, seelsorgerliche Thätigkeit in unserer Anstalt nicht instruirt werden. Wir überlassen das dem Takt, dem Gefühl und Glaubensstand der Schwester, in welch' leßteren wir uns keine Eingriffe erlauben. Wir überlassen es ferner den betreffenden Gemeindepflegern, beziehungsweise Predigern, unter denen sie thätig sind, ihnen in dieser Beziehung besondere Anweisung zu geben. Was wir unsern Schwestern hierüber zu sagen haben und worauf wir sie verpflichten, das fasse ich in folgende drei Grundsäße zusammen.

Erstens jede richtige Krankenpflege ist zugleich direkt oder indirekt auch eine Seelenpflege, eine Art von Seelsorge. Mit andern Worten: jede richtige Art von Pflege wird auch auf das Gemüth, die Seele des Kranken und seiner Umgebung einen beruhigenden, stärkenden, erheiternden Einfluß ausüben. Wir behandeln ja selbstverständlich die Menschen nicht wie ein Stück Vieh, sondern als ein beseeltes, mit Gemüthsbedürfnissen, Seelenkräften, Willensregungen ausgestattetes Wesen; ohne direkten Appell an diese seelische Natur des Menschen, ohne Zuspruch, Ermunterung, Tadel kann weder der Arzt, noch die Schwester, und diese noch weniger als jener ihr Amt verwalten. Eine Schwester, die nicht in dem angedeuteten Sinne auch für die Seele des Kranken sorgt, ist weder eine Schwester, noch eine Krankenpflegerin.

In manchen Fällen wird die Schwester den Eindruck haben, daß ihr Wort und Zuspruch nicht ausreicht, um bei dem Kranken die beruhigende und bessernde, sein Seelenleben läuternde und kräftigende Wirkung zu erzielen, welche wünschenswerth ist, sei's zur Genesung, sei's zum Sterben ihres Pflegebefohlenen. In diesem Falle wird sie gern zum Seelsorger ihre Zuflucht nehmen. Für diesen Fall gilt der zweite Grundsatz, den wir unsern Schwestern einschärfen, obgleich derselbe beinahe selbstverständlich sein sollte:

Wenn der Kranke des Seelsorgers bedarf und nach ihm verlangt, so hast du nicht deinen Seelsorger zu veranlassen, ihn zu besuchen, sondern den seinigen; der Kranke hat sich nicht nach deinem Standpunkt, nach deinen Sympathien und Antipathien zu richten, sondern dự nach den seinigen.

Heute Morgen", so schrieb eine Schwester in ihr Tagebuch, "ging ich traurig an meine Arbeit. Eindrücke von Unfriede und Streit waren vom gestrigen Tage in meiner Seele geblieben; es arbeitet sich immer schlecht ohne Freude im Herzen. Mein lieber Vers: „Was hier kranket, seufzt und fleht, wird dort frisch und herrlich gehen", wie oft richte ich mich an dir auf, wenn ich hier nur Armuth und Gebrechen sehe, Gebrechen an Körper und Seele! Heute hatte ich eine schöne Freude.

Vor einigen Tagen besuchte ich zum ersten Mal den Arbeiter K., ich fand ihn schwer frank und in traurigster Lage. Ein schmutziges, feuchtes Zimmer, schlecht gemachtes Bett; er selbst mit einer alten, grob wollenen, Joppe bekleidet, mit Schweiß bedeckt, in schwerer Athemnoth, Druckwunden am Kreuz, die ihn schmerzten. Seine schmutzige Frau sah ziemlich gutmüthig aus, klagte aber laut über die Last, die der Kranke ihr mache. Am schmuzigen Tisch saß ein Beamter, der ein Protokoll über einen „nuglosen Pfändungsbefehl aufnahm. Hier war für mich keine Arbeit, denn die

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gesunde Frau war da, die den Mann betten, das Zimmer reinigen konnte. Ich machte sie darauf aufmerksam, daß sie beides thun und für frische Luft sorgen müsse. Ich besorgte dem Kranken ein reines Betttuch, weiße reine Hemden, vor denen die abscheuliche, wollene Joppe verschwinden mußte, Pflaster für die Wunden, ein Luftkissen, Milch, Fruchtsaft und Fleischbrühe. Bei einem nächsten Besuch lag der Kranke viel behaglicher da und ich würde freundlich von ihm als liebe Schwester" begrüßt. Als ich sah, daß er Vertrauen zu mir gefaßt, fragte ich ihn, wie er über die Art seines Leidens denke und ob er auf Besserung hoffe? Er sagte, daß er wenig. Hoffnung habe. „Womit trösten Sie sich denn im Leiden und Sterben ? fragte ich ihn. Ich höre gern Gottes Wort“, - antwortete er, - „aber leider bin ich selten zur Kirche gegangen; ich hatte keinen schwarzen Rock anzuziehen, nun mag meine Frau den Pastoren gar nicht bitten, zu kommen, ich bin katholisch.“

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Nach Hause gekommen, schrieb ich an den betreffenden Prediger, daß ein Glied seiner Gemeinde zum Tode krank darniederliege und nach den Tröstungen seiner Religion sich sehne. . .

,,Und nun kommt meine Freude: als ich heute Morgen die Kellerwohnung meines armen Kranken betrat, war dieselbe festlich schön. Auf dem weiß bedeckten Tisch stand das Kruzifir zwischen zwei Lichtern, der Geistliche stand am Bett und grüßte mich mit den Worten: „Ich danke Ihnen, daß Sie mir geschrieben"; die Augen des Leidenden aber strahlten vor Freude...

„Hier hatte ich wenig oder nichts gethan und doch große, innere Befriedigung geerntet. Gott helfe mir, daß ich lerne, meinen leidenden Mitmenschen treu und eifrig zu dienen!

"Zwei Tage später sah ich meinen Kranken zum leßten Mal — im Sarge!"

Hat die Schwester in diesem Falle korrekt gehandelt? Ich denke: ja; ich glaube, sie würde ihrem Vorgehen analog gehandelt haben, wenn der Sterbende ein Israelit, ein Lutheraner oder ein Freidenker gewesen wäre. In jedem Falle wird sie aber auch den Grundsay beherzigen, welcher die Ergänzung des vorhergehenden ist:

Rufe keinen Geistlichen herbei ohne oder gegen den Wunsch des Kranken oder seiner Angehörigen. Du würdest ihn dadurch nur aufregen, und deine Pflicht ist es, jede Aufregung und Beängstigung des Kranken zu vermeiden. Aerzte denken in dieser Beziehung in der Regel anders, als Pastoren. Die Schwester, als Mittlerin zwischen beiden, wird bei einigem Takt leicht das Richtige treffen, und der Geistliche ebenso, wenn er kein unverständiger Eiferer ist.

Unser Glaube.

Es will nie Alles klappen auf dieser Welt. Jung hat man gute Zähne, aber nichts zu beißen; älter geworden hätte man wohl zu beißen, aber nun fehlen die Zähne. Während die Leidenschaft zu Thaten drängt, fehlt uns das Recht dazu; später haben wir das Recht, aber dann ist die

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