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unzufrieden, gründete Anandatîrtha oder Mâdhva sein dualistisches System, in welchem ein scharfer Unterschied durchgeführt wird zwischen: 1. Gott und den Seelen, 2. Gott und den Dingen, 3. Seele und Ding, 4. verschiedenen Seelen, 5. verschiedenen Dingen. Hier ist, wie man sieht, der letzte Schimmer von Vedântadenken erloschen; die neue Denkweise hat indessen nicht zu einer neuen Religiosität geführt, und der Charakter der Bhagavatareligion bleibt noch in der Mâdhvasekte bestehen.

Eine völlige Umgestaltung der Religiosität ist dagegen bei der Vallabhas ekte unverkennbar; mit dem spiritualistischen Weltbegriff ist hier auch die geistige Weltanschauung aufgegeben, und die Ideen von Gott und Mensch, von Leben und Seligkeit, die in der Vishnureligion ausgebildet waren, werden in dem Krishnakulte der Vallabhas auf plumpe Weise versinnlicht. Der Himmel heisst hier Goloka, die Kuhwelt, von Krishna und den Gopis bevölkert, mit denen die Seligen die Jugendabenteuer des Gottes in Ewigkeit fortsetzen.

Die philosophischen Systeme der Çaivas lehnen sich an die Sânkhyaphilosophie wie die der Vaishnavas an das Vedânta an, entfernen sich aber noch weiter von der ursprünglichen Schule, indem sie einen entschieden theistischen oder vielmehr deistischen Charakter annehmen. Die Welt besteht aus drei Entitäten: Gott, Seelen und Stoffen; diese sind ihrem Wesen nach und ewiglich voneinander unterschieden. Wohl hat Gott die Welt geschaffen, aber nur als wirkende Ursache (causa efficiens), nicht, wie die Vedântas lehren, als materielle Ursache, da er von aller Materie wesensverschieden ist. Er schafft die Welt, wie der Töpfer den Topf, d. h. ohne den Stoff hervorgebracht zu haben, oder wie der Spiegel das Bild, d. h. von dem Prozesse ebensowenig innerlich affiziert. Dieser Gott ist Çiva, der auch als Vorsehung über die Welt herrscht.

Während also die Natur als Wirkung und Gott als Ursache betrachtet werden muss, hat die Natur (prakṛti) anderseits ihr materielles Prinzip in sich selbst, da sie mit plastischer Kraft (pradhâna) versehen ist; sie kann sich also gewissermassen unabhängig konstituieren, wird aber doch von Çiva durch seine Çakti (als instrumentale Ursache) regiert, bzw. erhalten und zerstört. Innerhalb des Weltlaufs sind nun die Seelen, von denen mannigfaltige Arten existieren, in der Materie eingeschlossen und dadurch von Gott entfernt. Die Aufgabe ist, die Seele aus den Banden der Materie zu befreien und sie zu Gott zurückzuführen, wie das Vieh (paçu) aus den Ketten, damit es zu seinem Besitzer (pati) zurückkehre. Nach Civa als Viehherrn (paçu-pati) hat das wichtigste Çaivasystem seinen Namen. Diese

Chantepie de la Saussaye, Religionsgeschichte. 3. Aufl. II.

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Erlösung geschieht, je nach den verschiedenen Systemen, kraft einer göttlichen Prädestination oder durch freie Initiative des Menschen. Der Weg zur Erlösung ist teils Meditation (yoga), teils Befolgung der rituellen Vorschriften (viddhi). Das Ziel der Erlösung kann nach den Voraussetzungen der Lehre nie das Aufgehen in die Gottheit sein; der Erlöste wird nicht Çiva selbst, sondern nur Çiva gleich.

§ 25. Das religiöse Leben.

Das Verhältnis zu den Göttern ist im Hinduismus so verschiedenartig wie die Vorstellungen über die Götter; die verschiedenen Arten der Frömmigkeit entsprechen genau den drei Stufen des Gottesbewusstseins, die in dieser Religion bestehen: dem Pantheismus, dem Theismus und dem Fetischismus. Als höchster Heilsweg erscheint noch immer die Meditation, die aber in der praktischen Ausübung sofort mit Askese versetzt wird; wo die Vedântaansichten vorherrschen, wird das erzielte Einswerden mit dem Höchsten immer noch durch tapas erreicht. Wie diese Leidenschaft der Inder auch auf den tieferen Stufen der Gottesverehrung ihre Herrschaft ausübt, werden wir später sehen.

Die wichtigste Form des Verhältnisses zu Gott und das Neue, das der Hinduismus in dieser Beziehung bringt, ist indessen die schon erwäknte praktische Frömmigkeit (bhakti), die für diejenigen besteht, welche sich nicht selbst (durch Meditation und Askese) zur Seligkeit verhelfen können. Viele Erklärungen geben die Inder, alle jedoch laufen darauf aus, dass bhakti eine Liebe zu Gott oder Hingabe an Gott sei. „Bhakti ist die höchste, auf Gott gerichtete Liebe." „Bhakti ist ein Gemütszustand, worin man sich von allem andern abwendet, und dessen einziger Zweck das ist, was dem unendlich Wonnevollen (Gott) lieb ist." Nun heisst es einerseits zwar, dass bhakti „eine Liebe sei, die auf der Erkenntnis des höchsten Gottes beruht“, oder „in dem unablässigen Betrachten von Gott allein besteht", anderseits aber wird sie schon durch die blosse Hingabe erreicht, und die Wörter, durch die bhakti erklärt wird, haben überwiegend den Charakter der Unmittelbarkeit: anurakti (Verliebtheit), sneha (die sinnliche Liebe) u. ä. Dieses halb erotische, halb von Erkenntnis getragene Gefühl ist mystischer Art und kulminiert gewöhnlich in ekstatischer Entzückung. Von der gewöhnlichen indischen Frömmigkeit unterscheidet sich die bhakti zunächst dadurch, dass sie einem Theismus entspricht, dass der Fromme sich einem persönlichen Gotte gegenüberstehend fühlt. Bald wird seine Hingabe an Gott mit dem Gehorsam des Dieners, bald aber sogar mit dem Vertrauen des Kindes verglichen, und in dieser edleren

Form erreicht die hinduistische Frömmigkeit einen im Heidentum sehr selten vertretenen Höhepunkt. Die bhakti ist ferner ein individueller Zustand: die Frömmigkeit ist persönlich wie die Gottheit, an die sie sich richtet. Dementsprechend ist sie ein erworbener Zustand, mitunter ein plötzlicher Durchbruch, der inmitten sorgloser Weltlichkeit oder trübem Weltschmerz als Bekehrung erscheint und die Seele zu wonnevoller Entzückung hinreisst. Diese plötzlich eintretende Glückseligkeit wird immer als göttliche Gnade empfunden: der Mensch vermag sich nicht selbst zu retten; er ist bei seiner Erlösung passiv; der Gott hat die Initiative ergriffen. Er ist es, namentlich Vishnu als Râma und Krishna, der dem Menschen entgegentritt, helfend, segnend, rettend. Wie der Mensch nun dieser Gnade Gottes teilhaftig werde, ist eine Streitfrage der Schulen. Vor allem haben sich die Anhänger Râmânujas über diesen Punkt entzweit, indem die einen meinten, der Mensch ergreife die Gnade selber, wie das kleine Aeffchen sich an die Mutter fest anklammere, während die andern den Menschen für ganz passiv hielten und das Verhältnis unter dem Bilde der Mutterkatze gegenüber ihren unbeholfenen Jungen darstellten. So unmittelbar dieses Gottesverhältnis auch zu sein scheint, ist es doch im Praktischen vielfach vermittelt.

Die Priester spielen eine grosse Rolle, nicht wie in den Veden als Opferer, sondern als Lehrer (guru), als Leiter des religiösen Lebens. Der Guru ist vermöge seiner Persönlichkeit der Mittler zwischen Mensch und Gott, ja noch mehr, er ist der lebendige Vertreter der Gottheit, welche sich in ihm inkarniert hat und in ihm verehrt werden will. Er hilft dem, der sich ihm anvertraut, zur Seligkeit, indem er all die religiösen Pflichten erfüllt, die für diesen sonst notwendig wären, „gleichwie die Mutter eine Arznei nimmt, um ihren Säugling zu heilen". Obgleich nun diese Wirksamkeit des Guru der Theorie nach eigentlich nur für die Unmündigen, die nicht zu jñâna, karma oder bhakti taugen, bestimmt ist, hat seine Macht sich weit über diese Grenze ausgedehnt, und der Guru ist vielmehr unter den besitzenden Klassen wie für den Haufen des Volkes der unentbehrliche Leiter und Ratgeber. Für die Niedriggestellten, denen Geld und Bildung fehlen, um an dem wirklich religiösen Leben teilzunehmen, genügt die rein äusserliche Verehrung eines Gottes oder Guru oder das blosse Sichanschmiegen an den Kult. Auch hier bemerken wir also, und zwar in ganz bedenklichem Grade, die Elastizität des Hinduismus. Das Leben der Gurus ist in den verschiedenen Sekten sehr verschieden. Nicht immer ist das Priestertum an die Priesterkaste gebunden; doch finden sich Sekten, die nur brahmanisch usw. sind.

Der Kultus der bedeutenderen Sekten unterscheidet sich zunächst dadurch von dem vedischen, dass er sich um die Tempel konzentriert. Solcher gibt es in Indien eine grosse Menge (auch die Jainisten und Buddhisten haben ihre eigenen); es sind oft mächtig ausgedehnte Gebäude mit vielen Höfen, Sälen und Kapellen, und zwar mit grosser Kunst und Pracht ausgeführt. Für den hinduistischen Tempeldienst ist es ferner charakteristisch, dass sein Schwerpunkt nicht in dem Opfer, sondern in der vielfältigen Verehrung von Götterbildern und Idolen besteht, in der allerdings das Opfer seinen festen Platz behauptet. Jede Gottheit hat nicht nur ihr Bild in dem ihr geweihten Tempel oder in ihrer kleinen Pagode, sondern gewöhnlich auch viele Abzeichen und Symbole, unter denen sie verehrt wird. So ist ein Ammonitstein, Câlagrâma, und die Tulasîpflanze mit dem Vishnukult verbunden und vor allem der Phallus (linga) mit dem Çivakultus, ja eigentlich ist dieser die äussere Form, unter der Çiva verehrt wird. Obgleich nun dieser Lingakult auch das entsprechende weibliche Symbol (yoni) einbegreift, werden an und für sich keine obscönen Vorstellungen mit diesen Abzeichen verbunden, wie sie auch die Formen eines Kegels und eines Prismas angenommen haben. Der Lingakult hat keinen entsprechenden Vorgang in der vedischen Zeit und wird allgemein für aborigin gehalten; er ist in Indien ungemein verbreitet, wo man überall, besonders an heiligen Stellen, die Lingasteine sieht.

Während der reine Fetischismus also im Tempeldienst festen Fuss gefasst hat, hat dieser auch seine höheren Elemente: vor allem den Gesang, der zu einer reichhaltigen Hymnenliteratur geführt hat. Die hinduistischen stotras, Loblieder, die es in zahlloser Menge gibt, geben der schönsten Seite dieser Religion Ausdruck, und sie stehen an religiösem Wert unvergleichbar höher als die so vielgepriesenen Vedahymnen. Aus den Proben, die WILSON (I 270 ff.) gegeben hat, können uns zwei als Beispiele dienen. „Du bist der Herr, du seist gelobt; alles Leben ist bei dir. Du bist meine Eltern, ich bin dein Kind; alles Glück kommt von deiner Milde. Niemand weiss dein Ende. Höchster Herr unter den Höchsten, alles, was besteht, regierst du, und alles, was von dir stammt, gehorchet deinem Willen. Was dich rührt, was dich freut, das kennst du allein, Nânak, dein Sklave, opfert sich dir mit freiem Herzen." Ein anderes: „Lieb' ihn und vertrau' dein ganzes Herz ihm an! Die Welt ist nur durch Glück und Gut an dich gebunden. Keiner erhört den andern. Solange der Reichtum dauert, werden viele kommen und bei dir sitzen - geht es dir zuwider, dann werden sie fliehen und keiner bleibt bei dir. Die Hausfrau, die dich liebt und immer an deinem Busen ist wenn die Seele dich verlässt, wird sie

mit Schrecken von dem Toten fliehen. So ist der Welt Lauf mit allem, dem wir zugetan sind. Drum, o Nânak! in deiner letzten Stunde verlasse dich allein auf Hari.“ Der Gegensatz zwischen dem Weg der Welt und dem Weg des Heils ist immer wieder das Thema in den Stotras und den frommen Betrachtungen.

Ein Gebet von Tulasī Dāsa entfaltet dieselbe Frömmigkeit noch schöner: „Herr, schau zu mir herab, nichts vermag ich von selbst. Wo kann ich hin? Wem kann ich meine Sorgen anvertrauen? Manchmal wandte ich mich von dir und griff nach den Dingen dieser Welt; du aber bist der Born des Erbarmens, wende dein Antlitz nicht von mir! Als ich nach der Welt blickte, fehlten mir die Augen des Glaubens, um dich sehen zu können, wo du weilst; du aber bist der alles Schauende. Ich bin nur eine Opferspende, vor deine Füsse hingeworfen: welche Bitte kann das Spiegelbild zu dem Lebendigen erheben, der du vor dem Spiegel stehst? Schaue zunächst dich selbst an und entsinne dich deiner Barmherzigkeit und deiner Macht; dann wirf deine Augen auf mich und gebiete über deinen Sklaven, deinen Leibeigenen! Denn der Name des Herrn ist eine sichere Zuflucht, wer ihn ergreifet, ist errettet. Herr, deine Wege erquicken mein Herz. Dein allein ist Tulasi. O Gott des Erbarmens, tue mit ihm nach deinem Ermessen!"

Der Charakter des Tempeldienstes liegt in der bunten Mannigfaltigkeit der Zeremonien, nach denen sich die heiligen Handlungen vollziehen. Diese haben oft, besonders in dem çivaischen Kult, einen ganz primitiven Charakter; wird doch selbst in einem klassischen Lehrstücke der Çivatheologie erwähnt, dass die Riten ausser in Bädern, Opfern, Rezitation und feierlichen Prozessionen auch in Lachen, Singen und Tanzen bestehen, ja in Schnarchen, Zittern und Taumeln, in verliebten und wahnsinnigen Geberden, im Hervorstammeln von unsinniger Rede, also in allen möglichen Aeusserungen einer krankhaften Ekstase. Eine Szene aus dem Tempelkult hat BURGESS in seinem Bericht über den Tempel auf der Insel Râmîsvaram abgedruckt, wo der Kult des Gottes Ammon seine Hauptrolle spielt (Indian Antiquary 1883). Des Morgens früh beim ersten Tagesgrauen wird vor Hanumans Pagode getrommelt und geblasen; Musikanten, Tänzerinnen und Bediente, die sich alle schon gebadet haben, kommen unter Spiel und Lärm und öffnen die Tür des Tempels, zünden die Lampen an, bereiten das Essen für die Tempeldiener usw. Nun begibt sich der Priester mit grossem Gefolge zur Hauptkapelle, wo der Gott im Bette liegt, zündet ihm das Kampherlicht an und bietet ihm Früchte und Betelnüsse dar, indem er ihn mit höflicher Gebärde aus dem Schlafe weckt. Darauf wird das goldne Bild in einen Palankin gesetzt und feierlich in den Tempelsaal

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