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getragen Musik und tanzende Mädchen, Fackellicht und Silberschirme fehlen dabei nicht. Jetzt fangen die Tempeldiener an, Boden und Geschirre durch viele Wasserbegiessungen zu reinigen, eine Kokosnuss und Mangoblätter werden gereinigt, worauf das Linga begrüsst, sorgfältig gewaschen und mit Sandelpasta gesalbt wird. Endlich wird die Mahlzeit, aus Reis, Brot und Curry bestehend, bereitet und dem Gott nach demütiger Begrüssung vorgesetzt, während Lampen und Lichter angezündet und hin und her geschwungen werden. So geht es den ganzen Tag lang; immer neue Prozessionen mit Elefanten und Bajaderen in den Gängen des Tempels, immer wieder die Begrüssungen der Götter und Verehrungen der Lingas, Opfer von Blumen und Früchten und Reis, Singen der Hymnen, Umhertragen der Götterbilder usw., bis der Ammon endlich sein Abendbrot bekommt und mit Lichtern, Musik und Tanz zu Bett getragen wird. Erst gegen Mitternacht sind alle Begehungen zu Ende gebracht, und der Tempel wird geschlossen.

Der Kult der Hindu ist jedoch nirgends an die Tempel gebunden, so wenig wie er sich auf die Verehrung der grossen Götter beschränkt. Auf dem Lande, wo man an dem Tempelkult der Städte nicht teilnehmen kann, begnügt man sich mit jedem denkbaren Kultobjekt und hat seine heiligen Stätten überall. „Kein Dorf ist so klein, kein Ort so vereinsamt, als dass sich daselbst nicht heilige Symbole befänden. Auf dem Gipfel der Hügel, in Hainen, ja fast unter jedem Fels oder ehrwürdigen Baum wird man kleine Kapellen oder rohe Idole oder bloss einfache Stein- oder Holzhaufen sehen können, die durch rote Farbstriche als Wohnsitz irgend einer Gottheit gekennzeichnet sind."

Der Feigenbaum, die Tulasîpflanze und mehrere andere Gewächse werden als heilig betrachtet, Schlangenkultus findet sich besonders bei den Çaivas häufig; die Affen, die Râmas treue Gehilfen im Kriege waren, sind in vielen Gegenden äusserst heilige Tiere, die zu töten oder zu vertreiben man sich zum Nachteil für Landmann und Gärtner sorglich hütet. Die Kuh ist noch, wie im Veda oder Avesta, heilig, und kleine Bilder von der segenbringenden Gabenkuh sind überall zu kaufen.

Einen besonderen Platz nimmt der Kult des Wassers ein. Heilige Seen und Ströme sind überall zu finden, und eigentlich gilt jedes Flussufer als heiliger Grund. Vor allem ist bekanntlich der Ganges ein Heiligtum, „keine Sünde ist so hässlich, keine Seele so schwarz: das Wasser des Ganges gibt die Reinheit wieder." Noch im vorigen Jahrhundert war es Sitte, alljährlich der Gottheit ein erstgeborenes Kind zu opfern, und die Pilgerfahrten, die in Indien überhaupt eine grosse Rolle spielen, richten sich besonders nach diesem Flusse. Die Wande

rung von den Quellen des Ganges den Strom entlang bis an die Mündung und dann wieder längs des andern Ufers zurück, eine Reise, die sechs Jahre dauert, ist eine der heiligsten Handlungen, die sich ein Hindu denken kann. An diesem Flusse liegt auch Benares, die heutige Brahmanenstadt, das Jerusalem Indiens. Dorthin zu gelangen, ist die grosse Sehnsucht jedes frommen Inders, und in zahllosen Scharen kommen die Pilger hierher, um sich in den heiligen Wellen zu baden und unter den Tausenden von Tempeln und Pagoden umherzuwandeln. Doch gibt es in Indien auch andere Städte, die den Ruf grosser Heiligkeit geniessen, wie Allahabâd und Gâyâ.

Feste werden in Indien in grosser Anzahl gefeiert; die meisten sind durch astronomische Begebenheiten veranlasst, so beginnt, wenn sich im Frühling der erste Vollmond nähert, das Holîfest usw. Doch sind die Feste auch nach den Göttern eingerichtet; der Geburtstag Krishnas ist wohl der höchste Feiertag der Hindu, aber auch die Ganeças, Râmacandras und Civas werden heilig gehalten. Die meisten dieser Feste tragen einen fröhlichen, volkstümlichen Charakter; das Vieh wird mit Blumen bekränzt und in den Strassen herumgeführt, und dabei wird ein mythologischer Vorgang, wie z. B. der Raub der Sitâ, dramatisch dargestellt. Mit verschwenderischer Pracht wird das Lampenfest zu Ehren Lakshmîs gefeiert, doch ist das Mondfest Holî die fröhlichste Zeit, der Karneval der Inder; die Knaben tanzen in den Strassen umher, und man bewirft sich gegenseitig mit gelbem und rotem Pulver, Feuer werden angezündet und Spiel und Scherz zum fröhlichen Andenken an Krishnas Jugend überall getrieben. Dass die Feste auch ihre ernste Seite haben können, ist selbstverständlich. Besonders das Çivafest im Februar wird unter strengem Fasten und Vigilien heilig gehalten. Charakteristischer für die Inder ist jedoch in dieser Beziehung das bengalische Asketenfest Charatch Puja mit seinen sinnlosen Selbstpeinigungen.

In den meisten Sekten wird zwischen Klerus und Laien scharf unterschieden; die letzteren werden gewöhnlich durch die Religion vom bürgerlichen Leben entfernt. Die Lebensweise der Râmânujas kann uns als Beispiel dienen. Sie wohnen dem Tempelkult bei, schmücken auch ihre Häuser mit Bildern und Zeichen Vishnus und verehren dieselben. Im übrigen zeichnen sie sich nicht durch besondere Eigentümlichkeiten aus; sie tragen wie die Mitglieder aller andern. Sekten die heiligen Striche auf der Stirn in diesem Fall zwei senkrechte weisse, verbunden durch einen roten über den Augenbrauen; mitunter sind die Waffen Vishnus ihnen auf den Arm tättowiert. Sie haben ihre eigentümliche Begrüssung; daso 's mi,„,ich bin dein Sklave“,

und dazu die wunderliche Sitte, dass, wenn sie essen, sie nicht in Baumwolle gekleidet sein dürfen, sondern nur in Wolle oder Seide, und dass kein Fremder bei ihrer Mahlzeit oder auch nur bei der Zubereitung des Essens zugegen sein darf.

Die moralischen Pflichten der Laien sind in den höheren Sekten gewöhnlich dieselben aus der brahmanischen Laienmoral stammenden, die wir auch in der jainistischen und buddhistischen Gemeinde antreffen; so bei den vishnuistischen Charan Dâsis, die auf das Moralische viel Gewicht legen und von der genauen Belohnung und Bestrafung jeder Handlung überzeugt sind: nicht lügen, nicht lästern, nicht schmähen, nicht hart anlassen, nicht unnütz reden, nicht stehlen, nicht ehebrechen, nicht vergewaltigen, nichts Böses denken, nicht Einbildung und Stolz hegen. Kürzer drückt sich der moralische Kodex der Kabîr Panthîs aus: Das Leben ist Gottes Gabe und darf nicht Krankheit werden bei irgend einem, darum ist Menschenliebe die höchste Tugend und Vergiessen von Blut die grösste Sünde. Wahrheit ist die andere grosse Regel, denn alles Ueble in der Welt, auch Mangel an Gotteserkenntnis stammt von Wahn und Falschheit. Die Welt mit ihrer Begier und ihren Leidenschaften zu fliehen ist immer wünschenswert, wenn einer die Reinheit seiner Seele bewahren und Gott gewinnen will; die Verehrung der Gurus in Gedanken, Wort und Tat und die Ueberzeugung von ihrer absoluten Weisheit ist die letzte grosse Pflicht des Frommen.

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Die Entsagung, die diese Sekte empfiehlt, wird von andern in vollem Masse geübt, selbst unter den Vaishnavas finden sich nicht wenige Sekten, die mit dem bürgerlichen Leben abgeschlossen haben und deren Anhänger allesamt im asketischen Leben aufgehen. So streifen die Vairagis „die Leidenschaftslosen" als weltflüchtige Asketen umher, und auch die Sannyâsins, die von den Râmânujas ausgegangen sind, leben als eifrige Asketen. Die letzteren haben noch den brahmanischen Charakter der ersten hinduistischen Orden bewahrt und müssen die ersten Stufen des Brahmanenweges erklommen haben, bevor sie den Bettlergang beginnen.

Noch weiter gehen die Nâgas, die die Kleider abgeworfen haben und ein wildes Asketenleben führen. Sie werden mit gutem Grund von der Bevölkerung gefürchtet, denn sie sind bewaffnet und ihre Bettelei nimmt häufig einen räuberischen Charakter an.

Sannyasins und Nâgas finden sich sowohl unter den Vaishnavas wie unter den Çaivas. Das Sektenleben der letzteren ist jedoch gewöhnlich viel wilder und niedriger. Schon die Dândins, die für höher stehende Çaivas gehalten werden müssen, sind doch immer heimat

lose Asketen, die mit ihrem Stab, von dem sie den Namen haben, und Almosentopf ausgerüstet, den ganzen Kopf rasiert, umherwandern. Besonders unter den Çaivas findet man die professionellen Yogins, deren Leben den unsinnigsten Bussübungen gewidmet ist, weil sie meinen, dadurch die Materie ganz überwinden zu können. Dazu üben sie allerlei geheime Künste und betreiben auf ihrem umherwandernden Bettlerleben Wahrsagen und Zauberheilungen, Tanzen und Singen und geben Vorstellungen mit dressierten Ziegen oder Affen, ähnlich wie etwa bei uns die Zigeuner.

Die niedrigste Seite des religiösen Lebens ist die geheime Praxis der Çâktas, der Verehrer von Çivas Gemahlin. Als weibliches Prinzip, als Personifikation der Natur (prakṛti), als die mystische Kraft, durch die Çiva alles regiert, hat Devî oder Çakti schon den Puranas zu vielen weitschweifigen Spekulationen Anlass gegeben; was aber die Puranas in dieser Beziehung nicht geleistet haben, das haben die zahlreichen Tantras um so reichlicher besorgt. Die mystische Kraft der Çakti wird in diesen Aeusserungen des populären Bewusstseins zu einem rätselhaften, grauenvollen, sinnlichen Wesen gemacht, in dem man gleichzeitig die erzeugende und die zerstörende Macht des Daseins verehrt hat. Der Kult der Çâktas teilt sich in einen offiziellen, der sich von dem Çivakult nicht wesentlich unterscheidet, und in einen geheimen, einen Kult an der linken Hand", wo im verborgenen die Ausschweifungen und Gräuel der primitiven Kulte noch in unsern Tagen fortleben. In Gestalt einer nackten Frau wird bei nächtlicher Feier das weibliche Prinzip verehrt, und Wein und Fleisch wird ihr angeboten und zum Genuss unter die Teilnehmer verteilt; die Verse, die dabei rezitiert werden, sind oft von einem schamlosen Charakter, und das ganze Fest soll in wilder Sinnlichkeit enden. Diese Zeremonien werden mit strengster Verschwiegenheit geheim gehalten, was WILSON für keine überflüssige Massregel hält, denn mancher achtbare Vaishnava oder Çaiva würde um sein Renommé gebracht werden, wenn diese okkulte Seite seiner Religiosität unter die Leute käme. Die trübste Seite des Devîkults ist die, dass diese Verehrung der zerstörenden Potenz der Kâlî ganz zweifellos mit Menschenopfern verbunden war und sagt CROOKE (a. a. O. S. 296) die Vermutung ist begründet, dass diese Sitte noch heutigen Tages in verborgenen Kultstätten der Kâlî blüht; in Nâgpur sollen jedenfalls Kapellen sein, wo man noch in der letzten Generation Menschenopfer gebracht hat. Die Bemühungen der englischen Regierung, diese und andere Exzesse beim Kâlîkultus zu beseitigen, scheinen noch zu keinem endgültigen Resultat geführt zu haben.

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§ 26. Religionsbildungen unter dem Einfluss des Islam. Literatur. Die heilige Schrift der Sikh ist ins Englische übersetzt mit „introductory essays“ von E. TRUMPP, The Adi Granth or the holy scriptures of the Sikhs (1877). Die beste Darstellung der Geschichte dieser Religion stammt von demselben E. TRUMPP, Die Religion der Sikhs (1881). Ueber die religiösen Zustände im Reiche des Mogul handeln: F. A. von Noer, Kaiser Akbar. Ein Versuch über die Geschichte Indiens im 16. Jahrh. (2 Bde, 1881); D. SHEA and A. TROYER, The Dabistân or school of manners (3 vol., 1843, aus dem Persischen übersetzt). LYALL Asiatic Studies, cap. IX.

Schon im 8. Jahrh. zeigten sich die Araber in Sindh, konnten aber keine dauernde Herrschaft gründen, da die tapferen Râjputs sie vertrieben. Erst 1000 n. Chr. fasste der Islam festen Fuss im Norden Indiens, von wo aus er sich langsam gegen Süden verbreitete; eine wirkliche Herrschaft gewann er in Dekhan erst im 16. Jahrh. und zwar nur für einige Zeit. Bekanntlich lösten in diesen sechs Jahrhunderten türkische und afghanische Dynastien die Herrschaft der Araber ab; der Mohammedanismus blieb aber bei allen Veränderungen die Religion dieser Reiche, wie sich auch die Dynastie der Mongolen, die im 16. Jahrh. das Reich zu Delhi stifteten und ihre grosse Macht über das nördliche Indien entfalteten, zur Lehre des Propheten bekannte. Das Eindringen des Islam wurde für den Hinduismus verhängnisvoll; mit seinem festen Monotheismus, seinen einfachen Lehrsätzen, mit seinem Glaubenseifer und seiner tüchtigen, auf die Waffen gestützten Organisation wurde der Mohammedanismus der weichen und energielosen Religiosität der Hindus ein zu gefährlicher Widersacher, gegen den mit Philosophemen und Mythen, mit buntem Aberglauben und einem ganz unorganisierten Glaubensleben nicht viel auszurichten war. Die wunderbare Elastizität der Sekte kam ihnen aber hier zu Hilfe: kaum hatte man das Wesen der mohammedanischen Religion erfasst, als man Versuche machte, sich ihre Vorteile anzueignen; so bildeten sich unter den Hindus Richtungen, die das Islamitische mit dem Hinduistischen zu vereinigen verstanden. Wie die Kabîr-Panthîs die theologischen Ideen und die Geistesrichtung des Islam in ein ganz hinduistisches Sektenleben hineinfliessen liessen, so gelang es dem Bunde der Sikhs, mit indischen Gedanken und im indischen Interesse eine religiös-politische Gemeinschaft nach Art der Mohammedaner zu bilden, wo ein kräftiges kriegerisches Leben sich mit religiösem Eifer verband und lange von einer fest gegliederten Organisation geregelt wurde. Anderseits kamen aber auch die Mohammedaner dem Hinduismus entgegen. Die Bestrebungen des Grossmogul Akbar, eine Vereinigung aller ihm bekannten Hauptreligionen zu einer einheitlichen Weltreligion herbeizuführen, sind eine der interessantesten,

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