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aus dem religiösen Leben vieler Stämme und Volksschichten hervorgegangen. Deshalb muss man in den Veden immer auf überraschende Verschiedenheiten in der Auffassung des Göttlichen vorbereitet sein.

Noch deutlicher zeigt sich diese Verschiedenartigkeit, wenn wir die bunte Welt des niedrigeren, volkstümlichen Glaubenslebens betrachten. Neben dem lichten, hehren Götterkreise treibt in der Luft wie auf Erden ein wahres Gewühl von Geistern und Dämonen sein Spiel: Teufel und Unholde, Hexen, Elfen und Gespenster, die der Mensch entweder abwehren oder sich freundlich stimmen muss. Dem religiösen Bedürfnisse der breiten Volksmassen viel entsprechender als die priesterlich ausgebildeten Heiligen der höheren Klassen, werden wohl diese Gottheiten zweiten Ranges sich einer nicht weniger ernsten Verehrung erfreut haben, und in den Mythenkreis der offiziellen Götter spielen sie so oft hinein, dass die Grenze zwischen Götter- und Dämonenwelt gar schwer zu ziehen ist. Nehmen wir dazu die primitive Anbetung von allerlei Dingen und Naturphänomenen, wie Bergen und Flüssen, Tieren und Pflanzen, rohen Fetischismus, mit Ahnenverehrung und Totenkult vermengt, so bekommen wir ein verworrenes und nicht immer erhabenes Bild der vedischen Religiosität, aber ein Bild, das den Vorteil hat, allseitig und ungeschminkt zu sein. - Die Dämonen als ein Ueberbleibsel aboriginer Kulte zu betrachten, ist gar kein Grund vorhanden. Sie sind so gut arisch wie die Götter selbst und wie die ganz ähnliche Geisterwelt, die wir in Europa wiederfinden.

Die äusseren Erscheinungen der Götter sind so verschieden wie ihre Art. Gewöhnlich werden aber die höheren Götter ganz menschlich gedacht. Ihr Aussehen wie ihr ganzes Leben und Wesen ist menschlicher Art, sie essen und trinken, lieben und hassen, und manch kühne List auch hier und da ein derber Spass wird von den Unsterblichen gewagt. Häufig treten sie als Krieger auf, noch häufiger und späterhin überwiegend - als opferbringende

Priester.

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Plastische Ausgestaltung der Göttervorstellungen darf man allerdings nicht in den Veden erwarten; die feste Begrenzung eines Bildes ist nicht Sache des Inders; wo die Göttergestalten nicht ins Unbestimmte verschwimmen, verlieren sie sich häufig ins Ungeheuerliche und Absonderliche. Halbe und ganze Tiergestalten, verworrene Symbole und allerlei wunderliche Geschöpfe gelten den Indern als Götter; doch darf bei dem häufigen Vergleich mit der griechischen Religion nicht vergessen werden, dass solche niedrige Göttervorstellungen auch in der Volksphantasie der Hellenen herrschten, und dass

die plastische Schönheit der Olympier ein Werk der Kunst und nicht

der Religion war.

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Das Seelenleben der höheren Götter besitzt die ausserordentlichen Eigenschaften des ausgebildeten Göttertypus: Unsterblichkeit, Allmacht, Allwissenheit usw. Allein die Unsterblichkeit ist durch den Göttertrank (amṛta ap-ẞ-posta) bedingt, die Allmacht ist nicht selten ein rein physisches Bewältigen, und ihrer Allwissenheit sind oftmals in der Göttermythologie ganz enge Grenzen gesteckt. Von Charakter sind die Götter meist freundlich und gefällig, wenn der Mensch sie recht zu nehmen weiss; nur ausnahmsweise findet man Jähzorn und Falschheit, und wohl bloss ein einziger Gott kann eine böse Macht genannt werden. Doch hat dieses Wohlwollen auch seine Kehrseite: allzuleicht lassen die Götter sich von den Bitten und Gaben der Sterblichen gewinnen, und wir werden sehen, in was für bedenkliche Lagen ihre Schwäche den menschlichen Spenden gegenüber sie am Ende führen kann. Dass die Götter,,Sünden vergeben", wird häufig erwähnt; man darf aber nicht zu viel daraus machen; gewöhnlich ist dabei nur von der Tilgung ritueller Verschuldungen die Rede.

§ 4. Die einzelnen Götter.

Die Asuras. Dem alten Dyâus Pitar, dem „Vater Himmel" gebührt vielleicht der erste Platz unter den altindischen Göttern, wenn auch die Zeitfolge derselben berücksichtigt werden soll. Von seinem Walten in grauer Vorzeit, vielleicht als Göttervater, vielleicht nur als Gott neben andern Göttern, ist nur ein schwacher Nachschimmer in den Veden zu entdecken; sein Wesen, seine Tätigkeit, sein Kult sind gleicherweise unbekannt. Um so viel schwieriger wird die Frage, in welchem Verhältnis er zu den Götterfürsten der westlichen Indogermanen steht, mit denen er allerdings durch die Aehnlichkeit des Namens verbunden ist.

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Mit Dyâus ist Prithivî (die Erde) eng verbunden. Die mütterliche Erde wird hier, wie fast überall, als Göttin angebetet. Gewöhnlich werden Dyâus und Prithivî als ein kosmisches Ganzes zusammen genannt, oder man bezeichnet kürzer dieses Weltganze mit dem Dualis rodasî, die beiden Welten". Die immer wiederkehrende Formel, dass Himmel und Erde mit Opfern" angerufen werden, gibt diesem Paare unter den Kultusgöttern Platz; fraglich ist aber, ob diese Verehrung nicht der späteren Kultusspekulation gehört. Die ältere Gestalt Prithivîs, die in Bestattungsliedern hervorschimmert, ist viel konkreter; da wird sie als eine liebevolle Mutter, wollenweich wie ein Mädchen" besprochen, in deren Schoss der Mensch zurückkehrt.

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Neben der Prithivî steht die Gottheit Aditi als mütterliches

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Prinzip in der vedischen Götterwelt, indem sie als Mutter der Adityas genannt wird. Ob sie aber eine reale Göttin gewesen, ist fraglich. Sie geniesst keinen Kultus und kein Hymnus ist an sie gerichtet. Ihr Name, der „Ungebundensein", "Freiheit" bedeutet, hat aber die vedischen Dichter dazu geführt, sie als eine Macht der Erlösung und Befreiung zu betrachten. Als ihr Gegensatz wurde Diti, die „Gebundenheit", aufgestellt. Moderne Mythologen haben das Spiel weiter getrieben und sie als „Ewigkeit“ oder „Unendlichkeit“ gedeutet eine Erklärung, die um so verhängnisvoller ward, als die Adityas, ihre Söhne, dadurch als „Wesen der Ewigkeit" bestimmt wurden. Um so ansprechender ist MACDONELLS einfache Lösung der Frage: „Söhne der Freiheit seien die Adityas genannt, weil sie sich göttlicher Souveränität erfreuen; daraus habe man später durch Abstraktion eine mütterliche Gottheit gewonnen. Als Personifikation der Freiheit scheint sie jedoch ziemlich populär geworden zu sein und der vielfach kommentierte Satz: „Wer gibt uns der grossen Aditi zurück, damit ich Vater und Mutter schaue" ist wohl am Ende nur das Gebet eines Gefangenen1. Als Göttin der Erlösung wurde Aditi später für die Entbindung nutzbar gemacht; die brahmanische Theologie hat sie wahrscheinlich wegen ihrer Mütterlichkeit mit der Erde in Verbindung gesetzt.

„Die Adityas erhalten, was geht und steht; sie sind die himmlischen Beschirmer der ganzen Welt; weithin schauend, strafen die Heiligen, die höchste Herrschaft wahrend, jeden Frevel." Mit diesen Vedaworten ist der Charakter der Adityas im wesentlichen gegeben. Die ethische Seite ihres Wirkens tritt überall hervor; auch ist Freundlichkeit bei ihnen zu finden. So bei Aryaman, einem selten genannten alten Gott, der schon durch seinen Namen als „Edelmütiger" charakterisiert wird: „ein Gütiger, der ohne Bitte schenkt“.

Auch Mitra gehört zu den Göttern, die in der vedischen Zeit wenig hervortreten. Nur ein einziges Lied ist an ihn allein gerichtet, sonst wird er mit Varuna zusammen angerufen. Er scheint ein vormals mächtiger Bundesgott der östlichen Arier gewesen zu sein; wenigstens deutet sein Name (Sanskrit „Freund", Avesta „Eid“, Treue") darauf. Ob er anfangs auch Sonnengott gewesen, als den wir ihn in den Veden und besonders in dem jüngeren Avesta finden ist, nicht zu entscheiden; seine Naturseite ist viel mehr hervortretend im Veda als im Avesta. In den Veden wird er als freundlicher,

1 Die Mutter im Jenseits wiederzusehen, ist kein antiker Gedanke. Chantepie de la Saussaye, Religionsgeschichte. 3. Aufl. II.

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schützender Gott angebetet, er schafft Freiheit aus Bedrängnis und schützt die Seinigen vor Krankheit, Tod und Niederlage, mehrt den Besitz und gibt den Menschen Gesundheit. Doch fürchtet man sich vor seinem Zürnen: „Nicht wollen wir in Mitras Zorn fallen, des liebsten der Männer“, das Prädikat ist wohl als Besänftigung des Gottes zu denken.

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Während sich Mitra früh aus dem vedischen Pantheon zurückzieht, harrt sein Gefährte Varuna, der grösste und letzte der Asuren, noch lange aus und erfreut sich häufiger Verehrung. In geistiger Ueberlegenheit erhaben, ernsthaft von Charakter, bald streng verfolgend, bald sich des Flehenden erbarmend, überhaupt unstät, in seinem Wesen etwas Verhülltes, Unergründbares tragend, steht er vereinzelt, ja fremdartig in dem lichten, sinnlich frohen Götterkreis der Inder.

Varuna wird als menschliche Persönlichkeit gedacht; im hohen Himmel steht seine Burg, er fährt auf Wagen hin und her, er kleidet sich in prunkendes Gewand. „König Varuna“ wird er oft genannt; er herrscht über alle Welt und regiert sie nach strengen Gesetzen.

In der Natur sind die Gewässer und die Nacht seine besondern Gebiete; er wohnt in dem Wasser, er wirkt in der Nacht. Ueberall wo Gewässer sind, da ist Varuna mächtig; selbst in dem menschlichen Körper, und weil die Quelle alles Wassers im Himmel zu suchen ist, hat der Gott auch dort oben seinen Sitz, wo er die himmlischen Ströme verteilt und sie ruhig nach der Erde sendet. So ist Varuna hier und da, überall anwesend, besonders jedoch im Westen.

Vielleicht ist Varunas stark betonte Allwissenheit mit seinem nächtlichen Walten zu verbinden. Jedenfalls: Alles ist ihm kund, selbst die innersten Gedanken des Herzens, und was er selbst nicht erforscht, das melden ihm seine tausend Späher. Keiner kann sich vor ihm im Dunkeln verbergen. „Wer immer geht und steht, wer heimlich schleichet, wer ein Versteck sich sucht und wer davon eilt, was zwei zusammensitzend beraten, das weiss auch König Varuna als Dritter. Und schlich ich weiter, als die Himmel reichen, nicht käm' ich los von Varuna, dem König; vom Himmel eilen herwärts seine Späher, sie überschau'n die Welt mit tausend Augen." So nahe kommt das Varunalied dem Klang der biblischen Worte; nur darf man nicht die schattenhafte Universalität des nächtlich spähenden Gottes der Allgegenwart Jahves allzusehr gleichstellen; mit ihm und seinem Walten hat Varuna seinem ganzen Charakter nach sehr wenig Aehnlichkeit.

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Als Weltregierer hat Varuna zunächst die Ordnung der Natur nicht aber die Natur selbst geschaffen. Er hat den Himmel von

der Erde getrennt und die Stützen des Himmels gegründet; er hat der Sonne einen breiten Weg gebahnt, und wie das Fell der Schlächter hat er die Erde für die Sonne ausgebreitet; er lenkt die Tage wie der Renner seine Stuten.

Vor allem hat er die moralische Ordnung des Menschenlebens gegründet. Die Sittlichkeit, die er geregelt, hat jedoch ein primitives, rein juristisches Gepräge. Sie ruht auf der nackten Scheidung zwischen Recht und Unrecht und wird bestimmt durch das Gesetz unabwendbarer Vergeltung. Die Folgen der Uebertretung zeigen sich unmittelbar: sie sind dem Frevler wie Fallstricke vor seinem Fusse ausgespannt, in denen Varuna ihn fesselt und wie mit geheimen Waffen trifft. Die Strafe besteht meistens in rein physischen Uebeln, besonders in der furchtbaren Wassersucht, mit der Varunas Name in den Veden so häufig verbunden ist. So erscheint der richterliche Varuna überwiegend als Rächer; oft tritt er wie ein tückischer Dämon auf, der die Schwächen der Menschen kennt und seine Lust hat, sie in dem Netz der Sünde zu fangen; oft aber doch als ein Gott, der voll Erbarmen ist, der Schuld verzeihen und vergessen kann, der auch den Menschen weise macht, dass er die Sünde vermeide, und ihn mit milder Hand durch das Leben leitet.

Ein schöner Zug in dem Verhältnis zu Varuna ist, dass das Gebet dabei so stark hervortritt und das ewige Kaufen und Loskaufen des Opfers etwas auf die Seite schiebt. Ein wirkliches, inbrünstiges Beten, doch nicht ohne klägliches Flehen, begegnet uns in diesen Liedern: „Vergib, was unsere Väter einst gefrevelt; vergib, was wir mit eigener Hand versehen; nimm meine eigenen Missetaten von mir, und lass mich nicht, o Herr! für fremde büssen." Hier wäre der Vergleich mit jüdischer Frömmigkeit statthafter.

Diese hehren Eigenschaften Varunas entfalten sich besonders in den Liedern, die ihm der grösste der Vedasänger, Vasishtha gedichtet. Er hat diese Gottheit zu einer geistigen Höhe gebracht und ihn mit einer Innigkeit angebetet, die, wenn es dem Vasishtha - wie dem Zarathustra gelungen wäre, eine Reformation ins Werk zu setzen, vielleicht die ganze vedische Religion in andere Bahnen gebracht haben würde. Die Blütezeit dieser Anbetung war indessen kurz, und nur in einzelnen Liedern aus der Mitte der Vedazeit können wir uns deren erfreuen. Der populärere Indra würde dem Varuna ein gefährlicher Nebenbuhler, und die monotheistischen Neigungen sättigten sich nicht an Varuna, sondern an priesterlichen und abstrakten Gottheiten wie Prajapati und seinesgleichen. (Vgl. HOPKINS S. 70 f.) Varuna ist damit verurteilt, in seine Funktionen als Naturgott zurückzusinken.

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