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stehen wir keiner Gottheit oder Sagengestalt gegenüber, vielmehr sehen wir einen Menschen und Mann, vom Geiste und Glauben eines Propheten getragen, einen Mann, der gelebt und gelitten, gehofft und gekämpft hat, und dessen Persönlichkeit und Gedanken der Religion wirklich ihr Gepräge gegeben haben. Denn diese ist keineswegs eine von selbst emporgewachsene Volksreligion, deren Vorstellungen und Gebräuche, wie etwa in den Veden, mit Aberglauben und Zauberei reichlich versetzt, ein buntes Gemenge bilden; wir sehen vielmehr hier eine von Haus aus scharf durchdachte und in System wie in Praxis konsequent durchgeführte Theologie, die gegen den Volksglauben, auf dessen Boden sie entstanden ist, eine ganz bestimmte Position einnimmt und alles streng verurteilt, was sich mit dem Systeme nicht verträgt. Aber ein solches System weist mehr auf die energische Wirksamkeit einer einzigen Persönlichkeit hin, als auf zufällige Selbstbildung religiöser Ideen, und wäre es selbst in priesterlichen Kreisen. Wäre die Existenz Zarathustras auch nicht im Avesta so reichlich bezeugt, wie man es in einem solchen Buche überhaupt erwarten darf, so würde man schon aus dem Charakter seines Werkes auf einen Mann wie ihn zurückschliessen können.

Das Vaterland Zarathustras wird von allen morgenländischen Quellen nach Westiran verlegt und zwar von den besten nach der an Atropatene, die nordwestliche Landschaft des medischen Reiches, angrenzenden Gegend. Hier muss das Land Airyana Vaêya, das das Avesta immer als das Land des Propheten hervorhebt, zu suchen sein, auch das Bundehesh lässt ihn dort gelebt haben. Andern Berichten zufolge soll er in Gezn in Atropatene selbst geboren sein und sich in der Priesterstadt Ragha aufgehalten haben. Alle diese Angaben weisen uns aber nach der nordwestlichen Ecke des medischen Gebietes. -Zarathustras Familienverhältnisse sind uns nicht unbekannt. Im Avesta wird er häufig nach seinem Ahnherrn Spitama genannt, und die Spitamiden scheinen sich eines gewissen Ansehens erfreut zu haben; soll man nach den Namen des Propheten (der etwa „der Kamelreiche" bedeutet) und seines Vaters Pourushâspa (pferdereich) urteilen, so hat sich Wohlstand zu dem Ansehen gesellt. Am Hofe des Königs Vistâspa hat Zarathustra mächtige Verbindungen gehabt. Mit Jamâspa, dem Minister des Königs, stand er in freundschaftlichem Verkehre, ja er heiratete sogar dessen Nichte Hvôvi, die Tochter Frashaostras. Söhne und Töchter des Zarathustra werden schon im Avesta genannt, und es knüpft sich an seine drei Söhne die Sage, dass die drei iranischen Stände: Priester, Krieger und Ackerbauern von ihnen abstammen.

Um diese historischen Angaben, die, an und für sich spärlich genug, wegen des gänzlichen Mangels an Zeitbestimmungen gleichsam in der Luft schweben, hat sich selbstverständlich im Laufe der Zeit ein Kreis von mehr oder weniger fabelhaften Legenden gebildet. Teufel und Schlangen bedrohen schon in den Träumen der Mutter den künftigen Propheten, aber sie sieht auch, wie dieser vom Lichte umstrahlt das Heer der Finsternis verscheucht; dass er bei seiner Geburt gelacht habe, wurde im Altertum häufig erzählt. Mit siegreicher Ueberlegenheit überwindet er alle Drangsale und Schwierigkeiten, die ihm vom bösen Zauberkönige Duransarun schon in seiner Kindheit bereitet werden. Aus ihm durch Meuchelmord, Feuer und wilden Tieren. drohenden Gefahren wird er wunderbar durch göttliche Kraft gerettet, bis er als ausgewachsener Jüngling offen seinen Abscheu gegen die Zauberei ausspricht und bald danach die Berufung zum Propheten durch gewaltige Träume erfährt. Die Offenbarung, die ihm alle Weisheit verlieh, hat er, von Engeln in den Himmel geführt, in Gesprächen mit Ormuzd selbst empfangen 1.

Aus dem Leben Zarathustras weiss das Avesta nur einen bedeutsamen Zug direkt zu erzählen, nämlich seine Versuchungsgeschichte (Vendidâd XIX). Auf des Teufels Geheiss stürzt ein Dämon auf Zarathustra los, um ihn zu vernichten, aber mit den heiligen Gebeten schlägt der Prophet ihn zurück und geht jetzt, mit grossen Steinen bewaffnet, gegen die Dämonen angreifend vor. Da wird dem Teufel bange und er sucht ihn nun durch Verlockung, durch Versprechung irdischer Herrschaft, von dem guten Gesetz abzubringen. Doch Zarathustras Ablehnung ist bestimmt: Nimmer will ich das Gesetz der Mazdaanbeter verlassen, müsste auch mein Leib und meine Seele bersten!" Von Zarathustras weiterem Leben erzählt die Legende noch eine Reihe von Wundern nach der gewöhnlichen Art der Legenden; nur die Sage, dass er sich seiner Frau Hvôvi nahte und dreimal seinen Samen verlor, hat jedoch Bedeutung gewonnen, denn aus diesem Samen, der in dem Wasser aufgehoben wird, sollen die drei grossen Helden der künftigen Erlösungszeit hervorgehen.

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Für die Lokalisierung der frühesten Zarathustrareligion ist es von Bedeutung, dass die Heimat des Propheten mit ziemlicher Sicherheit in das nordwestliche Iran verlegt werden kann; in Bezug auf den Ort seiner Wirksamkeit herrscht aber bei den morgenländischen Quellen nicht dieselbe Uebereinstimmung. Mehrere derselben lassen nämlich

1 Vgl. SPIEGEL, Leben Zarathustras (Sitzungsberichte, Bayr. Akad. Philos. Klasse, 1867).

Zarathustra als Prophet in Baktrien aufgetreten sein. Dort soll Vistâspa gelebt, dorthin Zarathustra sich begeben und mit Hilfe des Fürsten die neue Lehre begründet haben. So wäre die Religion Zarathustras also eine baktrische und der ganze Kulturboden, auf dem sie entstanden, wie die Sprache, in der sie verkündet wurde, ostiranisch. Dieses stimmt allerdings mit dem jüngeren Avesta, dessen Gepräge in so hohem Grade ostiranisch ist, dass z. B. die Aufzählung der Länder, aus denen „die Welt" besteht (im 1. Kapitel des Vendîdâd) nur eine Provinz aus Westiran mitnimmt. Aber eben diese Einseitigkeit lässt uns ahnen, wie dieses ostiranische Gepräge zu stande gekommen ist. In der Tat ist sowohl das jüngere Avesta, als die späteren Sagen des jüngsten Altertums im Reiche der Sasaniden entstanden, das eben in Baktrien seine Hauptstätte hatte; natürlicherweise hat man da von einem ostiranischen Gesichtspunkte aus gedichtet und wohl auch den glaubenseifrigen Fürsten zu Ehren die zarathustrische Religion überhaupt in Baktrien entstehen lassen.

Dass der alte Hystaspes aber kein baktrischer Fürst war, steht ganz entschieden fest: kein Wort im Avesta deutet darauf hin, und die zuverlässigsten griechischen Berichte lassen ihn gerade in Westiran, in Medien, geherrscht haben. So wird Zarathustras wunderbare Reise nach Baktrien ganz überflüssig; er wird da gewirkt haben, wo er herstammte, wie es im Altertum das natürlichste war. Sonderbar war es auch, wenn eine so sinnig durchdachte, abstrakte Theologie wie die des Zarathustra, in dem rohen Hirtenvolke der Baktrier plötzlich entstanden wäre; für eine derartige Lehre wird ein Land wie Medien mit seiner alten Kultur und langen religiösen Entwicklung ein viel geeigneterer Boden gewesen sein.

Dass Zarathustra ein Priester gewesen, geht aus den Gâthas deutlich hervor. Einen Magier nennt er sich jedoch nicht. Dieser Name, der die medischen Priester als Stamm bezeichnete, muss im Avesta dem Worte âthravan (Feuerpriester) weichen. Wir dürfen aus dieser Bezeichnung des neuen Sacerdos erraten, dass der Feuerkult, der immer der wichtigste Ritus des zarathustrischen Gottesdienstes blieb, dem Propheten selbst ein ursprüngliches Heiligtum gewesen sei. Eben in seinem Stammlande Atropatene finden sich die bekannten Erdfeuer, die noch heute heilig gelten. Die Asuragottheit, aus der er seinen Ahura-Mazda (Ormuzd) herausgebildet hat, wird schon von alters her der Kultusgott seiner Familie gewesen sein; denn nirgends verkündet er diesen als einen neuen Gott. Er hat aber offenbar den Kultus dieses Gottes gereinigt, dessen Begriff entwickelt und auf diesem Grunde eine neue Theologie wie eine neue Moral geschaffen. Durch

diese Reformation scheint er mit dem herkömmlichen Magiertum in Zerwürfnis geraten zu sein, und der Kampf zwischen dem altiranischen Heidentum und der prophetischen Religion muss bestanden haben, bis Darius, nach Dämpfung des Aufstandes der Magier ihrer Gewalt ein Ende machte und der zarathustrischen Religion zum vollkommenen Siege verhalf.

In welchem Sinne können wir nun diese in Medien entstandene Religion „die Religion der Perser" nennen? Kaum deshalb, weil sie durch eine Zersetzung mit persischen Glaubenselementen zu stande gekommen ist; denn nach allem, was wir wissen, war die zarathustrische Lehre vollständig ausgebildet, lange bevor von Persern die Rede war, und was die letzteren an Eigentümlichkeiten gehabt haben, scheint viel eher neben ihrem zarathustrischen Glauben bestanden zu haben. Aber das Haus der Achämeniden und mit ihnen der Stamm der Perser hat sich dieser Religion angenommen, ihr zum Siege über das ältere Magiertum verholfen und in dem grossen Reiche, das es errichtet hat, Geltung verschafft. Wie die medische Kultur ohne die Vermittlung der Perser kaum je zu der Kultur eines Weltreiches geworden wäre, so ist auch die Lehre des medischen Reformators doch erst durch sie zu ihrer weltgeschichtlichen Bedeutung gelangt. Sie haben den Wert dieser Religion eingesehen und sich entschlossen, nach ihr zu leben, die Religion wurde gross mit ihnen, wie auch sie mit der Religion mächtig wurden; dadurch haben sie verdient, dass der Glaube nicht nur die Lehre Zarathustras, sondern auch die Religion der Perser genannt wird.

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§ 3. Religiöse Literatur.

Bevor wir die Hauptzüge dieser Religion darzustellen versuchen, müssen wir ihre Literatur kurz besprechen. Vor allem kommt hier das Avesta, die heilige Schrift der Perser, in Betracht. Avesta bedeutet Wissen"; dieses Wissen ist aber durch Offenbarung zu stande gebracht; der Prophet hat in Gesprächen mit dem Gotte oder seinen Geistern „das Gesetz“ erhalten, um es den Menschen zu verkünden. Der Name „Zend-Avesta“, den man häufig liest, bedeutet etwa „das kommentierte Avesta“ („Zend“ = Tradition)1.

Das ursprüngliche Avesta soll eine umfangreiche Literatur gewesen sein, die auch das ganze Gebiet der Wissenschaft umspannte. Der grösste Teil ist aber früh verloren gegangen; einer kaum glaubwürdigen Tradition zufolge soll er von Alexander vernichtet worden

1 Ganz fälschlich ist daher das Wort „Zend" für eine Bezeichnung der Sprache des Avesta gehalten worden; gerade die Kommentare sind in einem späteren Dialekt (Pehlevi) geschrieben.

sein, viel eher tragen wohl die Araber die Schuld. Was wir besitzen, sind leider nur Fragmente und zwar in schlechter Ueberlieferung und in einer Sprache, die besonders in den ältesten, wichtigsten Teilen des Buches sehr schwer zu verstehen ist1.

Unser Avesta zerfällt in verschiedene Teile, von denen wir als die wichtigsten die Yasnas, die Yashts und das Vendidâd nennen. Das Opferbuch Yasna ist nach ritualistischen Prinzipien geordnet. Es enthält die Hymnen, die bei den Opferhandlungen rezitiert wurden. Einen Teil dieser Hymnen bilden die sog. Gâthas oder Gesänge, die durch ihre breitere Sprachform, durch ihr alt-arisches Metrum und durch die dunkle, gedrängte Ausdrucksweise sich als ältester Teil dieser Literatur kennzeichnen. Dass einige dieser Gâthas von Zarathustra oder seinen Jüngern selbst herrühren, ist gar nicht unmöglich, jedenfalls sind sie für uns der nächste und echteste Ausdruck seiner Lehre. Die Gâthas haben sich bei den alten Persern des höchsten Ansehens erfreut; sie werden in den feierlichsten Momenten des Gottesdienstes gebraucht; zum Preis der Gâthas werden Lieder gesungen, oft werden die Gâthas in dem jüngeren Avesta zitiert, etwa wie wir Bibelverse anführen, ja man versucht durch Nachahmung des Gâthadialektes den späteren Dichtungen ein ehrwürdigeres Gepräge zu verleihen. Auch die Yashts sind Opferlieder; sie sind wie die nichtgâthischen Yasnas beträchtlich jünger als die Gâthas; die Sprachform ist leichter, der Vortrag breit und wenig kunstvoll, oft ganz trivial. Die Yashts sind Lobgesänge an die Yazatas; wie die Gâthas für unsere Kenntnis der zarathustrischen Lehre, so sind die Yashts für unser Wissen von den avestischen Göttergestalten die wichtige Quelle; viele Mythen und Sagen von Göttern und Helden der Vorzeit sind darin ganz breit und anschaulich erzählt. Einige der Yashts sind indessen blosse Namenlisten, nur aus weitläufigen Anrufungen der Götter und der Geister bestehend. Das Vendidâd, das Gesetzbuch, ist, wie man schon aus dem Namen vî-daêva-dâta, „gegen die Teufel gegeben“, ersehen kann, zunächst ein Buch der Reinigungen; wir finden in diesem Buch die Ethik und das Gerichtswesen der Medo-Perser, insofern

1 Die ersten Handschriften von Bedeutung wurden 1761 von dem kühnen Franzosen ANQUETIL DU PERRON nach Europa gebracht; er hatte sich, um dieses Buch zu finden, als indischer Koloniesoldat anwerben lassen und lebte sieben Jahre unter den parsischen Priestern; auch der dänische Sprachforscher RASK, der zuerst die geschichtliche Stellung der Avestasprache richtig bestimmt, fand in Indien wichtige Avestamanuskripte. Die Erklärung der Texte ist von BURNOUF wissenschaftlich begründet worden; kritische Ausgaben haben WESTERGAARD und jüngst GELDNER, das Lexikon JUSTI geliefert.

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