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geben, die aufs unerwartetste übermächtig eingriffen, gegen welche man aus eigener Kraft nichts vermochte. Höhere Gesittung war bei einem solchen lähmenden Gefühle der Unsicherheit fast unmöglich. Die höchste Aufgabe für den zu höheren Kulturzuständen sich aufschwingenden Menschen war damals, in immer grösserer Zahl Stätten aufzufinden, wo ein Gott weilte. Bald war dies ein Fetisch oder Idol, bald eine bestimmte Stelle auf der Erde, und man errichtete dort einen Altar oder grenzte sie ab als des Gottes heiligen Wohnort. Als derartige, von den Göttern erwählte Aufenthaltsorte galten besonders Höhlen und Wälder, auch Berggipfel; an letzteren wird man sich wohl den im Himmelsraum waltenden erhabenen Mächten am nächsten gefühlt haben. Aber auch das Wesen der Götter zu ergründen war eine ernste Pflicht. Stets wurden ihrer mehr erkannt; Namen wurden ihnen. gegeben, die Vorstellungen über ihre Art und ihr Wesen immer weiter ausgearbeitet. Dies alles war nicht die Arbeit eines einzelnen. Bereits erhielten Namen und Vorstellungen erst Bestand, indem sie in bestimmten gesellschaftlichen Kreisen kursierten. Jedermann konnte einem Gotte opfern, dessen Anwesenheit er gerade bemerkt zu haben glaubte, aber ein ständiger Kult, durch den ein gutes Einvernehmen mit einem erkannten Göttertum erhalten blieb, war nur Sache einer Vereinigung von Menschen. Indem man immer mehr solcher Kulte gründete, fand man seine Seelenruhe und den Mut, in der Welt aufzutreten. Die erkannten Götter leisteten Gewähr gegen die noch nicht erkannten. Besonders wurden sie im stande geachtet, Staat und Gesellschaft zu schützen, die sich zugleich mit der zunehmenden Göttererkenntnis und Ausbildung des Kultus konsolidierten. Staat und Religion wuchsen in engster Verbindung auf.

Was nun die Formen dieser Gottes verehrung betrifft, sie sind im allgemeinen dieselben wie die fast aller Völker der Erde, und mit ihnen hat die griechische Religion der geschichtlichen Zeiten sich von dem ursprünglichen Typus am wenigsten entfernt. Einer vielfach geäusserten Meinung nach sollte der Kult in mykenischer Zeit auch keine Tempel gehabt haben. Sollte man aber damals den Göttern grundsätzlich niemals eine Wohnung zugestanden haben? Homer nennt Tempel. Es scheinen aus der mykenischen Zeit sogar Abbildungen kleinerer Tempel auf uns gekommen zu sein. Freilich ist der stattliche dorische Tempelbau in der Form, in welcher wir ihn in geschichtlicher Zeit kennen, für die mykenische nicht vorauszusetzen; aber sogar aus der geschichtlichen Zeit selbst kennen wir noch andere Tempelanlagen. Die Opfer der Vorzeit können schwerlich bedeutend verschieden von denen der geschichtlichen Zeiten gewesen sein. Wohl müssen Menschenopfer,

welche später ziemlich selten waren, damals weit allgemeiner gewesen sein. Sehr stark zurückgedrängt sind in der späteren Zeit sowohl der Zauber als die Kultgebräuche, welche nur direkt an einem Fetisch ausgeübt werden konnten. Doch bestanden sowohl diese wie jener damals hier oder da sogar noch in ihrer ursprünglichen Gestalt fort. So gab es in Krannon in Thessalien einen heiligen, auch auf Münzen der Stadt abgebildeten Wagen von Erz, auf dem eine Amphora und zwei Raben, Tiere, die im Altertum wie auch in der germanischen Mythologie als Regenbringer galten. In Trockenzeiten wurde die Amphora mit Wasser gefüllt und mit dem Wagen umhergefahren, eine bekannte, bei mehreren Völkern, auch bei den Germanen vorkommende Art des Regenzaubers. In ausgedehntem Masse muss die Vorzeit den Zauber gekannt haben, nicht zum mindesten auch den, wobei der Mensch sich selbst gleichsam an die Stelle der Gottheit stellte, die Wirkungen nachahmend, die man von ihr erzwingen wollte. Auch müssen die Vorgriechen die Anwendung unmittelbarer Zwangsmittel am Fetisch gekannt haben, die bekanntlich im Wesen des Fetischismus liegen. Wie noch heute barbarische Jägerstämme ihre Fetische, so peitschten noch in alexandrinischer Zeit nach unglücklicher Jagd arkadische Jünglinge das Panbild. Umgekehrt wurde das Idol auch in der sorgfältigsten Weise gepflegt. Alljährlich führte man in Athen bei den sog. Plunterien das alte Athenabild der Akropolis zum Waschen ins Meer nach Phaleron. Zugleich aber mag dies ursprünglich ein Regenzauber gewesen sein.

Fast noch mehr als der Kultus hat die griechische Weissagung ihren uralten Charakter bewahrt. Diese weicht im Grunde von der aller primitiven Völker der Erde fast gar nicht ab, besonders gilt dies von der Vogelschau.

Bei der Behandlung der Frage nach den Anfängen der griechischen Religion geht man manchmal, sei es auch halb bewusst, von der Voraussetzung aus, als hätten die Griechen sich zu irgend einer Zeit auf eigenem Boden eine Religion geschaffen. Ebenso scheint man manchmal für das mykenische Zeitalter fast eine ganz andere Religion vorauszusetzen als für die späteren Zeiten. Das eine wie das andere. verkennt das Wesen einer jeden primitiven Religion, soweit wir dies aus der ethnologischen und historischen Forschung kennen. Diese kennt keine Zeiten, in der ein Volk keine Religion hatte, sondern erst eine erhielt. Mit der Frage nach einem Ursprung des religiösen Lebens tritt man immer von aussen her an die Erscheinungen desselben heran, nichts in diesen selbst veranlasst dazu. Wo die Religion uns begegnet, da ist sie eine natürliche Erscheinung des Geisteslebens, unzertrennlich

mit diesem verbunden; überall auf Erden ist sie in ihren typischen Hauptformen dieselbe. Im Grunde ihres Wesens war die griechische Religion der Blütezeit dieselbe wie die der grauen Vorzeit; keine andere kann die des dazwischen liegenden mykenischen Zeitalters gewesen sein. Wohl drücken sich die Wandlungen im Geistesleben der Nation in denen der Religion aus, ja haben die neuen geistigen Bestrebungen einer Zeit nicht selten gerade im religiösen Leben ihren Ausgangspunkt, und so gestaltet sich dieselbe Religion in verschiedenen Zeiten in verschiedener Weise, unter dem Einfluss geistiger Strömungen, welche nur selten in dem absichtlichen Streben eines Reformators, vielmehr in einer mehr oder weniger bewussten Veränderung der Auffassungen, sogar in einer unmerklichen Verschiebung der Standpunkte der Betrachtung sich kundgibt. So ist die Religion eines Volkes immer dieselbe und doch in verschiedenen Perioden ihrer geschichtlichen Entwicklung verschieden. Erst als das Christentum in die Welt trat, hatte sich die aus ihren ursprünglichen Wohnsitzen mitgebrachte Volksreligion der Griechen ausgelebt. Völlig untergegangen ist sie auch in den christlichen Zeiten nicht.

§ 4. Homer.

Literatur. Wir erwähnen nicht die Uebersetzungen, welche nur das Verständnis der griechischen Klassiker Schülern und Gebildeten vermitteln wollen, von Homer gibt es aber eine Uebersetzung, welche philologische Genauigkeit mit literarischen Verdiensten vereinigt, die von J. H. Voss, der wir die neuere holländische von C. VOSMAER, wenn nicht gleich, so doch zur Seite stellen. Es gibt eine fast unübersehbare Homerliteratur, und die meisten Werke über die höhere Kritik oder über Realien berühren auch die Religion, dazu kommt eine Masse von Abhandlungen, Gymnasialprogrammen usw. Hier nennen wir bloss: W. HELBIG, Das homerische Epos aus den Denkmälern erläutert (2. Aufl. 1887); C. F. von NÄGELSBACH, Homerische Theologie (zuerst 1840, die späteren Auflagen durch G. AUTENRIETH bearbeitet); den betreffenden Band von E. BUCHHOLZ, Die homerischen Realien: III, 1, homerische Götterlehre (1884), III, 2, die homerische Psychologie und Ethik (1885); R. C. JEBB, Homer, an introduction to the Iliad and the Odyssey (1887, auch deutsch); H. M. VAN NES, De homerica quaestione, quatenus mythologicis illustretur (1891); U. von WILAMOWITZ, Homerische Untersuchungen (1884).

Mit Homer und Hesiodos, den ältesten schriftstellerischen Zeugnissen aus der Griechenwelt, treten das griechische Göttertum und der Götterkultus uns plötzlich ungefähr so, wie wir sie in geschichtlicher Zeit kennen, als etwas Fertiges entgegen. Dies veranlasste Herodot, diese beiden Sänger als die Erfinder der Göttergeschlechter und Götternamen zu betrachten, und die neuere Forschung verharrt noch immer mehr oder weniger auf diesem Standpunkt. Doch bezeichnen sie mehr den Abschluss als den Anfang einer Entwicklungsperiode.

Dass das homerische Epos nicht mehr als das Werk eines einzigen Dichters ein und derselben Zeit betrachtet werden darf, braucht nicht mehr betont zu werden. Doch gibt es im allgemeinen das Bild einer einheitlichen religiösen Weltanschauung. Einiges nicht Zusammengehöriges mag nachzuweisen sein, doch hat die Kritik nicht zu vergessen, dass innere Konsequenz bei Vorstellungen dieser Art nicht vorauszusetzen ist.

Den Begriff der dämonistischen Göttermacht kannte auch Homer. Wenn auch die Hauptgötter daípoves genannt werden konnten, so wurde mit diesem Worte gewöhnlich doch die göttliche Macht bezeichnet, wie sie plötzlich gewaltig hervordringt, ungestüm umhertobt, die Menschen innerlich bewegt, ins Unglück stürzt, ihnen Tod und Verderben bringt. Auch bei Homer war der Dämon meistens ein Gott unbestimmten Wesens.

Homer kennt auch zahlreiche Begriffsgötter. So jene Atê, auch die Attát, die „Gebete", mit denen sich der Mensch zu den Göttern wendet, die Eris, „Zwist", Deimos, Phobos und viele andere. Alle waren sie aber so stark als möglich personifiziert. So erhalten sogar Atê und Litai recht deutlich beschriebene Gestalten. Wie ausgeprägt nun das persönliche Wesen der fast gar nicht mehr begrifflich aufgefassten homerischen Hauptgötter gewesen sein muss, versteht sich von selbst. Auch trat bei solchen freiwaltenden Personen die Vorstellung einer fetischistischen Gebundenheit an die Kultstätten selbstverständlich stark zurück. Die Götter begeben sich sogar nur ausnahmsweise nach diesen, so Athena nach dem Hause von Erechtheus, Aphrodite nach Paphos. Zeus hat einen Wohnort in Dodona. Ares und seine Söhne Phobos und Deimos hatten Thrakien als Heimat. Gewöhnlich lebt die Götterfamilie in voller Glückseligkeit in den schönen, himmlischen Wohnungen auf dem Olympos. Da speisen sie sich mit Nektar und Ambrosia, welche Hebe, Tochter von Zeus und Hera, oder der wunderbar schöne Knabe Ganymedes ihnen reichen. Dort weilen Zeus und seine Schwester und Gemahlin Hera, die stolze Himmelskönigin, von kräftiger, blühender Schönheit, manchmal auch Zeus' jüngerer Bruder, der gewaltige Meergott Poseidon. Dort wohnt der mächtige Bogengott Apollo, der Seuchen bewirkt, zugleich aber auch der Gott des Lichtes und der Wahrsagung ist. Ebenso seine Schwester Artemis, die „pfeilfrohe“, toyέapa, manchmal verderbenbringende, die es liebt, als Jägerin durch die Wälder zu streifen. Ferner die goldene, viellachende Liebesgöttin Aphrodite. Als Scherz konnte es erscheinen, wenn man erzählte, dass diese mit dem Lachen erregenden, umherhinkenden, lahmen Schmiedegott Hephaistos vermählt war. Sie ent

würdigte sich durch eine Buhlschaft mit Ares, dem ungestümen, Menschen verderbenden Kriegsgott, dem rohen, ungesitteten, den Zeus gern vom Olympos ausgestossen hätte. Bote der Götter war Hermes, auch Begleiter der Seelen nach der Unterwelt. An Würde und Einfluss bei dem Vater Zeus übertraf fast alle andern Götter die geliebte, ohne Mutter geborene Tochter Athena, eine edle, mit Mut und Besonnenheit kämpfende Kriegsgöttin. Das frohe Zusammensein wurde aber unaufhörlich durch Zwistigkeiten und Hader gestört, durch ewigen Zank zwischen fast allen Göttern, besonders zwischen Zeus und Hera. Sie führen ein Leben des Zorns und der Leidenschaft; die Unsterblichen suchen einander durch List und Tücke heim. Bisweilen entzweien sich sogar Zeus und die Lieblingstochter Athena.

Selbstverständlich hatten die Götter ausser diesem himmlischen Vereinigungspunkt auch ihre besonderen Wirkungskreise. Wohl nur ausnahmsweise kam auf den Olympos der zweite Bruder des Zeus, Aïdes, der furchtbare Unterweltgott, vor dessen schrecklicher Wohnung sogar die Götter selbst sich grauten. Zeus waltete auch in den Höhen des Aethers, wo er die Wolken zusammentrieb. In der Tiefe des Meeres hielt sich der Erderschütterer Poseidon auf, und dieses Meer wimmelte von göttlichen Wesen, darunter die Gemahlin des Poseidon, Amphitrite, der Meergreis Nereus mit seinen vielen Töchtern, den Nereiden, deren eine, die Thetis, Mutter des Achilles war. Auch Flüsse und Quellen hatten ihre Götter und Nymphen; göttliche Wesen rauschten in den Winden.

Die olympische Götterwelt aber bildete eine Familie. Zeus war der leibliche Vater der meisten Olympier. Er war das Haupt eines Herrschergeschlechtes. Er hatte die Dynastie des Vaters Kronos mit seinen Titanen gestürzt. Mit seinem Bruder Poseidon und Hades teilte er die Herrschaft; er, der erstgeborene, blieb Oberherr. Dies ist genau die Organisation der fürstlichen Macht, wie sie in der Geschichte mehrmals vorkommt: eine ganze fürstliche Familie regiert unter der Oberhoheit des Familienvaters.

Zeus war jedoch auch noch etwas anderes und höheres, er hatte sogar eine ethische Bedeutung als Hüter der Gesetze und des Rechtes, Beschützer des Familienverbandes und des heiligen Gastrechtes. Sehr bemerkbar ist die Neigung, ihn, den Höchsten und Besten, derart aus der Reihe seiner Mitgötter hervorzuheben, dass er fast aufhörte, der erste unter seinesgleichen zu sein. Doch wurde ein solcher Gedanke niemals völlig erfasst, niemals dafür ein wirklich erhabener Ausdruck gefunden. Dafür war die Einbildungskraft, wie sie uns aus den geistigen Bildungen der homerischen Kultur entgegentritt, zu sehr gewöhnt,

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