ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

jetzt noch bestimmen. Die Völker Kleinasiens und der Balkanhalbinsel, welche nach der Iliade mit den Trojern zusammen von den Achäern bekriegt wurden, waren einmal den Stämmen des Festlandes und der Inseln stark überlegen. Eine Kultur, wie diejenige, deren Ueberreste bei den Ausgrabungen von Troja zu Tage getreten sind, hat in uralter Zeit die Völker der östlichen Hälfte des Mittelmeeres sehr sicher beeinflusst. Phrygische Kulte wirkten auf die von Kreta. ein. Thrakien gab Griechenland seinen Dionysos- und Aresdienst. Leleger und Karer streiften als Seeräuber umher, siedelten sich sogar an einigen Orten an. Eine mächtige troische Zwingburg beim Eingang des schwarzen Meeres sprach im dritten vorchristlichen Jahrtausend von der Macht und Ueberlegenheit dieser asiatischen Herrscher. Etwa am Ende dieses dritten Jahrtausends zeigte sich auch in den griechischen Ländern, wahrscheinlich zuerst in Kreta, bald auch in Thessalien, Mykenai, an zahlreichen andern Orten ein mächtiger Aufschwung des Lebens. Es entstand jene sog. mykenische Kultur, welche gewiss dem Pharaonenreich, wahrscheinlich auch dem babylonischen, viele Anregungen verdankte, doch in ihrem Wesen völlig selbständig, bald auf jene uralte ägyptische Kultur selbst nicht ganz unbedeutend zurückgewirkt hat. Herrlich war Mykenai, aber die Paläste von Kreta, z. B. der von Knossos, übertrafen an Grösse und Pracht fast alle andern. In uralter Zeit hören wir von Minos' kretischer Seeherrschaft; das karische Seeräubertum wurde gebändigt.

Inzwischen war die troische Zwingburg, wir wissen nicht wodurch, untergegangen. Eine neue und grössere trat an ihre Stelle (etwa 1500 v. Chr.), doch bezeichnet es einen bedeutenden Umschwung der Verhältnisse, dass die Erbauer und Bewohner desselben durch die kretisch-mykenische Kultur stark beeinflusst waren. Nach einiger Zeit wurde auch diese Burg zerstört. Es ist kaum zu bezweifeln, dass dies eine Tat des gesamten Griechentums unter Mykenais Führung war, desselben, das in sagenhafter Gestalt noch in den Gesängen des späteren Griechentums fortlebte.

Es war eine gleichartige Geschichte wie die Deutschlands in den Kämpfen mit Dänen, Slaven, Magyaren, während welchen auch das deutsche Rittertum einen mächtigen Aufschwung nahm und zugleich das Bedürfnis nach einträchtiger Zusammenwirkung, ja staatlicher Verbindung tiefer als je gefühlt wurde. Der mächtige Tatendrang, der wie eine Naturmacht fortriss, ergoss sich in zahllose gegenseitige Fehden und Zwistigkeiten. Als man dem gemeinsamen Feind gegenüberstand, wurde man inne, dass man so seine Kräfte aufrieb. Man folgte einem gemeinschaftlichen Führer. Die Gewalt Agamemnons über die Achäer

fürsten war gleicher Art, aber jedenfalls nicht grösser als die Heinrichs des Ersten über die Herzöge.

Bei derartigen Erscheinungen, wenn neue Kulturzustände vorbereitet werden und eine ganze Nation plötzlich von einem neuen Geist ergriffen wird, sind immer tiefliegende geistige Triebe wirksam, deren Natur uns verborgen bleibt. Doch liefern äussere Umstände, wenn sie das neue Leben auch niemals allein hervorrufen, sicherlich das Element, in dem dieses erst möglich und dadurch auch mehr oder weniger erweckt wird. So passt dann jedenfalls die eigentümliche griechische Kulturentwicklung, wie wir sie auf religiösem Gebiete kennen lernten, völlig zu jenen Zeiten von Drang und Not, wenn sie auch daraus niemals vollkommen zu erklären ist. Als die Zeitverhältnisse so lagen, dass nur kühnes Vorgehen, tatkräftiges Handeln Rettung bringen konnten, war es unmöglich, die Seelenkräfte aus Furcht vor Gespenstern brach liegen zu lassen. Man wendete sich immer mehr denjenigen Göttern zu, die man verstand, brachte diese dem eigenen Wesen immer näher, indem man sie sich immer menschlicher vorstellte. Das Göttliche verlor an Würde und Macht, aber das eigene Kraftgefühl war so gross, dass es weniger auf die von den Göttern zu erwartende Hilfe ankam, wenn nur der eigene Geist von der entnervenden Furcht befreit war. Die mächtigeren Konzeptionen von göttlichem Wesen trugen von selbst über die schwachen, mehr lokalen Gebilde den Sieg davon. Sie verdrängten diese, wie z. B. Apollo an die Stelle der delphischen Gaia, Poseidon und Athene an die des alten Kekrops traten. Das Selbstgefühl dieser Männer bezog sich, bei Homer spricht sich dies noch deutlich aus, manchmal mehr auf ihr Geschlecht als auf ihre Person. Die entwerteten Götter schlichen sich in angedeuteter Weise manchmal in die adeligen Stammbäume ein. Es lag aber der stärkste Antrieb, wodurch eine bestimmte Zahl der Götter in den Vordergrund trat, darin, dass man, indem man sich als eine Nation erkannt hatte, sich auch in der Verehrung eines und desselben Göttertums einigen wollte. An die Spitze des Griechentums, Homer spricht von Achäern, - trat jene Götterfamilie, eine einzige, aber doch auch wieder nicht einigere als die homerische Heroenwelt selbst.

Wo so das ganze Leben und Streben in einer irdischen Tätigkeit aufging und man in dieser die denkbarste Befriedigung fand, bekam die Vorstellung, dass das irdische Leben das Wesentliche sei, eine mächtige Stütze. Das Interesse für sie steigerte sich. Für das Jenseits blieb nichts, was dem menschlichen Dasein Glanz verleihen konnte, übrig. Eine menschliche Grösse völlig ausserhalb des Kampf- und Kriegslebens konnte man sich nur in beschränktem Masse denken. Durch

[ocr errors]

Männertugend stieg man zu den Göttern hinauf; wieviel wusste man nicht von Helden, die mit Göttern den Kampf aufgenommen hatten, zu erzählen. Doch fühlte man wohl, mit solchen Vorstellungen nicht in der jetzigen Welt bleiben zu können. Die herrlichsten Taten waren die früherer Geschlechter. Es verschob sich die Vorstellung von der Herrlichkeit der Ahnen. Der Gedanke an die „, Gerechten", welche auf fernen Inseln fortlebten, wurde zurückgedrängt; man vergass diese himmlische Herrlichkeit gegenüber der irdischen. Im Schlachtgetümmel erreichten auch die Vorfahren das denkbar Höchste. Wie das Göttertum, verweltlichte sich auch das Heroentum. Was den Heros zum Heros machte, geschah auf der Erde. Nach dem Tode war er ein Schatten, wie jeder andere Sterbliche. Ein trauriger Gedanke, dessen man sich nicht entschlagen könnte, ohne den Unsterblichkeitsglauben selbst aufzugeben. Es ist unsicher, ob bereits jene „gerechten" Ahnen pwes genannt wurden; wäre dem so, so würde die Bedeutung „Kriegsheld" die abgeleitete sein; das Umgekehrte der gewöhnlichen Annahme. Merkwürdig ist, dass sogar einige, die auf den Inseln der Seligen bereits ihren Sitz hatten, nach dem Hause des Hades haben hinabsteigen müssen. Nun bekamen sie dort, wahrscheinlich ihrer ursprünglichen Gerechtigkeit wegen, das Amt von Unterweltsrichtern. So Radamanthys, auch wohl Aiakos und Minos. Nur ganz ausnahmsweise wird von einigen Heroen erzählt, z. B. von Menelaos, dass sie an jenen Orten der Seligkeit wohnten. Um den Anfang des letzten vorchristlichen Jahrtausends künden sich aber neue Zeiten an. Unter den griechischen Stämmen entstand eine starke Gährung und ein mächtiger Wandertrieb. Der Einfall der Dorier in den Peloponnes ist nicht das einzige, worin sich der neue Geist bekundete. Die Achäerherrschaften im Peloponnes gingen zu Grunde. Aeolier und auch Ionier breiteten sich über die Küsten und Inseln Kleinasiens aus. Diese standen mehr oder weniger noch auf dem Boden achäisch-mykenischer Kultur, nicht nur in Kunst und Kunstgewerbe, sondern auch in Anschauungen und Lebensart. Die Zeit der Heroen war für diese Menschen längst vorüber, aber auch das mittelalterliche europäische Rittertum fand seine begeistertsten Verehrer in der Zeit seines Niedergangs. Wie mächtig muss die Phantasie dieser Aeolier angeregt worden sein, als sie bedachten, dass es gerade die Umgegend des vom halbgöttlichen Vorgeschlechte zerstörten Troja war, wo sie ihre neuen Wohnsitze gefunden hatten. Das Lied vom troischen Krieg erklang in Aeolien und Ionien, über Küsten und Inseln, bald auch im europäischen Festlande. Niemals hat Griechenland sich von seiner ritterlichen Vorzeit vollständig losgesagt. Der neue Geist hat hier das Alte nur umgestaltet. So ist das Doriertum nur ein verklärtes

Achäertum. Der mächtige neue Trieb war der des Republikanismus. Man staunte noch immer die Taten der Vorfahren an, aber ritterliche Tugenden mussten jetzt das Gemeingut vieler werden. Die alte Männertugend, aber in höherer idealistischer Auffassung, war das, was von einem jeden, nicht nur von einigen wenigen Adeligen, ein Schaustück menschlicher Herrlichkeit machen musste. Man sollte vor den Augen von Göttern und Menschen voll rüstiger Kraft, körperlich schön und gewandt erscheinen; in den Bewegungen mussten sich Selbstbeherrschung, Mut und freie Gesinnung ausdrücken. Diesem Schönen musste man nur seiner selbst wegen nachstreben. Materieller Vorteil durfte niemals der Hauptzweck sein. Auch darüber dachte man nach, wie sich alle diese freiwirkenden Individuen doch zu einer Gesamtheit vereinigen könnten. Man fand die Möglichkeit auch hier in einem ästhetischen Prinzip: in der ευκοσμία „schöne Ordnung" oder εὐνομία konnten alle freien Individuen harmonisch zusammenwirken. Doch entstand zugleich die Furcht, dass auch dieses Rittertum in gegenseitigen Kämpfen vergehen könnte. Die Gymnastik als wohlüberlegtes Mittel der Erziehung kam in Aufschwung. Olympia wurde ein Kampfplatz für Männertugend (apet), die alle Hellenen dort in friedlichem Wettstreit erwerben konnten. Während der olympischen Feste herrschte ein Gottesfriede (èxɛxɛpíz); ein schöner Friedensgedanke inmitten kriegerischer Zeiten, der aber wohl niemals zu grosser praktischer Bedeutung gelangte. Sparta wollte der Vorort republikanischer Freiheit sein; es schützte die freie Gemeinde gegen Tyrannen. Auch machte es in seinem peloponnesischen Bund den Versuch, ein umfangreicheres Hellenentum zu organisieren, wusste aber dabei nicht seinen eigenen Freiheitsgedanken zu wahren. Immer blieb die Ausführung weit hinter der Idee zurück.

Reicher und vielseitiger, nach gleichartigen Grundsätzen, aber doch in weit weniger strenger Auffassung gestaltete sich das äolische und ionische Leben. Hier fühlte man sich am meisten ganz Mensch. Hier genoss man des frohen Lebens, aber versank man auch in die tiefste Wehmut. In den Liedern ergossen sich die verschiedensten menschlichen Gefühle. Hier lag die Geburtsstätte der Demokratie.

In dieser Zeit, als das eigene Leben sich so schön und vielseitig gestaltete, wurde der Gegensatz zu fremden Völkern weit tiefer empfunden als in jener alten Ritterzeit. Man fühlte sich mit seinem hellenischen Wesen einem ganz anders gearteten Barbarentum gegenübergestellt. Der schärfste Gegensatz war der des monarchischen Orients und republikanischen Griechenlands. Es wurden jetzt auch manche alten Sagen vom Standpunkt des Kampfes zwischen hellenischer Sitte

und Barbarei betrachtet. Sogar die Götter kämpften im Gigantenkampf, - den Hesiodos nicht erwähnt, gegen diese erdgeborenen Vertreter barbarischer Roheit. So wurden die Amazonenkämpfe, die Kämpfe von Lapithen und Kentauren, die Argonautenfahrt, auch die troischen Kriege betrachtet. Was muss es gewesen sein, als auch dieses hellenische Rittertum seinen Troierkampf erhielt! Durch die persischen Kriege erreichte die Entwicklung des Hellenentums seinen Höhepunkt.

Aber auch damals konnte sich die Idee des Panhellenismus nicht verwirklichen. Der delische Bund wurde eine attische Herrschaft. Der Kampf gegen das Barbarentum wurde im 4. Jahrh. grundsätzlich aufgegeben. Die Eroberung Asiens durch Alexander, wie bedeutsam auch in ihrer Folge, war nur das Zerrbild jener früheren Kämpfe. Man gab die Einheit auf, um die Freiheit zu wahren, aber auch diese wurde ein geistloses Phantom, das zu unterdrücken die römische Herrschaft sich kaum die Mühe nahm.

Wenden wir uns jetzt der griechischen Religion zu, wie sie sich in diesen geistig ziemlich eng zusammenhängenden mykenischen und hellenischen Perioden entwickelt hat.

§ 7. Der Götterkreis.

Betrachten wir zuerst die einzelnen Göttergestalten, welche aus jenem furchtbaren Durcheinander der Vorzeit allmählich in den Vordergrund getreten sind und in den völlig geschichtlichen Zeiten das gewöhnliche griechische Pantheon bildeten. Kaum kann zu ihm Kronos gerechnet werden, doch genoss dieser, ungeachtet dass er nach der Erzählung von Zeus gestürzt worden war, noch immer ein gewisses Ansehen. Er wurde in alter Zeit, wie es scheint, öfters auf Hügeln verehrt und war ursprünglich ein Gott der Fruchtbarkeit und des Erntesegens, aber zugleich auch des Todes. Man dachte sich ihn wohl selbst verstorben und zeigte noch seine Gräber-, oder in Höhlen schlafend. In seinem Reiche im fernen Westen wohnten die Heroen alten Schlages auf den Inseln der Glückseligen. Ebenso war er der Herr der geringeren, in der Unterwelt eingeschlossenen, bisweilen aber zu Tage tretenden Seelchen, welche z. B., wie wir schon bemerkten, in Athen am Anthesterienfest bewirtet wurden. Mehrere Feierlichkeiten dieses Festes scheinen ursprünglich Kronos gegolten zu haben, an dessen Stelle erst später Dionysos eingesetzt worden ist. Als Erntegott feierte man ihn bei den Kronien auch in Athen mit ausgelassener Freude und zeitweiliger Emanzipation der Sklaven. Als Gemahlin wurde ihm eine Göttin Eileithuia zugesellt, ebenfalls Göttin der Fruchtbarkeit, besonChantepie de la Saussaye, Religionsgeschichte. 3. Aufl. II.

19

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »