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überhaupt nicht gerade von tiefgehender Religiosität, und es ist bezeichnend, dass sie bei den Griechen in so vielen Fällen fast nur zu einer äusserlichen Form einer Ehrbezeigung für Sterbliche geworden ist. Doch hat in andern Hinsichten sich das religiöse Bewusstsein kräftiger erhalten. Dass die Götter auch für die Griechen eine höhere Weltordnung vertraten, mögen auch die der Göttergeschichte einem sittlichen Ideale sehr wenig entsprochen haben, wurde schon mehrmals erwähnt. Auch bei den Griechen bestand die Vorstellung, dass der Mensch sich, ausser durch Opfer, Gebete und Weihgeschenke, auch durch Befolgung göttlicher Gesetze in das richtige Verhältnis zur Götterwelt zu setzen habe. Von einer Uebertretung desjenigen, was stov war, empfand man die grösste Scheu. Die Götter waren die Hüter des Eides; zu den feierlichsten Opfern gehörten die Eidopfer. Auch von diesen Opfern wurde nicht gekostet; das Opfertier verfiel den Todesmächten und die Bedeutung des Opfers war, dass der Schwörende im Fall des Meineides das Schicksal des Tieres teilen sollte. Bei Verträgen und Uebereinkünften genügte manchmal das Trankopfer, die Spende, daher novoαi „Verträge", auch von den dabei gebrauchten Getränken wurde nicht getrunken. Auch wurde die Uebertretung göttlicher Gebote nicht als etwas ganz Aeusserliches aufgefasst, das das Wesen des Uebertreters nicht betraf. Freilich dachte man sich die Sündhaftigkeit als eine Befleckung, und ein Unterschied zwischen körperlicher und geistiger Befleckung wurde nicht gemacht, womit nicht gesagt ist, dass Sünde und materieller Schmutz in der Vorstellung jener Menschen einfach dasselbe gewesen wären. Man hatte sich den Göttern rein zu nähern, was wohl niemals eine Sache des Anstandes und der Liebe zur körperlichen Reinlichkeit gewesen ist. Wir bemerkten mehrmals, wie das Reinliche, das Unverletzte, dem göttlichen Wesen zu entsprechen schien; auch das körperlich Reine konnte in Uebereinstimmung mit einer höheren Weltordnung erscheinen. Man könnte fast sagen, dass materielle Reinheit, indem sie mit der ethischen zusammenfloss, zu höherer, ideellerer Bedeutung stieg. Als besonders verunreinigend galten, auf das eine und andere wurde schon hingewiesen, - die Berührung von Toten und von allem, was zu einer Geburt in Beziehung stand, auch Beischlaf, am meisten aber das Blut eines Erschlagenen. Wir wissen, wie die ispópavot ihre Lebensart mehr oder weniger der Heiligkeit der Götter anzupassen bestrebt waren. In gewissem Grade aber musste ein jeder äyvos sein. Alljährlich wurde bei den Thargelien in Athen und anderswo das ganze Volk von seinem Sündenschmutz gereinigt. Dies weist schon auf eine gewisse, sei es auch nur halb bewusste Vorstel

lung von einer fortwährenden Sündhaftigkeit der menschlichen Natur, wodurch nach jeder Reinigung immer wieder neue Befleckung herbeigeführt wird. Freilich konnten besondere Befleckungen hinzutreten, die dann durch besondere Reinigungen beseitigt werden mussten; so z. B. jene grosse Reinigung des attischen Volkes von dem Kylonischen Blutfrevel, für welche Epimenides aus Kreta nach Athen gerufen wurde. Auch jene Vorstellung der an, eines innerhalb eines Geschlechtes sich fortpflanzenden Fluches, wodurch eine einst begangene Freveltat von Generation zu Generation neue Freveltaten hervorrief, zeugt von tieferer ethischer Auffassung. Der schöne Spruch, den man im Vorhof des Asklepiostempels zu Epidauros las, nach dem „niemand rein ist, ausser wer Heiliges denkt“ 1, á¡veiŋ d'éoti ppoveîv öola, war auch einem Griechen gewöhnlichen Schlages nicht ganz unverständlich, wie wenig derselbe auch als ein allgemeiner, mit voller Bewusstheit anerkannter Grundsatz für das sittliche Leben gelten konnte. Immer blieb man noch stark von der Vorstellung befangen, dass die Verunreinigung an der das göttliche Recht verletzenden Tat selbst hinge, für sich genommen, abgesehen von jeder persönlichen Gesinnung, und nur mühsam und unvollkommen erhob man sich zu der Einsicht, dass z. B. beabsichtigter und unbeabsichtigter Totschlag, gerechte und ungerechte Tötung doch nicht dasselbe wären. Auch das botov, das göttliche Recht selbst, bezog sich immer am meisten auf eine bestimmte Klasse von Vergehen, weniger gab es eine allgemeine sittliche Norm. Noch immer dachte man zuerst an Blutschuld, Tempel- und Gräberschändung, Pflichtversäumnis gegen Verstorbene, Verletzung des Gastrechtes u. a. Ebenso verdient Beachtung, dass man nicht zu der Vorstellung gelangte, dass jede spezielle Sündenbefleckung durch eine spezielle Reinigung gesühnt werden müsse. Dies ist wohl fast nur auf die Blutschuld beschränkt. Uebrigens kam man kaum weiter als zu einer allgemeinen Vorstellung von Verunreinigung durch Sünde und ein allgemein gefühltes Reinigungsbedürfnis.

Auch beim Reinigungszeremoniell tritt kein prinzipieller Gegensatz zwischen materieller und sittlicher Befleckung hervor. Ein gewöhnliches Reinigungsmittel war fliessendes Wasser, auch Opferblut, besonders z. B. das von noch saugenden Ferkeln. Ebenso wurde der zu Reinigende mit Stoffen, welche, wie man glaubte, das Unreine aufsaugten, bestrichen, wie nasser Erde oder Eidottern. Auch dem Lorbeer, der Feige, der Niesswurzel wurde reinigende Kraft zugeschrieben. Auch durch Räucherung mit Schwefel, Weihrauch u. a. wurde die Unreinig

1 Porph. de abst. II 19.

keit fortgenommen. Ebenso sog das Fell des Opfertieres die Unreinlichkeiten auf, so das des Widders, welcher dem Zeus Meilichios geschlachtet worden war, das Aòç xýtov, worauf der zu Reinigende den linken Fuss zu stellen hatte. Hatte man ein ganzes Land oder eine Stadt zu reinigen, so wurden die Reinigungsmittel, xa0áppata, besonders die Opfer und jenes Widderfell, umhergetragen. Bei allen Reinigungen wurden die Stoffe, welche die Unreinigkeit aufgenommen hatten, beseitigt, und man durfte sich beim Verlassen des Ortes, wohin man diese geworfen hatte, nicht einmal umsehen. Stärker tritt das ethische Moment bei den eigentlichen Sühnopfern hervor, wobei man dachte, dass das Opfertier wirklich mehr oder weniger die Schuld anderer, für die diese den Tod verdient hätten, auf sich nahm. Von diesem Tier, das dazu bestimmt war, die Unreinigkeit zu absorbieren, wurde selbstverständlich nicht gekostet. Ein sehr geeignetes Sühnopfer war das Menschenopfer. Auch Epimenides soll bei der Reinigung Athens ein solches dargebracht haben. Bei den bereits mehr genannten Thargelien wurden zwei Männer, pappaxoi, als Sühnopfer aus der Stadt hinausgeführt und darauf, wenigstens war dies die ursprüngliche Sitte, gesteinigt.

Es ist nicht undenkbar, wenn auch nicht nachzuweisen, dass gewisse griechische Reinigungsgebräuche fremdländischen Ursprungs waren, aber jene Vorstellungen über göttliche Reinheit und Unverletzlichkeit, in denen doch das griechische Reinigungs- und Sühnungswesen wurzelt, sind in hohem Grade allgemein menschlich, und das hohe Alter derselben wird auch dadurch verbürgt, dass es in unverbrüchlichem Zusammenhang steht mit dem uralten Glauben an das Dämonentum und die finsteren Mächte der Unterwelt, besonders an die Erinnyen, welche uns bekanntlich in die graueste Vorzeit versetzen. Es gab fast kein griechisches Schuldbewusstsein ohne diese uralten Vorstellungen. Der Erlöser aber, der Reiniger, das war der Lichtgott Apollo, der einst dem griechischen Geist Lebenslust und Lebensmut schenkte, Apollo, der Gott auch der Thargelien.

Dass in der Vorzeit der an der griechischen Religion, wie an jeder Naturreligion, haftende Zauber von der höchsten Bedeutung gewesen sein muss, wurde schon berührt. Aber noch in geschichtlicher Zeit führt z. B. Plato' Beschwörungen (endai) und Zauberei (7ontaía) unter den gewöhnlichen Kulthandlungen an, und es lässt sich kaum sagen, inwieweit damals auch im öffentlichen Kult gewisse überlieferte Zauberriten noch im richtigen Gefühle ihrer wirklichen Bedeutung

1. Symposion 202 E.

vollzogen wurden; auch wird dies bei verschiedenen Individuen verschieden gewesen sein. Im allgemeinen aber entwickelte sich der griechische Geist gerade in entgegengesetzter Richtung als z. B. der der stammverwandten Inder, bei denen das Zauberwesen, immer mehr systematisch ausgebildet, für das religiöse Leben auf höherer Kulturstufe eine überwiegende Bedeutung bekam. Es waren denn auch die zahlreichen, ursprünglich auf Zauber zurückgehenden Kultgebräuche dem aufgeklärten Hellenentum so ziemlich unverständlich geworden. Sie hatten einen ganz konventionellen Charakter angenommen und Sinn und Bedeutung musste für sie erst gesucht werden. Auch für symbolische Deutung fehlte den Griechen der rechte Sinn, sie neigten, wie wir wissen, am meisten dazu, alles geschichtlich aufzufassen. Es sind nun die heiligen Handlungen, welche die Griechen opóueva nannten, nichts anderes als ehemalige Zauberakte oder halbverständliche fetischistische Kultgebräuche, und wenn nun mit diesen in einem Zuge λéyopa erwähnt werden, so könnten letztere wohl nur unverständlich gewordene Zaubersprüche gewesen sein. So war die schon erwähnte Umherführung einer Regen erweckenden Amphora ein δρώμενον. Ein δρώμενον war auch das Beilager der Basilinna mit Dionysos, was ursprünglich nur als ein Mittel, die phallische Kraft des Gottes zu erwecken, gedacht sein kann, ein opάuevov, um auch einen mehr deutlich fetischistischen Kultgebrauch zu nennen, - freilich sind Fetischismus und Zauber nicht zu trennen, war jene Waschung des Athenabildes an den Plunterien. Das Rind, das bei den attischen Buphonien erst mit vielen Zeremonien getötet, darauf gleichsam wieder neu belebt wurde, indem man die Haut mit Heu ausstopfte und an einen Pflug anjochte, galt ursprünglich als die Verkörperung eines Vegetationsgeistes, und ursprünglich sollte dieses opúpavov Dürre und Hungersnot abwehren. Später, als man den wahren Sinn solcher Kultgebräuche nicht mehr verstand, ersann man eine ätiologische Legende, welche die Einsetzung dieser Gebräuche auf ein vorausgesetztes geschichtliches Ereignis zurückführte. So wurde z. B. in Delphi die sog. Charilapuppe erhängt. Dies war ursprünglich ein Mittel zur Beschwichtigung böser, die Ernte bedrohender Einflüsse. Später nun, als dieses opópevov in seiner ursprünglichen Bedeutung nicht mehr verstanden wurde, erzählte man, dass die Charila ein Waisenkind gewesen sei, das in voralter Zeit, als Hungersnot im Lande herrschte, beim König an der Tür um Brot gebeten, aber statt dessen Schläge bekommen und sich darauf in Verzweiflung erhängt hätte. Nun aber wurde die Hungersnot noch ärger und ein Orakelspruch verlangte vom König, den Geist jenes Mädchens zu versöhnen;

dies geschah durch das opopevov, das man wunderbarerweise als Totenfeier deutete.

Zu dieser Klasse von Kultgebräuchen gehören, wenigstens stehen mit ihnen in engstem Zusammenhang, zwei Arten von Festfeiern, welche für die hellenische Kultur in hohem Grade charakteristisch geworden sind, das dionysische Drama und die Wettkämpfe. Sie verdienen eine besondere Besprechung.

§ 11. Das griechische Drama. Die Kampfspiele.

Aus dem am Ende des vorigen Kapitels gegebenen Beispiele lässt sich die Art der sog. popeva genügend erkennen. Ein alter, weitverbreiteter Irrtum identifiziert dieselben mit dem eleusinischen papa uvoτxóv. Damit wird dem Worte eine viel zu enge Bedeutung beigelegt. Wie wir aber bei der Besprechung des Dionysosdienstes gesehen haben, kam der Mensch, indem er durch eigene Tätigkeit die Gottheit zur Handlung anzutreiben suchte, leicht dazu, sich selbst gleichsam an deren Stelle zu setzen, was man von ihm erwartete, selbst zu verrichten, was die Gottheit erfuhr, selbst zu erfahren. Apáμara, mimische Nachahmung göttlicher Handlungen und Erlebnisse, gehörten zu den popeva, deren Begriff aber noch zahlreiche andere Handlungen umfasst.

Nun hat aber das papa, die mimische Darstellung im Kultus, im Laufe der Zeit im Dionysosdienst eine tiefeingreifende Umgestaltung erfahren. In der bakchischen Begeisterung, unter Tanz und Musik, vereinigte sich der Verehrer so eng mit der Gottheit, wie fast in keinem andern griechischen Kulte. Der Satyr war, wie bemerkt, ursprünglich der dem auch wohl als Bock gedachten phallischen Gott ähnliche bocksgestaltige Verehrer. Später wurden solche Satyrn mehr als die dämonischen Diener der Gottheit gedacht. Es wurde nun das Bakchoslied, der Dithyrambos, wenigstens im Peloponnesos, von Satyrchören gesungen; wohl nicht mit Unrecht hat man schon im Altertum den Namen parodia, Bocksgesang, davon abgeleitet. Dieses Lied muss, solange man darin das Leiden des zerstückelten Gottes mit erlitt, ein Trauerlied gewesen sein, war aber der Gott zum neuen Leben erwacht, so schlug die Stimmung ganz in die entgegengesetzte um und man gab sich der ausgelassensten Freude hin. Nun hat aber Sikyon im 7. Jahrh. das Beispiel gegeben, die Erlebnisse des Gottes durch die der Heroen zu ersetzen, wie man diese aus den Heldensagen kannte. Der Umschlag aber von Trauer zur Freude blieb, und hatte das Satyrkostüm der Choristen seinen Sinn verloren, so blieb dieses doch bei der travestierenden Darstellung einer Heroengeschichte, der „scherzenden Tra

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