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heitsgefühl in der Anerkennung der hohen Bedeutung gemeinsamer Anschauungen und Lebensideale dem so anders gearteten Barbarentum gegenüber begründet war. In Olympia sollten sich in jedem vierten Jahre, auch aus den entlegensten Winkeln der hellenischen Welt, alle, welche die Ausbildung der eigenen Persönlichkeit, das grosse Ziel der olympischen Gymnastik, als das Eigentümlichste des hellenischen Wesens betrachteten, versammeln. Man ging in Elis sogar so weit, dass, während der spartanische Republikanismus, hier in höchstem Grade ein Vertreter hellenischer Grundsätze, sich überall die Bekämpfung der Tyrannen zur Pflicht stellte, die Eleer sogar ihr Heiligtum für die Tyrannen aus allen Orten Griechenlands anziehend zu machen suchten, indem sie verschiedene Arten hippischer Kampfspiele einführten, wobei besonders reiche Gestütsbesitzer durch ein grossartiges Gepränge schöner Pferde und Wagen und jugendlicher, kräftiger Lenker glänzen konnten. Es lässt sich nicht leugnen, dass bei solchen Kampfarten, wobei man mehr durch Reichtum als eigene Kraft und Gewandtheit siegte, die Lenker brauchten nicht einmal die Besitzer selbst zu sein, vom ursprünglichen Ziele abgewichen wurde. Gewissermassen waren die olympischen Ordnungen auf gleichem geistigem Boden erwachsen, wie jene uralten Amphiktionien. Doch war selbstverständlich der ganz ideelle olympische Panhellenismus weit universellerer Natur als die Einheitsgefühle der Amphiktionien, welche doch immer eine vertragsmässige Vereinigung einer bestimmten Zahl von Staaten waren. Auch staatliche Bildungen, wie die späteren Bunde der Spartaner und der Athener, entsprachen dem elischen Einheitsideal gar nicht. Olympia durfte jeder freie Hellene gewissermassen als sein Heiligtum betrachten und jeder konnte leicht berechnen, wann in der Zeit um die Sonnenwende in jedem vierten Jahre die Feier stattfand. Den Vorstellungen aber eines auf Gleichheit der Abstammung und Lebensrichtung beruhenden natürlichen Freundschaftsverhältnisses zwischen allen Stämmen griechischer Zunge entsprach auch jenes elische Ideal der Männertugend, und wir haben hier ausführlicher auf einiges schon oben Berührtes zurückzukommen. Kriegstugend, wie die der Spartaner, konnte sich fast nur in männermordendem Kampfe von Griechen mit Griechen betätigen, im olympischen Stadion dagegen wurde dem mächtigen Tatendrang jener jugendlich frischen Volkskraft ein Kampfplatz geboten, wo er volle Befriedigung fand, das Töten des Gegners aber streng verpönt war. Schon das alte Amphiktionenrecht bezweckte, wie wir wissen, Milderung der Schrecken des Krieges unter Mitgliedern des Verbandes. Es wurde nun, oben schon kurz berührt worden ist, nach den Bestimmungen jenes

wie

angeblich schon von Iphitos eingesetzten Waffenstillstandes, exexepia, im heiligen Monat, in dem die Festspiele stattfanden, durch umherziehende Spondophoren, sπоvôоpópot, ein allgemeiner Frieden verkündet. Dies war ein Institut wie der mittelalterliche Gottesfrieden, hier aber auf Grundlage ganz anderer religiöser Anschauungen.

Die geistige Bewegung, welche von Olympia ausging, war eine der mächtigsten, welche jemals die Griechenstämme ergriffen hat. Zuerst schlug sie sogar auf das alte Delphi über. Das Heiligtum lag im Gebiete der Stadt Krissa und empfand den Druck dieser Herrscher in mancher Hinsicht; sogar Zölle wurden von den nach Delphi Wandernden erhoben. Nach erbittertem Kriege wurde Krissa von den Amphiktionen und ihren Verbündeten zerstört (590 v. Chr.); die krissäische Ebene wurde dem Gotte geweiht. Delphi wurde ein selbständiger Staat, überwiegend unter dem Einfluss der Amphiktionen. Diese fügten sich ganz den neuen Verhältnissen. Nach olympischem Muster wurden die gewiss uralten pythischen Spiele umgestaltet. Anstatt in jedem neunten Jahre, wurde fortan, nach olympischer Weise, die Festfeier in jedem vierten Jahre vorgenommen. Die delphische Oktaeteris, nach der vorher gerechnet wurde, wird keine genügend allgemeine Verbreitung gehabt haben. Bald wurden auch die Spiele auf dem Isthmos bei Korinth und die bei Nemea in Argolis ebenfalls nach olympischen Grundsätzen umgestaltet. Es gab darauf in Griechenland vier ἱεροὶ ἀγῶνες, „kränzebringende" στεφανῖται.

Es hat sich gezeigt, in welchem Grade sich das religiöse Leben unter dem Einfluss einer ausschliesslich den diesseitigen Interessen zugewandten Geistesrichtung umgestaltet hat, und höchst bezeichnend ist es, wie sich diesem Prozess der Verweltlichung gegenüber das religiöse Bewusstsein doch bisweilen ziemlich stark zu halten gewusst hat. Nun hat aber dieser Prozess durchaus nicht das ganze religiöse Leben ergriffen. Die Neigung des griechischen Geistes, sich ohne Weisungen von oben her aus sich selbst heraus zu bilden, hatte auch die natürliche Folge, dass fast nichts Menschliches ihm fremd blieb, und es bestanden neben demjenigen, was der griechischen Kultur ihr eigentümliches Gepräge gab, andere, ganz entgegengesetzte Strömungen, und merkwürdigerweise kam der Gegensatz des so verschieden Gedachten und Gefühlten meistens kaum zum Bewusstsein und hat nur selten gewaltsame Zusammenstösse veranlasst.

§ 12. Orphismus und Mysterien.

Literatur: Von der älteren, mehr speziellen Literatur sei hier allein wegen des Reichtums von Stoffgenannt CHR.A.LOBECK, Aglaophamus, sive de theologiae mysticae

Graecorum causis libri tres (2 Bde, 1829). Ferner sind zu erwähnen: P. SCHUSTER, De veteris Orphicae theogoniae indole atque origine (1869); O. KERN, De Orphei, Epimenidis, Pherecydis theogoniis quaestiones criticae (1888); O. GRUPPE, Die rhapsodische Theogonie (1890); A. DIETERICH, De hymnis Orphicis capitula quinque (1902); O. RUBENSOHN, Die Mysterienheiligtümer in Eleusis und Samothrake (1892); G. ANRICH, Das antike Mysterienwesen in seinem Einfluss auf das Christentum (1894); E. MAASS, Orpheus (1895); A. E. J. HOLWERDA het heiligdom en de mysteriën van Eleusis, in den Verslagen en Mededeel. der koninkl. Acad. van Wetenschappen (1895); D. PHILIOS, Eleusis, ses mystères, ses ruines, son musée (1896); P. FOUCART, Les grands Mystères d'Eleusis in den Mémoir. de l'Acad. des inscript. et bell. lettr. (1901); J. SvoroNOS, Artikel über die eleusin. Bildwerke im Journ. internat. d'archeol. Numism. (1901) usw.

Wir haben oben, bei Behandlung des griechischen Dramas, gesehen, in welch hohem Grade der thrakische Orgiasmus hellenisiert werden konnte. Nun hatte aber jene thrakische Religion doch auch eine Seite, durch die sie ebenfalls jahrhundertelang auf das griechische Leben eingewirkt hat, aber ohne dass das Thrakische völlig in dem Griechischen aufging, und mit einer Bestimmtheit des Gegensatzes, welche hier wirklich bisweilen zu gewaltigen Zusammenstössen geführt hat.

Der Charakter der thrakischen Religion, wie sie in ihrer Heimat gewesen sein muss, wurde oben bereits kurz beschrieben. Wir haben jetzt, insoweit es ihren mit ihrem Orgiasmus so eng zusammenhängenden Jenseitsglauben betrifft, darauf ausführlicher zurückzukommen.

Man fühlte sich, dies wurde schon berührt, in ekstatischen Zuständen des Orgiasmus eins mit der Gottheit. Im Taumel der Begeisterung bekam man sogar das Gefühl, als ginge das eigene Wesen gänzlich in dem des Gottes auf. Nun aber stellte man sich allem Erlebten auch in beschaulicher Betrachtung gegenüber. Mit Grauen wurde man beim Gedanken an den zerstückelten Gott erfüllt, aber, damit tröstete man sich, der Verstorbene war doch nicht eigentlich tot, er lebte auch im Tode. Auch dachte man sich den Untergang des Gottes wohl als ein nur zeitliches Verschwinden: er hatte sich in einen unterirdischen Aufenthaltsort zurückgezogen, um zur bestimmten Zeit zurückzukehren. Jedenfalls lebte und waltete im Jenseits doch immer der grosse Gott, und wie nun der Tod des Gottes, so bedeutete auch der des Menschen keinen wirklichen Untergang. Im Orgiasmus genoss man einen Vorgeschmack der jenseitigen Glückseligkeit, und diese dachte man sich nach Analogie der bakchischen Begeisterung, was die Griechen veranlasste, spottend von einer Himmelsfreude zu sprechen, welche in ewiger Trunkenheit bestand. Wie im ekstatischen Zustande. auf der Erde, ging man im Jenseits im Gott gleichsam auf, natürlich in noch höherem Grade. Das Sterben bedeutete ein Fahren zu dem Gotte. Das irdische Dasein war so trübe und elend, ihm gegenüber

der Tod ein so grosses Glück. War ein Kind geboren worden, so konnte man darüber wehklagen, dass wiederum einer den harten Lebenskampf zu bestehen hatte; dagegen konnte man bei der Bestattung seiner Geliebten jauchzen. Nicht ein jeder fuhr aber zum Gotte; der Ungerechte wurde abgewiesen. Vom sittlichen Betragen auf Erden hing die Glückseligkeit im jenseitigen Leben ab; wer dort mit dem Gotte vereinigt sein wollte, musste hier wenigstens ihm gleich zu sein streben. Die Thraker hatten einen Ruf von Rechtlichkeit. Höchst wahrscheinlich ist es auch, dass der irdische Orgiasmus etwa als ein Zaubermittel galt, um den Menschen auch zu dem himmlischen zu verhelfen. Dem Gotte hier auf Erden wäre, meinte man, der Priester am ähnlichsten; stark sprachen bei den Thrakern die hierarchischen Tendenzen mit: wir hören von Priestern, welche, wie der Gott in seine unterirdische Wohnung, sich in eine Erdhöhle zurückzogen und sogar „Gott" genannt wurden; die Sitte, sich dem Gotte in der äusseren Erscheinung ähnlich zu machen, war, wie wir wissen, für die bakchischen Kulte geradezu charakteristisch. Auch die Keime zu einer pantheistischen Weltanschauung scheinen hier, wo man sich wenigstens den Menschen so in der Gottheit aufgehend dachte, gegeben. Dies etwa war der Sinn des thrakischen Unsterblichkeitsglaubens. Um an einem Beispiel deutlich zu machen, in welchen rohen Formen sich dieser aussprach, sei hier der Brauch, zu bestimmter Zeit einen Boten zum Gott zu senden, erwähnt. Hierbei wird eine Person auf drei Speere geworfen; stirbt sie nicht, so ergibt sich daraus, dass sie ein schlechter Mensch sei und deshalb vom Gotte abgewiesen werde; nun muss ein anderer gesandt werden. Die primitive Roheit einer Naturreligion schliesst aber erhabene Ahnungen und tiefe Gemütsregungen nicht aus, und die der Thraker haben Jahrhunderte hindurch das Geistesleben des hochgebildeten Griechentums in mancher Hinsicht gestützt und gehoben.

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Der Thrakerglaube in griechischer Gestalt ist der Orphismus. Das spätere Griechentum nannte mit Ehrfurcht die uralten Sänger Musaios und Orpheus, und besonders letzterer, Schüler oder Lehrer des ersteren, darüber war man nicht einig, galt als ein Thraker und Vermittler der thrakischen Weisheit. Vollends aber wurde Orpheus eine Gestalt der griechischen Sagengeschichte und auch die Lehre seiner Nachfolger, der Orphiker, hat sich ganz in das Gewebe griechischer Mythen und Sagen eingenistet. Höchstwahrscheinlich ist, dass die orphische Dichtung bis in sehr alte Zeiten hinaufreicht, und Meinungen wie die, dass z. B. in der Höllenfahrt der Odyssee der Einfluss orphischer Vorstellungen zu spüren sei, sind durchaus nicht von vornChantepie de la Saussaye, Religionsgeschichte. 3. Aufl. II.

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herein abzuweisen. Dass auch orphische Lieder, wie die epischen, sich lange nur mündlich fortgepflanzt haben, ist sehr wahrscheinlich. Später entstand eine reiche orphische Literatur, und vor allem zur Zeit des sinkenden Heidentums blühte mit den orphischen Kulten eine orphische Dichtung. Zahlreiche Namen orphischer Gedichte sind uns überliefert worden, Hymnen, Höllenfahrten, Weihungen (tekstaí), heilige Reden (spot λóyot) usw. Nur spärliche Ueberreste sind auf uns gekommen. Viele orphische Gedichte kennen wir nur, soweit sie sich aus den Zitaten späterer Schriftsteller, besonders der Neuplatoniker, rekonstruieren lassen. Das meiste, was uns erhalten ist, stammt gewiss aus späterer Zeit. Hymnen sind unzweifelhaft in sehr alter Zeit in orphischen Zusammenkünften gesungen worden, die uns erhaltenen sind aber aus der alexandrinischen Periode. Orphische Kosmogonien (Theogonien) gab es mehrere. Gewöhnlich glaubt man in dem überlieferten Fragmentenwirrwarr ihrer vier unterscheiden zu können. Das Nachsinnen über Götter und Welt und das eigene menschliche Dasein lag in hohem Grade auch im Wesen dieser thrakischen Geistesrichtung, und es versteht sich, dass diese, als sie ins griechische Geistesleben übergegangen war, auch ihre theologische Welterklärung, ihre „Geburt der Götter" haben musste. Den Dichtungen der griechischen Theologen Hesiodos, Pherecydes, Akusilaos, Epimenides stellte sich eine in ihrer Abfassung gleichartige orphische Dichtung zur Seite. Eine jener vier orphischen Theogonien war in den in 24 Rhapsodien abgefassten ispoi λóyo enthalten. Nach SCHUSTER und andern wären sie aus sehr später Zeit. Andere, z. B. KERN, urteilen anders, und es wird behauptet, dass wenigstens Plato sie gekannt habe. In ihren Hauptzügen war ihr Inhalt folgender'.

Im Anfange war die Zeit (Xpóvos), diese aber erzeugte den Aither (Ap) und das Chaos (Xaóc), einen „, riesigen Schlund“ (πeλóρtovɣáoμa). Noch andere Wesen wurden erzeugt, darunter der Eros (Epos). Darauf aber machte die Zeit für den Aither ein silbernes Ei. Der Aither erfüllte dieses mit seinen Samen; das Chaos brütete über dem Ei, das es in seinem gewaltigen Busen umfasst hielt. Plötzlich aber wird die silberne Eierschale durchbrochen, und in einem gewaltigen Bogen springt ein herrliches Lichtwesen heraus, Μήτις, Ἠρικεπαῖος; die Götter nannten es den erstgeborenen Phanes (Þávy πршτóyоvoç). Dieser, männlich und weiblich zugleich, trägt im Keime eine ganze Welt in sich. Diese geht aus ihm hervor; sie wird von ihm geordnet; Götter

1 Nach A. E. J. HOLWERDA, De Theogonia orphica in der Mnemosyne von 1893 u. 94.

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