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Auskunft, dass Zeus aus zwei Fässern den Menschen Gutes und Böses zuteilt. Sie verlangen statt der nach Willkür waltenden göttlichen Personen nach einem objektiven Massstab, einem gerechten Weltregiment, tì xexpiuevov (Theognis), und finden ein solches nicht. Am heftigsten ist Theognis über das Unrecht in der menschlichen Geschichte empört. Er hadert mit Zeus, der dem Tugendhaften und dem Lasterhaften oft gleiches Los zusendet, und zieht daraus den Schluss, dass es keine Gerechtigkeit gebe, und keinen Weg, um den Göttern zu gefallen. Merkwürdig ist in dieser Invektive sowohl, dass Zeus schlechthin für das Weltregiment steht, als auch dass der Dichter sich diesem mehr schmähend als zweifelnd gegenüberstellt. Dieser pessimistischen Ansicht oder diesem Unglauben entspricht eine harte, egoistische Moral, welche der Erbitterung Vorschub leistet und sich an der Rache weidet.

Allerdings bekundeten mehrere Dichter eine edlere Gesinnung. So namentlich Solon, der in der Welt sogar Spuren göttlicher Gerechtigkeit aufzufinden wusste. Er war einer der Hauptrepräsentanten griechischer Weisheit, der zum Masshalten aufforderte, die Mühsal des Lebens wohl erkannte und darum vor dem Tode niemand glücklich pries, aber sich nicht gegen die Götter auflehnte. Die Hauptbedeutung dieser Lyriker für die Religionsgeschichte ist, dass sie zuerst das Problem der Theodicee gefühlt haben. Insofern haben sie der Tragik vorgearbeitet.

§ 15. Pindaros, Aeschylos, Sophokles.

Literatur: Von den zahlreichen Monographien seien hier bloss erwähnt: L. SCHMIDT, Pindars Leben und Dichtung (1862); E. BUCHHOLZ, Die sittliche Weltanschauung des Pindaros und Aeschylos (1869); FR. LÜBKER, Sophokleische Theologie und Ethik (I, 1851; II, 1855).

Das 5. Jahrh. hat in der griechischen Welt einen in der Weltgeschichte einzigartigen Reichtum von geistiger Bildung gezeigt. Die tatkräftige und freudige Periode der Perserkriege, die grosse Blüte Athens in der perikleïschen Zeit, die Auflösung durch politischen Hader und sophistische Bildung: dies alles, so oft ausführlich behandelt und so verschieden beurteilt, gehört zur Welt- und Kulturgeschichte. Es hat aber auch für die Religion hervorragende, wenn auch für die griechische selbst nur indirekte Bedeutung. Uns liegt es hier ob, die Hauptgestalten nach ihrem religiösen Wert vorzuführen.

Pindar (522-448) nimmt unter den lyrischen Dichtern aller Zeiten eine hervorragende Stelle ein. Er lebte während seines Mannesalters zwar ganz in der Zeit der Freiheitskriege, seine Verhältnisse verursachten aber, dass er kein begeisterter Anhänger der nationalen

Bewegung war, sondern von der gehobenen Stimmung nur spät berührt wurde. Pindar gehörte der thebanischen Aristokratie an, welche bekanntlich den Persern zugetan war. Als infolge der Siege die nationale demokratische Partei auch in Theben die Oberhand gewonnen hatte, scheint er eine vermittelnde Rolle gespielt zu haben und namentlich dem inneren Bürgerzwist entgegengetreten zu sein. Aber sein Gesichtskreis blieb keineswegs auf Theben beschränkt. Im Gegenteil repräsentiert er mehr als irgend ein anderer Dichter die griechische Einheit. Er stammte aus dem Geschlecht der Aegiden und hatte dadurch nahe Beziehungen zu Sparta; auch mit Aegina unterhielt er einen regen Verkehr; er sang das Lob Athens und war mit den Fürsten von Syrakus, Agrigent und Kyrene befreundet. Seine Reisen führten ihn in alle Teile der griechischen Welt. Seine Verbindung mit der delphischen Priesterschaft betonte er gern. Von seinen Gedichten sind die Epinikien, Loblieder auf die Sieger bei den olympischen und pythischen, isthmischen und nemeïschen Spielen, vollständig, die andern, worunter Hymnen und andere religiöse Lieder, nur fragmentarisch auf uns gekommen. Die grosse Mehrzahl der Epinikien lässt sich chronologisch ordnen, wodurch sie einen Blick in den Entwicklungsgang des Dichters gewähren; dies hat L. SCHMIDT überzeugend dargetan.

Die Meisterschaft Pindars in den Epinikien zeigt sich vornehmlich in der vollkommenen Weise, in welcher er die besondere Veranlassung des Gedichts in das Licht allgemeiner Ideen stellt. Der Dichter zeichnet den religiös-sittlichen Hintergrund nicht durch einzelne eingestreute Bemerkungen und Betrachtungen, sondern durch die ganze Anlage der Oden. Das Individuelle ist so völlig von einem allgemeinen Gesichtspunkt aus betrachtet, dass manche nur dieses Allgemeine bemerken und meinen, den Inhalt der einzelnen Oden in abstrakten Formeln wiedergeben zu können, wobei sie aber doch das Kunstwerk verstümmeln und übersehen, dass die lokale Färbung und die besonderen Umstände jedem Gedicht ein eigentümliches Gepräge geben. Der Dichter feierte den Sieg, verkündete das Lob des Siegers, wie seiner Vorfahren und seiner Vaterstadt, und erweiterte dann seinen Rahmen, um die Mythen einzufügen, welche sich auf das Geschlecht oder die Stadt des Siegers bezogen. Diese Mythen galten ihm aber nicht als eine fremde Zutat, sie standen mit dem Plan des Gedichts in wesentlichem Zusammenhang. Im Geiste des Dichters war die heroische Vorzeit die verklärte Abspiegelung der Gegenwart, die Tugend der Ahnen lebte in ihren Nachkommen fort. So wandte Pindar die Mythologie zur Idealisierung seiner eigenen Zeit an.

An die Mythen legte Pindar einen sittlichen Massstab an. Von den Göttern soll man nur Edles aussagen, deshalb hat Pindar manches aus der mythischen Ueberlieferung verschwiegen oder sogar geändert: er erklärt ausdrücklich, er berichte àvtia пpotéршv. Wohl erzählt auch er einige Mythen, in welchen die Götter leidenschaftlich aufflammen, aber sie fügen sich wieder rasch in die sittliche Ordnung, „die in ihnen noch vorhandene Anlage zur Verfehlung überschreitet das Stadium der Versuchung nicht" (L. SCHMIDT). Eine erhabene Schilderung Apollos gibt aber Pyth. V: Apollo ist der Gott der Heilung, des Gesangs und der Musik, des Friedens und des Rechts, der Weissagung; auch soll man ihm Opfer und Weihgeschenke darbringen. Bei Pindar herrscht durchaus eine fromme Gesinnung; er verehrt die Götter mehr als Lenker der menschlichen Geschicke, als dass er bei ihren mythischen Abenteuern verweilt. So ist der anthropomorphische Charakter der Götter bei ihm etwas verwischt, wenigstens sind die niederen Züge abgestreift. Es ist also von vornherein unwahrscheinlich, dass Pindar den Göttern die niedere Leidenschaft des Neides zugeschrieben habe. Wohl ist auch bei ihm häufig von dóvos tŵv deŵy die Rede, aber hierbei muss man an die göttliche Gerechtigkeit denken, welche den Menschen innerhalb seiner Grenzen hält und seine ẞpts bestraft. Bei einer solchen Auffassung ist es natürlich, dass bei Pindar die individuellen Götter etwas zurücktreten, während sehr oft die Rede ist von der göttlichen Regierung, von der Bestimmung, dem Los, welche allerdings von den Göttern oder von Zeus entschieden werden, und von welchen der Mensch sich tief abhängig fühlt. Daneben kommen Moire (oder die Moiren), Tyche, Chronos, Aion, rótuos, aioa, auch der Geschlechtsdämon, daip.wv revéλios, vor. Diese göttlichen Mächte leiten und bestimmen alles: alle Ordnungen des Lebens, Ehe und Familie, Staat und Recht stehen unter ihrem Schutz.

Merkwürdig ist bei Pindar die Betrachtung der zwei Seiten des menschlichen Lebens und die damit verbundene doppelte Stimmung. Der Mensch fühlt sich zugleich den Göttern verwandt und durch eine tiefe Kluft von ihnen getrennt. Durch seinen Hochsinn ragt er bis an die Götter hinan, aber anderseits führt er eine ephemere, keinen Augenblick sichere Existenz. Er ist nur der Traum eines Schattens, σκιᾶς ὄναρ, und doch bestrahlt ihn göttlicher Glanz, αἴγλα διόσδοτος 3. Darum sei sich der Mensch dieser Vergänglichkeit und Abhängigkeit tief bewusst und strebe nicht übers Mass: Pindar warnt sehr nach

1

u. a. Ol. I 56; IX 55.

2 Isthm. VII, Pyth. IX.

Nem. VI 1-14; Pyth. VIII 141-146.

drücklich vor der 53pts. Der Mensch fällt dem Tode anheim, ist jedem Wechsel unterworfen, er wandelt als ein Blinder, unkundig der Zukunft, er vermag nicht zum Himmel empor zu dringen, noch den Pfad zu finden zum seligen Volk der Hyperboreer1; so lerne er denn sich bescheiden, pflege die Hoffnung und verwerfe den Genuss nicht, wo dieser sich darbietet.

In einer kräftigen Zeit, in welcher die nationale Stimmung durch den Triumph über die Perser so sehr gehoben war, und bei einem Dichter, der die Siege im Wettkampf verherrlichte, haben diese düsteren Ansichten, diese resignierte, massvolle Stimmung etwas Auffallendes. Auch im Lob, das Pindar den Siegern spendet, klingt sie durch. Wohl preist er die persönliche Tüchtigkeit, die Tugend und Tapferkeit seiner Helden; aber diese Vorzüge kommen doch nur in zweiter Linie in Betracht. Sehr oft gilt sein Lob dem Glück, ja sogar dem Reichtum der Sieger. Nicht weil er in niederer Gesinnung den Erfolg über die sittlichen Eigenschaften stellte, sondern weil er im Glück, im Reichtum, im Sieg die Zeichen der Gottgefälligkeit schaute, sie sind die Siegel, welche die Götter ihren Lieblingen aufdrücken, die Gaben, die sie ihnen spenden. Dazu kommt nun noch, dass der Aristokrat Pindar die Tugend für etwas Ererbtes und Angeborenes hielt. Freilich sind nicht alle Nachkommen eines edeln Geschlechts tugendhaft, aber doch liegt in der Abstammung ein rótuos ouers, eine Bestimmung für den Charakter, eine sittliche Prädisposition. Die Tugend hat auch erst da ihren vollen Wert, wo sie auf diesem Grund ererbter Anlage, qua, entsprossen und dann persönlich betätigt ist; als bloss anerzogen ist sie viel niedriger angeschrieben.

2

Tief fühlte Pindar für die Herrlichkeit der menschlichen Erscheinung im irdischen Dasein: die elische Männertugend begeisterte auch ihn; sie konnte die Seele über Druck und irdische Bedrängnis erheben. Dort reichte sein Blick unendlich weiter. Er sah nicht nur, wie gesagt, den einzelnen immer im Zusammenhange mit seinem Geschlechte und Volke, sein heutiges Dasein immer verknüpft mit einer langen vorangehenden geschichtlichen Vergangenheit, sondern sein Geist richtete sich auch auf eine unendliche Zukunft nach dem Tode. Zum Teil finden wir bei ihm die gewöhnlichsten Jenseitsvorstellungen vom Hades und den elyseïschen Gefilden, aber im ganzen war er viel mehr dem Glauben zugetan, den wir als den orphischen kennen lernten. Nicht der Leib war ihm der eigentliche Mensch, sondern die Seele, das ai@vos elowλov, das allein von den Göttern stammt, und das sich schon

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hier beim Ruhen des Körpers in vorbedeutsamen Träumen tätig erweist'. So glaubte Pindar fest an die Unsterblichkeit, ja sogar an die Seelenwanderung. Dieser Glaube gab seiner Moral einen Rückhalt, indem er die Strafen der Bösen und den Lohn der Guten in das jenseitige Leben versetzte 2. Die Seelen der Gottlosen irren unstet umher, die der Frommen sind im Himmel, wo sie den seligen Gott mit Hymnen preisen. Mit der Moral, welche durch diese Aussichten eingeschärft wird, können wir uns des näheren nicht befassen. Nur so viel heben wir hervor, dass sie nicht bloss im Unsterblichkeitsglauben ihr Motiv, sondern auch in der Frömmigkeit, eboéßsta, ihr Prinzip hatte, aus welchem die einzelnen Tugenden sich entwickeln.

An Gesinnung war der erste der grossen Tragiker Aeschylos (525-456) dem Pindar verwandt. Aber seine Kunstgattung wie seine Umgebung waren ganz andere. Die Tragödie förderte Probleme an den Tag, welche den Epinikien fremd waren. Und der athenische Dichter nahm denn noch ganz anders Anteil an der nationalen Bewegung, als der thebanische; hatte er doch selber bei Marathon, Salamis und Platää mitgekämpft. Die Tragödie atmete den Geist der Freiheitskriege, der den Pindar nur indirekt berührte. Eine grossartige Auffassung, wie die des Aeschylos, für den der Sieg seines Volks ein Beweis der göttlichen Gerechtigkeit war, und der die Anerkennung der menschlichen Persönlichkeit mit der der sittlichen Weltordnung zu verbinden wusste, konnte nur auf dem Boden einer grossen nationalen Erhebung entstehen. Die andere Voraussetzung der Tragödie war der Dionysoskult. Das Band, das beide vereinigte, war nicht ein bloss äusserliches, sondern die Tragödie nährte sich von dem Geist der mystischen Religion, deren Hauptgegensätze, Schuld und Sühne, Leben und Tod, sie anschaulich machte. Zugleich machte sie die Mythen zu Trägern sittlich-religiöser Gedanken, die Heroen zu Typen von Menschen in ihrem Leiden und Sterben. So erweckte die Tragödie nach Aristoteles' Definition die Affekte des λeos und φόβος und bewirkte eine κάθαρσις τῶν παθημάτων.

Wie fast alle griechischen Dichter betont Aeschylos das Vergängliche des menschlichen Lebens, das nur eine xañvoù oxιá (fragm.) ist, weshalb man nicht auf Menschliches baue: γίγνωσκε τανθρώπεια μn σéßelv ärav. Der Tod ist unerbittlich, er nimmt keine Gaben oder Opfer, Peitho wendet sich von ihm ab. Dennoch kann er auch als erlösender Genius erscheinen, und bleibt dem Menschen der Trost

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Die klassische Stelle Ol. II 105-142, und mehrere Fragmente: 106, 109, 110.

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