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aus. Dass man auch in den Tagen der Republik das öffentliche Wohl hauptsächlich von ihm erwartete, beweist u. a. die Frömmigkeit des grossen Scipio, der jeden Morgen seine Andacht vor seinem Bild auf dem Kapitol verrichtete und sich so sammelte und für das Tagewerk im Dienste des Staates stärkte.

Neben Jupiter stand Juno, in mancher Hinsicht sein weibliches Gegenbild; ihr Name (auch Jovino, Jovia) ist die weibliche Form des seinigen, wie Atovn des Zeóc. Auch bei ihr haben aber die Eigenschaften, die sie als Beschützerin des Lebens und des Staates charakterisieren, die wohl ursprüngliche Naturbedeutung als Lichtgöttin zurückgedrängt. Unter ihrem Schutz standen die Burgen der Städte bei den italischen Stämmen; in Rom war sie ursprünglich die Göttin der Kurien. Wie dem Jupiter die Idus, so waren ihr die Kalenden des Monats heilig. Besonders aber war sie die Beschützerin des Frauenlebens in allen seinen Betätigungen; sie überwachte die Entwicklung des Kindes im Mutterleibe, verlieh eine leichte Geburt; sie war die Göttin der Hochzeit und Ehe; sie schützte die eheliche Treue. Wie die Männer ihren Genius hatten, so hatte jede Frau ihre Juno, und wie die Männer bei jenen schwuren, so die Frauen bei diesen.

Die dritte kapitolinische Gottheit, Minerva, war fremden Ursprungs. Die Etrusker kannten sie als Menerva, Menrva, doch meint man, dass ihr Name italisch sei (vom indogermanischen Stamme man, pév-os); sie würde dann von den Italikern auf die Etrusker übergegangen sein. Jedenfalls scheint sie über Falerii nach Rom gekommen zu sein, vermutlich durch südetruskische Handwerker. Denn in Rom war sie ursprünglich fast ausschliesslich die Göttin des Handwerks im weitesten Sinne, so dass z. B. auch Aerzte und Schullehrer darunter begriffen waren. Ihr wichtigstes Heiligtum hatte sie auf dem Aventin, und indem die Stiftungsfeier desselben am 19. März mit dem alten Marsfeste der Quinquatrus zusammenfiel, wurde dieses im Laufe der Zeit in der volkstümlichen Religionsübung zu einem Minervenfeste umgestaltet, das von den verschiedenen Zünften der Handwerker unter vielen Lustbarkeiten begangen wurde. Minerva hat sich später sehr stark nach dem Vorbilde der athenischen Athena umgestaltet. Bereits im kapitolinischen Trias galt sie nach griechischer Vorstellung als eine Burggöttin.

Ebenfalls eine ursprünglich nicht römische Göttin war Diana. Sie war eine Beschützerin der menschlichen Fruchtbarkeit, besonders der menschlichen Geburt. Sie kam bei mehreren italischen Völkern vor; bei den Latinern war sie Bundesgöttin. Die Römer nahmen sich ihres Kults an und gründeten ihr ein Heiligtum auf dem Aventinus, zur Zeit

als sie sich an die Spitze des latinischen Bundes zu stellen versuchten. Später näherte sich die Diana immer mehr dem Wesen der griechischen Artemis.

Venus war eine italische Frühlingsgöttin, welche besonders in Latium verehrt wurde. Sie hat sich bald mit der griechischen Aphrodite vermischt, und dies mag schon geschehen sein, bevor sie in Rom eindrang. Zugleich mit der griechischen Aphrodite mag auch schon ausserhalb Roms die Aineassage bekannt geworden sein. Römische Geschlechter, wie die Julier und Memmier, nahmen nach griechischer Art den Aineas, den Sohn der Aphrodite, als ihren halbgöttlichen Stammvater an. Caesar und Augustus gaben viel auf diese göttliche Abstammung. Caesar gründete ihr als Venus genetrix, d. h. der Stammmutter der Aineaden, einen Tempel. Ueber die Aineassage wird später noch ausführlicher zu handeln sein. Die Römer brachten der Venus besonders mit der Aphrodite des Eryx auf Sizilien in Verbindung, die sie während des ersten punischen Krieges kennen lernten. Bald wurde für die Venus Erucina ein Tempel auf dem Kapitol gegründet (217 v. Chr.).

Viele griechische Kulte wurden direkt in Rom eingeführt, meistens auf Veranlassung der sibyllinischen Bücher. So von Apollo (496 v. Chr.) und Aesculapius (Asklepios) (293 v. Chr.) unter ihren griechischen Namen. Meistens aber wurden sie sofort mit älteren, ursprünglich römischen Göttern identifiziert. So wurde (496 v. Chr.) der Dienst von Demeter, Dionysos und Kore eingeführt, unter den Namen Ceres, Liber und Libera, der des Hermes als Handelsgott unter dem Namen Mercurius (495 v. Chr.), der des Poseidon unter dem des Neptunus, eines alten Quellen- und Feuchtigkeitsgottes (ebenfalls schon sehr frühe, wir wissen nicht genau wann); man erfand sogar für ihn eine römische Gattin in Salacia. Viel später (249 v. Chr.) wurde ein Kult für Pluto und Persephone unter den Namen Dispater und Proserpina eingesetzt. Eine nichtgriechische Göttin, deren Kult aber auf Grund sibyllinischer Orakelsprüche eingeführt wurde (205 v. Chr.), war die grosse Mutter aus Pessinus in Kleinasien, die bekannte phrygische Göttin. Ihr Kultmal, ein Stein, wurde nach Rom übergeführt. Sie wurde dort als Mater deum magna Idaea verehrt. Andere griechische Göttergestalten gelangten auf indirektem Wege nach Rom, so die griechischen Dioskuren, Castor und Pollux, aus Süditalien über Tusculum. Bei den Griechen in Unteritalien stand der Herakles in hohen Ehren. Sein Kult wurde auch von vielen italischen Stämmen aufgenommen, besonders drang er auch in Latium durch. Schon in sehr alter Zeit wurde er in Rom ein Gesamtkult zweier patrizischer

Geschlechter, der Potitii und Pinarii. Mittelpunkt dieses Kults war die ara maxima westlich vom Palatin. Später (312 v. Chr.) wurde derselbe gänzlich vom Staate übernommen. Neben diesem aus Latium, wahrscheinlich aus Tribur, stammenden Herakles, Hercules, stand auch ein rein griechischer, ganz auf griechische Weise verehrter. Dieser hatte einen auf einen Spruch der sibyllischen Bücher errichteten Tempel, wahrscheinlich im Circus Flaminius.

Wie wir schon oben andeuteten, waren auch diese Hauptgestalten der römischen Götterwelt nur dürftig personifiziert und gar nicht scharf von den Götter- und Geisterklassen unterschieden. Dies geht besonders deutlich daraus hervor, dass sie selbst sich vervielfältigten. Man kann von mehreren Jupitern reden, jede Gemeinde hatte ihren Mars, jedes Haus seine Vesta; auch bei diesen Hauptgöttern stand jede Funktion, jede Indigitation, selbständig für sich da, ohne dass eine scharf ausgeprägte Persönlichkeit sie untereinander verband.

§ 4. Die Religion des Staates.

Den Römern war die Religion die notwendige Bedingung für das Wohlergehen des Staates1. Sie bildete keine Sphäre für sich, sondern begleitete das öffentliche wie das private Leben auf Schritt und Tritt; jedes Unternehmen erforderte Auspizien, jedes drohende Unheil piacula. So war die Religion zugleich ein Institut des Staates, - dies ist sie auch bei Varro, -- und dessen Grundlage: ein Widerspruch, der den philosophisch ungebildeten Römer nicht stutzig machte. Jedenfalls waren Staat und Religion aufs innigste miteinander verwachsen, das Sakralwesen gehörte zur Staatsverfassung; wenn Cicero besondere leges de religione aufstellt, so denkt er dabei doch nur an die Riten des öffentlichen Kultus 2. Schon was von der Gründung der Urbs, zunächst der Roma quadrata, der Altstadt auf dem Palatin, erzählt wird, bezeichnet diese als heiliges Gebiet. Oben war schon die Rede von dem Brauch, bei der Gründung einer Stadt einen sog. mundus anzulegen, eine Opfergrube für die unterirdischen Götter, die etwa als der Eingang zur Unterwelt betrachtet wurde und vom sog. lapis manalis verschlossen war. Ein solcher mundus befand sich noch in geschichtlicher Zeit auf dem Palatin. Ebenso wurde die Stadt als ein heiliges Gebiet durch ein sog. pomerium umgrenzt. Es war dies eine die Stadt umschliessende, dem profanen Gebrauch entzogene Zone, auf welcher nach der ursprünglichen, — freilich später nicht genau befolgten - Sitte die eben

1 Dionys. Halik. II 18.
2 Cicero, De Legibus II 8.

falls um die Stadt herumlaufende Stadtmauer errichtet werden musste. Nach dem uralten Ritus der Städtegründung wurde die Grenze des pomerium bezeichnet durch die Furchen, welche ein mit einem weissen Stier und einer weissen Kuh bespannter Pflug in die Erde zog. Dieses pomerium umschloss ursprünglich nur den Palatin, wurde aber später öfters erweitert, so durch Servius Tullius, Sulla und sogar noch mehrfach in der Kaiserzeit. Es machte die Stadt zu einem geweihten Gebiet für alle auspicia urbana, für fast alle Staatshandlungen, welche auspicato geschehen mussten; als Mittelpunkt dieses Gebietes galt in historischer Zeit das Kapitol, wo auch das auguraculum in arce war, woher die Auguren kamen, wenn sie ihre wichtigsten Geschäfte zu verrichten hatten.

Das eigentliche Wort für den hier berührten Begriff einer Stätte, die durch Auspizien geweiht und zur Beobachtung solcher Zeichen tauglich war, ist templum1. Die Stadt innerhalb des pomerium war ein grosses templum, in diesem Gebiet gab es aber noch mehrere kleinere templa. Kein Begriff bringt den Zusammenhang des politischen und des sakralen Wesens in Rom deutlicher zur Anschauung, als der des templum. Wir müssen zunächst unterscheiden zwischen dem himmlischen und dem irdischen templum. Das templum am Himmel war der durch den lituus des Augur abgegrenzte Teil des Himmels, wo ihm die Zeichen der Götter erschienen. Dabei zog er die beiden Hauptlinien, Cardo und Decumanus, welche den Himmel in Regionen teilten, und stellte seine Beobachtungen an, für welche deshalb das Wort contemplari in Gebrauch war. Sowohl die Stellung des Augur zu den Himmelsgegenden, wie die Formeln, die er dabei gebrauchte, wechselten nach Ort und Gelegenheit. Nun deutete aber das Wort templum auch irdische Stätten an: in terris dictum templum locus. augurii aut auspicii causa quibusdam conceptis verbis finitus (Varro); es wurde durch die Sprüche des Augurs gleichsam aus der profanen Umgebung herausgenommen; dies war das sog. effare locum, d. h. fando eximere. Das templum war also nicht notwendig ein Gebäude, auch brauchte nicht jede Götterwohnung ein templum zu sein, so war die aedes Vesta, obwohl eines der wichtigsten Staatsheiligtümer, doch kein templum. Das templum war der durch die Auguren inaugurierte Ort, wo man den Willen der Götter im Interesse des Staates erkundete. Der Mittelpunkt des vom pomerium umschlossenen Haupttemplums war, wie schon berührt, das Kapitol; da mussten die neuen Magistrate die Auspizien holen, auf welchen ihre Autorität beruhte. Die wichtigsten Staats

1 Klassisch, aber mit Vorsicht zu gebrauchen sind die Untersuchungen von H. NISSEN, Das Templum (1869).

handlungen konnten nur in einem templum vorgenommen werden: nur in einem templum fasste der Senat seine Beschlüsse, kamen die Comitien zusammen; das rostrum, von dem man auf dem forum zum Volk redete, war ein templum. So hatte der Begriff des templum, ursprünglich die Stätte mit freier Aussicht, um die Himmelszeichen zu beobachten, vorwiegend politische Bedeutung gewonnen und stand in engster Verbindung mit pomerium und Kapitol. Nur war aber die urbs Roma innerhalb des pomerium noch nicht das weiteste templum. Es gab Staatsakte, für die ausserhalb der Grenzlinie des pomerium Auspizien einzuholen waren. Dazu diente der ager effatus, eine das pomerium an allen Seiten umschliessende Zone, welche nach aussen ebenfalls von den Auguren nach den Regeln ihrer Kunst abgegrenzt worden, und mithin ein das templum der urbs umschliessendes zweites templum war. Ja es gab noch weitere templa. Wir hören von einem ager Romanus, Gabinus, peregrinus, incertus, erfahren darüber aber nur sehr wenig.

Die Inauguration war nicht die einzige Weihe, welche die Römer kannten; daneben finden wir Worte wie sacer, sanctus, religiosus, welche Stätten, Gegenständen, Personen beigelegt wurden, um sie auf verschiedene Weise als geweiht zu bezeichnen. Da auch diese Begriffe und Unterscheidungen zugleich religiöse und staatsrechtliche Bedeutung hatten, müssen wir sie hier erörtern. Sacrum war, was aus dem Besitz des Staates oder der Individuen in den der Gottheit übergegangen war. Der Akt, wodurch man sich eines Eigentums behufs der Gottheit entäusserte, hiess dedicatio. Geschah diese Entäusserung von Staats wegen, so war diese zugleich consecratio, wodurch das geweihte Objekt auf ewig Göttergut wurde, res sacra, während das Privateigentum mehr als ein unter göttliche Obhut Gebrachtes betrachtet wurde. Es gab aber auch eine consecratio, welcher keine dedicatio vorausging, nämlich die consecratio capitis et bonorum, bei welcher ein Frevler samt seiner Habe als den Göttern verfallen hingestellt wurde. Die Habe wurde zu Gunsten der Tempelkasse verkauft, der Mensch selbst konnte von einem jeden getötet werden, bis der Staat die Strafvollziehung übernahm. Das sacer esto wurzelte schon in den alten leges regiae: der Mann, der seine Frau verkaufte, wurde den unterirdischen Göttern geweiht; der Sohn, der seinen Vater schlug, den Hausgöttern; Patrone und Klienten, die einander verrieten, dem Jupiter; wer den Grenzstein verrückte, dem Terminus. In historischer Zeit kam die Konsekration in diesem Sinn vor bei der Uebertretung der sog. leges sacratae, wozu z. B. die zum Schutz der tribunicischen Gewalt und die zur Abwehr aller Versuche zur Wiederherstel

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