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Sobald wir den vedischen Glauben in voller Entfaltung sehen, ist dieser Hadesgedanke jedoch wesentlich überwunden. Mit der lichteren Götterwelt und wohl gleichzeitig mit der Feuerbestattung sind auch heiterere Vorstellungen vom Jenseits in die Religion eingedrungen: ,Wo Licht ist, welches nie erlischt, und wo des Himmels Innerstes, wo jene ewigen Wasser sind; wo Lust und Freud' und Fröhlichkeit und Wonne wohnen, wo der Wunsch des Wünschenden Erfüllung hat, dahin, in die Unsterblichkeit, die ewige, bringe, Soma, mich!" In dieses Licht ist Yamas Reich erhoben; hier herrscht er mit Varuna in Glanz und Pracht; hierin bringt der Seelenführer Agni (oder Pûshan) die Verstorbenen, hier werden sie den Vorfahren begegnen.

Der Mensch, dem diese himmlische Seligkeit zufällt, ist mit nichten als Schatten oder nur als Seele gedacht. Der vollen Körperlichkeit erfreut er sich, den alten Körper bekommt er wieder in neuer vollkommener Gestalt, an welcher nichts Krankes oder Verkrüppeltes haftet. Auch sein Gesicht ist erneuert, nicht gehindert durch irgendwelche irdische Beschränkung. Dort sind Kühe genug, es strömt von Milch und Butter, von Honig und allem, was es Gutes gibt, dort findet sich Macht und Wohlstand für jedermann und schöne Frauen für alle. Dort im Himmel werden die Eltern ihre Kinder sehen, und schuldlos hofft man vor Varuna und Aditi zu wandeln.

Gut und gerecht muss man natürlich gewesen sein, um die Seligkeit zu gewinnen, tapfer im Kriege und treu im Frieden, vor allem den Göttern gehorsam, fleissig zum Opfern und freigebig gegen die Priester.

Wer schlecht und böse oder mit Opfern geizig ist, der kommt in die Hölle, in den dunkeln Kerker dort unten; dort ist der Ort für Die, die das bruderlose Mädchen verführen, für untreue Gattinnen oder für Die, die Brahmanenfrauen verführen; und wer einen Brahmanen anspeit oder in ähnlicher Weise verhöhnt, der wird in dem Blutstrome sitzen und Haare fressen müssen. - Die Vorstellungen von der Hölle sind spärlich und undeutlich; sie haben mehr den Charakter gelegentlicher Drohung, als dass sie ein Hauptglied im religiösen Systeme wären. Von einem Ende der Dinge überhaupt ist in den Veden keine Rede, weder von einer Wiederherstellung der Welt noch von einem jüngsten Gericht, von Weltzerstörung und Welterneuerung. Der letzte Gedanke des vedischen Inders ist die Zukunft des einzelnen; er hat hier den Glauben der primitiven Völker an ein gespensterartiges Fortleben ziemlich überwunden, vermag aber nicht, sich über die sinnlich-egoistischen Hoffnungen des halb kultivierten Menschen zu

erheben.

§ 9. Kasten. Priesterleben. Priestergötter. Literatur. J. MUIR, Orig. Sanskr. Texts I. Kastenverhältnisse in den Brahmana und Sūtra (Ind. Stud. X.)

A.WEBER,Collectanea über die

R. ROTH, Brah

ma und die Brahmanen (ZDMG I.). — H. KERN, Indische theorieen over de standenverdeeling (kon. Akad. Amst. 1871). E. SENART, Les Castes dans l'Inde, 1896 (A. M. G.). Auch MANUS Gesetzbuch ist zu beachten, vide: G. BÜHLER, The sacred Laws of the Aryas (S. B. E. II. XIV.). G. STREHLY, Les lois de Manou Trad. 1893. (A. M G.). - A. C. BURNELL, E. W. HOPKINS, The ordinances of Manou Trad. 1884.

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Die Zeit der jüngeren Veden und der ersten nachvedischen Bildungen, die man gewöhnlich die brahmanische nennt, ist uns in jeder Beziehung klarer als die eigentlich vedische Zeit. Die Urkunden des Brahmanismus geben uns ausführliche Auskunft sowohl über Leben und Wirksamkeit der Priester - wir haben dazu der Ritualbücher und Hausregeln genug - als über das öffentliche Leben und die Denkweise der Gebildeten, - darüber belehren uns die Gesetzbücher und die umfassende philosophische und wissenschaftliche Literatur.

Auch ist die Zeit an sich bedeutend leichter zu erkennen; die Unstätigkeit der ersten Kulturentwicklung ist völlig beseitigt, das Leben des Volkes hat die sichere und bequeme Lage gefunden, in der es nun ruhig fortgeht. Politisch wie sozial stehen die Formen der Gesellschaft fest, der Kultus ist ausgestaltet und besteht von der theoretischen Weiterbildung der religiösen Gedanken noch lange ungestört.

Ist schon im Rig-Veda ein Kastengeist, eine durch die Geburt bedingte Abstufung des Volkes unverkennbar, so ist in der jüngeren vedischen Periode, der Blütezeit des älteren Brahmanismus, die Kasteneinteilung zwischen den Volksschichten unerbittlich und mit grösster Konsequenz durchgeführt. Der Brahmane lehrt die heilige Wissenschaft, opfert und meditiert, die geistige Oberherrschaft und das Gefühl seiner eigenen Würde geniessend; der Kshatrya, der Krieger, führt sein fürstliches oder adeliges Leben, reich an Ehren und materiellen Glückseligkeiten, und wenn nicht eben ein Krieg seine Kräfte in Anspruch nimmt oder er es passend findet, eine Busse zu üben, so vertreibt er sich die Zeit mit Jagen oder Wettrennen und in lustigen Nächten. Das Leben der Vaiçyas geht unter bürgerlicher Berufstätigkeit hin: als Ackerbauer und Viehzüchter, Wagner und Schmiede, Töpfer und Weber, Schiffer und Kaufleute oder Barbiere fühlen sie sich alle der Herrschaft der beiden oberen Kasten untergeordnet und wagen nicht, mit ihnen sich zu vergleichen, sehen jedoch ihrerseits wieder mit der grössten Geringschätzung auf den plebejischen Çûdra herab. Er verdient seinen Lebensunterhalt als Knecht, nicht selten

auch als Handelsmann, er mag die Viehherden hüten und seinen Pushan anbeten; in dem Gottesdienste der Vornehmeren darf er nur als passiver Teilnehmer dastehen. Ueberhaupt hat jede Kaste ihre Sondergötter, so ist Indra besonders ein Kshatryagott, Rudra ein Vaiçyagott, die Priester haben als Kastengötter Agni, Bṛhaspati u. a.

Diese für die Priester so vorteilhafte Ordnung der Gesellschaft wird natürlich auf göttliche Einrichtung oder auf mythologische Vorgänge zurückgeführt. Die Brahmanen sind aus Brahmas Haupt hervorgegangen, die Krieger aus seinen Armen, die Bürgerkaste aus seinen Schenkeln, die Çūdras aus seinen Füssen. Oder die Menschen waren einst alle Brahmanen, und nur durch Degeneration sind die andern Kasten entstanden.

Der historische Vorgang wird wohl eine allmähliche Arbeitsteilung gewesen sein, die durch die Selbstsucht der Mächtigeren ausschliesslicher, durch das natürliche Verbleiben im Stande des Vaters stetig geworden ist. Doch haben wahrscheinlich auch ethnologische Verhältnisse zu der Ordnung beigetragen; das Wort für Kaste, varna Farbe, lässt sich bequem als Hautfarbe deuten; namentlich wären dann die unterdrückten Çūdras die Reste eines unterworfenen Volksstammes; die Pâryas, die ausserhalb aller Kasten stehen und kaum für Menschen gerechnet werden, sind die Kinder der Mischehen.

Dass die Brahmanen durch ihr Wahrsagen und durch die Allmacht des Opfers zu ihrer hohen Würde gelangt sind, ist selbstverständlich; dass sie ein ganz abgeschlossenes, mit mühsamen Pflichten verbundenes Kastenleben führen mussten, ergibt sich aus der Schwierigkeit ihres Berufes. Das Erlernen der Veden, welches ausschliesslich mündlich geschah und bis zur Virtuosität getrieben werden musste, wurde ganz schulmässig getrieben. Schon von dem 7. Jahre an musste der junge Brahmanenschüler (brahmacârin) sich zu einem Lehrer begeben und bei ihm in täglichen Lehrstunden und unter beständiger Wiederholung des Gelernten sich seinen Veda Stück für Stück aneignen. Zum Entgelt musste er dem Lehrer als Knecht dienen, die ganze Arbeit im Hause und seine persönliche Aufwartung besorgen, vom Anlegen des Herdfeuers und der Bereitung des Essens an bis zum Abtrocknen und Massieren nach dem Bade und dem Darreichen von Mundspülwasser und Zahnstocher bei der Mahlzeit.

Dieses war die erste von den vier Stufen oder Schritten (âçrama's), die ein dvija (ein Zweimalgeborener, so war der Zuname des Brahmanen) zu passieren hatte.

Nach beendigter Lehrzeit wurde der Schüler auf dem Kopf rasiert (nur ein Zopf blieb auf dem Scheitel stehen) und verliess nun den

Lehrer, um auf der zweiten Lebensstufe des Hausherrn (gṛhastha) die „Pflicht gegen die Väter" (das Söhne Erzeugen) zu erfüllen. Gleichzeitig begann er als Opferer zu fungieren.

So weit die priesterliche Ordnung der Inder also von einem Keuschheitszwang entfernt war, so wenig war jedoch das Familienleben das Höchste oder das Letzte, was sie den Priestern vorschrieb. Nach der „Hausvaterstufe" folgen zwei andere: die eine, die des Einsiedlers (vanaprastha), den Keim der Entsagung in sich tragend, die andere, die asketische (sannyâsin), diesen voll entfaltend. Vanaprastha bedeutet wörtlich Waldbewohner; nach beendigter Erziehung der Kinder zog der Brahmane sich von dem eitlen Weltleben zurück in die Einsiedelei im Walde. Die Frau konnte er mitnehmen oder verlassen. Das Leben im Walde war ein philosophisch meditierendes, dem man eine viel höhere Bedeutung als dem Opfern beilegte. Die asketische Stufe war der trübe Abschluss des Lebens, den man häufig bis in das Greisenalter verschob.

Das abgesonderte Leben der Brahmanen und ihre spekulative Neigung blieb nicht ohne Einfluss auf die Mythologie. So sehen wir schon in den Vedaliedern Göttergestalten, die ganz zweifellos spezifisch brahmanistischen Ursprungs sind. Ein solcher ist der Kastengott der Priester: Brhaspati oder Brahmanaspati (der Gebetsherr). Da Indra zu den verborgenen Wolkenkühen nicht eindringen kann, kommt Brhaspati als mächtiger Erretter, in seiner unwiderstehlichen Macht spiegelt sich die Hoheit der Brahmanen wieder. Selbst die Götter verdanken ihm ihren Opferanteil, er hat die Gebete und damit alles Gute geschaffen. In der Götterwelt ist er wie Agni der Priester und Purohita (Kanzler).

Wie dieser Gott aus dem Kastengefühl der Brahmanen, so sind Götter wie Prajapati und Viç vakarman aus ihrer Philosophie entstanden. Sie sind beide kosmologische Götter, Prajapati bedeutet „der Erzeuger", die Personifikation der Schöpferkraft, Viçvakarman „, der alles Machende". Der erstere wird in einem späten Vedalied als das goldene Ei (hiranyagarbha = Brahma) gepriesen, der im Anfang als des Weltalls einziger Meister hervortrat und Himmel und Erde befestigte, der Leben und Kraft verleiht und dem alle Wesen, ja selbst die Götter sich fügen. Das Meer und die Berge verkünden seine Herrlichkeit, die Himmelsgegenden sind seine Arme, er ist der alleinige Gott, der Gott über alle Götter. Zu ähnlicher Hoheit und Einzigkeit erhebt sich der Demiurg Viçvakarman; auch er war der Keim, der hier als von den Wassern empfangen erscheint, er erhebt sich über alle Welt und alle Götter, und erst durch sein Werden sind die Götter

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entstanden. Seinem Wesen nach ist er unbekannt und unergründlich, und nur in Nebel gehüllt kann der Sänger von ihm stammeln. Der grosse Gott des Brahmanismus, das häufigst genannte Prinzip des Daseins, ist jedoch Brahma. Das Brahma (das zauberkräftige Wort und Gebet) wird allmählich zur Gottheit erhöht, denn das Gebet ist bei den Indern nicht nur ein Bitten, sondern Meditation, in der brahmanischen Zeit schon überwiegend ein Sichversenken oder ein Aufgehen in das Göttliche. Das Unendliche, mit dem man sich in diesem Zustande berührt, wird mit dem Zustande identisch und nach diesem genannt. Auf Schritt und Tritt können wir den Prozess verfolgen, in dem das Brahma zum höchsten Gott wird. Es wird als Sonne verehrt, bald wird es zum Gott gemacht und mit Prajapati gleichgestellt, dann wieder über diesen erhöht und als das Absolute, in sich bestehende Weltprinzip hingestellt. Als Gott wird Brahma masculin gefasst und mit der Göttin Sarásvati verheiratet. Als höchstes metaphysisches Prinzip überwindet es die Begrenzung der Personifikation und wird wieder weil es ganz abstrakt zu fassen ist das Brahma genannt.

§ 10. Das Denken der Upanishaden.

Literatur. Eine Uebersetzung der klassischen Upanishaden gab M. MÜLLER (S. B. E. I. XV); in der Einleitung verzeichnet er die betreffende Literatur. P. DEUSSEN, Sechzig Uspanishads des Veda, 1897, und Geschichte der Philosophie I, 1-2, 1894-1899. Zur Einführung in diese Schriften sind zu empfehlen P. REGNAud, Matériaux pour servir à l'histoire de la philosophie de l'Inde (2 vol., 1876—1878), und besonders: A. E. GOUGH, The philosophy of the Upanishads and ancient indian methaphysics (Tr. Or. S. 1882). BÖHTLINGK hat seinen Ausg. v. Chandoghya u. Brhad-Aranyaka eine schöne deutsche Uebersetzung beigegeben.

Wir haben gesehen, dass die Spekulation der Brahmanen schon in den späteren Vedaliedern beginnt. Die Ausgestaltung dieser Gedanken finden wir jedoch erst in den früher genannten philosophischen Vedaschriften, in den Upanishaden. Das Wort Upanishad bezeichnet das Niedersitzen der philosophischen Schüler und wird der Bedeutung gemäss, die in das Wort hineingelegt wurde, am besten mit „geheime Sitzung" wiedergegeben. Von den sehr zahlreichen Upanishaden nennen wir besonders die Katha, die Chandoghya, die BṛhatAranyaka. Sie sind alle, wie sie uns vorliegen, von ziemlich jungem Alter; kaum eine einzige wird vorbuddhistisch sein. Dass die in diesen Werken vertretene Philosophie nicht ein ausschliesslich brahmanisches Erzeugnis wie das Opferwesen ist, kann für ausgemacht gelten; mehrere Data erzählen uns, dass sie auch aus der theoretischen Tätigkeit der Kriegerkaste entstanden sind. Die Könige, besonders die

Chantepie de la Saussaye, Religionsgeschichte. 3. Aufl. II.

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