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§ 9. Der Ausgang der Republik.

Wie zerrüttend die oben geschilderten Einflüsse auf das römische Gemeinwesen einwirken mussten, wird aus dem Charakter desselben zum vollen erklärt. Die Grundlage von Staat und Gesellschaft bildeten die Ordnungsliebe, Arbeitsamkeit, sittliche Strenge einer freien bäurischen Bevölkerung, welche sich durch harte Arbeit auf einem eigenen Acker, eine wenn dieser auch nur bescheidenen Umfangs war, unabhängige Existenz erworben hatte und jetzt mit voller Hingebung und unerschütterlicher Treue für den Staat eintraten, dem sie den Schutz ihres mühevoll erworbenen Wohlstandes verdankten. Für das Wohl desselben kam man in den Volksversammlungen zusammen, und kämpfte man in den Heeren. Aktives Bürgerrecht, zu dem auch das Recht, im Heere zu dienen, gerechnet wurde, hing von einem gewissen Grade des Wohlstandes ab. Dem Proletarier, der sich keine würdige Lebensstellung hatte erwerben können, meinte man auch keinen wesentlichen Anteil in der Verteidigung des Vaterlandes zuerkennen zu dürfen. Auch bei den Römern war mit dem Staat die Religion aufs engste verbunden. Die Aufrechthaltung des einen bedeutete die Aufrechthaltung der andern. Der Kampf für das Vaterland galt als der Kampf für die Götter. Die ganze Persönlichkeit wurde durch das, was man als Bürger war, in Anspruch genommen. Die Idee der Menschenwürde ging völlig in der des Wertes und der Bedeutung als Bürger auf.

Ein solche Bürgerschaft erwarb nun die Weltherrschaft. Hier war es nicht die Macht neuer Ideen, welche zur Welteroberung fortriss. Seine sittlichen Eigenschaften, welche für die Erhaltung von Staat und Gesellschaft so besonders geeignet waren, verhalfen dem Römer auch zu seiner Herrschaft. Die unterworfenen Völker erhielten von ihm eine gesellschaftliche und staatliche Ordnung, wie sie diese noch niemals zuvor gekannt hatten. Das römische Volk fühlte sich zum Herrschen berufen, weil es zum Herrschen fähig war. Das „civis romanus sum" erhielt eine noch höhere Bedeutung. Die majestas populi romani schien der Weltherrschaft ihre sittliche Berechtigung zu geben.

Doch war die staatliche Organisation dafür kaum geeignet. Bereits litt die Feldwirtschaft unter der Abwesenheit so vieler Ackerbauer, welche in den weitabgelegenen Provinzen in den Heeren dienten. Auch wuchs in dieser Zeit notwendigerweise die Macht der Nobilität, des neuen Amtsadels, der an die Stelle des seines politischen Ansehens beraubten Patriziats getreten war und im Senat sein Organ

hatte. Die Gemeinde war praktisch ausser stande, die Weltherrschaft zu führen, diese kam an den Senat, der fast wie ein ständiger Ausschuss aus der souveränen Volksversammlung funktionierte. Die bürgerliche Freiheit vertrug sich schlecht mit der Weltherrschaft.

Als nun mit der Einführung fremder Sitten die altväterliche Einfachheit, Arbeitsliebe, strenge Zucht, in einem Worte die bürgerlichen Tugenden, welche Rom gross gemacht hatten, schwer angegriffen wurden, war die Grundlage des ganzen Gemeinwesens und zugleich der Weltherrschaft tief erschüttert. Verhängnisvoll war auch die Entartung der römischen Religion, die gerade in ihren ältesten Formen am meisten die Interessen des Staates zu wahren schien. Ebenso hielt die Ueberzeugung vom höheren Beruf des römischen Volkes nicht stand gegen die fortwährende Berührung mit Griechen und Orientalen deren Ueberlegenheit in mehreren wichtigen Hinsichten, besonders in allem, was Religion und Kunst betraf, der Römer schon längst praktisch anerkannt hatte. Von selbst drang die Idee einer die Völker der Erde umfassenden Menschheit mehr oder weniger hervor. Was man als Mensch sein sollte, war eine Hauptfrage der Philosophie, mit der sich mancher gebildete Römer beschäftigte. Je mehr die Weltherrschaft von der ideellen Bedeutung, welche sie für den Römer hatte, einbüsste, desto mehr traten die materiellen Vorteile, welche man von ihr erwartete, in den Vordergrund. Die Erwerbung von Reichtümern wurde das grosse Ziel der Eroberung; die Provinzen wurden ausgesogen. In grossen Landgütern, latifundia, legte man das erworbene Kapital an; der kleine Grundbesitzer wurde von seinem Acker vertrieben. Mit diesem verschwand der Bürgerstand, welcher die römischen Heere ausmachte. Es brach eine Zeit an, in welcher die soziale Ungleichheit tief gefühlt wurde. Der ärmere Bürger forderte von der Nobilität seinen Anteil an den Vorteilen der Weltherrschaft. Der Einwohner Italiens beanspruchte Gleichsetzung mit dem römischen Bürger, der Sklave mit dem Freien.

Vergebens versuchten die Gracchen, den römischen Staat auf der alten Grundlage eines grossen, begüterten Bürgerstandes wieder herzustellen. Marius tat den verhängnisvollen Schritt, indem er die Armee den besitzlosen Bürgern offen stellte. Ein nach Beute lechzendes Proletariat wurde als cives romani über die Provinzen ausgegossen. Die Einwohner Italiens erhielten das Bürgerrecht. Sulla meinte die Macht der Nobilität nicht besser befestigen zu können, als durch Ausrottung des Mittelstandes und des italischen Volkstums. Sklaven bedrohten Rom. Eine Zersplitterung der Weltherrschaft schien unvermeidlich. Das elende Gesindel, das jetzt grösstenteils das römische Volk bildete,

war meistens nicht einmal römisch von Abstammung und fühlte nur sehr wenig für die Traditionen, deren Erbe es war.

Auch die Nobilität empfand den Einfluss davon, dass sie keinen höheren Zielen mehr nachstreben konnte. Das öffentliche Wohl trat in den Hintergrund, man kannte für dieses weder Begeisterung noch Pflichtgefühl mehr, sondern ging ganz seinen Privatinteressen nach. Manche Gerichtsreden Ciceros zeigen, in wie hohem Masse dies in Rom der Fall war. Auf einem solchen Boden kann es verwegenen Abenteurern, wie Clodius und Catilina, gelingen, auf den Strassenpöbel gestützt, den Staat in Gefahr zu bringen. Und selbst die besseren Männer, deren Rom in dieser Zeit eine nicht zu verachtende Zahl aufweisen konnte, hatten ihren Halt verloren und standen der allgemeinen Zerrüttung machtlos gegenüber. Wer noch etwas in der Welt ausrichten will, büsst dabei seine Charakterfestigkeit ein, es bleibt nichts übrig als unterzugehen; der schwachköpfige jüngere Cato wird seines philosopischen Selbstmordes wegen zum Heiligen. Bei den meisten war aber auch die Beschäftigung mit der Philosophie nicht ernsthaft genug, um eine würdige Lebensaufgabe sein zu können; die vornehmen Römerjünglinge suchten in den Schulen von Athen und Rhodus. weniger die Erkenntnis der Wahrheit, als eine verfeinerte Bildung und rhetorische Fertigkeit.

In dieser Zeit taten sich in Rom die verschiedenartigsten philosophischen Bestrebungen kund. Schon seit der Mitte des 2. Jahrh. v. Chr. war die griechische Bildung in Rom vertreten, aber die Originalität und Kraft des Denkens waren in den philosophischen Schulen Griechenlands erstarrt; die griechischen Freunde der vornehmen Römer und Lehrer der Jugend waren zum Teil reine Eklektiker oder Skeptiker, oder, falls sie einer bestimmten Lehre sich anschlossen, wie Panaetius und Posidonius, die Väter des römischen Stoizismus, taten sie sich doch mehr durch enzyklopädisches Wissen hervor, als durch tatsächliche Förderung der philosophischen Probleme. Nicht unpassend vergleicht BENN diese Denker mit den Sophisten, nur dass sie diesen an Gedankenschärfe ebenso sehr nachstanden, wie sie sie an Gelehrsamkeit übertrafen. Wir haben hier nicht den Inhalt der verschiedenen philosophischen Systeme zu entwickeln, müssen aber zeigen, wie sie den römischen Bedürfnissen entsprachen und sich dem römischen Charakter anpassten.

Zuerst kommt die Stoa in Betracht. Diese Philosophie schloss mit dem römischen Wesen einen so engen Bund, dass sie ein nationalrömisches Gepräge erhielt und anderseits der Römer zum Typus des Stoikers wurde. In der stoischen Philosophie fanden die Römer eine

Stütze für Religion und Moral, ersteres weniger dadurch, dass die Götter sich durch Allegorisierung als kosmische oder ethische Potenzen denken liessen, als vielmehr durch die Handhabe, welche die stoische Lehre der Divination bot. Da die Auspizien von alters her die Grundlage des römischen Lebens bildeten, war eine Theorie, welche dieselben dem Unglauben gegenüber verteidigte, vielen willkommen. Auch die Moral und das Recht wuchsen auf dem Boden stoischer Anschauungen, wie denn Ciceros De officiis nach stoischen Vorlagen gearbeitet ist. Allerdings kümmerten sich die Römer um die Welterklärung der stoischen Philosophie nicht eben viel, aber ihre Lebensführung und Tugendübung färbten sich stoisch. Nüchterne Geistesrichtung, strenge Gesinnung, würdevolles Benehmen, gleichmütiges Dulden lagen bereits im römischen Charakter, ehe die Stoa sie einschärfte. Gravitas, constantia, aequanimitas waren echt römische und zugleich echt stoische Tugenden, und auch in der utilitaristischen (obgleich nicht hedonistischen) Moral begegneten sich beide.

Allein die stoische Lehre hatte nicht die Alleinherrschaft in Rom inne, und gerade in der letzten Zeit der Republik waren viele ihrer überdrüssig geworden. Die römischen Denker, zu einem selbständigen Bau nicht fähig, konnten immerhin kritisieren, und die schwachen Seiten des Glaubens an die Vorsehung und die Unsterblichkeit, wie er sich auf stoische Gedanken stützte, blieben ihnen nicht verborgen. Dem trat nun die Predigt einer entgegengesetzten Weltanschauung gegenüber, wir meinen der epikureischen. Zwar ohne sie selbständig weiterzubilden, aber mit voller Ueberzeugung verkündigte Lucretius die Lehre Epikurs als ein befreiendes Evangelium, das die Fesseln der Religion, der Furcht vor den Göttern und vor dem Tod löse. Fand auch diese Predigt bei manchen Anklang, so entsprach sie doch den Bedürfnissen weniger, als die eklektische und skeptische Richtung, welche in der Periode, über welche wir hier berichten, wohl die meisten Anhänger zählte. Die Skepsis kann mehrere Formen annehmen: bei den späteren Pyrrhonisten (Aenesidemus und in der Kaiserzeit Sextus Empiricus) wird der Skeptizismus doktrinär entwickelt, während daneben die neue Akademie der skeptischen Gesinnung des Weltmannes das Wort redet1. Diese letztere Form nun, die freilich auf systematische Erkenntnis und sichere Kriterien verzichtet, übrigens aber dem Leben und seinen Forderungen sich anpasst und eklektisch manche Gedanken verschiedener Herkunft gelten lässt, war in Rom vorherrschend. Ein solcher Stand

1 Eine interessante Behandlung ist dieser Seite der Geschichte der alten Philosophie zu teil geworden von V. BROCHARD, Les sceptiques Grecs (1887).

punkt entsprach völlig der vielseitigen Bildung und der inneren Haltlosigkeit dieses Zeitalters und besass dabei den namhaften Vorteil, die äussere Religion, als Grundlage des Staates, ungefährdet zu lassen. Dass der skeptische Philosoph und der Verteidiger der bestehenden Religion sich in derselben Person begegnen, kommt häufig vor. Der leidenschaftliche Angriff des Epikureers vernichtete die notwendigen Stützen des Lebens und des Staates und forderte zugleich einen unbedingten Glauben an eine atomistische Weltanschauung. Der eklektische Skeptizismus des Akademikers liess das Bestehende in Ehren und beschäftigte den Geist, ohne die Spannkraft des Glaubens in Anspruch zu nehmen. Deshalb entsprach der letztere Standpunkt viel mehr dem Geist der Zeit als der erstere.

Allerdings traten auch positivere Bestrebungen zu Tage. Die zynische Philosophie, welche in dieser Zeit bei vielen in Rom Eingang fand und auch Cicero nicht unwesentlich beeinflusste, kehrte sich freilich gegen manche theoretischen Lehren und dialektischen Künste auch der Stoa, hatte aber selbst so positive Seiten, dass unter dem Kaiserreich die Zyniker die vornehmsten Lehrer und Prediger geworden sind. Dass Varro auf stoischer Basis eine positive Theologie gründen wollte, haben wir bereits gesehen. Sein Zeitgenosse, dessen Gelehrsamkeit in der öffentlichen Meinung der Varros kaum nachstand, P. Nigidius Figulus, schrieb auch über Götter und Kulte und war dem Pythagoreismus ergeben. Die Erneuerung der pythagoreischen Lehre und Lebensweise ist für dieses Zeitalter bezeichnend. Geheimlehren und magische Künste, eine Kombination orphischer, orientalischer und etruskischer geheimer Weisheit, wurde unter der Weihe des Namens Pythagoras zusammengeknetet. So bereitete sich schon jetzt die wunderbare Mischung von philosophischen und religiösen Elementen, von Aberglauben und Spekulation vor, zu welcher das sinkende Heidentum mehrere Jahrhunderte später unter dem Namen Neoplatonismus seine letzte Zuflucht nehmen sollte. Vorläufig war dieser Neopythagoreismus in Rom nicht ohne Bedeutung. Er wirkte auch durch die philosophische Schule der Sextier, welche das alte Verbot animalischer Nahrung, die Pflicht der Selbstprüfung und die Lehre der Seelenwanderung aus dem alten Pythagoreismus herübergenommen hat. Diese Schule blühte noch unter den ersten Kaisern, und Seneca verdankte ihr manche Anregung.

Bei unserer Uebersicht über die allgemeinen Bestrebungen in der Zeit des Ausgangs der Republik haben wir schon zwei Schriftsteller genannt, deren Bedeutung für die Religion wir etwas näher erörtern müssen: Lucretius und Cicero.

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