ÀҾ˹éÒ˹ѧÊ×Í
PDF
ePub

einer platonischen Gottesidee bekämpfte Celsus die christlichen Vorstellungen der Schöpfung, Menschwerdung und Auferstehung, die ihn unwürdig und mit Gottes Erhabenheit unvereinbar dünkten.

Wir haben zuerst die drei berühmten Stoiker besprochen; gehen wir jetzt einige Jahrzehnte zurück, um die interessanteste Gestalt dieses Zeitraums, Plutarch (±50—125), zu betrachten1. Plutarch nahm die Bildung seiner Zeit in sich auf, indem er in den Hauptstädten der Welt lernte und lehrte, und zog sich dann in seine Vaterstadt Chäronea zurück, wo er hochgeehrt als Magistrat und Apollopriester lebte. Seine 44 Biot napáλλŋλa erörtern in lebhaftem Stil, mit vielen Anekdoten, ohne kritische Schärfe, das Leben der berühmten Griechen und Römer. Eine Sammlung von 92 grösseren und kleineren, zum Teil unechten Schriften, ist, obgleich griechisch verfasst, unter dem Namen moralia bekannt. Die einzelnen Schriften sind an Beschaffenheit und Inhalt sehr verschieden. Trostschreiben und Tischgespräche, polemische Traktate gegen Epikureer oder Stoiker, Abhandlungen über religiöse oder philosophische Probleme, Betrachtungen über ethische Fragen, Artikel über irgend einen besonderen Gegenstand, Sammlungen von Notizen: von dem allem enthalten Plutarchs moralia Proben.

Man suche bei Plutarch kein systematisch abgerundetes und streng in sich geschlossenes System. Er ehrt Plato als den grössten Philosophen, wandelt auch oft auf platonischen Wegen, im einzelnen aber kann man ihn bei mancher Inkonsequenz ertappen. Seine Interessen waren durchgängig religiöser Natur. Er wollte den väterlichen Glauben stützen. Das Erbe, das er sich und der Welt erhalten wollte, war das der griechisch-römischen Welt; denn der Grieche Plutarch war dem römischen Kultus und der römischen Herrschaft sehr gewogen. Gegen orientalische Superstitionen verhielt er sich spröde, vom jüdischen Aberglauben redete er verächtlich; nur wo er die Einheit der Religion herausfinden konnte, z. B. wo er die ägyptischen Götter in den griechischen wiedererkannte, war ihm auch das Fremde recht. Im ganzen verteidigte er den überlieferten Glauben. Einen Hauptpunkt dieses Glaubens bildete die Lehre von der göttlichen Offenbarung, und so trat Plutarch in drei Traktaten über das delphische Orakel und auch sonst gelegentlich für die Mantik ein. Die menschliche Seele hat nicht bloss das Vermögen, sich an Vergangenes zu erinnern, sondern auch

1 Ausser den allgemeinen Werken nennen wir vor allen andern R. VOLKMANN, Leben, Schriften und Philosophie des Plutarch von Chaeronea (2. Aufl., 1873). Ausserdem O. GRÉARD, De la morale de Plutarque (3 éd., 1880); R. C. TRENCH, Plutarch (5 lectures, 2 ed., 1874); W. MOELLER, Ueber die Religion Plutarchs (Rede, 1881).

die Zukunft zu schauen. Bei seiner Theorie der Mantik brachte Plutarch sowohl die göttlichen als die materiellen Ursachen in Anschlag: sie wirken zusammen, und deshalb ist es nicht gottlos, auch die Ausdünstungen der Erde unter die Faktoren, welche den Enthusiasmus hervorbringen, mitzurechnen.

Die Hauptsorge Plutarchs war, den Gottesbegriff von unwürdigen Vorstellungen rein zu halten. Es gibt viele verkehrte Gedanken über die Götter, welche man mit ihren Bildern oder Symbolen identifiziert, und über welche die Dichter allerlei lügen. Plutarch verwarf sowohl die euhemeristische Mythenerklärung als die physische der Stoa; er selbst neigte, wie sein Traktat De Iside et Osiride zeigt, am meisten einer ethischen Allegorisierung zu. Merkwürdig ist die Art, wie er das Anstössige in den überlieferten Vorstellungen sich zurechtlegte. So erklärte er, während monotheistische Ansätze bei ihm nicht fehlen, die Vielheit der Götter einerseits aus der Pluralität der Welten, anderseits aus den Tugenden der Güte und Gerechtigkeit, welche der Gottheit eigen sind, aber allein in der Gemeinschaft ihre Betätigung finden, also notwendig eine Mehrheit göttlicher Wesen voraussetzen. Aber der glücklichste „Fund", wie Plutarch selbst sagt, war die Dämonenlehre 1. Die Lehre von den Dämonen leistete bei Plutarch verschiedene und sehr wichtige Dienste. Dieselben sind Mittelwesen zwischen den Göttern und den Menschen, an der Natur beider teilnehmend; es gibt unter ihnen gute und böse Geister. Die Götter werden nun in ihrer Erhabenheit gelassen, ohne in das irdische Treiben hereingezogen zu werden, und doch göttliche Kräfte den Menschen nahe gebracht. Die Dämonen sind die Diener der Götter, sie bestrafen die Bösen und verleihen Segen, sie geben Orakel, ihnen gelten Opfer und Feste. Was man den Göttern Böses, Unwürdiges angedichtet hat, kann nur von den Dämonen gelten. Dass die Dämonen mitunter auch sterblich sind, beweist die Geschichte von dem grossen Pan, dessen Tod in wunderbarer Weise Seefahrern verkündet wurde. So haben sie allerlei Funktionen. Eine der wichtigsten ist, dass sie den guten Menschen als Schutzgeister beigegeben sind, dieselben warnen und leiten, wie das dapónov (der Genius) des Sokrates.

Unter Plutarchs Traktaten befindet sich auch der interessanteste Beitrag zur Theodicee, den diese Periode aufzuweisen hat: De sera numinis vindicta. KEIM hat mit Recht bemerkt, dass bei der platonischen, dualistischen Weltanschauung die Uebel in der Welt nicht so

1 Man findet sie hauptsächlich in den Traktaten De defectu oraculorum, De Iside et Osiride, De genio Sokratis.

schlechthin als göttliche Strafen erscheinen konnten; aber bei Plutarch herrschte das religiöse Interesse so stark vor, dass er sich notwendig mit einer Frage beschäftigen musste, die sein Vorsehungsglaube ihm zu einem Rätsel machte, der Frage, warum die Gottheit die Bösen augenscheinlich nicht oder erst so spät und so langsam strafe. Die Behandlung dieser Frage durch unsern Philosophen zeichnet sich durch ihre Vielseitigkeit aus; er gibt mehrere Antworten und bringt die Uebel unter die verschiedenen Gesichtspunkte der strafenden Vergeltung, der reinigenden Züchtigung und des abschreckenden Beispiels. Er weist auch auf die göttliche Langmut hin, welche die Gelegenheit und Zeit zur Besserung offen lasse und uns lehre, nicht in zorniger Hast zu verfahren. Er mildert das Peinliche, das in dem Anblick des Glücks der Bösen liegt, indem er an die Grenzen unserer Einsicht erinnert und von den Strafen der inneren Unruhe und Gewissenspein redet, welche den Bösen auch bei äusserem Wohlergehen nicht erspart werden. Auch die Solidarität der Geschlechter zieht er zur Erklärung herbei und versäumt endlich nicht, die Aussicht auf eine Herstellung des Gleichgewichts im zukünftigen Leben zu Hilfe zu nehmen.

Es ist nicht richtig, wenn man die Religion Plutarchs als ein Christentum ohne Christus beschreibt. Wohl aber ist er, und zwar in ganz anderer, tieferer und vollständigerer Weise als Marc Aurel, ein Repräsentant heidnischer Frömmigkeit im 2. Jahrh. Er hat das religiöse Erbe der alten Welt zu retten gesucht und zugleich, ohne es zu wissen, manche neuen Bildungen vorbereitet. Namentlich hat seine Dämonenlehre, die schon im griechischen Altertum wurzelt, bei Plutarch aber ganz neue Dienste leisten musste, auf den christlichen Gedanken vom Schutzengel bestimmend eingewirkt. Die grosse Bedeutung Plutarchs liegt einerseits darin, dass seine Biographien die lebendige Form geworden sind, unter welcher der Begriff der antiken Tugend überliefert wurde und fortgewirkt hat, und dann, dass er das Bedürfnis einer reineren Fassung der Gottesidee klar gefühlt hat.

§ 13. Der religiöse Synkretismus im Anfang des 3. Jahrh. Nach dem Tode Marc Aurels treten andere Zeiten ein. Beinahe hörte sogar die Fiktion des römischen Bürgertums auf, als Caracalla allen Einwohnern des Weltreiches das römische Bürgerrecht schenkte. Auch der Senat, welcher die Bürgerschaft vertrat, verlor fortwährend an wirklichem Ansehen.

Die kaiserliche Gewalt gewann an Bedeutung, sie wurde fast die einzige reelle Staatsmacht. Sie zeigte eine starke Neigung, sich

hierarchisch auszubilden; hierarchische Vorstellungen lagen im Geiste der Zeit, und nur ein hierarchisch ausgebildetes Regiment konnte das Weltreich umfassen. Den Kaiser, der an der Spitze stand, musste man sich wohl immer mehr als den Göttern gleich denken; Marc Aurels Sohn Commodus war der erste, der sich bei Lebzeiten in Rom selbst als Gott, als römischer Hercules, anerkennen liess. Dominus war der Kaiser, wenigstens praktisch, schon längst.

Aber dieser ideellen Höhe der kaiserlichen Würde entsprach die Wirklichkeit nur sehr schwach. Ungeheuer waren die Aufgaben, welche damals dem Beschützer des Reiches gestellt wurden. Seit der Erhebung der Sassaniden (226) wurden die Kriege mit den Persern immer gefährlicher, das Germanentum stürmte auf das Reich an. Infolge der Kriege jedoch wuchs auch der Einfluss des Soldatentums. Meistens verfügten die Heere über den Kaiserthron. Wiederholt wurde die Herrschaft in der traurigsten Weise zersplittert: mehrere Kaiser standen einander gegenüber. Die Versuche, eine Dynastie zu gründen, misslangen. Was dieser Kaiserwürde fehlte, war wirklich anerkannte Autorität. Sie wollte ein göttliches Kaisertum sein, aber sie fand keine Stütze in einer festen, allgemein anerkannten Religionsform. An die Göttlichkeit der Person des noch lebenden Kaisers wurde niemals recht geglaubt. Die für religiöse Eindrücke so empfänglichen römischen Soldaten erschlugen wiederholt einen göttlichen Kaiser ohne den geringsten Gewissensskrupel.

In jeder Hinsicht war für diese Zeit die religiöse Frage die Hauptfrage. Von den alten Göttern Roms wurde kaum mehr etwas erwartet. Die lange in Privatkreisen, meistens in besonderen Genossenschaften, sodalicia, gepflegten Fremdkulte sollten die Stütze von Staat und Gesellschaft werden. Wurden sie bis jetzt, wie einst die griechischen, ausserhalb des pomoerium gehalten, nun zogen sie in die Stadt hinein und viele derselben wurden Staatskulte; als ein solcher wurde von Caracalla der Isiskult in Rom aufgenommen. Allein man stellte sich die Frage, wie ein solcher bunter Wirrwarr der verschiedensten religiösen Vorstellungen die für Staat und Gesellschaft heiss erwünschte Grundlage eines einheitlichen, allgemein anerkannten religiösen Glaubens abgeben könnten. Die Lösung brachte der Synkretismus. Die uralte Neigung, die Götter miteinander zu identifizieren, machte sich, wie schon bemerkt wurde, in dieser Zeit besonders geltend und man gelangte etwa zur Vorstellung, dass alle diese verschiedenen Religionen eigentlich nur verschiedene Manifestationen einer einzigen grundlegenden wären.

Der Isiskult gewann höheres Ansehen. Fast noch mehr war dies mit dem des Mithra der Fall, der sich der ägyptischen Nebenbuhlerin

gegenüber etwas spröde verhielt, im allgemeinen aber ganz eine Religion des Synkretismus war. Er entlehnte der magna mater das Taurobolium, und war auch das Wesen des Mithra als Sonnengott nicht scharf ausgeprägt, so war es dies doch immerhin genügend, um ihn mit den syrischen Sonnengöttern in Beziehung bringen zu können. Die Mithrareligion schloss sich, wie bemerkt wurde, den meisten geistigen Strömungen der damaligen griechisch-römischen Welt an. Sie machte. in dieser Zeit ungeheure Fortschritte. Es konnte scheinen, als würde sie in Zukunft die neue römische Staatsreligion. Auch von Kaisern wurde sie sehr hoch gestellt, doch ist sie niemals als öffentlicher Kult anerkannt worden.

Wo es aber die Wiederherstellung des Reiches galt, richteten sich die Blicke am meisten den syrischen Sonnengöttern zu. Septimius Severus (193-211), ein kräftiger Regent, der sich wirklich vornahm, das Reich neu zu gründen, heiratete eine syrische Frau Julia Domna aus einem Kreise eifriger Verehrer des Sonnengottes; sie wurde die Mutter des Caracalla. Sie, ihre Schwester Julia Moesa und deren beiden Töchter Julia Soaemias, die Mutter Heliogabals, und Julia Mamaea, die Mutter des Alexander Severus, hatten an den Höfen mehrerer aufeinander folgender Kaiser grossen Einfluss.

Liess sich nun keine politische Reorganisation des Reiches denken, welche nicht zugleich eine religiöse war, die Zeit der severianischen Kaiser ist in hohem Grade eine der religiösen Reformversuche. Man kann bei diesen mit J. RÉVILLE drei Schöpfungen unterscheiden: das Aufleben des Neopythagoreismus unter Septimius Severus, die Einführung des Gottes von Emesa durch Heliogabal und den eklektischen Heiligenkult des Alexander Severus.

Die religiösen Bestrebungen am Hofe des Septimius Severus haben in der Biographie des Apollonius von Tyana ihren Ausdruck gefunden. Julia Domna leitete einen der Schöngeister ihres Kreises dazu an, der Welt ein Heiligenbild darzustellen; so entstand die Biographie des Apollonius durch Philostratus. Die Frage, wieviel historisch glaubwürdiges Material in diesem Buch sich vorfindet, wird verschieden beantwortet; sie ist aber von untergeordneter Bedeutung. Die Literatur erwähnt hier und dort vorübergehend und ziemlich geringschätzig einen Zauberer aus Tyana in Kappadozien, der im 1. Jahrh. lebte. Philostratus hat nun diese nebelhafte Gestalt zur Trägerin der Gedanken gemacht, welche seine eigene Zeit und Umgebung beschäftigten. Sein Werk, obgleich es sich mitunter in der Form an die griechischen Romane anlehnt und zahlreiche Abenteuer schildert, ist nicht zur Unterhaltungslektüre bestimmt, sondern hat einen durchaus ernsten und

« ¡è͹˹éÒ´Óà¹Ô¹¡ÒõèÍ
 »