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Nach dem misslungenen Versuch Julians schien die Zeit gekommen, dem sterbenden Heidentum das Todesurteil zu sprechen. Das Christentum hatte unter vielen römischen Kaisern Toleranz genossen, unter Constantin und seinen Söhnen Rechtsgleichheit erworben, und bereits erhoben seine Bischöfe Anspruch auf Macht im Staate, auf Anwendung der Staatsgewalt gegen Heiden und Ketzer. Allein die Staatsmacht war nicht sofort geneigt, auf diese Forderungen einzugehen. Valentinian, Julians Nachfolger, hob freilich mehrere Massregeln seines Vorgängers auf, war aber zu sehr Staatsmann, als dass er die Neutralität des Staates den Religionen gegenüber und damit seine Macht an die Kirche preisgegeben hätte. So blieb er im wesentlichen dem Heidentum gegenüber tolerant, nur unsittliche Kulte waren verpönt. Sein Regiment war das Ideal des heidnischen Historiographen dieser Periode, des Ammianus Marcellinus, der um 390 in Rom schrieb. Ammianus war ein toleranter, von Aberglauben aber durchaus nicht freier Mann, dessen Geschichte eine Quelle ersten Ranges für diese Zeit bildet, und der mit Symmachus die Stimmung der heidnischen Kreise gegen Ende des Jahrhunderts veranschaulicht.

Den entscheidenden Streich führte nun Theodosius der Grosse. Sein Glaubenseifer wurde durch den weltklugen und herrschsüchtigen Mailänder Bischof Ambrosius angefeuert und benutzt. Ob Theodosius es von Anfang an auf Vernichtung des Heidentums abgesehen hatte, ist zweifelhaft. Er beschränkte zuerst nur die heidnischen Kulte sehr wesentlich, indem er den Uebertritt zum Heidentum als Apostasie mit schweren Strafen belegte. Das Edikt vom Jahre 392 hob aber den heidnischen Kultus überall und gänzlich auf. Die Tempel fielen der Plünderung anheim, die Ortsbehörden mussten überall gegen den heidnischen Kultus einschreiten, fanatische Christen durften frei gegen denselben wüten. So verschwand das Heidentum, ohne ernsthaft Widerstand leisten zu können. Es hatte alle seine lebensfähigen Elemente an das Christentum abgegeben, das, reichlich von griechisch-römischen Gedanken und Formen durchdrungen, nunmehr seine welthistorische Aufgabe erfüllen konnte.

Die Germanen.

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Literatur. Grundlegend für die Erforschung der germanischen Vorzeit war in Dänemark die Tätigkeit von P. E. MÜLLER (Sagabibliothek, 3 Bde, 1817-1820, und andere Schriften), in Deutschland die der Brüder J. und W. GRIMM, welche einander ergänzend die germanische Philologie im weitesten Umfang bearbeiteten. Von J. GRIMM erschien 1835 die Deutsche Mythologie (4. Aufl. in 3 Bdn von E. H. MEYER, 1875-1878), von W. GRIMM 1829 die Deutsche Heldensage (3. Aufl., 1889, von R. STEIG), ausserdem die beiden Sammlungen ihrer kleineren Schriften und die gemeinschaftlichen Ausgaben der Kinder- und Hausmärchen (1819) und der Deutschen Sagen (1816). Ueber die Bedeutung J. GRIMMS vgl. das schöne Buch von W. SCHERER, Jacob Grimm (2. Aufl. 1885). Der Zeitgenosse der Grimm, L. UHLAND, gibt in seinen Schriften Zur Geschichte der Dichtung und Sage (8 Bde) viel Wertvolles über Sagenkunde und Literaturgeschichte. Obgleich K. LACHMANN sich nie direkt mit der Mythologie beschäftigt hat, so hat doch seine streng philologische Methode und sein Studium der Heldensage (Nibelungen) den weitesten Einfluss auf die mythologische Forschung geübt. Durch die anthropologischen Studien, namentlich E. B. TYLORS, angeregt, hat W. MANNHARDT, Wald- und Feldkulte (2 Bde, 1875–1877), Mythologische Forschungen aus dem Nachlass (1884), auf ein einseitiges, aber sehr reichhaltiges Material die animistische Erklärungsweise erprobt. In seinen streng methodischen, aber schwerfälligen Arbeiten, worunter das grossartig angelegte Werk Deutsche Altertumskunde (I 1870, II 1887, III 1892, IV 1900, V1 1883, V2 1891) hat K. MÜLLENHOFF besonders die Geographie, die Ethnographie und die Heldensage durchforscht. Auch von K. MÜLLENHOFF gab W. SCHERER ein gelungenes Lebensbild (1896). Ein gut geschriebenes Buch ist F. B. GUMMERES Germanic origins (1892). - Unter den überaus zahlreichen deutschen, nordischen, germanischen Mythologien steht GRIMMS Meisterwerk, obgleich in vielem veraltet, noch unerreicht da. Von andern Handbüchern oder Gesamtdarstellungen seien hier erwähnt von nordischen Gelehrten N. M. PETERSEN, N. F. S. GRUNDTVIG, FINN MAGNUSEN (Mythologiae Lexicon 1828); in Deutschland wurde das Buch von K. SIMROCK (1855) öfter neu verlegt, eine sehr verworrene Darstellung. Ein Wendepunkt in diesen Studien bezeichnet das vielfach, namentlich von MÜLLENHOFF (D. Atk. V) beftig angegriffene Werk des Norwegers S. BUGGE, Studier over de nordiske Gude- og Heltesagns oprindelse (1881-1889, deutsch von O. BRENNER). Unter dessen mehr oder weniger direktem Einfluss stehen die beiden letzten grösseren Werke: E. H. MEYER, Germanische Mythologie (1891) mit reichem Material, namentlich der vollständigsten Quellenübersicht, neuerdings gab E. H. MEYER für einen grösseren Leserkreis eine gut geschriebene Mythologie der Germanen (1903),

und W. GOLTHER, Handbuch der germanischen Mythologie (1895). Noch wären die beiden Bände von PAUL HERMANN, Deutsche Mythologie (1898), und Nordische Mythologie (1903) zu erwähnen. P. D. CHANTEPIE DE LA SAUSSAYE, Religion of the Teutons tranls. from the Dutch by B. J. Vos (Handbooks on the history of religions Boston 1902) ist eine Arbeit zweiter Hand, worin die ausführliche Geschichte der Disziplin und die strenge Scheidung der verschiedenen historischen Kreise hervorzuheben sind.

Endlich sei hier noch auf die Bearbeitung aller Einzeldisziplinen hingewiesen in H. PAUL, Grundriss der germanischen Philologie (1. Aufl. 1891-1893, 2. Aufl. 1900), worin die Mythologie und die nordische Literaturgeschichte von E. MOGK, die Heldensage von B. SYMONS zu den besten Arbeiten über ihre Disziplinen gehören. Die Ethnographie von O. BREMER bringt zwar viel Material, ist jedoch in ihren Resultaten zweifelhaft. Die Geschichte ist namentlich in den nordischen und dänischen Werken von P. A. MUNCH, JOH. STEENSTRUP, J. E. SARS, G. STORM u. a., für die Angelsachsen J. M. KEMBLE behandelt. Auch K. MAURER, Die Bekehrung des norwegischen Stammes zum Christentum (2 Bde, 1855/6), wenn auch in mancher Hinsicht veraltet, muss erwähnt werden.

§ 1. Vorbemerkungen.

Die germanische Vorzeit übt eine wohlbegründete Anziehungskraft aus. Wenn wir den jüdischen und den griechischen Quellen unserer Kultur nachforschen, vergessen wir doch nicht, dass das Germanentum die natürliche Basis der ganzen Entwicklung seit dem Untergang der alten Welt bildet und dass noch jetzt in unsern Sitten und Anschauungen manches aus dem germanischen Heidentum fortlebt. Auch die poetische Schönheit mancher Mythen und Sagen, die sittliche Strenge namentlich in Stamm- und Familienverhältnissen bei den alten Germanen berühren uns sympathisch. Die neue Literatur seit der Romantik liebt es der germanischen Vorzeit Stoffe zu entlehnen. Dabei wird freilich die religiöse Anschauung der heidnischen Periode nicht selten idealisiert, und die Vorzüge des germanischen Charakters, die sich im Laufe der Geschichte entwickelt haben, feines Ehrgefühl, sittlicher Ernst, Betonung der Persönlichkeit, schreibt man vielfach schon den heidnischen Vorfahren zu.

Nicht bloss die schöne Literatur, welche am Ende nur ihre Rechte handhabt, wenn sie die Wirklichkeit in ein verklärendes Licht stellt, auch die Wissenschaft hat oft die altgermanische Religion überschätzt. Manchmal zählt man die germanische Religion den höheren Religionsformen zu, und findet in ihr eine ethische Vertiefung des Glaubens, eine tief religiöse Tragik, welche sie über die meisten andern heidnischen Religionen erhebe und in besonderem Sinne zur Vorstufe des Christentums mache. Dem gegenüber ist nun zu erinnern, auf welcher Kulturstufe die germanischen Stämme sämtlich vor Annahme des Christentums standen. Sie waren wohl keine Wilden mehr; aber die

deutschen Stämme, die Tacitus beschreibt, und selbst die nordischen Reiche des angehenden Mittelalters, die nur in blutigen Fehden, Eroberungszügen und kühnen Seefahrten ihre Kraft betätigten, waren doch der Stufe der Barbarei noch nicht entwachsen. Allerdings sprechen wir diesen germanischen Völkerschaften weder poetische Kunst noch sittliches Gefühl ab, aber die Entwicklung, welche nur die intellektuelle Bildung oder das historische Denken der Religion gibt, muss man bei ihnen nicht suchen wollen. Aus den germanischen Stämmen hat erst das Christentum Kulturvölker gemacht, man betrachte also den altgermanischen Glauben nicht als eine Kulturreligion.

Zeitlich wie örtlich liegt diese altgermanische Welt weit versprengt. Das germanische Heidentum umfasst das erste Jahrtausend unserer Aera. Abgesehen von den spärlichen Nachrichten antiker Geographen über nordeuropäische Meere und Küsten, und von dem, was klassische Geschichtsschreiber über Cimbren und Teutonen zu erzählen wussten, sind die germanischen Stämme von Cäsars und Augustus' Tagen an bekannt; und erst gegen das Jahr 1000 gingen die skandinavischen Völker zum Christentum über. Die ersten Germanen, die Christen wurden, waren die Goten in der zweiten Hälfte des 4. Jahrh., im 5. Jahrh. die Burgunder und die Franken, 600 die Angelsachsen, dann allmählich die andern deutschen Völker, am spätesten, erst im 9. Jahrh., die Sachsen. Die Skandinavier taten den entscheidenden Schritt erst gegen 1000 durch Knut in Dänemark, die beiden Olaf in Norwegen, und infolge des Beschlusses des isländischen Althing im Jahre 1000 selbst.

So ist die germanische Religion nicht die Religion eines einheitlichen Volkes. Die Stämme, von denen Tacitus uns so vieles in knapper Uebersicht erzählt, die deutschen Heiden, unter denen irische und englische Missionare arbeiteten, die neubekehrten Völker des frühen Mittelalters, bei denen in Sage und Sitte soviel Heidnisches fortlebte, die Angelsachsen in den 1/2 Jahrhunderten ihres Heidentums (450 bis 600), die Skandinavier, deren Geschichte im letzten Jahrhundert vor ihrer Bekehrung wir genau kennen: sie liegen zu weit auseinander, sie lebten in zu unähnlichen Verhältnissen, um ohne weiteres miteinander zusammengeworfen werden zu können. Allzuoft hat man dies versucht, und aus den verschiedensten Zügen ein Bild entworfen, das aber, so wie man es zeichnet, keiner bestimmten historischen Wirklichkeit entspricht. Auch darf man in der germanischen Welt dieses Jahrtausends keine regelmässige historische Entwicklung suchen. Die Germanen haben in dieser Periode vielfach in unstäten Verhältnissen gelebt, sie haben auf ihren Zügen und bei der Bildung ihrer Reiche fremdes Blut

und fremde Kulturelemente in sich aufgenommen, sich oft mit Kelten vermischt und viel von dem Erbe der römischen Welt sich zugeeignet, auch in mancherlei Beziehungen zu dem Christentum gestanden.

Auf die Auffindung gemeingermanischer Züge auch in der Religion ganz zu verzichten, ist aber ebensowenig zulässig. Freilich, es gibt weder ein System noch eine Entwicklungsgeschichte der germanischen Mythologie. Man schreibt germanische Mythologie, wie man finnische und slavische schreibt, nur mit viel reichlicherem Material, nicht wie man ägyptische oder indische Religionsgeschichte darlegt. Dennoch besitzen wir nicht bloss Fragmente, sondern können auf diesem Gebiete auch weit verzweigte Zusammenhänge und Verbindungen aufdecken.

Hier begegnen wir der viel erörterten Frage nach der Einheit der deutschen und der nordischen Mythologie. Kann man heutzutage noch dem Satz J. GRIMMS beistimmen, dass die nordische Mythologie echt sei, folglich auch die deutsche, und dass die deutsche alt sei, folglich auch die nordische"? Oder muss man mit BUGGE, dessen Anhang immer noch zu wachsen scheint, die nordische Mythologie fast ganz als späteres Machwerk betrachten? Die Frage ist überaus schwierig, sie hängt eng mit der Quellenkritik zusammen. Hier sei von vornherein zweierlei festgestellt, wenn auch die genügende Begründung ausserhalb des Rahmens dieses Lehrbuchs liegt. Zuerst das eine: die Mythologie, wie sie in der Edda vorliegt, ist zu deutlich ein Produkt später Zeit, als dass sie ohne weiteres als Besitz der alten germanischen Stämme betrachtet werden dürfte. Man muss soviel wie möglich den historischen Einflüssen nachspüren, welche in den eigentümlichen Gebilden der nordischen Mythologie auslaufen. Zweitens aber: diese Bildungen nur aus fremden, ungermanischen Beziehungen zu erklären und also für die Kenntnis germanischer Religion als wertlos zu betrachten, solches verbieten die vielen übereinstimmenden Namen und Züge im deutschen und im nordischen Glauben und Brauch. Es sind dieselben Götter, auch im Kultus ist viel Aehnliches. So bleibt allerdings wahr, dass eine germanische Mythologie die einzelnen Stämme, Völker, Zeiten schärfer scheiden muss als vielfach geschieht; aber zugleich ist wahr, dass kein Grund vorliegt, die nordische Mythologie ganz als fremdes, importiertes oder künstlich fingiertes Produkt auszuscheiden. Bei aller Verschiedenheit bleibt die Einheit dieser Völkerfamilie auch in der Religion gewahrt.

Für die Wissenschaft hat die Erforschung der germanischen Religion eine ungleich grössere Bedeutung als die anderer Religionen derselben Stufe, etwa der keltischen oder slavischen, und diese Bedeutung

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