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zum Teil verloren gegangene Geschichte der norwegischen Könige und der Ansiedlung auf Island erzählte; Saemund Sigfusson (1056-1133), der die Schule zu Oddi stiftete, wo unter seinem Enkel der grosse Snorri erzogen wurde. Dieser Snorri Sturlason (1178-1241), Dichter, Historiker (er ist der Verfasser des historischen Hauptwerks Heimskringla) und Staatsmann, war wiederholt Gesetzsprecher in Island, er besuchte Norwegen und fiel zuletzt der Rache des norwegischen Königs zum Opfer. Diesen drei Namen kann man nur noch den Sturlas (1214-1284) zur Seite stellen, der die Geschichte des Sturlungengeschlechts schrieb. Neben diesen Werken entstanden auf Island und später in Norwegen viele anonymen historischen Bilder: Sagas, meist mit Skaldenversen durchflochten. In den Sagas erfahren wir von der christlichen Predigt auf Island (Thorwaldssaga), von den Geschicken der Orkneyinseln wie der Faröer, von den Abenteuern der Seekönige (Vikinger), die im Wendenland die Jomsburg gestiftet hatten, von den Taten der dänischen wie der norwegischen Könige. Die ältesten und wichtigsten sind die örtlichen Sagas von Island, die von einzelnen Personen oder Familien erzählen. In dieser Beziehung kommt keine der schönen Nialsaga gleich, der Geschichte des weisen Nial, worin die Heiligkeit von Recht und Gesetz eingeschärft wird1. Auch die andern grösseren isländischen Sagas, wie die Eyrbyggia-, die Laxdaela-, die Egils- und die Grettirsaga, die meisten aus dem Ende des 13. Jahrh. stammend, sind für die Kenntnis alter Sitten und Anschauungen wichtig; so auch die kleineren Sagas, deren uns ebenfalls eine ziemliche Anzahl vorliegt. Wieder zu einer andern Gattung gehören die mythischen und heroischen Sagen, wie die Volsungasaga, die Wilkinasaga u. a. Endlich entstand in späterer Zeit, hauptsächlich im 14. Jahrh., die unechte Saga, die Lügensaga, Machwerke, die den Verfall der Literatur deutlich bekunden. Auch drangen aus der Fremde die romantischen Stoffe, die das Mittelalter bevorzugte, die Geschichten von Alexander, von Karl dem Grossen u. dgl. in die nordische Literatur ein. Bei dem Verschwinden der Sagas traten die Annalen in den Vordergrund, die, aus den alten Quellen schöpfend, die Geschichte weitläufig erzählten; darunter bleibt das langweilige Flatey arbok aus dem 14. Jahrh. wegen des Materials, das es enthält, für die Wissenschaft wertvoll. Obgleich diese ganze Literatur aus der christlichen Zeit stammt, ist sie doch für die Kenntnis des Heidentums, von dem sie zum Teil handelt und dessen Sitten bis weit ins Mittel

1 Eine schöne englische Uebersetzung mit Einleitung und Exkursen ist die von G. W. DASENT (1861). Die Bearbeitungen der Sagas in der Saga-Library lassen zum Teil zu wünschen übrig.

Chantepie de la Saussaye, Religionsgeschichte. 3. Aufl. II.

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alter hineinreichen, wichtig. Dies gilt ebenso sehr von den Sammlungen. alter Rechtsquellen, sowohl den isländischen Grágás (Graugans) als den norwegischen: womit, was man sonst noch von Rechtsverhältnissen in der alten germanischen Welt weiss, zu vergleichen ist.

§ 3. Geschichtliches.

Dass aus den dargelegten Quellen sich keine Entwicklungsgeschichte der germanischen Religion schreiben lässt, ist klar. Aber auch eine Reihe von Einzelbildern der Religion verschiedener Stämme und Zeiten ist aus zwiefachem Grunde noch unzulässig: einmal, weil die Quellen doch zu spärlich und fragmentarisch fliessen, und dann, weil die Sichtung des Germanischen und des Fremden noch bei weitem nicht vollzogen ist.

Die prähistorische Periode dehnt sich für die germanische Welt aus bis zur Zeit ihrer Berührungen mit Rom, für die Skandinavier noch mehrere Jahrhunderte später. Was die Ursprünge und Wanderungen in den früheren Jahrhunderten gewesen sind, können wir nur erraten. Wir besitzen die Funde namentlich in Dänemark, mit deren Deutung die Archäologen sich befassen. Wir wissen, dass in sehr früher Zeit mehrere Handelswege die Ostsee, woher der Barnstein, das bei den Griechen so geschätzte Elektron, kam, mit Südeuropa verbanden. Die geographischen Namen geben Aufschluss über Stammland und Verbreitung der Germanen, die ursprünglich ihre Sitze vielleicht nur zwischen Oder und Weichsel hatten, während die Kelten den ganzen Westen bewohnten. Die vergleichende Sprachforschung sucht, hart gedrängt von andern Studien, das gemeinsam Indogermanische in germanischen Göttern zu behaupten. Sicherer sind die Ergebnisse aus den Stammnamen und Sprachen über die Gliederung der germanischen Völkerschaften zu ziehen. Wir unterscheiden darin eine ostgermanische Gruppe, wozu nur Völker gehören, denen wir in der grossen Völkerwanderung schon als Christen oder im Uebergang begegnen (Goten, Vandalen, Burgunder), eine nordgermanische, wozu wir die skandinavischen Völker zählen, und eine westgermanische, welche alle Stämme umfasst, die Tacitus als Ingväonen, Herminonen, Istävonen gliedert, um bald wieder diese seine Einteilung bei der Einführung von allerlei andern Namen zu vergessen. Dass sowohl die religiösen Einrichtungen und Kulte, wie die historischen Ueberlieferungen und Rechtsinstitute ganz den einzelnen Stämmen zugehörig waren, deren manchmal eine Gruppe sich zu einer Kultgemeinschaft vereinigte, die aber durchaus nicht ein einheitliches Volk bildete, geht aus Tacitus überall hervor.

Cäsar hat von den Germanen, namentlich von ihrer Religion, herzlich wenig erfahren: es fiel ihm auf, dass sie keinen Priesterstand hatten wie die gallischen Druiden, dass vor der Schlacht Weiber wahrsagten; als ihre Götter nennt er Sol, Vulcanus, Luna. Ungleich wichtiger ist, was Tacitus erzählt. Er schildert germanisches Leben, Recht und Sitte. Die Stämme, die er vorführt, waren keine Nomaden: ehe man das behauptet, hätte man sich fragen sollen, welche Herden die Ebene Norddeutschlands wohl ernähren könnte. Sie hatten feste Wohnsitze und geordnete politische Einrichtungen, wenn auch auf der Stufe der Barbarei. Ihre Lieder bewahrten die Erinnerung an Stammväter und Helden. Sie lebten vielfach in Krieg untereinander und boten auch den römischen Eingriffen keinen einheitlichen Widerstand: eine Schwäche, die von den ersten Berührungen mit dem römischen Weltreich an bis zu dessen Fall die Germanen charakterisiert. Weder der Krieg unter Armin noch der unter Marbod noch der unter Civilis war gemeingermanisch, und in der Völkerwanderungszeit dienten immer germanische Truppen im Sold der Römer gegen die Einfälle anderer Germanen.

So kennt Tacitus auch keine gemein germanischen Götter. Jeder Stamm hatte seine eigene heilige Stätte, meist in Hainen, wo auch der Mittelpunkt des politischen Lebens war und die Kriegsbeute wurde gebracht, wie im Hain der Baduhenna 900 Römer fielen. So war bei den Naharvalen ein Wald, worin ein Priester in Weibertracht einem Brüderpaar „nomen Alcis" (die deutschen Dioskuren, sagt man) einen bildlosen Kultus darbrachte. Gefürchtet wurde der Wald der Semnonen, den man nur gefesselt betrat, und wo der „regnator omnium deus" Menschenopfer empfing. Anders das „castum nemus in Oceano“, wo sieben Stämme in heiligem Frieden die Nerthus (terra mater) einholten und umführten. Auch bei den Salzquellen, worüber Chatten und Hermunduren stritten, befand sich ein Hain. In allen diesen Hainen verehrten die Stämme „secretum illud quod sola reverentia vident". Ueberhaupt herrschte bei diesem Kultus ein „arcanus terror": die Sklaven, die den Wagen der Nerthus im Teiche gebadet hatten, sollten sogleich ertränkt werden.

Einen abgeschlossenen Priesterstand gab es nicht; aber bei Volksversammlungen hatte der „sacerdos" doch wichtige Funktionen, namentlich mantische, wie Wahrsagung, auch durch weise Frauen, worunter einige fast vergöttert wurden, sehr in dem Vordergrund stand.

Die einzelnen Götter nennt Tacitus in römischer Interpretation: Mercurius, Hercules, Mars, daneben Isis, die Brüder „nomen Alcis", Nerthus und die Tamfana bei den Marsen. Eine deutliche und er

giebige Uebersicht der Götterwelt enthalten diese Namen nicht. Die Inskriptionen fügen nur einige hinzu. Allerdings wissen wir nicht, ob hinter den zahlreichen Gestalten der Jupiter, Mercurius, Apollo, Minerva in den linksrheinischen Inskriptionen nicht mehr römische oder keltische Gottheiten stecken wie germanische. Die matres, matronae in Bregenz und anderswo scheinen jedenfalls keltisch zu sein. Vielleicht ist dies nicht der Fall mit Hercules Deusoniensis, Hercules Magusanus, Requalivehanus (bei Köln) und einigen andern, die vereinzelt vorkommen. Die Nehalennia, welcher mehrere Denkmäler auf der Insel Walcheren und bei Deutz gewidmet sind, scheint eine sehr verbreitete germanische Göttin der Fruchtbarkeit gewesen zu sein. Am meisten Aufmerksamkeit zog der bei Housesteads in Nordengland im Jahre 1883 aufgefundene Altar mit Inskription auf sich, welchen friesische Soldaten „Deo Marti Thingso et duabus Alaesiagis Bede et Fimmilene" errichteten; die Abbildung zeigt einen Mann mit Helm, Spiess und Schild bewaffnet, an seiner rechten Seite eine Gans, an beiden Seiten unten schwebende Frauen mit Stab und Kranz. Man hat hierin einen starken Beweis gefunden für die germanische Verehrung des Himmelgottes Tiu-Mars-Zeus; von Housesteads wie von einer hohen Warte blicke man weit über all die germanische Welt'.

Die historischen Berichte von dem Kampf mehrerer Jahrhunderte zwischen Römern und Germanen an dem limes am Rhein und an der Donau, von den Zügen und Kämpfen der Völkerwanderung, von den ersten germanischen Reichen der Goten, Vandalen, Burgunder sind an religionsgeschichtlichem Stoff besonders arm. Wohl versetzen uns die Heldensagen, die erst viel später episch bearbeitet sind, in diese alten Zeiten; aber auch wo sie mythischen Stoff bringen, ist dieser noch kein Material für die Religionsgeschichte, auch deshalb nicht, weil in Helden mit naturmythischen Zügen, wie Siegfried, doch gewiss, wie man früher pflegte, keine abgeblassten Göttergestalten zu suchen sind. Die Heroen sind öfter selbständige mythische Formationen, keine herabgesetzten Götter. So kann wohl die Mythologie nicht entraten, sich mit Ortnit und den Hartungen, wie auch mit Ermanarich und der Harlungenmythe zu befassen und reinlich das Mythische in diesen Geschichten vom historischen zu sondern: die Religionsgeschichte gehen diese Forschungen kaum oder nicht an.

Von grösserem Interesse ist die Frage, wie das germanische Heidentum sich dem eindringenden Christentum gegenüber verhalten hat.

1 HOFFORY, Eddastudien S. 173. Ueber das Denkmal ist eine ziemliche Zahl von Abhandlungen in Deutschland und Holland geschrieben.

Auch hier wissen wir wiederum viel weniger, als wir wissen möchten. Allein es ist doch deutlich, dass unvermerkt von allen Seiten das Christentum in die germanische Welt eindrang, in die Lager wie in die Städte. Der Kirchenhistoriker HAUCK vergleicht diesen Prozess mit der Verbreitung von Samenkörnern durch den Wind hier und dort; hält dies längere Zeit an, so werden allmählich ganze Strecken eine blühende Vegetation aufzeigen.

Schon oben haben wir einige Daten der Christianisierung einzelner Völker aufgeführt. Sie ging nicht ganz ohne Widerstand von statten, manche Fürsten widersetzten sich gegen die fremde Religion, und auch unter den Goten gab es einige Märtyrer. Im ganzen aber ist der Uebergang dieser Goten, wovon die Bibelübersetzung des Ulfila das Denkmal ist, die der Burgunder und anderer Völker auffallend rasch geschehen. Vereinzelt steht im 5. Jahrh. in Noricum der Missionar Severin, der wohl kein Volk zum Uebertritt bewog, aber auf die wilden Horden in dem Lande, das die grosse Heerstrasse nach Italien war, grossen Eindruck machte, und dem Odoaker seine künftige Grösse soll geweissagt haben 1.

Dass es den catervae der Völkerwanderung, weniger wandernde Völker als plündernde Heere, die auf Beute und Eroberung auszogen, nicht schwer wurde, für eine feste Niedersetzung, Länder und Dienst im römischen Reich, den christlichen Glauben anzunehmen, ist deutlich. Dem widerstand nichts; kein organisierter Kultus, kein lebendiger Glaube. Und die heiligen Stellen, Haine, Quellen ihres Vaterlandes hatten sie doch schon verlassen. Bei den Völkern, die mehr sesshaft geblieben waren, hielt es viel schwerer, sie zur Annahme der Religion ihrer Eroberer, der Franken, zu bringen.

Diese Franken selber hatten nicht sogleich sich zum christlichen Glauben, und zwar nicht in arianischer, sondern in orthodoxer Form bekannt. Es war wohl grösstenteils Politik, wobei aber der Einfluss seiner burgundischen Gemahlin vielleicht mit in Anschlag zu bringen ist, die Chlodowech bewegte, sich am Weihnachtstag 496 im Dom zu Rheims taufen zu lassen. Seitdem ist das Frankenreich ein christliches gewesen. Die Völker in Deutschland sind durch die fränkische Macht einerseits, durch englische und irische Missionare anderseits zum Christentum gebracht: am letzten die Friesen und Sachsen.

Die Lebensbeschreibungen der Missionare, Columbanus und Gallus am Bodensee unter den Alemannen, Willebrord und Liudgar unter den Friesen, Bonifacius in Deutschland, enthalten manche Züge über

Er starb 482. Sein Leben schrieb sein Schüler Eugippius.

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