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aus der deutschen Heldensage, Thrym und Thjassi aus der Edda. Bergriesen sind zahlreich: die Personifikation einzelner Felsen und Berge. Die Edda hat übrigens die Riesen auch in den Weltmythus, Kosmogonie und Eschatologie, eingefügt.

§ 6. Weltmythen.

Das Weltdrama, wie wir es im Voluspá und im Gylfaginning lesen, ist als Ganzes nordisches Machwerk, aus dem verschiedenartigsten Material zusammengesetzt, in einzelnen Zügen oder im ganzen Schema mehr oder weniger von christlichen Gedanken beeinflusst. Freilich fehlen darin auch altgermanische Züge nicht, die aber nicht als Zeugen für die Echtheit des Ganzen gelten können.

Die Einsicht in diesen Tatbestand macht zwei, früher weit verbreiteten, Irrtümern ein Ende. Erstens die von vielen vergleichenden Mythologen verfochtene Meinung, dass Kosmogonie und Eschatologie arischer Urzeit und Gemeingut aller Indogermanen seien. Dies wurde dann durch Vergleichung einzelner Züge aus der Edda, namentlich mit persischen Vorstellungen erhärtet. War es an sich schon herzlich unwahrscheinlich, dass die germanischen Stämme, sagen wir die des Tacitus, eine so komplizierte Mythologie im latenten Zustand besessen hätten, die dann etwa im 10. Jahrh. bei den Nordleuten aufgetaucht wäre; jetzt ist es auf Grund literarischer Forschung für immer mit dieser urarischen Kosmogonie und Eschatologie aus. Der zweite Irrtum betrifft den hohen geistigen Wert, die sittliche Vertiefung dieser Lehre: wir haben diese Meinung schon früher abgewiesen; von einer höheren religiösen Entwicklung ist weder bei dem Volk noch bei den Skalden und Mythographen, denen wir die Edda verdanken, die Rede.

Obgleich wir also die Kosmogonie der Edda der späteren, nordischen Periode zuweisen, so ist damit nicht gesagt, dass den übrigen Germanen kosmogonische Mythen und Vorstellungen abgingen, was in sich selbst unwahrscheinlich ist. Freilich sind die Spuren solcher Gedanken schwach: die früher meist dafür geltende Parallele zwischen einer Voluspástrophe und dem Eingang des Wessobrunner Gebets ist hinfällig geworden, seit dieses letztere als vorwiegend christlich betrachtet wird.

Sowohl die genannten Voluspástrophen (3 und 4; die folgenden 5 und 6, worin die Erscheinung der Mitternachtssonne ganz deutlich beschrieben ist, sind eingeschoben und gehören nicht zur Kosmogonie) als namentlich die ausführliche Kosmogonie Gylfaginning 3-9 enthalten sehr disparaten Stoff, worin (wenigstens in Gylfaginning) bibli

sche Züge, wie Schöpfung aus nichts, durch einen allmächtigen Gott, deutlich hervortreten. Dass die gähnende Kluft", Ginnunga gap, im Anfang dem Bericht der Genesis entnommen sei, kommt mir doch zweifelhaft vor. Tritt das Wasser als Urelement in den Vordergrund, in Gylfaginning spielt auch das entgegengesetzte Element des Feuers eine Rolle, wie auch bei der Schöpfung gleich das Salz erwähnt wird. Im Bild der Voluspá ist das Entspriessen des Krauts durch die Sonnenwärme genannt. Der Urriese, aus dessen Leib die Erde gemacht wurde, heisst Ymir. Die Götter entstehen im Prozess des allgemeinen Werdens: die Kosmogonie ist auch hier zugleich Theogonie; anderseits aber sind diese Götter wieder die schaffenden, ordnenden Mächte.

Von dem Ursprung des Menschen erfahren wir wenig. Tacitus (Germ 2) nennt einen erdgeborenen Tuisto und seinen Sohn Mannus als Ahnen der Menschheit. In Vol. 17, 18 und Gylfag. c. 9 sind die ersten Menschen Askr und Embla aus Bäumen entstanden, von der Göttertrias Odhin, Hoenir, Lodhur empfingen sie Atem und Geist.

Die Kosmographie ist nur in der Eddaliteratur, und da als eine künstlich mythologische Dichtung, entwickelt. Urgermanisch ist allein die Vorstellung von dem Wohnsitze der Menschen: Midhgardh als Mittelpunkt der Welt. Im Norden, oder auch wohl unterirdisch, lag Niflheim, im Süden Muspellsheim. Asgardh ist der Sitz der Götter, Jotunheim das Riesenland. Auch andere Wesen haben ihr eigenes Heim, wie die einzelnen Götter ihre Säle und Paläste. Eine sehr künstliche Vorstellung, gewiss als Ganzes erdichtet, aber zum Teil aus echtem Material, ist die des Weltenbaums. Dieser trägt verschiedene Namen: mjotvidhr (der das Schicksal misst, wie denn eine seiner Wurzeln bei Urdhs Quelle liegt), Laeradh, Mimameidhr (bei Mimirs Wasser liegt eine andere Wurzel), der gewöhnlichste Name Yggdrasil ist eine Verkürzung für Askr Yggdrasils, denn Yggdrasil (der Yggr = Odhin trägt), kann kein Baum heissen, es ist ein Kenning für Odhins Pferd. Dieses in zahlreichen Zügen ausgearbeitete Bild wird oft erwähnt, eine einheitliche Anschauung gibt es nicht, und die Einzelheiten sind ohne Zweifel verschiedener Herkunft. Von Wurzeln, Stamm, Aesten, Gipfel, mit den Tieren, die dort weilen, ist die Rede; das Ganze soll ein Bild sein des Weltalls und zugleich, wie bei den Schutzbäumen des Volksglaubens, soll das Schicksal der Welt vom Weltenbaum abhängen. Deshalb halten die Götter Rat unter diesem Baum, wohnen hier die Nornen, und schüttelt der Baum beim Weltuntergang. Christliche Züge im Bilde des Weltenbaums lassen sich schwerlich nachweisen.

Eine grossartige Schilderung des Weltuntergangs, durch Schuld verursacht, bietet Voluspá. Schon durch den ersten Weltenkrieg

zwischen Asen und Vanen ist die Endkatastrophe vorbereitet. Mehr oder weniger werden in mehreren Liedern der Edda die Mythen von Balder, Loki, von Riesenkämpfen, auf dieses Ende zugespitzt. Eine ausführliche Schilderung davon enthalten nur Voluspá und Gylfaginning. Schon am Anfang hat das Gold die Asen verführt und das Ende wird angebahnt durch Mord, Unzucht, das Reissen aller sittlichen Bande in der Menschenwelt. Dieses Ende ist nun nicht bloss ein Weltenuntergang, sondern auch ein Götterende (Ragnarök), von den Menschen ist dabei am wenigsten die Rede. Dann wird die Sonne verschlungen, ein grosser Fimbulwinter verödet die Erde, Wasser und Feuer verzehren alles, die Ungeheuer (Fenriswolf, die Midhgardschlange, der gebundene Loki) werden los, in furchtbaren Kämpfen fallen auch die Hauptgötter. Doch aus dem Wasser, worin sie versunken war, steigt die Erde in frischem Grün erneuert empor, auch die Asen kommen wieder auf Idafeld, wie im Anfang der Zeiten, zusammen, Balder lebt wieder und ein neuer Oberherr herrscht über die neue Welt.

Es ist ausser Frage, dass wir hier einen Mythenkomplex vor uns haben, wovon die Züge sehr verschiedener Herkunft sind: es sind gewiss alte dabei, als Ganzes gehört es aber der spätesten Periode nordischer Kunstmythologie an. Es sind darin volkstümliche Vorstellungen, Naturmythen und rein dichterische Bildungen; Altgermanisches, speziell Nordisches, wohl auch manches Keltische, vielleicht sogar Persisches; gewiss Heidnisches und Christliches 1.

§ 7. Kultus.

Von den Kultusverhältnissen wurde schon einiges in unserer geschichtlichen Uebersicht § 3 erwähnt. Eigentlich sind sie auch nur in diesem geschichtlichen Rahmen zu erfassen, da sie bei den verschiedenen Völkern und in den auseinander liegenden Zeiten durchaus verschieden waren. Allgemeine Merkmale für Opfer, Feste usw. sind also nicht zu finden. Wohl gilt die älteste Notiz des Cäsar, der den Germanen einen geschlossenen Priesterstand, wie die gallischen Druiden waren, abspricht, für das ganze germanische Heidentum. Denn wenn auch Kultordnungen und feste Einrichtungen nicht fehlen, eine vom Stamm- und Staatsleben abgesonderte Organisation hat die germanische Religion nirgends hervorgebracht. Im Gegenteil sind die religiösen Akte alle mit dem Leben der Familie, der Stämme und Völker in Recht und Krieg am engsten verwoben.

Was hier folgt, bezweckt also bloss, einige Data, die noch nicht

1 In der Sichtung dieses Materials tat AXEL OLRIK Om Ragnarok (1902, auch in Aarb. f. nord. oldk. og hist.) einen wichtigen Schritt.

untergebracht wurden, in ziemlich losem Zusammenhang mitzuteilen. Nach Tacitus kommen in den heiligen Hainen die Stammesgenossen auch zu politischen Zwecken zusammen; es gibt hier und dort sogar Bundesheiligtümer einer Amphiktyonie. Auch bei den nordischen Völkern sind noch im späten Heidentum die Tempel politische Centra, so die grossen Heiligtümer zu Lethra auf Seeland und zu Upsala in Schweden; während auch in Norwegen jeder Gau seinen besonderen Tempel hat und auf Island die sakrale und die Rechtseinteilung des Landes sich ganz decken. Schon Tacitus scheint Tempel und Bilder zu kennen, obgleich er öfter nur die heiligen Haine nennt. Die Einrichtung der isländischen Tempel mit Idol und Altar ist uns genau bekannt. Sowohl bei Tacitus als bei den Angelsachsen und im skandinavischen Norden hatten die Priester rechtliche Gewalt und politischen Einfluss; nach jenem üben sie das Strafrecht velut deo imperanti, bei den Angelsachsen dürfen sie allerdings keine Waffen tragen und nur auf einer Mähre reiten, aber der Coifi, der zuerst das Vorbild gab, seinen Heidengott zu verlassen, war offenbar ein sehr angesehener Herr; auf Island waren die Goden zugleich Hauptleute und Richter, und ihre einflussreiche Stellung als Gesetzessprecher überdauerte das Heidentum. So stand der germanische Priester mitten im öffentlichen Leben; seine sakralen Funktionen waren aber kein Monopol; wir sehen oft auch Könige und Jarle opfern, und von einer geschlossenen Priesterkaste, die eine eigene Machtsphäre gehabt hätte, ist nirgends eine Spur zu entdecken.

Auch die Opfer standen mit dem öffentlichen Leben in seinen verschiedenen Beziehungen in enger Verbindung. Bei Tacitus bringt ein feierliches Menschenopfer die Semnonen in ihrem Hain zusammen. Auch später werden festliche oder politische Versammlungen (Thing) mit Opfern, und zwar oft mantischen, begangen, und auch besondere Veranlassungen, wie Krieg oder Hungersnot, erheischen mantische oder Sühnopfer. Als Olaf Tryggvason den Widerstand gegen das Christentum brechen wollte, drohte er den heidnischen Jarlen, wenn man zum alten Glauben zurückkehre, müssten den beleidigten Göttern gerade die vornehmsten Häupter zum Opfer fallen. Den Hergang bei den germanischen Opfern kennen wir, ausser dem Berichte Strabos über die Kimbern, nur aus der nordischen Literatur. Aber die Volkssitte, gewisse Bräuche bei Ackerbau und Viehzucht, allerlei Glauben und Volksbrauch in der Julzeit, während den zwölf Nächten, wo allerlei Spuk sein Wesen treibt, zu Walpurgis (1. Mai), Johannis (24. Juni), Martini (10. November) haben viel Heidnisches bewahrt. Wir sehen daraus, wie innig der alte Götterkult und Geisterglaube mit dem Leben

verwachsen war. Allerdings ist das noch etwas anderes als ein priesterlich ritueller Kalender, der bei den Germanen fehlt. Selbst die drei grossen jährlichen Opfer für Saat, Ernte und Sieg, die SNORRE erwähnt, lassen sich nicht einmal für den Norden als allgemein nachweisen. Einen grösseren Zyklus umschreiben die neunjährigen Feste, wie das zu Upsala mit grossen Hekatomben gefeiert wurde.

Als zweites Hauptmerkmal der altgermanischen Religion nennen wir das allgemeine Hervortreten des mantischen und magischen Elementes. Schon nach Tacitus ist es eine Hauptfunktion der Priester, die öffentlichen Zeichen zu deuten, und weissagende Frauen, wie die Jungfrau der Brukterer, Veleda, spielen eine grosse Rolle. Es gab also sowohl Zeichenmantik, auspicia sortesque, als die innere Kunde weissagender Geister. Dasselbe gilt von den späteren Zeiten. Die Zeichen waren mancherlei: Pferdegewieher (bei Tacitus), Vögel, Opferkessel (schon bei Strabo), Lose; auch Ordalen verschiedener Art liegen mantische Gedanken zu Grunde, vor allem aber den sowohl mantischen als magischen Runen. Daneben aber nehmen die Träume in der nordischen Literatur einen breiten Raum ein, und macht die prophetische Vala Geheimes bekannt.

Nicht weniger war die Zauberei verbreitet, was die vielen Zaubersprüche sowohl in der Literatur als in Folklore bezeugen. Sogar die Götter in der Edda sind grosse Zauberer; Tyr ist der Gott der Runen, auch Odhin der Seidhr. Die Eddalieder enthalten mehrere Verzeichnisse von Zaubermitteln: Hávamál 145–163, Grögaldr 6—14, Sigdrifumál 6-13. Wie tief die Zauberpraxis eingewurzelt war, sehen wir z. B. aus der Thorwaldsaga, wo selbst ein christlicher Bischof einen Heiden überführt, indem er einen Stein (oder ein Idol), worin ein mantischer Geist hauste, durch Begiessen mit heissem Wasser entzaubert. Wo wir uns in der germanischen Welt umsehen, überall begegnen wir der Zauberei. GRIMM hat über Aberglaube, Kräuter und Steine, Sprüche und Sagen eine reiche Ernte zusammengebracht; und viel von den symbolischen Bräuchen des Baumkults und der Ernte, welche MANNHARDT gesammelt hat, viel von dem, was heute noch unter dem Landvolk lebt, wie Notfeuer und ähnliches, beruht in letzter Instanz auf magischen Gedanken. Es ist gegen allerlei Zauberkünste, dass die Beschlüsse der Kirche im Mittelalter eiferten. Freilich ist darin nicht reinlich zu scheiden, was direkt aus dem germanischen Heidentum stammt, aber wir finden dieses doch durchweg mit magischen und mantischen Bräuchen versetzt.

Noch weniger als der Kultus lässt sich die Sitte und am allerwenigsten die religiöse Gesinnung in scharfen Umrissen zeichnen. Wir

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