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Seele vollkommen begreift; wenn er erkannt hat, dass die Teilnahme der Seele an dem Gebundensein der Körperlichkeit eine rein illusorische ist, dass es nur ein Reflex ist, der die Seele ebenso wenig modifiziert wie der Farbenschimmer der roten Blüte den Kristall dann hat er den Schmerz und die Welt überwunden. Denn dann kann er den schmerzlichen Reflex vermeiden, was in dem unaufgeklärten Zustande des „Nichtunterscheidens" unmöglich ist.

Durch diese Erkenntnis, die aber, wegen der den Menschen angeborenen Disposition zum Nichtunterscheiden, äusserst schwierig zu erreichen ist, findet eine vollkommene Trennung der Seele von Körper und Körperseele statt. Die Seele geht nicht zu Grunde, weil sie unteilbar und mithin unzerstörbar ist, auch wird sie nicht zu Gott weil es keinen Gott gibt. Ebensowenig kann von einer Seligkeit der Seele die Rede sein, denn nach der Trennung hat die Seele an keinen Affektionen teil. Sie dauert in der Erlösung zwar individuell, aber in dem Zustand absoluter Bewusstlosigkeit fort. Diesen höchsten Zustand kann der Erlöste schon im Leben erreichen, und nach dem Tode ist er dessen gewiss.

Die Sânkhyaphilosophie ist wie das Vedânta ein Streben nach Erlösung, nur ist der intellektualistische Charakter der Erlösung hier noch schärfer hervorgehoben als bei jener. Von irgend einer Verdienstlichkeit oder Bedeutung der priesterlichen oder ethischen Werke kann keine Rede sein, sie sind nur der Erlösung hinderlich. Asketische Uebungen sind nur statthaft, wenn sie ausschliesslich darauf abzielen, die erlösende Unterscheidungskraft zu steigern, sind aber hierzu nicht ungeeignet.

Auch der Pessimismus des Sânkhya ist viel entschiedener als der des Vedânta. Jeder bewusste Zustand ist nach dieser Lehre schmerzhaft; auch die Freude und das Glück, von dem uns die Erfahrung zu zeugen scheint, existieren nicht wirklich, denn jede Lust ist mit Schmerzen durchsetzt"; und nur im traumlosen Schlafe, in der Ohnmacht u. ä. ist man zeitweilig vom Schmerze befreit; diese Befreiung soll durch die Erlösung vollkommen und endlos werden.

Eine gewisse Humanität kann man der Sânkhyaschule nicht absprechen. Vor allem hat sie, wohl als Polemik gegen die Priester, die Kastentrennung vollkommen aufgehoben und lässt, im Gegensatze zum Vedanta, sowohl den Çûdras als den Frauen den Weg des Heiles offen. Auch wird es jedem Erlösten gestattet, als Lehrer der Wahrheit aufzutreten. Von einer aktiven Betätigung dieser Menschenliebe waren die Sânkhyaanhänger leider durch die Lehre von der Schädlichkeit alles Tuns ausgeschlossen.

Chantepie de la Saussaye, Religionsgeschichte. 3. Aufl. II.

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Wie die Vedantaphilosophie durch ihre Verbindung mit dem Veda religionsgeschichtliche Bedeutung hat, so beansprucht die Sânkhyaschule ein nicht geringeres religiöses Interesse; denn sie ist der philosophische Vorläufer der mächtigsten der indischen Religionen: des Buddhismus.

Bevor wir diesen und seine ältere Schwesterreligion, den Jainismus, betrachten, müssen wir jedoch einem eigentümlichen Phänomen aus der brahmanischen Zeit, dem sog. Yoga, unsere Aufmerksamkeit widmen.

Yoga (von yuj = jungo) bedeutet „Anbinden", nämlich die Verknüpfung der Seele mit dem Höchsten, und ist insofern nur ein Ausdruck für den Prozess der philosophischen Spekulation. Derselbe verlor aber mit seiner Verbreitung den philosophischen Charakter und wurde zu einer Art asketischer Uebung oder geistiger Kasteiung, durch welche man dieselbe Erlösung zu erreichen suchte, wie mit der philosophischen Erkenntnis. Die Yogapraxis war eine Selbsthypnotisierung, die nach bestimmten Methoden fertig gebracht wurde; durch zusammengekauertes Stillsitzen, durch Fixierung des Blickes, durch Anhalten des Atems und unablässiges Festhalten abstrakter Begriffe oder bedeutungsvoller Silben, wie z. B. des berühmten Om, der mystischen Formel für Brahma, wurde die Ekstase erreicht, in der man sich mit dem Höchsten identisch fühlt. Das war die sinnliche und sinnlose Weise, in welcher man das Ziel der religiösen Philosophie, das erlösende Erlöschen des Bewusstseins, suchte. Der Yogin, wie der diese Askese Ausübende genannt wurde, glaubte sich über alle Bestimmungen und Schranken des Weltlichen erhaben und im Besitz göttlicher Allgewalt; dieselbe Macht über das Göttliche, die das vedische Opfer zu erreichen wusste, wurde dem Yogin zu teil.

Bei der geistigen Kasteiung blieb es jedoch nicht. Ueberall in dem Brahmanismus sehen wir eine Neigung zur wirklichen Askese. Das Einsiedlerleben im Walde, besonders die letzte Stufe desselben, war eine den Priestern obligatorische Form des Asketismus, aber das leibliche Absterben von der Welt beschränkt sich keineswegs auf diese geregelte Praxis. Mit welcher Wildheit brahmanische Priester die Tötung des Fleisches getrieben haben, ist bekannt: vom Ausstrecken oder Festbinden der Arme, wodurch sie verwelken sollen, vom Starren in die Sonne bis zur Erblindung der Augen, vom Stillstehen zwischen vier Feuern, von stundenlangem Stehen auf dem Kopfe oder gefahrvollem Balanzieren in schwindelnder Höhe, von Fasten, wobei man das Essen, dem Monde folgend, ab- und wieder zunehmen lässt, wird noch heute berichtet. Diese Uebungen haben

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alle den Charakter der tatlosen Entsagung oder Selbstlähmung; sie sind die praktischen Auswüchse der trüben Passivität, die in dem indischen Volkscharakter ihre Wurzel hat und die in der Denkweise der Philosophie sich theoretisch betätigt.

Eine philosophische Schule bilden die Yogisten insofern, als sie mit staunenswerter Energie die psychologischen Analysen der Denkprozesse betreiben, durch die der Yogin überall das Akzidentelle beseitigt, um die Wesenheit der Dinge zu ergreifen. (Beispiele bei Patanjali a. a. O.)

Der Jainismus.

§ 13. Die Jainasekte und ihre Lehre.

Literatur. Die Ehre, zuerst Zuverlässiges über die Jaina mitgeteilt zu haben, kommt wieder COLEBROOKE zu, in dessen Misc. Ess. sich mehrere Abhandlungen über sie finden, denen der Herausgeber COWELL noch Mâdhavas Bericht über die Jaina hinzugefügt hat. Ueber die Jainaliteratur handeln A. WEBER, Ueber die heiligen Schriften der Jaina (Ind. Stud. XVI, XVII); E. LEUMANN, Beziehungen der Jainaliteratur zu andern Literaturzweigen Indiens (Act. d. Or. Congr. Leiden, 1883). Eine Uebersetzung von einigen Schriften mit besonders orientierender Einleitung gibt H. JACOBI, Jaina Sûtras (S. B. E. XXII u. XLV); vgl. die Einleitung zu seiner Ausgabe von Kalpasūtra (Abh. f. d. Kunde des Morgenlandes 1879); Ferner: JOHS. KLATT, Extracts from the historical records of the Jainas. (Indian Antiquary XI.) — S. J. WARREN, Over de godsdienstige en wijsgeerige begrippen der Jainas (1875); de MILLOUÉ Religions de l'Inde (Ann. Mus. Guimet 1890 bes. p. 328 ff.). G. BÜHLER, Die indische Sekte der Jainas (Alm. d. Wiener Akad. 1881) gibt eine kurze, vorzügliche Darstellung. R. HOERNLE, Jainism and Buddhism. (Calcutta Review 1898, überarbeitet im Annual Adress in Proceedings of the Asiatic Soc. of Bengal, 1898 p. 39 f. sehr instruktiv). F. OTTO SCHRADER, Ueber den Stand der ind. Philos. z. Zeit Mahāvīras und Buddhas (1902).

Das heilige Wissen, das Studium der Veden, war von Haus aus der Brahmanenkaste vorbehalten. Wie wir gesehen haben, blieb es nicht immer so: die Kriegerkaste beteiligte sich eifrig an den theologischen Studien, ja erreichte sogar einen freidenkerischen Standpunkt, auf dem sie den Glauben an die Göttlichkeit dieser Bücher überwunden hatte und mit einer gewissen Geringschätzung auf die an die Schrift gebundenen Brahmanen herabsehen konnte. Einen viel grösseren Reiz übte die andere Seite des brahmanischen Lebens, das praktische Eifern nach Heiligkeit, das Entsagen und die Einsiedelei auf die Adeligen aus; aber eifersüchtig enthielten die Priester ihnen diese Würde und Seligkeit vor, solange es möglich war. „Kein Ritter darf den Mönchsweg wandern", war lange eine feststehende Formel unter den Brahmanen. Aber die Ritter liessen sich auch hier nicht durch die priesterlichen Verbote zurückhalten: schon um das 8. vorchristliche Jahrhundert bemerken wir asketische Bewegungen

in der Kshatriyakaste, die zur Bildung bedeutender nicht-brahmanischer Sekten führten. Von diesen sind die Jainasekte und der Buddhismus die berühmtesten geworden; auch andere Sekten, die man heutzutage zum Hinduismus rechnet, z. B. die Ajivakas, gehören derselben Bewegung. Diese Neubildungen wollen aber ursprünglich nicht für selbständige Religionen gelten. Sie sind vielmehr als Verbreitung gewisser Heilsansichten zu betrachten, auf denen sich eine mönchische Praxis aufgebaut hat. Ein Vergleich mit den christlichen Bettelmönchsorden ist auch in der Beziehung berechtigt, und die Laien, die sich den Jainas und Bauddhas anschlossen, haben sich noch lange, was religiöse Zeremonien und die äussere Leitung des Lebens betrifft, an das gewohnte Brahmanentum gehalten.

Die unverkennbare Aehnlichkeit zwischen den Jainas und den Buddhisten hat ältere Indologen (LASSEN, WILSON, WEBER) zu dem Schlusse verleitet, die Jainasekte sei nur eine Abzweigung des Buddhismus. Alle Neuere (JACOBI, BÜHLER, HOERNLE) verwerfen jedoch diesen Schluss. Die tatsächliche Aehnlichkeit zwischen beiden besteht nur in der gemeinsamen Erbschaft aus dem brahmanischen Asketentum. Die fünf ersten der acht oder zehn Mönchsgelübde des jainistischen „Nirgrantha" und des buddhistischen „Bhikku“ (so nennen die respektiven Sekten ihre Mönche) sind die gleichen wie die des brahmanischen Sannyasin. Die besonderen Gebote aber, die der Jaina- und der Bauddhamönch daran fügen, divergieren beträchtlich, und zwar sind die jainistischen den brahmanistischen bei weitem am ähnlichsten. Ueberhaupt steht der Jainismus sowohl was die mönchische Praxis als was die philosophischen Prinzipien betrifft, dem Brahmanismus bedeutend näher; den entschiedenen Bruch mit dem Herkömmlichen und die geniale Neugestaltung hat erst der Buddhismus vollzogen. Daraus erhellt nicht nur, dass der Jainismus eine selbständige, mit dem Buddhismus parallele Sekte ist, sondern der Schluss ist berechtigt, dass der Jainismus die ältere der beiden konkurrierenden Richtungen ist. Dieser Schluss wird durch die Geschichte des Stifters und der Sekte bestätigt.

Die Jaina hat ihren Namen von dem Worte, womit die Sekte ihren Stifter und nach diesem den Erlösten bezeichnet: jina, der Sieger. Der Ursprung der Sekte ist noch eine Sache der Untersuchung. Aus den vielen (24) Jinas, die der Sage nach in grossen Zwischenräumen als Propheten der Jaina aufgetreten sind und deren lange Reihe in eine unabsehbare Vorzeit zurückgeht, heben sich zwei heraus, die besondere Rücksicht beanspruchen: Pârçva und Vardhamâna. Der letztere, der zugleich als letzter Jina gerechnet wird,

ist jedenfalls für eine historische Person zu halten. Die Frage ist nur die, ob auch Pârçva, der 250 Jahre vor Vardhamâna aufgetreten sein soll, der Geschichte oder nur der Sage angehört. Im ersten Falle muss er für den Gründer der Jaina gehalten und der Anfang dieser Bewegung auf ca. 850 v. Chr. angesetzt werden, und Vardhamâna, der um 600 auftrat, kann nur als ein Reformator oder Erneuerer der Sekte angesehen werden. Für diese letztere Ansicht haben sich BÜHLER und JACOBI erklärt. Ob die Vorlage Vardhamânas eine eigentliche Jaina und mehr als eine bestimmte asketische Praxis gewesen sei, bezweifelt HOERNLE. Jedenfalls hat die Bewegung, die zum ausgestalteten Jainismus führte, viel früher angehoben als der Buddhismus; denn der Erneuerer der Jaina, Vardhamâna, ist der Zeitgenosse des Gründers des Buddhismus. So nahe berühren sich diese beiden Männer, dass sie nicht nur mit derselben Aufgabe gleichzeitig aufgetreten sind, sondern sogar in derselben Gegend und nach ganz ähnlichen Erlebnissen. Buddha ist wegen der ungeheuern Verbreitung seiner Religion der berühmtere von den beiden geworden und entschieden auch als der grössere Genius zu betrachten; der Jainaprophet spielt aber im heutigen Indien eine viel grössere Rolle und hat wohl auch dadurch seine Bedeutung hier bewahrt, dass seine Religion dem indischen Wesen viel näher steht als die des Buddha.

Mahâvîra (der grosse Held), wie Vardhamâna mit einem Ehrennamen bezeichnet wird, war der Sohn eines Kleinfürsten im Magadhalande, gehörte also zu der Kriegerkaste. Sein Geburtsort war Kundagrāma, eine Vorstadt der auch in der Geschichte des Buddhismus berühmten Hauptstadt Vesāli. Sein Geschlecht waren die weniger bedeutenden Jñātrikas, mütterlicher Seite war er jedoch mit dem mächtigen Magadhafürst Bimbisāra, der auch Buddha beschützte, verwandt1. Bis zu seinem 30. Jahr soll er ein ganz weltliches Leben geführt haben; zu dieser Zeit, nach dem Tode seiner Eltern, wurde er aber von dem Ernst des Lebens ergriffen, verliess seine Frau und seine Verwandten und wanderte als heimatloser Asket in die Welt hinaus. Zwölf Jahre verbrachte er unter den schwersten Kasteiungen und in tiefer Meditation. Dann ging ihm das Licht der Erkenntnis auf, und er glaubte die Würde eines Heiligen erlangt zu haben. Er trat nun als Lehrer auf, predigte die Wahrheit nach der Art des Pârçva und organisierte, nachdem er viele Anhänger in den umliegenden Ländern

'Ueberhaupt liegen die Familienverhältnisse des Mahāvīras gänzlich klar (vgl. JACOBI 1. c. p. XIII f.). Dass mehrere Namen aus dem Familienkreise Buddhas, Siddhartha, Yasodā die noch dazu sehr spät sind sich hier wiederfinden, führt deshalb zu keiner Konfusion.

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