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von R. SEYDEL: Das Evang. von Jesu im Verh. z. Buddhasage und Buddhalehre (1882), vgl. auch Hardys Buddhismus.

Der Buddhismus ist, wie die Religion der Jaina, ursprünglich eine Mönchsreligion, die in den Kreisen der Kshatriya entstand, um den religiösen Bedürfnissen der nicht-brahmanischen Gebildeten entgegenzukommen. Die Lehre Buddhas entfernt sich aber viel weiter vom Herkömmlichen und von der Art der indischen Frömmigkeit überhaupt als die der Jaina, und zwar in zwei Beziehungen. Erstens steht die Theorie des Buddhismus in der Hauptsache auf ihrem eigenen Grund, während die Lehre der Jaina in wesentlichen Punkten auf den Prinzipien bald des Vedânta, bald des Sânkhya unmittelbar beruht. Ein noch grösserer Unterschied ist aber im Praktischen zu erkennen, nämlich der, dass der Buddhismus mit der Vorliebe der Inder für die Askese gänzlich gebrochen hat, die Jainisten aber die Askese, wie wir gesehen haben, immer noch als festes Glied ihrer Praxis behalten haben. Daraus ist das verschiedene Los der beiden ursprünglich parallelen Religionen zu erklären. Die der Jaina hat, weil sie dem indischen Wesen getreu blieb, ruhig in Indien ihre Stellung behaupten können, ist aber da nur eine Sekte unter Sekten und ist nie über die Grenzen Indiens hinausgedrungen. Der Buddhismus ist nach schnellem Aufblühen und rascher Verbreitung verhältnismässig früh aus dem alten Land des Brahmanismus verschwunden, hat sich aber ausserhalb Indiens mit Leichtigkeit den Weg gebahnt, ja er hat sich, weil befreit von mancher indischen Beschränktheit und doch immer von der Kraft der indischen Religiosität belebt, zu einer wirklichen Weltreligion erhoben.

Der Buddhismus war von Haus aus eine ausschliesslich praktisch-religiöse Bewegung. Dies im Gegensatz zu der häufig sich findenden Auffassung, die in dem Auftreten Buddhas die Bildung einer neuen Philosophie oder eine soziale Reformation sehen will. Was die Philosophie betrifft, so hatte Buddha äusserst wenig damit zu schaffen. Wenn auch seine Lehre ohne Kenntnis der philosophischen Systeme nicht recht zu verstehen ist, so ging doch sein Streben so wenig darauf aus, ein neues System aufzustellen, dass er vielmehr seinen Jüngern abgeraten hat, sich mit solcherlei Dingen zu befassen. Seine Lehre war eben für diejenigen, die von dem Philosophieren der Schulen nicht befriedigt werden konnten; die einzigen Fragen, die er beantworten will, sind diese praktischen Lebensfragen: was das Leiden sei, was dessen Ursprung sei, und wie man sich von dem Leiden befreien könne.

Ebenso fern lag es Buddha, eine soziale Mission auszuüben, wie z. B. gegen das Kastenwesen zu opponieren. Solche weltlichen Verhältnisse waren für ihn ohne jede Bedeutung, und obgleich er die

Kastenordnung nicht respektierte, hat er sich doch so wenig für ihre Beseitigung interessiert, dass die Verbreitung seiner Religion auch viel zur Verbreitung dieser Ordnung beigetragen hat. Auch bestand die erste Gemeinde nicht überwiegend aus befreiten Mitgliedern der unteren Kasten; die hervorragenden unter Buddhas Jüngern gehörten vielmehr den Brahmanen und der Kriegerkaste an.

Auch ist es nicht zutreffend, den Buddhismus eine Reformation des Brahmanismus zu nennen. Buddha hatte gar nicht im Sinne, den Brahmanismus zu verbessern, ja er wollte denselben eigentlich nicht wegschaffen. Eben darum, weil er kein Heiligtum mit den Brahmanen gemein hatte, weder Götter noch Opfer, keinen Veda und keine Philosophie, kann er sich ganz von ihnen frei halten. Er will kein Jota von ihnen rauben, aber auch keine Silbe von ihnen behalten; er sucht ganz einfach und ganz für sich allein den Heilsweg, den ihm das Frühere nicht hat weisen können. Er wollte selig werden, und als er das Heil gefunden hatte, strebte er danach, andern den Weg dazu zu zeigen er gründete einen Mönchsorden.

Will man also den Ursprung des Buddhismus verstehen, so genügt es nicht, auf die theoretischen Voraussetzungen den Blick zu lenken, die mit der Schulweisheit der Brahmanen und der Kshatriya gegeben sind; als Hintergrund für Buddhas Lehre und noch mehr als Entwicklungsboden für die sich später um seine Lehre bildende Metaphysik hat die Philosophie allerdings Bedeutung; die Szene aber, auf der der Buddhismus auftrat, ist eine viel lebendigere gewesen als diese literarischen Strömungen, nämlich das ganze Treiben der Sâmanas: Sektierer, Asketen und Bettelmönche, aus dem nicht nur die Jaina und Bauddha entstanden sind, sondern auch viele der Sekten, die wir heutzutage als hinduistische bezeichnen.

Das grosse Glück, das der Buddhismus im Vergleich mit den meisten dieser Sekten gehabt hat, ist nicht zufällig oder unverdient; wir finden in dieser Religion viele praktischen Eigenschaften, die nicht nur für einen äusseren Erfolg bedeutungsvoll waren, sondern auch der Lehre einen bleibenden und wirklich religiösen Gehalt geben.

Zunächst hat der Buddhismus den unschätzbaren Vorzug, dass eine Persönlichkeit an die Spitze der Religion gestellt worden ist als Vorbild für das Leben und als Träger der Frömmigkeit. Buddha selbst ist diese Persönlichkeit, zuerst als Mensch und Lehrer, später als Heiliger und Gott. Was dem Vedismus mit seinen Göttern allen und mit seiner grossen Theologie doch immer fehlte: das religiöse Vertrauen auf eine ideale Persönlichkeit, die die Vollkommenheit besitzt und darstellt, und die den Ihrigen gehört, das hat der atheistische

Buddhismus seinen Bekennern geboten und ist dadurch dem religiösen Bedürfnis der Menschen auf eine Weise entgegengekommen, die für die Religion besonders förderlich sein musste. Die ernsten und schlichten Erzählungen von dem heiligen Manne, wie er das Heil gefunden und den Weg gewandert, seine sanfte Rede an die Menschen und die kernvollen Sprüche seiner Weisheit: das alles wird eine andere Wirkung auf das Volk ausgeübt haben, als die gekünstelten Lieder von Göttern und Göttergeschicken, die immer nur mythischen Inhalts waren und den meisten halb unverständlich blieben. Man lernte an Buddha glauben und wurde ermahnt, auf diesem Glauben sein Leben beruhen zu lassen. An ihn sich zu halten und in seinem Geiste zu wandeln, ist für den Buddhisten der sichere Pfad.

Zu diesem religiösen Vorzug gesellt sich ein ethischer: der Uebergang vom religiösen Egoismus zur Sympathie, der mit dem Buddhismus wirklich stattgefunden hat. Der Brahmane sucht lediglich sein eigenes Heil zu erlangen, der Buddhist aber ist auch auf die Erlösung anderer bedacht; er kennt das Mitleid mit dem Los der Menschheit; hat ja doch Buddha selbst es verschmäht, sofort nach Erreichung der Vollkommenheit in das Nirvâna einzugehen, damit er den Menschen die Wahrheit verkünde und für das Heil der vielen noch lange leben könne. Mit dem Buddhismus ist die Idee der Brüderlichkeit in die indische Welt hineingedrungen und dadurch eine neue Humanität geschaffen worden.

Für die historische Stellung des Buddhismus entscheidend ist auch der Umstand gewesen, dass diese Religion sich an keine Nationalität oder sonstige weltliche Bestimmung gebunden fühlt. Der Brahmanismus war Volksreligion im engsten Sinne; wer zum Volke gehört, ist damit auch für die Religion geboren. Den Eintritt in den Buddhismus aber bedingte nicht die Geburt, sondern die Bekehrung: der Entschluss, nach Buddhas Wahrheit zu wandeln. So bilden die Buddhisten nicht ein Volk, sondern eine Gemeinde, durch das unsichtbare Band der heiligen Wahrheiten vereinigt. Damit ist aber dem Buddhismus die Möglichkeit gegeben, eine Weltreligion zu werden, die über jedes Land sich verbreiten und alle Seelen in sich fassen kann. Diese Möglichkeit hat der Buddhismus durch eifrige Mission und tüchtige Organisation im vollsten Masse verwirklicht. Für Asien ist diese Religion zum Teil das geworden, was das Christentum für die westlichen Kulturländer ist. Dass der Buddhismus indessen jemals dem Christentume seine Weltstellung streitig machen sollte, ist nicht zu erwarten. So universell die Lehre Buddhas, mit andern indischen Richtungen verglichen, auch sein mag, hat sie doch

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immer vieles von dem indischen Sondercharakter behalten, und nur dem Asiaten wird sie von wirklicher Bedeutung sein können. Mit der Denkweise und Lebensart der westlichen Völker ist der Buddhismus eigentlich inkommensurabel, und es ist kein Zufall, dass diese Religion in den Jahrtausenden ihres Bestehens auf die Kultur des Okzidents nur ganz nebensächlichen Einfluss geübt hat.

§ 15. Die buddhistische Literatur.

Uebersetzungen. H. C. WARREN, Buddhism in Translations (1896. Harward Or. Ser. III) gibt mittelst Textstellen einen schönen Begriff vom Buddhismus. K. E. NEUMANN, Buddhistische Anthologie (1892); Die Reden Gotamo Buddhas aus der mittleren Sammlung des Pâlikanons (1896–1902); Die Lieder der Mönche und Nonnen Gotamo Buddhas, übers. 1898, sind mit Vorsicht zu benutzen. Aus dem südlichen Kanon ferner: V. FAUSBÖLL: Sutta Nipāta (S. B. E. X2). F. MAX MÜLLER, Dhammapada (ibid). RHYS DAVIDS, Buddhist Suttas (S. B. E. XI), Milinda (ibid. XXXV-XXXVI), Buddh. Birth Stories (1880); ders. und OLDENBERG, Vinaya Texts S. B. E. XIII, XVII, XX. E. B. COWELL, The Jātaka Transl. (1895–1896). Aus dem nördlichen Kanon: E. BURNOUF, Le lotus de la bonne loi (1852). Auch von KERN S. B. E. XXI. FOUCAUX, Lalita Vistara trad. 1884 (A. M. G. VI); wird von LEFMANN übers. Buddhist Mahayana haben M. MÜLLER, JOWELL, TAKAKUSU übers. S. B. E. XLIX. L. FEER, Avadana Çataka (A. M. G. XVIII).

Die Quellen des Buddhismus sind ausserordentlich zahlreich und, wie es bei einer so ausgebreiteten Religion zu erwarten ist, sehr mannigfaltig. Nicht nur liegen sie in vielen verschiedenen Sprachen vor, in Sanskrit und Pâli, in Tibetanisch und Mandschu, Chinesisch und Japanisch, sondern sie gehen auch inhaltlich ziemlich auseinander, und man muss bei jeder buddhistischen Schrift immer genau beachten, zu welchem Literaturkreis sie gehört und aus welcher Zeit sie herrührt. Zunächst sind die beiden grossen Kirchenabteilungen: die südliche und die nördliche Kirche, auseinander zu halten; nach dieser Einteilung wird auch zwischen einem südlichen und einem nördlichen Kanon unterschieden. Zu der südlichen Kirche gehören zunächst die Buddhisten auf Ceylon, in Burma, Siam und Pegu. Die nördliche Kirche ist über Nepal, Tibet, China, Japan und Anam verbreitet und herrschte früher zugleich in Cambodja, auf Java auf auf Sumatra.

Der Kanon der südlichen Kirche ist der wertvollere, weil er der ursprünglichen Lehre am nächsten steht. Die Sprache dieser Schriften ist Pâli, ein weicher und gefälliger Dialekt des Indischen, der sich lautlich zu dem Sanskrit verhält etwa wie das Italienische zum Latein, und der sich als Schriftsprache bis an die Zeit vor dem 3. Jahrh. v. Chr. zurück verfolgen lässt. Buddha selbst hat allerdings kein Pâli gesprochen; seine Sprache war die des Magadhalandes; auch wurde es ursprünglich erlaubt, die heiligen Wahrheiten in dem Dialekte des

jeweiligen Ortes zu verkünden. Der ersten Verbreitung der Lehre war dieses volkstümliche Vielerlei dienlich, wie später die Kodifikation und die Uebersetzungen im Süden in Pâli, im Norden in Sanskrit für die organisierte Kirchenmission notwendig war.

Wie nahe die Pâlitexte der ursprünglichen Verkündigung Buddhas und seiner Jünger stehen, ist nicht genau zu entscheiden; dass einzelne Stücke, z. B. Mahāvagga im Sutta-Nipata, wirklich auf den Meister selbst oder seine ersten Jünger zurückgehen, ist indessen nicht unwahrscheinlich.

Der Pâlikanon, der nach RHYS DAVIDS' Berechnung, wenn von Wiederholungen und Märchen abgesehen wird, etwa so gross wie unsere Bibel ist, hat den Namen Tipitaka (sanskr.: Tripitaka), Dreikorb. Die drei Abteilungen, in die er zerfällt, sind Vinaya-Pitaka, die Ethik oder Ordensregeln und das Zeremoniell, Sutta-Pitaka, die Dogmatik, die aus Nikayas besteht, und Abhidhamma, die Metaphysik.

Nur annäherungsweise können wir das Alter dieser Sammlungen bestimmen. Die Babhrainschrift des Königs Açoka (263-226 v. Chr.) gebietet, fleissig das Vorlesen der heiligen Schriften zu hören, und nennt als Beispiele fünf der Nikayas; auch schimmert in Açokas Inschriften das Wort pitaka als Bezeichnung der heiligen Literatur hindurch. Innerhalb der einzelnen Sammlungen scheinen die Mönchsregeln des Vinaya-Pitaka die ältesten zu sein älter als die beiden Konzilien 377 und 271, deren Streitpunkte sie nicht kennen. Grundlage dieses Pitakas ist vielleicht die Pratimokhsha- oder Erlösungsformel der Mönche, die möglicherweise auf die Zeit von Buddhas Jüngern zurückgeht. Später hat sich die Sutta - Literatur, die Darstellung der Lehre, gebildet; innerhalb dieser gelten die Bücher Mahavagga und Cullavagga für die ältesten. Uebrigens nennt Cullavagga schon fünf Nikayas. Dagegen kennt dieses Buch nicht das Abhidhamma, und alles deutet darauf, dass diese metaphysische Literatur ein späteres Gebilde ist. Hier diskutieren gelehrte Leute die Streitpunkte der früheren Schriften; man atmet die scholastische Luft der Zeit der Konzilien, ja eine Schrift des Abhidhamma (Kathâvatthu) enthält ganz offenbar das Programm des Konzils zu Pātaliputra.

Die älteren Teile des Kanons unterscheiden sich in Form und Inhalt ziemlich bestimmt von den jüngeren. In jenen findet man kernvolle und sinnreiche Sprüche, einfache Erzählungen und kunstlose Verse, während die jüngeren Teile durch ihren bald gekünstelten, bald weitläufigen, bald abenteuerlich abstrusen Charakter sich oft genug deutlich als spätere Zutat kennzeichnen. Gewöhnlich ist die Lektüre

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