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vielen die Natur gehört, welche die Gnade angenommen hat, so vielen hat sie auch als eine heilsame Gnade Heil und Seligkeit gebracht; sie hat aber nicht die Natur der Engel und nicht die Natur dieses oder jenes Sünders angenommen, sondern die allgemeine Natur aller Menschen; darum ist sie auch eine allgemeine Gnade für alle Sünder, für lasterhafte, wie für ehrbare Sünder, für große wie für kleine Sünder, für arme wie für reiche Sünder, für verachtete, wie für geehrte Sünder, für alte wie junge Sünder, für dich, mein Christ, wer du auch seist und wie du auch heißest, wie für mich. Wie der irdische Thau träufelt auf die Distel wie auf die Lilie, so träufelt der Thau der Gnade auf des verstockten Sünders Herz wie auf des Bußfertigen, nach Gnade Hungernden und Dürstenden Gemüth. Wie die Meere der Erde nicht nur die Sandkörnchen, sondern auch die tiefsten Abgründe der Erde bedecken, so bedeckt das Meer der erschienenen Gnade Gottes nicht nur die Sünden der Uebereilung und Schwachheit, sondern auch die schauerlichsten Tiefen und Ausbrüche jedes bösen Herzens. der Wolkenhimmel den ganzen Erdball umschließt, kein Pünctlein ausgenommen, so umschließt der Himmel der Weihnachtsgnade die ganze Sünderwelt, die diese Erde bewohnt. Ein Mensch kann sich wohl so verstocken, daß er die Gnade nicht will; aber so schwer fündigen kann er nicht, daß die Gnade ihn nicht wollte.

II.

Wie

Doch, meine Lieben, die Herrlichkeit der uns einst heute widerfahrenen Gnade beschreibt unser Tert nicht nur nach ihrer hochtröstlichen Beschaffenheit, sondern auch nach ihrer herrlichen züchtigenden Kraft und Wirkung. Das sei denn auch daher das Zweite, darauf ihr nun ferner eure Andacht mit mir richten wollet.

So wichtig es nemlich, meine Lieben, ist zur Annahme der Gnade, daß man vorerst ihre tröstliche Beschaffenheit erfahre, eben so wichtig ist es auch, damit man sich in dieser Annahme der Gnade nicht selbst täusche, daß man auch ihre herrliche Kraft und Wirkung kennen lerne. Die Gnade, namentlich die am Weihnachtsfest gepredigt wird, ist ja so lieblich, so süß, so überschwänglich und so groß und weit, daß es kaum möglich ist, daß bei der Vorstellung derselben ein Herz ganz unbewegt bleiben sollte. Selbst irdisch gesinnte Gemüther, die an der Welt Gütern und Eitelkeiten hängen, werden dadurch oft mit ergriffen und tief gerührt; selbst die offenbarsten Knechte gewisser Sünden werden dadurch oft wie berauscht, daß sie augenblicklich den Vorsaß fassen, der Sünde zu entsagen und Gott ihr Herz zu ergeben; selbst die hartnäckigsten Heuchler fühlen da oft eine Regung, aufrichtig und eifrig, Unzüchtige züchtig, Zornige sanftmüthig, Ehrsüchtige

demüthig, Geizige freigebig zu werden. Aber mit solchen guten Rührungen, Bewegungen, Vorfäßen und Empfindungen geistlicher Freude, meinen denn auch die meisten, sei die Sache abgethan. Sie machen daraus den Schluß, daß also auch sie der süßen Gnade Gottes theilhaftig geworden seien. Sie halten das Anklopfen der Gnade schon für ihre Einkehr. Was folgt daher? das schnell entzündete Feuer der Andacht verlischt wieder eben so schnell, und schon in den nächsten Tagen zieht der alte geistliche Tod wieder in ihr armes gnadenloses Herz ein. Und so lassen sie sich denn ein Jahr um das andere das Herz auf Augenblicke bewegen, bis sie endlich, als Menschen, die Gottes Gnade wohl oft gekostet, aber nie bleibend erlangt haben, dahin sinken in den ewigen Tod.

Dies widerfuhr z. B. einst dem Herodes, von dem wir lesen, daß er Johannis Predigt gern gehört, sich aber nicht bekehrt habe. Dies widerfuhr dem Könige Agrippa, der, auf Pauli Predigt von Christo aufgeregt, in die Worte ausbrach: „Es fehlet nicht viel, du überredest mich, daß ich ein Christ würde." Dies widerfuhr endlich vielen Tausenden, die Christum selbst predigen hörten, in deren Herzen der Same seines füßen Wortes zwar schnell aufging, aber eben so schnell wieder verdorrte.

Damit sich nun niemand unter uns auch also täusche, so laßt uns nun hören, was der heilige Apostel in unserm Terte auch von der Kraft und Wirkung der Gnade sagt, und darnach uns prüfen.

Der Apostel schreibt der Gnade eine dreifache Kraft und Wirkung zu. Er schreibt erstlich: „Sie züchtiget uns, daß wir sollen verleugnen das ungöttliche Wesen und die weltlichen Lüste." Sobald also ein Mensch der Gnade Gottes in Christo wirklich theilhaftig geworden ist, so nimmt diese Gnade ihn, wie eine treue Mutter ihr Kind, in ihre Zucht, und erzieht ihn also, daß er nicht nur alles ungöttliche, d. h. alles offenbar sündliche Wesen haßt und demselben entsagt, sondern daß er auch an den weltlichen Lüsten, d. h. an dem, woran die Welt ihre Lust hat, an jenen weltlichen Eitelkeiten, die nicht geradezu wider Gott gerichtet sind, aber nur einem eitlen Herzen gefallen, die Freude verliert und ihnen Abschied gibt.

Der Apostel fagt aber von der Gnade zweitens, fie erziehe uns auch, „züchtig, gerecht und gottselig zu leben in dieser Welt". Sobald also ein Mensch der Gnade Gottes in Christo wirklich theilhaftig geworden ist, so wirkt sie, daß ein solcher Mensch züchtig wird gegen sich selbst, gerecht gegen seinen Nächsten, und gottselig in Absicht auf Gott. Er bewahrt nemlich seinen Leib, als einen Tempel des Heiligen Geistes, daß er nicht mit Sünden befleckt werde, und trägt seine Seele als ein theuer erlöstes Eigenthum JEsu Christi in seinen Händen, daß sie mit Gott ver

einigt bleibe. Es dringt ihn, seinem Nächsten zu thun, wie Gott ihm gethan, in Liebe, Sanftmuth und Demuth; und in Absicht auf Gott sucht er seines Lebens Freude und Seligkeit darin, daß er Gott diene.

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Endlich sagt aber der Apostel von der Gnade, sie erziehe uns auch, daß wir warten auf die selige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit des großen Gottes und unseres Heilandes JEsu Christi, der sich selbst für uns gegeben hat, auf daß er uns erlösete von aller Ungerechtigkeit, und reinigte ihm selbst ein Volk zum Eigenthum, das fleißig wäre zu guten Werken". Sobald also ein Mensch der Gnade Gottes in Christo wirklich theilhaftig geworden ist, so schafft sie ihn gänzlich um. Während nämlich ein gnadenloser Mensch gern möglichst lange leben möchte in dieser Welt, freut sich ein der Gnade Christi theilhaftig gewordener Mensch vielmehr auf die Erscheinung Christi, sei es nun im Tode oder am jüngsten Tage, und wartet darauf wie ein Kind auf die Weihnachtsbescherung.

Dies alles klingt nun ja freilich nicht festlich, nicht weihnachtlich. Aber, meine Lieben, so gern ich keinen Mißton in euern Festjubel bringen möchte, so ist mir's doch bang, daß bei Vielen der Festjubel nur ein Jubel des Mundes, ja des Fleisches, nicht aber des Herzens und des Geistes ist. Was hilft uns aber dann die Weihnachtsfreude? Sie ist dann nichts, als ein süßer Rausch, aus dem wir endlich mit bitterm Leid erwachen. Darum rufe ich euch zu: Glaubet doch dem Apostel: es ist unmöglich, daß ein Mensch der uns heute widerfahrenen Gnade theilhaftig geworden und doch dadurch nicht umgewandelt sein sollte, zu verleugnen das ungöttliche Wesen und die weltlichen Lüste, züchtig, gerecht und gottselig zu leben in dieser Welt und mit seiner Sehnsucht zu warten auf die Wiedererscheinung JEsu Christi. Dient ihr daher noch irgend einer Sünde; hängt euer Herz noch an der Welt, d. i. an ihren Gütern und Eitelkeiten; ist euch der Eifer in der Heiligung noch unbewußt, oder anstatt eine Lust eine Last, und wünschet ihr endlich Christi Wiederkunft noch weit, weit hinaus: so ist das Feuer eurer Weihnachtsfreude noch ein falsches Feuer, und eure Lust an der Weihnachtsgnade noch eine fleischliche Lust.

Hier spricht nun vielleicht mancher: Aber was soll ich denn nun thun? - Lieber Zuhörer, der du so fragst, selig bist du, wenn du so fragst in Betrübniß deiner Seele, darüber trauernd, daß du der Gnade noch nicht theilhaftig geworden seist. Denn siehe! eben das ist's, was einem Menschen nöthig ist, daß er in sich ein armer, sündiger, gnadenloser Mensch wird, der seines Elendes gern los wäre. Ist es mit einem Menschen dahin gekommen und heißt es daher denn in seinem Herzen, wie jener Dichter spricht:

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wenn es, sage ich, mit einem Menschen dahin gekommen ist, und er hört dann die Weihnachtsbotschaft von der auch ihm erschienenen Gnade und glaubt daran, und hält sich daran und freut sich daran: dann ist seine Freude kein Schein, kein Trug; dann wird er auch der Gnade wirklich theilhaftig und sie wird dann gewißlich ihn nicht nur himmlisch trösten, sondern auch ihre herrlich züchtigende Kraft und Wirkung an ihm erweisen.

Wohlan denn, meine innigstgeliebten Zuhörer, laßt uns nicht damit uns begnügen, daß wir in diesen Festtagen nur im Hause des HErrn oft erscheinen, die Verkündigung der in der Welt erschienenen Gnade Gottes hören und uns daran einige Stunden ergößen, und dann leer davongehen, und bleiben, wie wir waren. Nein, jeder denke vielmehr: ich will in diesen Tagen nicht nur von der Gnade hören, ich will sie auch selbst haben, sie muß auch mein werden! Dies, dies lasse jeder seine eigene Sorge in diesen Festtagen sein, und, thue sein ganzes Herz auf, so wird die Gnade, wie sie einst im Stalle zu Bethlehem erschien, auch in unserem Herzen erscheinen, und darin wohnen und wirken, es reinigen und schmücken und ein Weihnachtskirchlein daraus machen, dessen Lichter auch im Tode nicht verLöschen. Amen! Amen!

Am Neujahrstage.

In Deinem Namen, o JEsu, Du Heiland der Welt, haben wir heute ein neues Jahr angetreten und in Deinem Namen sind wir heute wieder das erste Mal in diesem Hause erschienen, da Du geprediget wirst; zu Dir breiten wir auch unsere Hände jezt aus, denn wo sollten wir heute hin mit unseren Sünden und Sorgen, mit unseres Herzens Wünschen und Bitten, wenn wir Dich nicht hätten? Ohne Dich könnten wir nur mit Zittern in das neue Jahr hinausschauen; ohne Dich müßten wir wünschen, daß die Zeit der Menschen schon vor Jahrtausenden zu Ende gegangen sein möchte; ohne Dich müßten wir wünschen, wir wären nie geboren. Denn Du allein bist es, der in die Welt gekommen ist, uns zu bringen und zu predigen ein gnädiges Jahr des HErrn; Du allein bist es, der unsere armen Erdenjahre krönet mit seinen himmlischen Gütern und unsere kurze Zeit umwandelt in eine Pforte seliger Ewigkeiten.

So bitten wir Dich denn, führe herauf mit dem heutigen Tage ein gnädiges Jahr des HErrn über uns alle, über diese ganze Gemeinde, ihre Prediger und Zuhörer, ihre Lehrer und Schüler, ihre Vorsteher und Arbeiter, ihre Eltern und Kinder. Schenke ein Jahr des Segens dieser Stadt und diesem ganzen Lande. Schenke ein Jahr des Friedens unserer alten Heimath und unseren dort kämpfenden Brüdern. Schenke ein Jahr der Heimsuchung Deiner ganzen Kirche auf Erden. Schenke ein Jahr der Erbarmung Deiner ganzen erlös'ten Welt. Mache in diesem Jahre Himmel und Erde voll des Ruhmes Deiner ewigen Liebe. Ach ja, HErr JEsu, trage diese unsere Bitten hinauf vor den Thron Deines Vaters und laß sie sein Ja und Amen in Zeit und Ewigkeit. Amen! Amen!

Geliebte Brüder und Schwestern in Christo JEsu!

Unter allen Festen, welche die christliche Kirche im Laufe des Jahres feiert, findet wohl kein anderes eine so große Theilnahme auch bei der Welt, die die Geheimnisse der christlichen Religion nicht glaubt, oder doch nicht achtet, als das heutige, das Neujahrsfest. Freudetrunken durchwacht die Welt des alten Jahres lezte Mitternachtsstunden und begrüßt nach dem lezten Glockenschlag jubelnd das neue Jahr wie ein neugebornes Freudenkind, und frohe Wünsche, die aller Mund entströmen, geben die freudigen. Erwartungen und Hoffnungen kund, mit denen die Welt durch die geöffnete Thür des neuen Jahres einzieht.

Wie? sollte die Welt, die keinen Heiland haben will, wirklich Ursache haben, am Neujahrsfeste so fröhlich zu sein? — Ach, wahrlich nicht. Wüßte die Welt, wie es um sie steht, sie würde heute nicht lachen, sondern weinen; nicht Feierkleider anthun, sondern in Gewänder der Trauer sich hüllen; nicht Freudenschüsse in die Luft, sondern Seufzer um Erbarmung nach dem Thron der Gnade senden.

Wer heute keinen Heiland hat, der ist unaussprechlich unglücklich. Er sieht zurück in das alte Jahr und ach! er kann nicht mit Freuden zurückschauen wie ein Wanderer auf zurückgelegte Berge, denn die Freuden seiner Vergangenheit sind wohl entschwunden, aber die Sünden, womit er das alte Jahr befleckte, sind nicht mit ihnen vergangen. Diese seine Sünden sind eingetragen in das Schuldbuch Gottes, und er hat keinen Heiland, der sie mit dem Blute der Versöhnung durchstreicht; diese seine Sünden haben zwar die Welt verlassen, aber sie sind hinaufgestiegen in den Himmel; und da stehen sie nun als eine Schaar Ankläger vor Gottes Thron und verklagen ihn, und er hat keinen Heiland, vor dessen Fürsprache diese Ankläger verstummen müssen; seine Sünden haben sich wie Wolken des göttlichen Zornes über seinem Haupte zusammengezogen, und er hat keinen Heiland, der als seine Gnadensonne heute aufgeht und diese Wolken zerstreut.

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