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die vollkommene Seligkeit aufgenommen werden möchten. Als aber die Menschen diese Probe nicht bestanden hatten, sondern kläglich gefallen waren, da übte Gott das heilige Predigtamt zum zweiten Male an ihnen aus, verkündigte ihnen zuerst zwar das Strafurtheil über ihre Sünde, aber alsobald auch die süße, selige Verheißung eines einst zu sendenden Heilandes der Sünder.

Hierauf haben nun bis zur Zeit Mosis die Hausväter und Häupter der Familie oder eines ganzen Stammes das heilige Predigtamt, als einen Theil ihrer väterlichen Würde und Gewalt, an Gottes Statt geführt. Von unserem Stammvater Adam und von den Patriarchen Enos, Noah, Melchisedek, Abraham, Isaak und Jakob, sowie von dem Erzvater Joseph bezeugt uns dies die heilige Schrift ausdrücklich; daß sie nemlich alle von dem Namen des HErrn gepredigt, oder, wie es von Noah heißt, Prediger der Gerechtigkeit, oder, wie Melchisedek genannt wird, Priester Gottes des Höchsten gewesen seien.

Als aber Gott hierauf den Nachkommen Israels durch Moses eine besondere Verfassung gab, um unter ihnen als einem von den Heiden gesonderten Volke sein Feuer und seinen Herd zu haben, da machte Gott die heilige Ordnung, daß öffentlich nur ein besonderer Stamm, der Stamm Levi, das heilige Predigtamt unter ihnen verwalten sollte. Obgleich daher Gott das ganze israelitische Volk selbst für ein priesterliches Königreich und für ein heiliges Volk erklärte, so erklärte er doch zugleich: „Des Priesters“, nemlich des levitischen Priesters, „Lippen sollen die Lehre bewahren, daß man aus seinem Munde das Gesetz suche; denn er ist ein Engel des HErrn Zebaoth." Dabei war aber Gott gegen sein erwähltes Volk so voll von Gnade, daß er, da der ausgesonderte Priesterstamm sein heiliges Amt untreu verwaltete, auch aus anderen Stämmen von ihm unmittelbar berufene Propheten von Zeit zu Zeit noch besonders erweckte.

Als nun endlich die Zeit des Neuen Bundes kam, hob Gott das levitische Priesterthum, welches nur zum Vorbilde hatte dienen sollen, gänzlich auf und erklärte nun alle gläubige Christen für das wahre auserwählte Geschlecht, für das wahre königliche Priesterthum, und für das wahre heilige Volk und Volk des Eigenthums, das da verkündigen folle die Tugenden des, der sie berufen habe von der Finsterniß zu seinem wunderbaren Licht. Nachdem aber der Sohn Gottes, als er noch im Fleische wandelte, das Predigtamt nicht nur selbst drei Jahre verwaltet, sondern auch diejenigen, welche dasselbe öffentlich führen sollten, selbst unmittelbar gewählt hatte, hat er sodann, ehe er gen Himmel fuhr, seiner gläubigen Gemeinde die Schlüssel des Himmelreichs und mit denselben die Macht hinterlassen und den Befehl gegeben, diejenigen unter den Christen an seiner Statt aus

zuwählen, zu berufen und zu bestellen, welche nun auch unter ihnen das heilige Predigtamt öffentlich verwalten sollen. - So besteht denn dieses hei= lige, von Gott gestiftete Amt durch Gottes schüßende Macht, der, was er selbst stiftet, auch nimmer umstoßen und untergehen läßt, troß aller Anläufe der Welt und Hölle dagegen, bis auf den heutigen Tag.

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Was hat es nun eigentlich mit diesem Amte für eine Bewandniß? Worin hat dasselbe seinen Grund und welches ist seine eigentliche Aufgabe? Einer solchen Frage sollte es, meine Lieben, freilich in der Christenheit nicht bedürfen. Nachdem jenes Amt bereits fast sechs Jahrtausende bestanden, sollte ja freilich eine solche Frage völlig überflüssig und unnöthig sein. Aber, leider! leben wir jest in einer Zeit, in welcher, selbst mitten in unserer lutherischen Kirche, darüber, was das heilige Predigtamt eigentlich sei, ein heißer Kampf ausgebrochen ist. Und ich muß es euch mit tiefer Beschämung bekennen: als ich einst heute vor fünfundzwanzig Jahren unwürdiger Weise dieses heilige Amt antrat, wußte ich selbst nicht, was mir damit übergeben worden sei. Die Folge davon war, daß ich es nicht nur vielfach falsch führte, sondern mich selbst verführen ließ, es in falschem, irrendem Gewissen eigenmächtig zu verlassen und mit einigen wenigen Schafen meiner Heerde in dieses unser neues Vaterland auszuwandern. Lebendig steht mir heute diese große Sünde meines Lebens vor meinen Augen. Sie macht mir den heutigen Tag zu einem Bußtag. Ich fühle es tief — Gott weiß es, ich lüge nicht —: ich wäre werth gewesen, daß mich Gott für immer aus dem heiligen Dienst seiner Kirche verstoßen, ja, daß mich, als einen größeren Sünder, denn Jonas, der Abgrund des Meeres verschlungen hätte. Aber siehe! Gott, der da reich ist von Barmherzigkeit, Gott hat mich nicht nur Gnade finden lassen in dem Blute JEsu Christi, seines Sohnes, für alle meine Sünden; sondern hat auch euch, meine theuren Brüder aus früherer Zeit, das Herz zweimal bewegt und gelenkt, meiner Unwürdigkeit nicht zu achten und mir dennoch das heilige Predigtamt wieder unter euch anzuvertrauen. Undo Abgrund der Barmherzigkeit! Gott hat noch mehr an mir gethan; er hat es in der Zeit meiner hiesigen Amtsführung troß aller meiner Untreue wie Schuppen von meinen Augen fallen lassen, mich die reine Lehre seines Wortes von Jahr zu Jahr klarer erkennen lassen, mich gewürdigt, selbst über die Grenzen dieser Gemeinde hinaus davon Zeugniß ablegen zu können, und dies mein armseliges Zeugniß auch über Bitten und Verstehen gesegnet. Gelobt sei darob von mir seine Treue, Barmherzigkeit, Gnade, Langmuth und Geduld in Zeit und Ewigkeit.

Wohlan, so will ich denn heute, zum Zeugniß meiner Umkehr und der Aufforderung unserer heutigen Sonntagsepistel gemäß, euch die Lehre kürz

lich vortragen, die mir erst in eurer Mitte als ein Licht in der Nacht aufgegangen ist, die Lehre von dem öffentlichen Predigtamte. Bittet aber mit mir zuvor den, der allein unsere Finsterniß Licht machen kann, um seine Gnade hierzu in stillem Gebete.

Text: Röm. 12, 7-16.

Hat jemand Weisfagung, so sei sie dem Glauben ähnlich. Hat jemand ein Amt, so warte er des Amts. Lehret jemand, so warte er der Lehre. Ermahnet jemand, so warte er des Ermahnens. Gibt jemand, so gebe er einfältiglich. Regieret jemand, so sei er sorgfältig. Uebet jemand Barmherzigkeit, so thue ers mit Lust. Die Liebe fei nicht falsch. Hafset das Arge, hanget dem Guten an. Die brüderliche Liebe unter einander sei herzlich. Einer komme dem andern mit Ehrerbietung zuvor. Seid nicht träge, was ihr thun sollt. Seid brünstig im Geiste. Schicket euch in die Zeit. Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, haltet an am Gebet. Nehmet euch der Heiligen Nothdurft an. Herberget gerne. Segnet, die euch verfolgen; segnet, und fluchet nicht. Freuet euch mit den Fröhlichen, und weinet mit den Weinenden. Habt einerlei Sinn unter einander. Trachtet nicht nach hohen Dingen, sondern haltet euch herunter zu den Niedrigen.

Diese Epistel zerfällt, wie der Augenschein lehrt, in zwei Hälften. Die erste Hälfte derselben handelt nemlich von dem öffentlichen Predigtamte und seinen besonderen Pflichten, die zweite von dem Christenstand und dessen allgemeinen Pflichten. Laßt mich denn heute bei der ersten Hälfte unserer Epistel stehen bleiben und daher jezt zu euch sprechen:

und zwar

Von dem öffentlichen Predigtamte;

1. worin dasselbe seinen Grund habe, und
2. worin seine eigentliche Aufgabe bestehe.

I.

Ehe der Apostel in unserem Terte die Aufgabe oder die besonderen Pflichten des öffentlichen Predigtamts nennt, spricht er vorher: „Hat jemand Weissagung, so sei sie dem Glauben ähnlich.“ Unter Weissagung ist hier nach der Sprache des Neuen Testamentes nicht die Vorausverkündigung zukünftiger Dinge, sondern die Schriftauslegung zu verstehen. Der Apostel will daher sagen: Hat jemand die Gabe, die Schrift zu handeln und auszulegen, der hat wohl zuzusehen, daß seine Schrifthandlung und -Auslegung den Artikeln des allgemeinen christlichen Glaubens ähnlich sei, das heißt, mit denselben übereinstimme.

Warum mag dies nun der heilige Apostel seiner Aufzählung der besonderen Amtspflichten wohl vorausschicken? Darum: vorerst anzuzeigen, worin das öffentliche Predigtamt eigentlich seinen Grund habe.

Damit uns dies aber recht klar werde, müssen wir uns an das er innern, was der Apostel unmittelbar vor unserem Terte in der Epistel des vorigen Sonntags geschrieben hatte. Da hatte es nemlich geheißen: „Gleicherweise, als wir in Einem Leibe viele Glieder haben, aber alle Glieder nicht einerlei Geschäfte haben, also sind wir viele Ein Leib in Christo, aber unter einander ist Einer des Andern Glied, und haben mancherlei Gaben, nach der Gnade, die uns gegeben ist." Hierauf fährt denn der Apostel in unserem Terte fort: „Hat jemand Weissagung, so sei sie dem Glauben ähnlich"; und nun erst folgt: „Hat jemand ein Amt, so warte er des Amts." Wir sehen hieraus: daß es ein besonderes öffentliches Predigtamt gibt, das hat seinen Grund vor allem darin, daß Gott die Kirche seiner Gläubigen zu einem geistlichen Leibe gemacht hat. Wie nemlich ein Leib viele verschiedene Glieder hat, von denen kein Glied alle Gaben hat, sondern von denen jedes seine besonderen Gaben für das Ganze hat, z. B. das Auge die Gabe zu sehen, das Ohr die Gabe zu hören, der Fuß die Gabe zu gehen, der Mund und die Zunge die Gabe zu reden: so hat auch die Kirche, als Christi geistlicher Leib, viele verschiedene Glieder, von denen ebenfalls kein Glied alle, sondern jedes seine besonderen Gaben hat, und zwar zum gemeinen Nugen, nemlich zur Erbauung des Leibes Christi oder der Kirche. Weil nun aber Gott, als ein Gott der Ordnung, will, daß auch in seiner Kirche alles ordentlich und ehrlich zugehe, so hat Gott ein öffentliches Amt in der Kirche gestiftet, durch dessen Verwaltung gewisse zur Erbauung des Leibes Christi oder der Kirche einzelnen Gliedern geschenkte Gaben am fruchtbarsten in heiliger Ordnung verwendet werden können. Wenn aber der Apostel in unserem Terte gerade diese Ermahnung an die Spiße stellt: „Hat jemand Weissagung, so sei sie dem Glauben ähnlich", so sehen wir dar aus, daß die Gabe der Weissagung, oder die Gabe die Schrift zu handeln und auszulegen, zur Erbauung des Leibes Christi oder der Kirche die allerwichtigste und allernöthigste ist und daß daher namentlich um dieser Gabe willen das öffentliche Predigtamt von Gott in der Kirche gestiftet worden sei.

Worin besteht also nach unserem Terte der eigentliche Grund des öffentlichen Predigtamts? Nicht darin, daß es unter den Christen einen Unterschied der Heiligkeit, oder des Standes, oder der Macht und des Ansehens gäbe; denn jeder wahre Christ ist gleicherweise ein Glied am Leibe JEsu Christi: sondern darin, daß die Christen verschiedene Gaben zum Dienste für das Ganze besigen, von denen einige, namentlich die Gabe die Schrift zu handeln und auszulegen, um nöthiger heilsamer Ordnung willen, vermittelst eines besonderen öffentlichen Amtes zum gemeinen Nußen

verwendet werden sollen. Die Prediger unterscheiden sich daher von anderen Christen nicht dadurch, daß sie etwas mehreres wären, als Glieder und Brüder, sondern daß sie solche Glieder sind, welche mehr dem Ganzen zu dienen schuldig sind; ihr Amt ist nicht ein höherer Stand in der Christenheit, sondern nichts als ein größerer Dienst; sie sind die Dienenden unter denen, die alle mit ihnen Priester sind. Christus ist der Hausherr; die Kirche, seine Braut, die Hausherrin; der Prediger ihr Haushalter. Er übt nicht eine Gewalt aus, die nur er, der Prediger, hätte, sondern die Gewalt der Kirche, die ihm von derselben nach Gottes Ordnung, zu öffentlicher Ausübung in ihrem Namen, anvertraut worden ist. Er theilt nicht Güter aus, die nur er, der Prediger, besäße, sondern die Güter der Kirche, die ihm von derselben nur, zu treuer Verwaltung und Austheilung an ihrer Statt, übertragen worden sind. Daher der heilige Apostel an die Corinther schreibt: „Wer ist nun Paulus? Wer ist Apollo? Diener sind sie, durch welche ihr seid gläubig geworden; und dasselbige, wie der HErr einem jeglichen gegeben hat. Wir predigen nicht uns selbst, sondern JEsum Christum, daß Er sei der HErr, wir aber eure Knechte um JEsu willen." (1 Cor. 3, 5. 2 Cor. 4, 5.)

Ihr sehet hieraus, meine Lieben, wie falsch der Grund ist, auf welchem hingegen nach der Lehre vieler angesehenen Lehrer in unserer Zeit das öffentliche Predigtamt gegründet sein soll. Die einen sagen nemlich, das Predigtamt habe darin seinen Grund, daß es im Neuen Testamente wie im Alten einen besonderen Stand, eine Art Priesterstand geben müsse, der sich durch Handauflegung bei der Ordinationsweihe seit den Aposteln in ununterbrochener Reihe von Hand zu Hand selbst fortgepflanzt habe, der allein die Gnadenmittel giltig und kräftig verwalten könne und durch dessen Vermittelung allein Gott den Laien seine Gnaden austheilen wolle; so daß das Pfarramt selbst offenbar zu dem Hauptgnadenmittel und die Pastoren geradezu zu Mittlern zwischen Gott und den Menschen gemacht werden. Andere sagen, die Kirche sei eine Art Staat, nemlich ein geistlicher, religiöser, eine Art Priester - Staat. Wie es nun aber in jedem Staate Obrigkeiten und Unterthanen, Herrschende und Beherrschte, Gebietende und Gehorchende, Gesetzgeber und solche, die das Gefeß zu beobachten haben, Richter und solche, die sich ihrer richterlichen Entscheidung zu unterwerfen haben, geben müsse: so seien in der Kirche diese Obrigkeiten, diese Herrschenden, diese Gebietenden, diese Gesezgeber, diese Richter -die Prediger; ihre Unterthanen aber, die von ihnen Beherrschten, die ihnen schuldigermaßen in allen kirchlichen Dingen Gehorchenden, die ihre Geseze um des vierten Gebotes willen Beobachtenden und die ihren richterlichen Entscheidungen Unterworfenen seien die Laien.

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