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mehr von deinem natürlichen Lichte, oder blos von deiner buchstäblichen Erkenntniß, sondern durch die Kraft und das Licht des Heiligen Geistes geleitet und geführt wirst? Oder bist du vielleicht zuvor wohl schon einmal bekehrt und lebendig gewesen, bist aber wieder innerlich abgefallen, und wieder geistlich gestorben, und hast jezt vielleicht nur den Schein des gottseligen Wesens, aber seine Kraft verleugnest du? — Oder achtest du vielleicht gar, was jezt von den Christen gesagt ist, für Schwärmerei? denkst, da gehe man zu weit? Siehe, da offenbarst du eben, daß du noch ein natürlicher, blinder und geistlich todter Mensch bist, der nichts vom Geiste Gottes versteht.

Ach, lieber Zuhörer, täusche dich nicht muthwillig selbst; halte dich doch um Gottes willen für keinen Christen, wenn du ein blos äußerlicher Werkchrist bist. Was hilft dir's denn, wenn du dir's durchaus nicht nehmen lassen willst, daß du ein Christ seist, wenn du es nun einmal noch nicht, oder nicht mehr bist? Dann wirst du, wenn du einst vor Christi Richterstuhl erscheinst, doch hören müssen, daß Christus zu dir spricht: Weiche von mir, ich habe dich noch nie erkannt, du Uebelthäter!"

Du aber, der du noch kein wahrer wiedergeborner Christ bist: wisse, die Ermahnung des Apostels, immer völliger zu werden, geht dich noch nichts an. Für dich sind ganz andere Ermahnungen nöthig. Ehe du besser zu werden trachten kannst, mußt du erst gut werden. Ehe du auf dem Wege zum Himmel immer eilender laufen kannst, mußt du erst von deinem geistlichen Tode erweckt und auf den Himmelsweg gebracht werden. Dir gilt daher die Ermahnung des Apostels Paulus: „Wache auf, der du schläfft, und stehe auf von den Todten, so wird dich Christus erleuchten." Dir gilt erst die Pfingstpredigt Petri: „,,Thut Buße, so werdet ihr empfangen die Gabe des Heiligen Geistes." Du mußt erst erkennen, daß du noch ein armer, verirrter, verlorner Sünder bist, mußt wie der verlorne Sohn in dich schlagen und sprechen lernen: „Ich will mich aufmachen und zu meinem himmlischen Vater gehen, und sprechen: Vater, ich habe gesündigt in den Himmel und vor dir, und bin hinfort nicht werth, daß ich dein Sohn, deine Tochter heiße; mache mich zu einem deiner Tagelöhner." Wenn es mit dir dahin kommt, daß du endlich mit Bitten, Seufzen und Flehen zu Gott gehest und Gnade suchest, dann wirst du erst ein Kind Gottes, ein rechter Sohn und eine rechte Tochter im Hause des himmlischen Vaters, ein rechter Christ werden, und dann gilt auch dir die Ermahnung des heiligen Apostels in unserer Epistel, nun auch immer völliger zu werden.

II.

Laßt uns daher nun zweitens sehen, was denn der Apostel mit dieser Ermahnung eigentlich fordere.

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Der Apostel selbst läßt uns darüber nicht im Zweifel, indem er selbst hinzuseßt: Denn ihr wisset, welche Gebote wir euch gegeben. haben, durch den HErrn JEsum, denn das ist der Wille Gottes, eure Heiligung." Hieraus sehen wir, das, worin Christen immer völliger werden sollen, ist mit einem Worte: die Heiligung.

Eine große schwere Aufgabe ist es also, welche der heilige Apostel hiermit allen Christen stellt. Ein Christ soll hiernach nicht denken: du bist nun, Gott Lob! ein wahrer Christ, du hast den Glauben und stehest daher bei Gott in Gnaden, es hat nun mit dir keine Noth, du kannst nun ruhig und ohne Sorge und Mühe einer seligen Ewigkeit entgegen sehen. Nein, spricht der Apostel, ein Christ soll nie denken, daß er fertig sei; ein Christ soll nie mit sich zufrieden sein; ein Christ soll vielmehr mit Paulo sprechen: „Nicht daß ich's schon ergriffen habe, oder schon vollkommen sei, ich jage ihm aber nach, ob ich's ergreifen möchte, nachdem ich von Christo JEsu ergriffen bin.“ Ein Christ soll ein Mann des Fortschritts sein; er soll also nie stille stehen, sondern stets vorwärts zu schreiten suchen. Ein Christ soll immer im emfigen Thun des Willens Gottes, immer im Kampf um das Kleinod, immer im Lauf nach der Krone der Herrlichkeit erfunden werden. Mit jedem Tage soll er dem Ziele näher zu kommen, mit jedem Tage Christo ähnlicher, mit jedem Tage vollkommener, mit einem Wort: mit jedem Tage heiliger zu werden trachten. Die Heiligung im engeren Sinne ist aber nichts anders, als die auf die Rechtfertigung folgende Wiedererneuerung zu dem Ebenbilde Gottes, nach welchem der Mensch einst von Gott geschaffen worden ist. Zur Heiligung gehören daher vor allem drei Stücke, 1. eine immer größere Erleuchtung des Verstandes, 2. eine immer größere Reinigung und Erneuerung des Herzens, und endlich 3. ein immer größerer Eifer des Lebens in guten Werken.

Ein Christ soll daher erstens nicht denken: Es ist genug, wenn ich nur so viel von der rechten Lehre weiß, als ich zum Seligwerden durchaus nöthig habe. Nein, spricht der Apostel, ein Christ muß in seiner Erkenntniß immer völliger zu werden trachten. Von einem Christen muß es heißen, wie im ersten Psalm geschrieben steht: „Er hat Lust zum Geseß des HErrn, und redet von seinem Gesez Tag und Nacht." Ein Christ muß ohne Aufhören in Gottes Wort suchen und forschen und studiren, daß er von allen Irrthümern immer mehr befreit werde, den ganzen Rath Gottes zu unserer Seligkeit immer besser durchschauen, den Zusammenhang der geoffenbarten Lehren immer klarer erkennen, die reine Lehre von der falschen immer besser

unterscheiden, und auf die Frage: Weß Glaubens bist du? immer besser, gründlicher und vollständiger antworten, und die Widersprecher immer heller und deutlicher überweisen und immer gewaltiger widerlegen könne. Christen sollen mit Ernst trachten, daß sie, wie der Apostel an die Epheser schreibt, alle hinankommen zu einerlei Glauben und Erkenntniß des Sohnes Gottes, und ein vollkommener Mann werden, der da sei in der Maße des vollkommenen Alters Christi; auf daß sie nicht mehr Kinder seien, und sich wägen und wiegen lassen von allerlei Wind der Lehre, durch Schalkheit der Menschen und Täuscherei, damit sie uns erschleichen zu verführen."

Ein Christ soll aber auch ferner nicht denken: Wenn ich nur nicht in grobe Sünden falle, wodurch ich Gottes Gnade verliere, wenn ich nur in dem guten Zustande bleibe, darein ich jetzt durch Gottes Gnade verseßt bin. Nein, spricht der Apostel in unserer Epistel, willst du ein Christ sein, so sollst du auch immer völliger werden in der Reinigung und Erneuerung deines Herzens. Wo noch eine Unlauterkeit, wo noch eine Tücke, wo noch ein Verderben, wo noch etwas Ungöttliches sich in deinem Herzen zeigt, das sollst du, wie die Israeliten den Sauerteig zum Osterfest, mit allem Ernste aus allen Winkeln deines Herzens auszufegen suchen. Auch von deinen Schwachheiten sollst du dich loszumachen suchen und darnach trachten, immer stärker im Glauben und ergebener in Gottes Willen, immer himm lisch gesinnter und fröhlicher in Gott, immer demüthiger vor Gott und Menschen, immer brennender und uneigennütiger in der Liebe, immer keuscher in deinen Begierden, immer sanftmüthiger, immer wachsamer über deine Gedanken zu werden.

Ein Christ soll aber auch endlich nicht denken: Wenn ich nur so lebe, daß ich Niemanden ein Aergerniß gebe. Nein, spricht der Apostel, willst du ein Christ sein, so mußt du auch immer völliger werden im Eifer des Lebens in guten Werken. Du mußt immer eifriger werden im Dienste Gottes, immer eifriger im Gebet, immer eifriger im Hören und Lesen des Wortes Gottes, immer freimüthiger im Bekenntniß deines Glaubens, immer treuer in deinem Amt und Beruf; immer freundlicher und dienstfertiger und friedlicher gegen Jedermann; immer versöhnlicher gegen deine Feinde und immer aufrichtiger gegen deine Freunde; immer gewissenhafter in deinem Handel und Wandel; immer freigebiger und wohlthätiger gegen deine ärmeren Brüder; immer theilnehmender und aufopfernder für die Sache der Kirche und des Reiches Gottes; mit einem Worte: du mußt immer ernstlicher darnach ringen, nicht nur kein Aergerniß zu geben, sondern auch ein Vorbild zu werden für Jedermann und dein „Licht leuchten zu lassen vor den Leuten, daß sie deine guten Werke sehen, und den Vater im Himmel preisen“.

Am Tage der Reinigung Mariä.

HErr JEsu!

Wenn ich einmal soll scheiden,
So scheide nicht von mir;

Wenn ich den Tod soll leiden,
So tritt du dann herfür.
Wenn mir am allerbängsten
Wird um das Herze sein,
So reiß mich aus den Aengsten
Kraft deiner Angst und Pein.

Erscheine mir zum Schilde,

Zum Trost in meinem Tod,
Und laß mich sehn dein Bilde
In deiner Kreuzesnoth.

Da will ich nach dir blicken,

Da will ich glaubensvoll

Dich fest an mein Herz drücken :

Wer so ftirbt, der ftirbt wohl! Amen!

Text: Luk. 2, 22-32.

Und da die Tage ihrer Reinigung nach dem Gesez Mosis kamen, brachten sie ihn gen Jerusalem, daß sie ihn darstelleten dem HErrn; (wie denn geschrieben stehet in dem Geseß des HErrn: Allerlei Männlein, das zum ersten die Mutter bricht, soll dem HErrn geheiliget heißen.) Und daß sie gäben das Opfer, nachdem gesagt ist im Geseß des HErrn, ein Paar Turteltauben, oder zwo junge Tauben. Und siehe, ein Mensch war zu Jerusalem, mit Namen Simeon; und derselbe Mensch war fromm und gottesfürchtig, und wartete auf den Trost Israel, und der Heilige Geist war in ihm. · Und ihm war eine Antwort worden von dem Heiligen Geist, er sollte den Tod nicht sehen, er hätte denn zuvor den Christ des HErrn gesehen. Und kam aus Anregen des Geistes in den Tempel. Und da die Eltern das Kind JEsum in den Tempel brachten, daß sie für ihn thäten, wie man pfleget nach dem Geseß; da nahm er ihn auf seine Arme, und lobete Gott und sprach: HErr, nun läffsest du deinen Diener im Frieden fahren, wie du gesagt hast; denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen, welchen du bereitet hast vor allen Völkern, ein Licht zu erleuchten die Heiden, und zum Preis deines Volks Jsrael.

In dem HErrn JEsu herzlich geliebte Zuhörer!

Nichts ist so gewiß, als dies, daß wir einmal sterben werden; nichts ist aber so ungewiß, als dies, wie, wo oder wann wir sterben werden. Nach hundert Jahren wird wohl auch nicht Einer von uns, ja, wohl nicht Einer unter allen den Bewohnern unserer großen Stadt noch leben. Steht dann

Werkes unserer Seligmachung; eben darum werden uns die Sünden vergeben, damit wir von der Sünde befreit werden können; eben darum hat uns Gott der Vater aus Gnaden zu seinen Kindern in der heiligen Taufe angenommen, damit wir nun als seine Kinder wandeln; eben darum sind wir durch Gott den Sohn nicht mit Gold oder Silber, sondern mit seinem heiligen theuren Blut und mit seinem unschuldigen Leiden und Sterben erlös't, erworben und gewonnen von allen Sünden, vom Tod und von der Gewalt des Teufels: auf daß wir sein eigen sein und in seinem Reiche unter ihm leben und ihm dienen, in ewiger Gerechtig= keit, Unschuld und Seligkeit, gleichwie er ist auferstanden vom Tode, lebet und regieret in Ewigkeit; eben darum hat uns Gott der Heilige Geist durch das Evangelium berufen, daß er uns auch mit seinen Gaben erleuchte, und im rechten Glauben heilige und erhalte. Wer ein Christ geworden ist, der ist also damit zum Lauf nach dem Himmel, zum Kampf gegen die Sünde, und zum heiligen Priesterthum Gottes berufen. Wer daher wohl ein begnadigter Christ sein, aber in der Heiligung nicht fort und fort wachsen will, der will ein Läufer sein und nicht laufen, der will ein Kämpfer sein und nicht kämpfen, der will ein Opferpriester Gottes sein und nicht opfern, der verleugnet daher, daß er ein Christ ist.

Doch, meine Lieben, der heilige Apostel geht noch weiter und schärft die Nothwendigkeit der Heiligung uns noch ernstlicher ein, indem er spricht: „Daß ihr meidet die Hurerei, und ein jeglicher unter euch wisse sein Faß zu behalten in Heiligung und Ehren, nicht in der Lustseuche, wie die Heiden, die von Gott nichts wissen; und daß niemand zu weit greife, noch vervortheile seinen Bruder im Handel; denn der HErr ist der Rächer über das alles, wie wir euch zuvor gesagt und bezeugt haben." Ihr sehet: der heilige Apostel erinnert hier selbst die Christen, wenn sie der Heiligung nicht nachjagen, sondern der Sünde wieder Raum geben wollen, an Gottes Rache und Zorn. Das scheint nun freilich fast zu viel zu sein, daß selbst begnadigten Christen, wenn sie in der Heiligung nicht völliger werden wollen, mit Gottes Zorn und Rache gedroht werde. Aber laßt uns das nicht befremden. Der Grund ist dieser: Zwar macht die Heiligung nicht zu einem Christen (vielmehr kann der Mensch erst dann der Heiligung nachjagen, wenn er schon vorher ein Christ geworden ist), allein ein Christ jein und der Heiligung nicht nachjagen, das ist unmöglich.

Wie es in der Natur überall, wo Leben ist, keinen Stillstand gibt, wie in der Natur ein ewiges Regen und Bewegen und Fortschreiten stattfindet, jo gibt es auch im Reiche der Gnade, im Christenthum, keinen Stillstand. Wer in seinem Christenthum nicht vorwärts geht, der steht nicht still, wie er

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