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liche Freiheit wohl und besser als wir gekannt, und doch wie sorgfältig waren sie in ihrer Sonntagsfeier! Wollen wir nun Lutheraner sein, so laßt uns zu ihrem Eifer zurückkehren, und je freier wir uns erkennen, desto freiwilliger die gute christliche Ordnung halten.

Lasset uns ferner bedenken: die Obrigkeit unseres Landes hat strenge Geseze über die Feier des Sonntags gegeben; hier müssen wir nicht blos aus Noth, sondern um des Gewissens willen gehorchen, nicht als Glieder der Kirche, sondern als Unterthanen. Das sagt uns das Wort Gottes: „Jedermann sei unterthan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat, denn es ist keine Obrigkeit, ohne von Gott; wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott verordnet. Wer sich nun wider die Obrigkeit seßet, der widerstrebet Gottes Ordnung; die aber widerstreben, werden über sich ein Urtheil empfangen." Hier gilt keine christliche Freiheit. Wer im geringsten am Sonntage thut, was die Obrigkeit verboten hat, der widerstrebet Gott und erwarte sein Urtheil.

So lasset uns einander die Hände bieten, daß der Tag des HErrn unter uns christlich von Jung und Alt gefeiert werde, lasset uns Gott bitten um Erhaltung seines Wortes und Sacraments, es heilig halten, gerne hören und lernen, so werden wir nicht ausgeschlossen werden, wenn der ewige Sabbath im Himmel beginnt. Dazu helfe uns allen JEsus Christus. Amen.

Am zwanzigsten Sonntag nach dem Feste der heiligen Dreieinigkeit.

Gnade sei mit euch, und Friede von Gott, unserem Vater, und dem HErrn JEsu Christo. Amen.

In demselben, unserem theuren Heilande, herzlich geliebte

Zuhörer!

Meidet allen bösen Schein“, spricht St. Paulus im fünften Capitel seines ersten Briefes an die Thessalonicher. Diese Worte legen einem jeden Christen eine große wichtige Pflicht auf. Nach denselben soll er nicht nur das Böse meiden, sondern auch den Schein des Bösen. Es ist sonach nicht genug, daß ein Christ bei seinen Handlungen sich selbst nichts Böses bewußt sei; er ist schuldig, auch darauf zu sehen, daß durch seine Handlungen auch andere nicht veranlaßt werden, etwas Böses von ihm zu denken. Es ist nicht genug, daß ein Christ vor Gottes Augen recht wandele und sagen

könne: Gott, der in das Herz sieht, weiß, daß ich es nicht böse meine; ein Christ soll auch vor den Augen der Menschen untadelhaft wandeln: Auch derjenige fündigt daher wider Gott, welcher etwas thut, was Gott zwar nicht ausdrücklich verboten hat, wodurch er aber seinem Nächsten zum Anstoß und Aergerniß wird. Nach diesem Geseß der Liebe handelte selbst Christus, der doch über allen Verdacht der Menschen unendlich erhaben war. Einstmals bewies er zwar erst, daß er und seine Jünger nicht schuldig seien den Zinsgroschen zu geben, aber seht er gegen Petrus hinzu: „Auf daß wir sie nicht ärgern, — so nimm denselben, und gib ihn für mich und dich.“ So folgte denn hierin auch ein Paulus seinem HErrn und Meister, und spricht zu denen, die die heidnischen Opfermahlzeiten besucht hatten: „Ich habe es zwar alles Macht, aber es frommet nicht alles. Seid nicht ärgerlich weder den Juden noch den Griechen, noch der Gemeine Gottes. Darum, so die Speise meinen Bruder ärgert, wollte ich nimmermehr Fleisch essen, auf daß ich meinen Bruder nicht ärgerte. So aber dein Bruder über deiner Speise betrübet wird, so wandelst du schon nicht nach der Liebe.“

Owie viele mag es hiernach geben, die nicht nach der Liebe wandeln! Wie viele fragen nur nach ihrer Freiheit, aber nicht darnach, ob sie nicht vielleicht durch den Gebrauch derselben ihrem Nächsten zum Anstoß und Aergerniß werden! Laßt uns daher alle des Apostels Ermahnung wohl merken: Meidet allen bösen Schein."

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So theuer aber, meine Lieben, diese Pflicht ist, so ist jedoch hingegen auch das eine wichtige Christenpflicht, den bösen Schein, den ein anderer gibt, nicht sogleich bös auszulegen, sondern ihn zu entschuldigen, Gutes von ihm zu reden und alles zum Besten zu kehren, und nicht eher den Stab zu brechen, als bis man alles wohl erkundet hat und dazu gezwungen und gedrungen ist. Es geschieht nemlich nicht selten, daß auch auf den besten Christen ein böser Schein fällt, entweder ohne alle seine Schuld, oder weil auch ein guter Christ zu Zeiten aus Schwachheit unvorsichtig wandelt. Darum ruft uns Christus in jenem Evangelio zu: „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist. Richtet nicht, so werdet ihr auch nicht gerichtet. Was siehest du aber einen Splitter in deines Bruders Auge, und des Balkens in deinem Auge wirst du nicht gewahr?" Dieses Wort wiederholt daher auch St. Paulus und spricht: „Wer bist du, daß du einen fremden Knecht richtest? Er steht oder fällt seinem Herrn. So wird nun ein jeglicher für sich selbst Rechenschaft geben. Darum laßt uns nicht mehr einer den andern richten."

Owie viele Kränkungen, wie viele Seufzer, wie viele Unruhe, wie vielen Zank und Streit würde man sich ersparen, wie viele Sünden der Lieblosigkeit, des Afterredens und der Verleumdung würden in einer Ge

meinde weniger und wie viel erbaulicher, lieblicher und lockender würde die christliche Gemeinschaft überhaupt sein, wenn jeder immer an jene Worte Christi und Pauli und an den Ausspruch des Propheten Sacharja dächte: „Denke keiner wider seinen Bruder etwas Arges in seinem Herzen"! Sagt selbst: thut es uns nicht auch wohl, wenn wir einen bösen Schein gegeben. haben, und wir hören, daß andere es auf das mildeste auslegen und uns gegen Splitterrichter entschuldigen und vertheidigen? Gewiß! Wohlan, was wir wollen, daß uns die Leute thun sollen, das laßt uns ihnen auch thun.

Doch, meine Lieben, wie es Christen gibt, die einen bösen Schein geben und doch wahre Christen sind, so gibt es hingegen noch mehr Christen, die zwar einen guten Schein haben, und doch Unchristen sind; und das sind die Scheinchristen, von welchen St. Paulus schreibt: „Die da haben den Schein eines gottseligen Wesens, aber seine Kraft verleugnen sie." Von solchen Scheinchristen ist in unserem heutigen Evangelio die Rede; laßt mich jet zu unser aller Prüfung und Warnung das Bild derselben aus Gottes Wort entwerfen.

Text: Matth. 22, 1-14.

Und JEfus antwortete und redete abermal durch Gleichnisse zu ihnen und sprach: Das Himmelreich ist gleich einem Könige, der seinem Sohne Hochzeit machte; und sandte seine Knechte aus, daß sie den Gästen zur Hochzeit riefen; und sie wollten nicht kommen. Abermal sandte er andere Knechte aus und sprach: Saget den Gästen: Siehe, meine Mahlzeit habe ich bereitet, meine Ochsen und mein Mastvieh ist geschlachtet und alles bereit; kommet zur Hochzeit. Aber sie verachteten das und gingen hin, einer auf seinen Acker, der andere zu seiner Handthierung. Etliche aber griffen seine Knechte, höhneten und tödteten sie. Da das der König hörete, ward er zornig, und schickte seine Heere aus, und brachte diese Mörder um, und zündete ihre Stadt an. Da sprach er zu seinen Knechten: Die Hochzeit ist zwar bereit; aber die Gäste warens nicht werth. Darum gehet hin auf die Straßen und ladet zur Hochzeit, wen ihr findet. Und die Knechte gingen aus auf die Straßen und brachten zusammen, wen sie fanden, Böse und Gute. Und die Tische wurden alle voll. Da ging der König hinein, die Gäste zu besehen; und fahe allda einen Menschen, der hatte kein hochzeitlich Kleid an, und sprach zu ihm: Freund, wie bist du herein kommen und hast doch kein hochzeitlich Kleid an? Er aber verstummete. Da sprach der König zu seinen Dienern: Bindet ihm Hände und Füße und werfet ihn in die äußerste Finsterniß hinaus, da wird sein Heulen und Zähnklappen; denn viele sind berufen; aber wenige sind auserwählet.

In dem verlesenen Terte vergleicht Christus sein Gnadenreich auf Erden mit einem Hochzeitsmahle und das Evangelium von seiner Gnade mit der Einladung dazu. Das Ganze zerfällt in zwei Theile. In dem ersten Theile zeigt Christus mit seinem Gleichnisse, wie die meisten Juden das Evangelium, das ihnen schon durch die Propheten verkündigt worden sei, verachtet haben. und wie sie, nachdem er, der Sohn Gottes selbst, gekommen sei, ihn endlich gar tödten werden. Im zweiten Theile zeigt nun Christus, wie Gott, nach Bestrafung der Juden, die Heiden in sein Gnadenreich berufen lassen werde

und wie zwar eine große Menge Heiden der Einladung des Evangeliums folgen und sich äußerlich zum Christenthum bekehren, aber unter den Guten auch viele Böse sich einfinden würden. Die Bösen vergleicht er nemlich mit einem Gast, der zwar bei der Hochzeit erscheine, aber ohne ein hochzeitliches Kleid. Hiermit stellt Christus niemand anderen dar, als die Scheinchristen. Laßt mich daher heute bei dem uns zunächst angehenden zweiten Theile des Evangeliums stehen bleiben und euch jezt vorstellen:

Den Scheinchristen.

1. will ich euch zu eurer Prüfung das Bild eines Scheinchristen in diesem Leben entwerfen, und

2. euch zu eurer Warnung auch sein Schicksal in jener Welt vor Augen stellen.

Gott, wir wissen, daß Du das Herz prüfest, und Aufrichtigkeit ist Dir angenehm, darum bitten wir Dich, behüte uns, daß unser keiner mit bloßem Scheine des Glaubens und Christenthums sich betrüge. Gib uns selbst zu erkennen, wie wir sind und wie wir mit Dir stehen, damit Du uns nicht einst, wenn wir vor Deinem Angesichte erscheinen, als unnüße Knechte von Dir weisen müssest, sondern daß wir Dir hier von ganzem Herzen dienen und einst von Dir als die Deinigen erkannt und selig werden. Erhöre uns, Du treuer Gott, um JEsu Christi, Deines lieben Sohnes, willen. Amen.

I.

Soll ich euch, meine Lieben, das Bild eines Scheinchristen entwerfen, so muß ich euch zweierlei zeigen, erstlich den christlichen Schein, den ein solcher Mensch hat, und zweitens, was ihm, um ein Christ zu sein, fehle, also mit einem Worte erstens sein Aeußeres und zweitens sein Inneres.

Was nun das Erste betrifft, so beschreibt Christus den Scheinchristen in dem in unserm Evangelium enthaltenen Gleichnisse als einen solchen, welcher die Einladung zur Hochzeit angenommen und ihr Folge geleistet hat, der in den Hochzeitssaal eingegangen ist, sich unter die festlich geschmückten Gäste gemischt und sich mit an die Tafel gesezt hat, der nun mit ißt und trinkt, und sich gänzlich wie die andern Hochzeitsgäste geberdet. Hiermit gibt uns Christus selbst in wenig Worten das vollständige Bild eines Scheinchristen nach seiner äußeren Gestalt.

Hieraus sehen wir: ein Scheinchrist ist also nicht derjenige, der in offenbarem Unglauben oder in offenbaren Sünden lebt. Nein, wer nicht einmal an das Wort Christi und seiner heiligen Propheten und Apostel und überhaupt nicht an das heilige Bibelbuch glaubt, dasselbe nicht für Gottes Wort und Christum nicht für Gottes Sohn hält; daher die Gnadenmittel

verachtet, nicht zur Kirche und zur Feier des heiligen Abendmahls kommt, sich des Betens schämet, Christum vor der Welt verleugnet, sich von den Christen absondert und sich zu den Spöttern hält; oder wer in Fluchen und Schwören, oder in ungebändigtem Zorn, in Unversöhnlichkeit, Feindschaft und Rachsucht, oder in unzüchtigen Worten und Geberden und in Trunkenheit und Völlerei, oder in Betrug, Wucher und offenbarem Geiz, oder in Lügen und Verleumdung anderer und in Prahlerei und Selbstlob, und der gleichen, lebt und alle Lust und Eitelkeit der Welt offenbar mitmacht: ein solcher gehört nicht zu den Scheinchristen, sondern zu den Unchristen, nicht zu den Heuchlern, sondern zu den Gottlosen, nicht zu den falschen Brüdern, sondern zu den offenbar Abgefallenen, nicht zu dem leicht täuschenden Unkraut unter dem Weizen auf dem Acker Gottes, sondern zu den Dornen und Disteln.

Der Scheinchrist hat vielmehr, wie uns Christus im Evangelio sagt, die Einladung zur himmlischen Hochzeit auch angenommen und ihr Folge geleistet; er ist also auch ein getaufter Christ und rühmt sich seiner Taufe, er hört auf das Wort Gottes, und bekennet, daß er daran glaube, und daß er Christum für den Sohn Gottes halte, der gekommen sei, ein Himmelreich auf Erden zu stiften. Der Scheinchrist ist, wie Christus ferner sagt, auch in den Hochzeitssaal eingegangen; das heißt, er hat sich auch zu der rechten. Kirche gewendet, hält es mit ihr, bekennt sich zu ihr, nimmt die reine Lehre an, hat vielleicht eine sehr gute Erkenntniß von derselben und vertheidigt sie wohl auch mit großem Ernst und Eifer. Der Scheinchrist hat sich ferner, wie Christus sagt, unter die festlich geschmückten Gäste gemischt; das heißt, er hält sich nicht mehr zur Welt, sondern hält Freundschaft und Gemeinschaft mit wahren gläubigen Christen, unterredet sich mit ihnen gern über geistliche Gegenstände, besucht sie und ladet sie zu sich ein. Der Scheinchrist hat sich ferner, wie Christus sagt, mit an die Tafel geseßt und ißt und trinkt mit; das heißt, er gebraucht die Gnadenmittel, wie die wahren Christen, genießt fleißig das Brod des Lebens, hört nemlich fleißig Gottes Wort, und erscheint oft am Tische des HErrn, treibt auch wohl Gottes Wort mit den Seinigen und lies't eifrig in der Schrift und andern gottseligen Büchern. Der Scheinchrist geberdet sich endlich, wie Christus sagt, wie die andern Hochzeitsgäste; das heißt, er lebt äußerlich, wie fromme Christen zu leben pflegen; man kann ihm keine offenbaren Sünden vorwerfen; er lebt ehrbar; seine Reden sind christlich und verrathen keine Hoffart; seine Geberden sind anständig und zeigen Bescheidenheit; seine Werke sind löblich; er eifert gegen das Unrecht; er ist freigebig, dienstfertig und nimmt sich des allgemeinen Besten, wie es Christen geziemt, an; er gibt jedem das Seine und ist kein loser Schuldner; er ist mäßig; er ist fleißig in seiner Arbeit; er zeigt

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