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die Ehre zu geben? Wehe mir, wenn dies der Grund wäre! Dann müßte mich der Fluch dessen treffen, der gesagt hat: „Ich will meine Ehre keinem andern geben." Denn wahrlich, nicht uns, nicht uns gebührt die Ehre für den Segen, wovon das Bestehen unserer Synode in diesem Lande begleitet gewesen ist. Dieser Segen ist vielmehr ein Denkmal der freien Gnade des großen wunderbaren Gottes, der in der Höhe und im Heiligthume wohnet, und auf das Niedrige siehet; ein neues Siegel des Wortes; „Welchem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig, und welches ich mich erbarme, deß erbarme ich mich. So liegt es nun nicht an Jemandes Wollen oder Laufen, sondern an Gottes Erbarmen“; ja, jener Segen ist ein neuer Thatbeweis für den Ausspruch des Heiligen Geistes: Nicht viel Weise nach dem Fleisch, nicht viel Gewaltige, nicht viel Edle sind berufen; sondern was thöricht ist vor der Welt, das hat Gott erwählet, daß er die Weisen zu Schanden mache; und was schwach ist vor der Welt, das hat Gott erwählet, daß er zu Schanden mache, was stark ist; und das Unedle vor der Welt und das Verachtete hat Gott erwählt, und das da nichts ist, daß er zunichte mache, was etwas ist; auf daß sich vor ihm kein Fleisch rühme."

Ja, meine Brüder, im Hinblick auf die Geschichte unserer Synode rufen wir heute mit David von ganzem Herzen aus: „Nicht uns, HErr, nicht uns, sondern deinem Namen gib Ehre, um deine Gnade und Wahrheit." Denn nicht wir, nicht wir, sondern der HErr allein ist der Schöpfer alles Segens, der auf das Bestehen unserer Synode bisher gelegt war.

Aber, ich frage euch, welches war der Weg, auf welchem uns der HErr dieses Segens theilhaftig gemacht und gewürdigt hat? Es war dies kein anderer, als dieser: daß wir nichts Neues und Eigenes hier aufgerichtet, sondern nach den vorigen Wegen gefragt und den alten guten Weg betreten haben; daß wir uns als Schüler zu den Füßen eines Luther und anderer rechtgläubiger, gottseliger, bereits im Himmel triumphirender Lehrer gesezt und in ihren Fußstapfen gewandelt haben; daß wir die Kirche der Reformation uns zum Vorbild und ihre reinen Bekenntnisse zu unserem Banner, zu unserem Leitstern und zu unserer Mauer um uns her gemacht haben. Wir haben, wenn man es so nennen will, den Versuch gemacht, ob nicht durch die Lehre des sechszehnten Jahrhunderts die Seelen auch in unserem neunzehnten Jahrhundert zur Seligkeit erbaut werden können; wir haben den Versuch gemacht, ob nicht der Baum unserer alten lutherischen Kirche, der einst Jahrhunderte hindurch so herrliche Früchte zum Heil von Millionen getragen hat, noch heute seine alte erste treibende Kraft und Fruchtbarkeit erweisen werde und siehe! unsere Hoffnung ist nicht zu Schanden geworden. Ist auch die Zeit unseres Bestehens nicht eine Zeit so großer Gnadenheimsuchung, wie die Zeit der lutherischen Kirchen

reformation, so hat doch die alte Lehre auch jezt wieder ihre alte und ewig neue Kraft erwiesen; Tausende von Seelen sind dadurch zum Glauben und durch den Glauben zur Seligkeit geführt worden, und eine Kirche ist erstanden, einig im Glauben und Bekenntniß und leuchtend in der Liebe und guten Werken.

So finde ich mich denn, meine Brüder, heute euch zuzurufen gedrungen: Vergesset nicht: den bescherten Segen haben wir nicht unserer Weisheit, viel weniger unserer Würdigkeit oder unserem Eifer, sondern durch Gottes Gnade allein dem zu danken, daß wir, an unserem Wissen und Wollen und Können verzagend, als gehorsame Kinder der alten lutherischen Kirche, zu dieser unserer Mutter, nemlich zu ihrer Lehre und Praxis, zurückgegangen sind. Dies, dies war die verborgene Ursache aller unserer offenbaren Erfolge, dies der geheime Grund unserer bisherigen Einigkeit, dies die Rüstung, in welcher wir in allen Stücken so Armen und Schwachen der großen Schaar unserer Widersacher nicht unterlegen sind.

Was wollen und sollen wir nun thun, meine Brüder? Wollen wir von heute an einen andern Weg einschlagen? Ist etwa nun die Zeit gekommen, in welcher wir mündig und der nach Neuem forschenden Kirche dieser Zeit ebenbürtig geworden sind, so daß wir nun darauf zu denken haben, die Schmach auszutilgen, daß wir ohne schöpferische Kraft seien?

Das sei ferne! Wohl stünde es traurig um uns, wenn wir unseren Glauben auf Luther und auf die nach ihm genannte Kirche gegründet hätten und noch gründeten. Aber dies thaten wir nie und gedenken es auch durch Gottes Gnade nicht zu thun, bis wir schauen werden, was wir glauben. Wohl sind wir nur Luthers und der nach ihm benannten Kirche Söhne und Schüler gewesen, aber allein in dem Sinne, daß wir uns von ihnen zur Schrift, diesem einigen Brunnen Israels, dieser einzigen Norm des Glaubens und des Lebens und diesem einzigen Richter in allen Fragen der himmlischen Lehre, haben führen lassen. Wir sind daher nie bei Luther und seinen treuen Nachfolgern stehen geblieben; hätten wir dies gethan, so könnten wir gerade dann ihre Schüler nicht sein, denn sie haben uns selbst etwas ganz anderes gelehrt; wir haben vielmehr mit den Beroensern täglich in der Schrift geforscht, ob sich's also halte, wie jene uns lehrten, und da wir es mit Freuden in lebendiger göttlicher Ueberzeugung also fanden, so war unser Sinn der jener Samariter, die zu dem Weibe, das sie zu Christo geführt hatte, sprachen: „Wir glauben nun fort nicht um deiner Rede willen wir haben selbst gehöret und erkannt, daß dieser ist wahrlich Christus, der Welt Heiland." Wohl uns, wenn wir in diesem Sinne fortfahren! Denn von dem Augenblicke an, in welchem wir auch etwas werden sein wollen, in welchem wir uns schämen werden, nur Schüler zu sein, in

welchem wir die Ehre suchen werden, als Meister auch etwas Neues zu schaffen, dem Fortschritt zu huldigen und die Reformation zu reformiren — von dem Augenblicke an wird der HErr mit seinem Segen von uns weichen. und uns dann in seinem Zorne zeigen, was die Ursache unseres vormaligen Segens war, nemlich keine andere, als daß wir nichts sein wollten, als Bewahrer dessen, was uns als Lutheranern vertraut war.

Lassen wir uns denn nichts aus unserer sicheren Festung herauslocken. Bleiben wir denn unter der alten lieben Fahne, unter welcher uns der HErr der Kirche durch so manchen schweren, heißen Kampf zum Siege geführt hat. Bleiben wir denn an den uns von unsern Vätern eröffneten Quellen, aus denen wir selbst Wahrheit, Gewißheit, Gnade, Trost, Leben und Kraft geschöpft und aus denen wir schon so manche dürstende Seele getränkt und erquickt haben. Verzichten wir denn auch ferner auf die Ehre, daß wir selbst der Engel seien, welcher der Kirche den hellen Stern des ewigen Evangeliums wieder angezündet und heraufgeführt habe; sondern schließen wir uns dem großen Chore derjenigen an, welche dem mitten durch den Himmel geflogenen Engel nur folgten und in den bereits angestimmten Siegespsalm einstimmten: „Sie ist gefallen, sie ist gefallen, Babylon, die große Stadt. Hier ist Geduld der Heiligen; hier sind, die da halten die Gebote Gottes und den Glauben an JEsum.“

Lassen wir denn anderen kirchlichen Gemeinschaften den Ruhm, nicht die Kinder, sondern die Väter der Kirche der Vergangenheit zu sein; lassen wir ihnen die Ehre, die Wahrheit nicht ererbt, sondern selbständig erforscht und sich selbst erworben zu haben; lassen wir ihnen den Eifer, die Kirche der Reformation nach den Forderungen eines neuen, erleuchteteren Zeitalters umzugestalten, sie mit neugefundenen Wahrheiten zu bereichern, sie einer größeren Vollendung entgegenzuführen, sie mit dem Geist der Zeit zu verföhnen und so uns wie im Fluge vorauszueilen und uns weit hinter sich zu lassen; wir wollen auf unserem alten guten Wege verbleiben! Wie Luther einst heute vor 349 Jahren nicht „Vorwärts!“ sondern „Rückwärts!“ zu seinem Losungsworte machte, wie er nemlich zurückkehrte zur apostolischen Kirche, so laßt auch uns heute am Kirchweihtage unseres lutherischen Zions uns gegenseitig geloben: Wir wollen zurückkehren zu Luther und mit ihm zu der Kirche der Apostel und Propheten, ihrer Lehre und Praxis. Mit der Wahrheit: Die evangelisch - lutherische Kirche der ungeänderten Augsburgischen Confession ist die wahre sichtbare Kirche Gottes auf Erden, wollen wir auch fernerhin Ernst machen auch in dieser neuen Zeit und in dieser neuen ihr hier eröffneten Herberge. Denn wie es nur Eine Sonne gibt, die durch alle Zeitalter hindurch geleuchtet hat im Abendlande wie im Morgenlande, so gibt es auch nur Eine Wahrheit; und wie die alte Eine

selbige Sonne noch heute dieselbe Kraft hat, der Erde ihre süßen Früchte zu entlocken, wie vor Jahrhunderten und Jahrtausenden, so wird auch die alte Eine selbige Wahrheit die Frucht der Einen heiligen apostolischkatholischen christlichen Kirche der Auserwählten noch heute wie vor Jahrhunderten und Jahrtausenden bringen. Amen.

Synodalrede vom Jahre 1874.

Unsere Hilfe stehet im Namen des HErrn, der Himmel und Erde gemacht hat. Amen!

Ehrwürdige und geliebte Väter und Brüder in dem HErrn!

Hat jemals eine Particularkirche eine ebenso große und herrliche, als schwierige und verantwortungsvolle Aufgabe gehabt, so ist es gegenwärtig ohne Zweifel die evangelisch - lutherische Kirche dieses Landes.

Der Grund hiervon liegt nicht weniger in den Verhältnissen, in welchen sich unsere Kirche in der alten Welt, als in welchen sie sich hier befindet.

Drüben in dem Lande ihrer Gründung geht unsere Kirche offenbar eben ihrer Auflösung entgegen. Nachdem der schon zu Ende des vorigen Jahrhunderts in sie eingedrungene Unglaube sie bereits in den ersten Jahrzehnten unseres Jahrhunderts fast schon in des Todes Staub gelegt hatte, erfuhr sie zwar hierauf wieder eine gnädige Heimsuchung und Aufweckung, aber auferstanden ist sie, die Kirche der Reformation, nicht wieder. — Denn was ist geschehen?

Anstatt zurückzukehren zu dem Glauben, „der einmal den Heiligen vorgegeben ist“, zu dem Glauben der apostolischen Kirche, wie Luther einst that, haben gerade die, welche für Säulen der Kirche angesehen werden und dafür angesehen sein wollen, Wissenschaft, Weiterbildung, Fortschritt, Vollendung zu ihrer Losung gemacht.

Anstatt das von unsern Vätern in heißen Kämpfen und Anfechtungen erstrittene und uns, ihren Kindern, hinterlassene theuere Erbe reiner Lehre und Erkenntniß mit heiliger Treue zu bewahren, macht man, während man das Christenthum als Ganzes mit großer Gelehrsamkeit vertheidigt, in unbegreiflicher Verblendung hingegen alle einzelnen Lehren desselben, der eine diese, der andere jene, zu noch nicht abgeschlossenen Fragen, macht man sie zweifelhaft, wankend, wenn man sie nicht geradezu verwirft, und stößt so, was man gebaut hat, selbst wieder um. Selbst Lehren, wie die

von der göttlichen Eingebung und Irrthumslosigkeit der kanonischen Schriften des Alten und Neuen Bundes und von der ewigen Gottheit JEju Christi, selbst diese und ähnliche Lehren sind jest in Frage gestellt, ja, werden geradezu verworfen, und zwar ohne daß derjenige, welcher sie verwirft, aufhörte, für gläubig, für rechtgläubig zu gelten. Unter dem breiten Schilde einer sogenannten gläubigen Wissenschaft darf jezt der, welcher der Diener des Worts sein sollte (Luc. 1, 2.) und so geheißen sein will, sich zum Herrn und Richter des Wortes aufwerfen, selbst die Apostel und Propheten zur Schule führen, während man die, welche der Wissenschaft, als der erbeuteten „Herrlichkeit der Heiden“ (Jes. 61, 6.), in dem Heiligthum Gottes anstatt des Herrschens das Dienen zugewiesen haben wollen, als be schränkte Wissenschaftsverächter brandmarkt. Jezt sind es daher selbst die sogenannten Gläubigen, von denen Davids Klage gilt: „Sie reißen den Grund um." (Ps. 11, 3.)

Anstatt dem gegenwärtigen Geschlecht, welches in mehr als heidnische Blindheit zurückgefallen und, von Gott in Seinem Zorn dahin gegeben, in einen Wissenswahn verfallen ist, das einzige Mittel zu bringen, was dasselbe heilen kann, das alte, allein erleuchtende, erweckende, bekehrende und seligmachende lautere Evangelium, denkt man, selbst nicht mehr an die Kraft des Evangeliums glaubend, auf neue Mittel und Weisen, die Abgefallenen wieder zu gewinnen. Anstatt nemlich den Gelehrten, wie den Ungelehrten, den Hohen, wie den Niedrigen, einfach in apostolischer Weise „die Buße zu Gott und den Glauben an unseren HErrn JEsum Christum“ zu predigen (Ap. Gesch. 20, 21.), verändert und verstümmelt man das Evangelium, um das abgefallene Geschlecht zum Evangelio zurück zu führen! — verdeckt man das Aergerniß des Wortes vom Creuze, um dieses Wort wieder in die Herzen zu bringen! — nimmt man dem Worte seinen Stachel, um ein satt gewordenes, zweimal erstorbenes Geschlecht wieder in das Leben zu erwecken! verflüchtigt man das Christenthum zu allgemeinen und unbestimmten religiösen Grundfäßen und Herzensstimmungen, um dasselbe einem ganzen Volke noch zu retten, welches ihm längst in bewußter Entscheidung den Rücken gekehrt hat!

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Anstatt zu erkennen, daß die Zeit, in welcher ganze Völker dem Einfluß der Kirche und ihres Evangeliums sich offen zeigten, längst dahin ist, und daß ein in seinen Stimmführern dem Unglauben verfallenes, alle Hoffnungen auf ein Jenseits verlachendes und seinen Himmel allein auf Erden suchendes Volk, weit entfernt, sich der mütterlichen Erziehung der Kirche hinzugeben, vielmehr das Verhältniß jest umkehrt und nun die Kirche seinen Stimmenmehrheiten unterwerfen will; anstatt daher sich von denen zn scheiden, welche Christo und seinem Worte nicht mehr

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