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Inhalt: Goethes Faust. Ein Beitrag zum Verständnisse des inneren Zusammenhanges beider Teile, von Professor Dr. Hermann Schlag.

Schulnachrichten.

1852

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Goethes Fauft.

Ein Beitrag zum Verständnisse des inneren Zusammenhanges beider Teile.

Goethes Fauft und Goethes Religion

zwei Streitfragen, die aufs innigste miteinander verwachsen sind, aber welch ein Problem! Betrachten wir die tausend und abertausend Schriften, welche die Frage von Anbeginn behandelt haben; überschauen wir die Hochflut der Arbeiten, welche vom Jahre der Goethefeier 1899 gezeitigt worden sind: trotz vieler guter Einzelresultate, troy vieler entwickelter Sachkenntnis und Gelehrsamkeit wie viel Rückständigkeit hier, wie viel Einseitigkeit dort und wieviel Widerspruch untereinander!

Doch sei dem, wie ihm wolle: über einen Faust kann nicht zuviel gedacht, geredet, geschrieben werden, und die Streitfrage immer wieder neu zu beleuchten heißt noch lange nicht Eulen nach Athen tragen. So mögé auch einem, der nicht hohe Worte machen kann“, vergönnt sein, sich ebenfalls unter dem Gesinde zu zeigen" und zu versuchen, einen wenn auch nur bescheidenen Beitrag zum Verständnisse der gewaltigsten deutschen Dichtung zu liefern.*)

Zwei wie ihm dünkt nicht unwichtige Gesichtspunkte, die man bislang noch zu viel im Schatten gelassen hat, möchte er mehr in den hellen Vordergrund gerückt sehen; es sind diese: Goethe hat seinen Faust nicht für einen auserwählten Kreis, sondern für das Volk überhaupt geschrieben. Wie er selbst durchaus christlich denkt, so ist auch die Idee des vollendeten Werkes eine spezifisch-chriftliche.

1.

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Der Faust ist für die Allgemeinheit geschrieben. Das lehrt mit ausdrücklichen Worten sogar gleich das Vorspiel auf dem Theater. Der Theaterdirektor wünscht nicht Bloßbedeutendes, sondern will der Menge durch Frisches, Neues, Gefälliges behagen, ihre Schanlust befriedigen und sie erstaunen machen. Der Dichter zwar fragt nichts nach dem Volke und seinem Strudel und möchte seiner Muse anstatt ihres echten göttlichen Lächeln nicht Grimassen abzwingen; aber die Lustige Person springt vermittelnd ein: Der Dichter mag brav sein und musterhaft und seine besten Kräfte brauchen, jedoch nicht ohne Narrheit und Spaß, vielmehr soll

*) Meine Ansicht hat sich vornehmlich auf Grund einer Faustvorlesung Kuno Fischers gebildet; in der Hauptsache schließt sie sich fast, in vielen Einzelheiten voll und ganz dem berühmten Ästhetiker an. Der beschränkte Raum verbietet mir leider, da wo ich von ihm abweiche, meine Meinung genauer an der seinigen zu messen; wie ich mir auch versagen muß, die ganze gewaltige Litteratur heranzuziehen. Bekannteres und Feststehendes werde ich nur berühren oder gänzlich übergehen, ausführlicher das besprechen, worauf es mir ankommt.

er der stets gleichen Bereitschaft der Zuhörer zum Weinen und zum Lachen zugleich entgegenkommen. Wir sehen dann, wie der Dichter zuletzt müd und schwach wird und den Ungestümen nachgiebt. Er versteht sich dazu, seinem Pegasus einen bunten Sattel aufzulegen und tummelt ihn vor unseren weitgeöffneten Augen bald im stolzen Parademarsch, bald im zopfigen Paßzschritt ; jetzt läßt er den lustig Wiehernden mit munterem Zurufe die Bahn entlang traben, nun gar daher galoppieren, daß einem Hören und Sehen vergeht; und so entsteht thatsächlich ein eigenartig „Ragout":

Zu bunten Bildern wenig Klarheit,

Viel Irrtum und ein Fünkchen Wahrheit:
So wird der beste Trank gebraut,

Der alle Welt erquickt und auferbaut.

Also: unsere Dichtung will nicht bloß feierlich genommen werden und, wie sie selbst nicht immer auf hohem Kothurne einherschreitet, auch beileibe nicht überall vom hohen Katheder herab beurteilt werden. Aber was erleben wir? Der Dichter braucht nur, seinem Humor, seiner Laune folgend, die Zügel zu lockern, gleich greifen die Deutbolde danach und schreien: Halt! Allegorie! Der Dichter braucht nur einmal von dem alten Dichtervorrecht Gebrauch zu machen und sich Anspielungen auf Personen und Umstände seiner Zeit zu gestatten, wo eben die eine oder die andere Erinnerung zur rechten Zeit sich einstellt: gleich wird überall und an den unmöglichsten Stellen dergleichen gewittert; der Dichter braucht nur hier oder dort mit ironischen oder ernstgemeinten Bemerkungen über Wissenschaft und Philosophie zu kommen, gleich giebt das Veranlassung, das ganze Werk wissenschaftlich und philosophisch auszuschlachten. Und was ist nicht alles im Faust allegorisch ausgedeutet worden! Nichts, nichts ist verschont geblieben, nicht das Weinfaß in Auerbachs Keller, nicht die Thüre von Gretchens Kerfer, feine der spufenden Gespenstergestalten: allenthalben sucht man Irrtum statt Wahrheit zu verbreiten! Unzählige Beispiele dafür bietet die Litteratur; ich will mir hier nur eins anzubringen erlauben und auch das nur, weil es auf einem eigenen Erlebnis beruht. Es betrifft die vielumstrittene Herenküchenscene. Einer meiner faustverehrenden Bekannten gab zu, daß die Meerkazen nur Unsinn oder Abenteuerliches reden, desgleichen, daß das Hereneinmaleins ein toller Blödsinn ist, höchstens dazu bestimmt, durch den Anschein von Tiefe zu verblüffen: „aber daß die Verse von der hohen Kraft der Wissenschaft einen tiefen Sinn haben und haben sollen, das lasse ich mir nicht ausreden", meinte er in bewundernswerter Konsequenz. Nun sehe man den Zusammenhang noch einmal genau an. Nachdem die Here ihr verrücktes Einmaleins „mit großer Emphase“ aus dem Zauberbuche deklamiert hat, heißt es weiter:

Faust.

Mich dünkt, die Alte spricht im Fieber

Mephistopheles.

Das ist noch lange nicht vorüber,

Ich kenn' es wohl, so klingt das ganze Buch;

Ich habe manche Zeit damit verloren,

Denn ein vollkommner Widerspruch

Bleibt gleich geheimnisvoll für Kluge wie für Thoren.
u. s. w.

Die Here (fährt fort):

Die hohe straft der Wissenschaft

Der ganzen Welt verborgen!

Und wer nicht denkt, dem wird sie geschenkt,

Er hat sie ohne Sorgen.

Was half's, daß ich den Zeigefinger lang ausstreckte und auf den oben gesperrt gedruckten Vers legte, daß ich auf dem „fährt fort“ herumklopfte, das der Dichter doch nicht hingeschrieben hätte, wenn er das Gegenteil hätte sagen wollen? was half's, daß ich aus alledem den Beweis erbrachte, daß das letzte Herenwort sogut wie das erste aus dem Buche närrischen Geschwätzes ist? Der gute Freund blieb stock und steif auf seinem Sockel stehen und schüttelte das Haupt, ohne zu merken, daß der Zopf ihm hinten hing. Oder wollte er es nicht? Habeat sibi!

Wer nicht in seinen Faust wie in ein Kaleidoskop hineinschauen und sich seiner wechselvollen Bilder erfreuen kann, wer nicht mit innigstem Frohbehagen der geistvollen Mischung von Spaß und Ernst, von gelehrter Rede und kindlichem Getändel, von tiefernsten Gedanken und lustigem Wortgeklingel folgen kann, der lernt ihn nie in seinem Zusammenhange erfassen: sein Steckenpferd in allen Ecken und Winkeln herumtreibend, macht er sich müde Beine und wirbelt umnebelnden Staub auf. Wenn es dem Dichter darauf angekommen wäre, überall ernst genommen zu werden, wie leicht wäre es da seinem Phantasiefluge gewesen, statt der Züge der vorgefundenen Faustsage oder neben ihnen noch viele andere, seinem Zwecke vielleicht besser dienende Erfindungen. zu machen — er thut es nicht, sondern hält sich in pietätvoller Liebe so eng als möglich an den überlieferten Stoff; wie leicht wäre es ihm gewesen, alle in der vollendeten Tragödie enthaltenen Lücken, Anachronismen, Widersprüche in den Charakteren und Situationen und zwischen den fragmentarisch und den unverhältnismäßig lang ausgearbeiteten Scenen zu beseitigen er thut es nicht, sondern läßt das Zwitterding, wie er das Drama selbst einmal nennt, gerade so wie es ist, und es hat ihn doch zwei volle Menschenalter hindurch beschäftigt! Nein, man thut dem Dichter ein großes Unrecht, wenn man meint, er wolle allüberall ernst genommen.

werden.

Wie bemerkt, hat die Faustidee bereits den jugendlichen Goethe beschäftigt, wenn auch ein Niederschreiben der wogenden Gedanken vor dem Jahre 1773 kaum anzunehmen ist. Ende November 1775 wurde aber das Werk in der frühesten Gestalt, in der des lang gesuchten und neuerdings endlich von Erich Schmidt entdeckten Urfaust, am Weimarischen Hofe vorgelesen ; im Jahre 1790 endlich erfolgte die Veröffentlichung des Fragments, welches nur in wenigen Zusäßen (namentlich die Herenküche ist zu nennen) über den Urfaust hinausging. Nun tritt eine auffällige Pause in der Arbeit des Niederschreibens eines ist das die Zeit der Wiedergeburt der Faustidee und erst 1797 erfolgt eine neue Aufzeichnung (des Prologs im Himmel). Der vollendete Faust erschien bekanntlich erst 1831, wiewohl bereits seit 1808 einzelne Stücke des II. Teiles im Drucke vorlagen.

Es ist nur natürlich, wenn eine mehr als 60 jährige Beschäftigung mit einem Stoffe noch deutliche Spuren in dem endgültig fertiggestellten Werke hinterläßt; es ist nur natürlich, wenn der Meister je nach Lust oder Drang den Meißel bald an dieser, bald an einer anderen Stelle des rohen Blockes ansetzt, wenn er jetzt an der einen, dann an der anderen Stelle der im Geiste geschauten herrlichen Gestalt seines Kunstwerkes bosselt; vor allem aber ist es natürlich, wenn auch die Idee selbst, nach welcher der Dichter arbeitet, von der alles ändernden Zeit berührt wird und sich unter seinen Händen wie von selbst abmodelt, vergeistigt, vervollkommt. Und das ist nun gerade der Punkt, auf den es vor allem ankommt, wenn man den Faust als Ganzes erfassen will: Die ihm zu Grunde liegende Idee hat sich im Laufe der Zeit und der Arbeit sozusagen in ihr Gegenteil umgewandelt.

Die Anfänge der Faustsage wurzeln im Mittelalter; der Stoff war weit und breit im Volke bekannt und beliebt: Bänkelsänger befangen ihn, Puppenspieler verwerteten

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