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hänger für sich und seine Idee werbend. So kam er auch nach Konstantinopel, der türkischen Hauptstadt, die damals die zahlreichst jüdische Gemeinde in sich schloß; hier hoffte er bestimmt Boden für seine Agitation zu gewinnen. In Konstantinopel lernte er den Prediger Abraham Jachini (kennen, welcher ihn noch mehr in seinem Wahn bestärkte. Jachini, ein sehr gelehrter, aber auch sehr verschmitter Mann, der, einen Gewinn erhoffend, vor keinem Mittel zurückscheute, ernährte sich neben seinem Predigerberuf mit kunstvollen Abschriften alter Werke. Dieser spielte nun dem leichtgläubigen Sabbatai eine täuschend nachgemachte apogryphische Rolle in die Hände, welche mit altertümlichen Zeichen und Merkmalen versehen war. Diese Rolle sollte angeblich aus alten Zeiten abstammen, sie sollte Zeugnis ablegen für Sabbatais Messiastum. Die Schrift hatte folgenden Wortlaut: „Ich Abraham war 40 Jahre in einer Höhle eingeschlossen und war verwundert, daß sich die Zeit der Wunder nicht einstellte. Da tönte mir eine Stimme entgegen: Ein Sohn wird im Jahre 5386 der Welt geboren werden und wird Sabbatai genannt werden. Er wird den großen Drachen demütigen, er ist der wahre Messias und wird ohne Waffen Krieg führen." Das Jahr 5386 war nach christlicher Zeitrechnung das Jahr 1626, also das Geburtsjahr Sabbatais. Dieser, weit davon entfernt, selbst einen Betrug zu begehen, wurde von dieser, von Jachini gefertigten Urkunde getäuscht. Er war aber doch vorsichtig genug, trozdem er durch den Vorfall in seinem Auftreten noch sicherer wurde, in seinem Wahne noch mehr bestärkt wurde, in Konstantinopel mit seiner Mission nicht hervorzutreten. Er wendete sich mit seinen Anhängern nach Salonichi. Diese Stadt hatte der Mystik und auch der Kabbala ihre Thore weit geöffnet, die Bewohner der Stadt waren für beides sehr eingenommen. In Salonichi, ermutigt durch den Fanatismus, der dort herrschte, verstieg sich nun Sabbatai zu einem gar tollen Spiel. Er gab ein großes, glänzendes Fest, lud seine Anhänger ein und vermählte sich in ihrer Gegenwart nach mystischer Art als Messias mit der Himmelstochter Thora. Der erhoffte Erfolg blieb jedoch aus, er erreichte nichts durch diese Komödie, sondern er wurde infolge derselben sogar aus Salonichi ausgewiesen. Nachdem er sich verschiedentlich herumgetrieben hatte, ohne seinen Plan verwirklichen zu können, ging er nach Kairo. Hier sollte ihm endlich das Glück lächeln. In Kairo lebte im Jahre 1656 ein hochangesehener Mann, namens Raphael Josef Chelebi, ein Mann, welcher über große Reichtümer gebot; nebenbei aber, und das war für Sabbatai das wichtigste, ein geschworener Anhänger der Mystik und Kabbala war. Sabbatai wurde natürlich mit ihm bekannt und scheint ihm auch Aufschluß betreffs seiner Messiaspläne gemacht zu haben. Da aber das Jahr, in welchem der Messias erscheinen sollte, das Jahr 1666, immer näher rückte, so vermied es Sabbatai, die neue, für ihn so wichtige Bekanntschaft weiter zu pflegen; er verließ Kairo und wandte sich nun nach Jerusalem zurück, um sich zur Zeit, wo das Wunder vor sich gehen sollte, auf dem geheiligten Boden Palästinas zu be

finden. In Jerusalem ließ er nun seinen excentrischen Neigungen vollkommen freien Lauf, unterstüßt von der Leichtgläubigkeit und Naivetät der Jerusalemer Bevölkerung. Die Jerusalemer dieser Jahre standen in wissenschaftlicher Beziehung auf einem ziemlich tiefen Niveau, auch die Wohlhabenheit der Bevölkerung ließ recht viel zu wünschen übrig. Nur wenige hervorragende Juden hielten sich damals in der heiligen Stadt auf. Während des Aufenthaltes Sabbatais in Jerusalem trat ein Ereignis ein, welches die Bestrebungen des Wundermannes um einen bedeutenden Schritt vorwärts brachte. Die auswärtigen Provinzen des großen türkischen Reiches standen damals unter der speziellen Oberaufsicht, ja man kann wohl sagen, unter der Herrschaft einzelner Paschas. Diese, von Konstantinopel ziemlich unabhängig, konnten in ihrem Handeln schwer kontrolliert werden. Die Folge davon war, daß sie sich allerlei Uebergriffe ihrer Macht erlaubten, und hauptsächlich durch Erpressungen, die sie auf die Bewohner der ihnen unterstellten Provinzen ausbrachten, versuchten, sich Vermögensvorteile zu verschaffen. Der Pascha von Palästina belegte zu dieser Zeit wieder einmal Jerusalem mit einer solchen außerordentlichen Steuer. Die verarmte Gemeinde wußte sich nicht zu helfen; da, in der größten Not, beschloß sie, sich an den schon erwähnten Raphael Josef Chelebi in Kairo zu wenden. Chelebi war durch seine Mildthätigkeit, durch seine Güte weit und breit bekannt, so daß man von ihm mit Bestimmtheit Hilfe erwarten konnte. Sabbatai wurde ausersehen, als Abgesandter nach Kairo zu gehen, er sollte als Vermittler der Jerusalemer in der Angelegenheit bei Chelebi vorstellig werden. Mit Freuden unterzog sich Sabbatai dieser Aufgabe. In Kairo erhielt er sogleich von Chelebi die erbetene Summe. Der Zufall aber fügte es, daß er dort in Kairo eine günstige Gelegen= Heit fand, seine Messiasabsichten zu verwirklichen. Nach Kairo war damals ein ganz wundersames Gerücht gedrungen. In Spanien hielt sich ein wunderbar schönes, jüdisches Mädchen im Alter von 16 Jahren auf. Dieses Mädchen, welches sich Sara nannte, sollte als sechsjähriges Kind in Polen während der Judenmezeleien, ge= funden worden sein. Sie war in ein Kloster gebracht und dort aufgezogen worden. Trozdem aber fand die christliche Religion keinen Eingang bei ihr, sie blieb ihrem ersten Glauben treu, und nichts konnte sie zu einem Uebertritt zum Christentum bewegen. Sie entfloh. Eines Tages fanden sie Juden auf dem israelitischen Begräbnisplay, nur mit einem Hemd bekleidet. Sie behauptete, der Geist ihres Vaters habe sie während der Nacht aus dem Bette ge= holt und nach dem Plaze, an dem sie gefunden worden, getragen. Nägelspuren an ihrem Körper sollten davon herrühren. Später wurde die Ansicht laut, daß sie im Kloster die Kunst der Selbstverwundung erlernt hätte und auch die Nägelspuren sich höchst eigenhändig beigebracht hätte. Gleichviel, sie wurde nach Amsterdam zu ihrem Bruder gebracht, da man ihren Aufenthalt in Polen nicht für sicher genug hielt. Dort in Amsterdam bekam Sara eine Vision, nach welcher sie behauptete, sie sei dem Messias, der bald

erscheinen würde, zur Frau bestimmt. Sara trieb sich nun mehrere Jahre in der Welt herum, während welcher Zeit sie in moralischer Beziehung keineswegs tadellos gelebt haben soll, sie soll aus ihrer Schönheit manchen Vorteil gezogen haben. 16 Jahre alt, kam sie nach Spanien, und zu dieser Zeit hörte Sabbatai von diesem Mädchen. Das war Wasser auf seine Mühle. Er ließ sie kommen und, obgleich er von ihrem unmoralischen Lebenswandel unterrichtet war, nahm er sie doch zum Weibe. Die Trauung fand im Hause des Raphael Joseph Chelebis statt, und dieser war hierüber so glücklich, daß er sein ganzes Vermögen Sabbatai für seine Zwecke zur Verfügung stellte, daß er sein treuester Anhänger wurde. Er glaubte an ihn mit der ganzen Macht seiner Seele. Dies aber war für die Bestrebungen Sabbatais von allergrößtem Nußen.

Von jezt ab trat Sabbatai mit seiner Mission offen und ohne Scheu hervor. Die schöne Sara, welche sich übrigens gleich ihren beiden Vorgängerinnen, keinerlei Bevorzugungen Seitens Sabbatais zu erfreuen hatte, führte dem nun offen als Messias auftretenden Sabbatai eine große Schaar Anhänger zu und mit einem großen Gefolge und mit ausgesuchter berechnender Pracht kehrte der Messias, wie wir Sabbatai nunmehr nennen wollen, nach Jerusalem zurück. Unterwegs in Gaza machte er die Bekanntschaft Nathan Ghazatis. Mit diesem erwarb er sich seinen treuesten Anhänger, der nun gleichviel ob aus offener Anhänglichkeit an Sabbatai oder aus Heuchelei und Eigennug die größte Propaganda für Sabbatais Mission machte. Offenbarungen folgten nun auf Offenbarungen, alle augenscheinlich von Ghazatis verfertigt. Die unglaublichsten Dinge wurden in die Welt hinausposaunt, und das gesamte Judentum wurde in einen wahrhaft fanatischen Taumel hineingezogen. Doch die Jerusalemer Rabbiner waren von dem ganzen Treiben, welches einen beängstigenden Umfang annahm, keineswegs erbaut, sie drangen auf die Entfernung Sabbatais, infolgedessen er sich mit seinen Anhängern nach Smyrna wandte. Die Reise nach dort glich einem Triumphzug. In Smyrna angekommen, erklärte sich nun Sabbatai 1665 selbst öffentlich in der Synagoge zum Messias. Nun erreichte die Raserei, die Verzückung ihren höchsten Grad. Nicht nur die jüdische Bevölkerung wurde beinahe von religiösem Wahnsinn erfaßt, auch die Christen und Mohamedaner wurden in die tolle Bewegung hineingerissen. Damals vollzog sich der vielleicht einzig dastehende Vorgang während dem ganzen Bestande der Christenheit, daß nämlich eine unendlich große Zahl Christen zum Judentum übertrat, um durch den Messias der himmlischen Erlösung, der göttlichen Gnade teilhaftig zu werden. Nicht bloß Smyrna, sondern beinahe die ganze damalige zivilisirte Welt wurde durch die Verkündigungen des Messias in die unglaublichste religiöse Verwirrung gebracht. Nun aber wurde die türkische Regierung mehr und mehr auf das Treiben in Smyrna aufmerksam, und schließlich entschloß sie sich, um die Bewegung einzudämmen, Sabbatai aufzufordern, sich den Behörden in Konstantinopel zu stellen; er sollte zur Verantwortung

gezogen werden.

Sabbatai in dem Vollgefühl seiner Messiaswürde dachte natürlich an einen glänzenden Ausgang dieser Vorladung und folgte sofort dem Rufe, nur von wenigen Angehörigen begleitet. Die Sache aber sollte doch nicht so glatt ablaufen. Auf türkischem Boden angelangt, wurde er gefangen genommen, in Ketten gelegt. Aber auch diese Schmach, zu der noch eine durchaus herabwürdigende Behandlung kam, brachte den halbwahnsinnigen Mann keineswegs aus der Fassung. Im Gegenteil, nun spielte er sich auf den leidenden Messias hinaus, er zog also aus diesem traurigen Mißgeschick sofort seinen Vorteil. Von seinen Angehörigen wurde er nun noch mehr vergöttert. Bald drängten sich Tausende und Abertausende von Neugierigen, aber auch von Gläubigen zu seinem Gefängnis hin, nur um einen Blick des Wundermannes zu erhaschen. Nachdem er nun einige Monate in Konstantinopel festgehalten worden war, brachte man ihn nach dem Dardanellenschloß Abydos. Hier führte er nun ein wahres königliches Freudenleben, seine Anhänger sammelte er gleich einem Hofstaat um sich, seine Frau Sara aber that ein Uebriges durch ihr Wesen, durch ihre alles bezaubernde Liebenswürdigkeit dem ganzen Treiben einen gewissen romantischen Anstrich zu geben. Dem Sultan Mohamed IV. wurde aber doch endlich die Geschichte zu bunt. Auf seinen Befehl wurde der ganzen Festesfreude ein plögliches, unangenehmes Ende bereitet. Die Juden wurden aus Abydos vertrieben, Sabbatai aber nach Adrianopel gebracht. Dort geschah das Unglaublichste. Sabbatai hatte sich überlisten lassen, durch Drohungen wurde er eingeschüchtert. Um sein Leben zu retten, obgleich dasselbe wohl gar nicht in Gefahr gewesen sein mag, verließ er feige seinen Glauben, verwarf Alles, was er früher behauptet hatte und trat zum Moslem über. Die schöne Sara folgte seinem Beispiel. Nach Ueberlieferungen soll sie sich in den neuen Verhältnissen nicht nur sehr wohl befunden haben, sondern sogar nach türkischer Sitte eine Nebenfrau neben sich geduldet haben. So sank auf einmal diese ganze tolle Bewegung, die Jahre lang das Weltall in Confusion gebracht und die Gemüter bis zum Wahnsinn gereizt hatte, in ein beschämendes Nichts zusammen. Ein großer Teil seiner Anhänger zog sich beschämt zurück; viele jedoch glaubten wie vordem an ihn, sie hielten ihn für den verheißenen Messias und erst nach Jahren wuchs Gras über die ganze Affaire; Sabbatai und seine Frau fielen der Vergessenheit anheim.

Noch einen Kabbalisten der damaligen Zeit wollen wir erwähnen, dessen Name, noch heut ein hellleuchtender Stern am wissenschaftlichen Firmament, den meisten unserer verehrten Leser bekannt sein dürfte. Baruch Spinoza, der berühmte Philosoph, welcher am 24. Novemher 1632 geboren wurde, ist der Mann, mit dem wir uns noch beschäftigen wollen. Er war der Sprößling einer jüdischen Familie, welche von Portugal ausgewandert war, und welche sich in Amsterdam niedergelassen hatte. Sein träumerischer, nach Einsamkeit trachtender Geist hatte sich mit aller Macht dem Glauben seiner Väter zugewandt. Er ging auf in der jüdischen Lehre, er war ihr treuester

Anhänger. Ein kleines Erlebnis in seiner Jugend mag dazu noch ganz besonders beigetragen haben. In Spanien hatte er als Kind einem Auto-dá-fé beigewohnt, bei welchem auch ein christlicher Knabe, welcher sich offen und freimütig zum israelitischen Glauben bekannt hatte, verbrannt wurde. Seine lezten Worte waren, als ihn schon die Flammen umzingelten: „Gott, in deine Hände übergebe ich meine Seele". Dieses traurige Erlebnis hatte Spinoza in seiner ganzen jugendlichen Begeisterung für die Sache seiner Väter, für ewige Zeiten in sich aufgenommen; er wurde durch dasselbe von einer Frömmigkeit ergriffen, die beinahe an Fanatismus grenzte. In der damaligen Zeit gab es in Amsterdam noch keine reformierten Juden, noch keine Hellenisten. Ueber diese ganz besondere Sekte werden. wir am Schluß dieses Kapitels noch eingehender sprechen. In Ermanglung einer tüchtigen Schule genoß Spinoza seinen ersten Unterricht bei einem bedeutenden Kabbalisten mit Namen Abraham Herrero. Seine Mitschüler waren Isaak Nahr und Moses Sacuth.. Diese drei fingen nun an mit dem größten Eifer die Kabbala zu studieren. Spinoza selbst legte sich die strengste Ascese auf. Er lebtestreng nach den kabbalistischen Grundsägen. Täglich nahm er ein Bad, ja sogar im strengsten Winter durchbrach er das Eis und pflegte so in offener See sein Bad zu nehmen. Ein Badehaus betrat er nicht, um nicht durch seine Mitmenschen verunreinigt zu werden. Als guter, bewanderter Talmudist der tiefsten Frömmigkeit ergeben, lebte er seine Jünglingstage in strenger Abgeschiedenheit dahin, sich nur in die kabbalistischen Lehren mit aller Hingebung vertiefend. Plözlich aber änderte sich seine ganze Gesinnung; seine Gedanken wandten sich gegen Gott, gegen das alte Testament, gegen den Talmud, gegen das gesamte Judentum und gegen die noch vor kurzer Zeit von ihm so abgöttisch verehrte jüdische Religion. Spinoza betrat nicht mehr die Synagoge, nicht mehr die Schule; öffentlich predigte er mit aller Macht gegen das Judentum, gegen die jüdische Lehre, gegen die ganze jüdische Religion. Er fing an, lateinisch zu lernen und gab sich emsig philosophischen Studien hin, die ihn. immer mehr von der jüdischen Lehre abwendeten. Die Amsterdamer Rabbiner und der Vorstand der Israelitischen Gemeinde luden nun Spinoza, auf sein Treiben aufmerksam geworden, vor ihren Senat und versuchten es, ihn auf gütlichem Wege zur Umkehr zu bewegen. Da sie aber hiermit keinen Erfolg hatten, ließen sie ihm eine jährliche Pension von 1000 Gulden anbieten, wogegen er sich verpflichten sollte, in den Schoß der jüdischen Gemeinde zurückzukehren. Aber auch dieses Anerbieten wies Spinoza, der sich in seiner Gesinnung schon viel zu weit von dem jüdischen Glauben entfernt hatte, entschieden zurück. Den Rabbinern aber lag unendlich viel daran, Spinoza, im wahrsten Sinne des Wortes, wieder zurückzubekehren. Nicht mit Unrecht sagten sie sich, daß das böse Beispiel Spinozas leicht verderblich auf die aufopfernde, jüdische Bewegung in Spanien und Portugal wirken konnte. Tausende von Juden und Maranen wurden zu Spinozas Zeiten in diesen beiden Ländern auf dem

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