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Scheiterhausen verbrannt; eine große Anzahl rettete sich vor dem sicheren Tode nur durch die Annahme des katholischen Glaubensbekenntnisses. Aber auch dies war sehr oft nur ein Scheinübertritt. Diese jüdischen Ueberläufer traten, um ihre Handlungsweise äußerlich recht zu bekräftigen, in Klöster ein und wurden dort oft fromme und gelehrte Mönche; bei sich bietender Gelegenheit aber flohen sie und traten wieder zum jüdischen Glauben über. Durch den Abfall eines so bedeutenden Gelehrten wie Spinoza aber wäre gewiß ein großer Einfluß zu Ungunsten der jüdischen Religion ausgeübt worden. Der große Fanatismus, mit dem die strenggläubigen Juden in den Tod gingen, hätte wohl gewiß an Macht verloren, und so Mancher wäre zweifelsohne dem Beispiel Spinozas gefolgt und hätte sich leichten Herzens der katholischen Religion zugewandt. Als nun alle Mittel erschöpft waren, den abtrünnigen Spinoza wieder in die Arme des Judentums zurückzuführen, blieb den Rabbinern Amsterdams nichts anderes übrig, als mit Strenge gegen ihn vorzugehen. Sie sprachen den kleinen Bann über ihn aus, welcher ihn 30 Tage aus der Nähe seiner Glaubensgenossen, seiner Verwandten, seiner Freunde verbannte. Bei der ohnehin schon ascetischen Lebensweise Spinozas aber und bei seinem Hang zur absoluten Einsamkeit störte dieser Bann den Abtrünnigen sehr wenig. Nach wie vor fuhr er fort, aufrührerische Predigten gegen das Judentum zu halten und zum Abfall von der israelitischen Kirche aufzufordern. Nun mußten die Rabbiner, um endlich reinen Tisch zu machen, zum lezten Mittel greifen. Die Bewegung war auf einem solchen Höhepunkt angelangt, daß das Schlimmste für die jüdische Religion zu befürchten war. Die Rabbiner sprachen deshalb im Monat Juli des Jahres 1656 den großen oder schweren Bann über ihn aus, durch welchen er vollständig für immer aus der jüdischen Gemeinschaft ausgestoßen wurde. Jeder Verkehr zwischen ihm und seinen Glaubensgenossen hörte auf. Er war von seinen jüdischen Mitbürgern aus der Liste der Lebenden gestrichen. Den Wortlaut dieses Bannfluches (Cherem) überliefert uns von Vloten. Wir wollen ihn unseren Lesern nicht vorenthalten. Er lautet wie folgt:

Die Herren des Maamad thun euch zu wissen, daß sie schon vor einiger Zeit Nachricht von den schlimmen Meinungen und Handlungen des Baruch de Espinoza hatten und sich durch verschiedene Wege und Versprechungen bemühten, ihn von seinen schlimmen Wegen abzuziehen. Da sie dem nicht abhelfen konnten, im Gegenteil erhielten sie täglich mehr Nachrichten von den entseßlichen Kezereien, die er übte und lehrte, und von ungeheuerlichen Handlungen, die er beging, und sie hatten davon viele glaubwürdige Zeugen, welche sie ablegten und bezeugten alles in Gegenwart des besagten Espinozas; denen er überführt wurde. Da dieses alles in Gegenwart der Herren Chachamim geprüft wurde, beschlossen sie mit deren Zustimmung, daß besagter Espinoza sei gebannt und von Israels Nation getrennt, wie sie ihn gegenwärtig in Cherem legen mit folgendem Cherem: Mit dem Beschluß der Engel und dem Spruch der

Heiligen bannen, trennen, verfluchen und verwünschen wir Baruch de Espinoza mit Zustimmung des gebenedeiten Gottes und dieser Heiligen Gemeinde vor den heiligen Büchern des Thora mit ihren 613 Unterschriften, die darin geschrieben sind, mit dem Banne, mit dem Joma Jericho gebannt, mit dem Fluche, mit dem Elisa die Knaben verflucht hat, und mit allen Verwünschungen, welche im Geseze geschrieben sind. Verflucht sei er bei Tage und bei Nacht, beim Niederlegen und Aufstehen, beim Ausgehen und Einkehren. Adonai wird seinen Namen unter dem Himmel auslöschen und ihn trennen zum Uebel von allen Stämmen Israels, mit allen Flüchen des Firmaments, die im Gesezbuch geschrieben sind. Und ihr, die ihr festhaltet an Adonai, eurem Gotte, ihr seid heute alle lebend. Wir warnen, daß niemand mit ihm mündlich oder schriftlich verkehren, noch ihm eine Gunst erweisen, noch unter einem Dache, noch innerhalb 4 Ellen mit ihm weilen, noch eine Schrift lesen darf, die von ihm gemacht oder geschrieben wäre.

Spinoza verließ, nachdem dieser Bann über ihn ausgesprochen war, Amsterdam und zog sich auf ein Dorf in der Nähe der Stadt zurück. Verschiedene Biographen Spinozas allerdings behaupten, daß der Gelehrte schon vor dem Ausspruch des Bannes Amsterdam verlassen hätte, und zwar nach einem Mordanfall, dem er ausgesezt gewesen war. In dieser einsamen Zurückgezogenheit schrieb er nun seine berühmten philosophischen Werke. In diesen finden wir viele Entlehnungen aus kabbalistischen Büchern, von welchen er das Buch Schaar Haschumaim als Hauptquelle benugt haben mag. Im Jahre 1677, an einem Samstag um 4 Uhr nachmittag, starb Spinoza plöglich, die Pfeife im Mund.

Betrachten wir nun den soeben in kurzen Zügen wiedergegebenen Lebenslauf dieses berühmten Philosophen, so können wir nach einsichtiger Beurteilung den gegen die Kabbala auftretenden Rabbiner und jüdischen Gelehrten nicht so ganz Unrecht geben. Jedenfalls hatten sie triftige Gründe genug, sich gegen die kabbalistische Lehre und ihre Anhänger aufzulehnen.

Wir könnten noch unendlich viele solcher Beispiele, ähnlich denen Spinozas anführen. Der Talmud, die alten hebräischen Bücher, ja sogar unsere modernen Lerikas geben uns so manchen interessanten Aufschluß über Kabbalisten, welche durch diese Lehre ihrer Religion abtrünnig gemacht wurden. Wir glauben aber mit den von uns angeführten Beispielen das Thema genügend erschöpft zu haben.

Am Schlusse unseres Kapitels angelangt, müssen wir aber doch Roch zur Erklärung und zum vollständigen Verständnis der folgenden Kapitel unseres Buches eine Kleinigkeit anfügen.

Nach dem Talmud hat es 22 jüdische Sekten gegeben. Josephus Flavius spricht nur von 14. Wir wollen nun noch einige derselben namhaft machen und uns kurz über dieselben auslassen, damit wir nicht einer Unterlassungssünde geziehen werden können.

Eine dieser Sekten, die wir notgedrungen näher betrachten müssen, waren die Karäer, welche sich noch bis auf den heutigen

Tag in ihrer Gemeinschaft, allerdings nur in geringer Zahl, erhalten haben. Die Karäer wandten sich in ihren Lehren gegen den Talmud, gegen die Rabbiner. Sie erkannten nur das alte Testament an, hielten dieses dafür aber um so heiliger. Der heiligste Tag war für sie der Samstag, jedwede Tätigkeit an diesem Tage war ihnen auf das Strengste verboten. So zündeten sie selbst bei größtem Frost, bei eisigster Kälte an diesem Tage kein Feuer an, sogar Nichtjuden durften in der Behausung eines Karäers diese Arbeit nicht verrichten. Noch heute halten die Karäer, welche wir noch in Oesterreich und Rußland finden, streng an diesen Geseßen fest.

Nächst den Karäern wäre noch eine große Sekte zu erwähnen, welche im Laufe der Zeit mehreremale den Namen wechselte. Es ist dies die große, mächtige Vereinigung der Pharisäer, deren Anhänger sich auch Chassidäer oder Assidäer nannten. Die Pharisäer, wie wir die Mitglieder dieser Sekte nennen wollen, zeichneten sich durch große Frömmigkeit und strenge Gerechtigkeit aus; außerdem traten sie auch für die Aufrechterhaltung des Religionsgesezes überhaupt ein. Die Macht der Sekte reichte weit, und ihr Einfluß war lange ein ganz bedeutender. Die Nachfolger dieser Pharisäer finden wir noch heut in unseren orthodoren Juden wieder.

Zum Schluß unseres kleinen Nachtrages wollen wir nicht versäumen, mit einigen Worten auch der Hellenisten zu gedenken. Diese sind nichts weiteres, als die Vorläufer der heutigen Reformjuden. Sie standen unter dem Einfluß der griechischen Kultur. Das Griechentum hatte sie gefangen genommen, ihr Ziel war, selbst auf Kosten der jüdischen Religion griechische Gebräuche und Sitten in Palästina einzuführen, ebenso wie heutzutage die Reformjuden sich vom jüdischen Ritus losgesagt haben und ihre eigenen Wege gehen. Sie schämten sich ihrer jüdischen Abstammung, sie hielten keinen Samstag, feinen jüdischen Feiertag, sie kümmerten sich nicht um die jüdischen Speisegeseze.

Wir können dieses Kapitel nun mit gutem Gewissen schließen, da wir glauben Alles in Betracht gezogen zu haben, was zum Verständnis des ferneren Inhaltes dieses Bandes nötig ist.

IIT. Kapitel.

Das V. Buch Mose.

Schon im vorigen Kapitel haben wir uns eingehend darüber geäußert, daß das 5. Buch Mose keineswegs ein Originalwerk des Propheten Mose sei, sondern daß es erst in weit späterer Zeit verfaßt und den 4 Büchern Mose als leztes einverleibt worden sei.

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Um den Beweis hiefür zu erbringen, können wir nichts Besseres thun, als uns auf den Gelehrten Professor Dr. H. Graez zu berufen, welcher bis zu seinem Tode als Professor und Lehrer an der BresLauer Universität eine über alles hochgeachtete Stellung einnahm. Dieser schrieb das interessante Werk Geschichte der Juden von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart." Im 2. Buch seines Werkes beschäftigt er sich nun mit dem 5. Buch Mose und erörtert die von uns aufgeworfene Frage in der gründlichen Art und Weise, die man bei diesem hochbedeutenden Gelehrten nie vermißt. Wir ziehen es daher vor, unsere eigene Meinung, die sich ja doch mit den Graez'schen Ausführungen decken würde, zurückzuhalten, und den einfachen Wortlaut der Stellen wiederzugeben, welche sich in dem Werke mit unserer Frage befassen. Graet schreibt im 2. Buch, Kapitel 10, Seite 299 seines Werkes Folgendes:

Die Rolle oder das Gesetzbuch, welches der Hohepriester Chilkija durch Schaphan dem Könige überbringen ließ, gibt sich als ein lettes Vermächtnis des geseßgebenden Propheten Mose aus, das er dem von ihm erzogenen Volke vor seinem Scheiden an's Herz gelegt. Es hat eine geschichtliche Einleitung und einen geschichtlichen Nachtrag; es führt nämlich die Geschichte bis zu Moses Tod und noch darüber hinaus. Es nennt sich selbst die zweite Lehre oder das zweite Gesezbuch (Mischneh-Thora, Deuter ono minum 1). Ist das Buch uralt? Oder ist es erst kurz vor seinem Auffinden ge= schrieben worden. Müßige Fragen! Wenn auch nicht uralt, so kommt ihm kein Gesezbuch der schriftkundigen Völker an Alter gleich, wie es auch alle Geseßessammlungen an Erhabenheit und Schönheit übertrifft. Ein Gesetzbuch mit gewinnender Herzlichkeit und milder Innigkeit ist gewiß eine seltene Erscheinung. Die Geseze pflegen sonst kalt, strenge und barsch zu sprechen und zugleich einen drohenden Finger zu zeigen, „du sollst oder sollst nicht, oder du unterliegst einer strengen Strafe." So spricht die unter Josio aufge= fundene Gesetzgebung man nennt sie deuteronomische nicht. Sie ermahnt, warnt und bittet förmlich, dieses zu thun und jenes zu lassen, sie droht nicht, sondern weist auf die unheilvollen Folgen der Uebertretung hin. Sie redet die Sprache eines liebevollen Vaters, welcher seinem Sohne große Ziele steckt und ihn warnt, nicht durch eigene Schuld eine große Zukunft zu verscherzen und dadurch in Verachtung und Schmach zu geraten. Ein angenehm fächelnder Hauch weht aus dem deuteronomischen Gesezbuch. Die Gebote (Mizwot), Sagungen (Chukkim) und Bestimmungen (Mischpalim) sind mit geschichtlichen Erinnerungen und herzlichen Ermahnungen in erhebender poetischer Sprache wie mit Blumengewinden umschlossen.

Bei der Vergegenwärtigung der älteren Geschichte führt das deuteronomische Gesetzbuch den Faden der Geschichte nicht der Zeitreihe nach vor, sondern wählt außer der Ordnung solche Begebenheiten heraus, welche zur Bekräftigung wichtiger Lehren als thatsächliche Beweismittel dienen sollen. An die Erinnerung an solche wichtige Vorgänge in dem Leben des israelitischen Volkes knüpft es

Ermahnung oder Warnung an; die Geschichte der Vorzeit soll die Lehrerin des spätgeborenen Geschlechtes sein. Vier Gedanken will das deuteronomische Gesetzbuch ganz besonders eingeprägt wissen. Die Erhabenheit Gottes, die Berufsgröße des israelitischen Volkes, den tiefen Stand des lebenden Geschlechts unter seinem Berufe, und endlich die Vergegenwärtigung der Folgen dieses ungelösten Gegensages. Den Gott Israel stellt es dar als hocherhaben über alle Wesen, das mit den von den Völkern als Gottheit verehrten Wesen keinen Vergleich zulasse: Dies ist augenscheinlich gezeigt worden, daß Ihwh allein Gott ist im Himmel oben und auf Erden unten, es gibt sonst keinen.“ Auf die Einzigkeit und Ausschließlichkeit dieses Gottes legt das deuteronomische Buch ein besonderes Gewicht. „Höre, Israel, Ihwh, unser Gott, Jhwh ist einzig. Dieser Gott hat Israel mit besonderer Fürsorge in vergangenen Zeiten geleitet, wie ein Vater seinen Sohn trägt."

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„Wie ein Adler überwacht sein Nest,

„Schwebt über seine Jungen,

„Seine Flügel ausbreitet,

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Sie nimmt und auf seinen Schwingen trägt,

So hat Gott allein es geleitet,

„Und bei ihm war nicht ein Gott der Fremde."

Zweck dieser Auserwählung und fürsorglichen Leitung sei ge= wesen, damit Israel ein heiliges Volk sein soll. Das deuteronomische Buch will ferner dem lebenden Geschlecht zum Bewußtsein bringen, daß das Volk bisher weit hinter den von ihm gehegten Erwartungen zurückgeblieben, und daß es die gnadenvolle Rettung Gottes nicht im Geringsten verdiene. Widerspenstig, widersprechend und hartnäckig sei es von seinen Anfängen an gewesen bis auf den heutigen Tag, habe immer noch kein Auge zu sehen, kein Ohr zu hören, kein Herz zu merken. Endlich sollte auch den unverbesserlichen Geschlechtern durch seinen Geschichtsgang vor Augen geführt werden, daß auf den Abfall von seinem Gotte stets Strafe gefolgt sei, denn Gott sei zwar ein Gott der Treue, der sein Wort und seine Gnade für die ihn Liebenden und seine Geseze Befolgenden bis in's tausendste Geschlecht bewahre, aber seinen Feinden vergelte, in's Angesicht vergelte.

Wie eine neue Offenbarung oder wie eine neue Erkenntnis klingt es aus dem ermahnenden Bestandteile des deuteronomischen Gesetzbuches heraus. Es giebt sich selbst als etwas Neues, als ein neues Bündnis aus, das Gott kurz vor Moses Tod und vor dem Einzug in's Land im Lande Moab am Jordan geschlossen, verschieden von dem ersten Bündnis am Horeb. Als wenn das erste Geschlecht, das in egyptischer Sklaverei aufgewachsen war, nicht fähig gewesen wäre, die hohen Lehren zu begreifen, ist sie erst dem vom Mose erzogenen nachfolgenden Geschlecht offenbart worden. Das sinaitische Zehnwort ist so einfach und gemein verständlich, daß auch Sklavenseelen, wenn nicht tierisch abgestumpft, es verstehen könnten. Aber

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