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tigkeit gegen seine Zuschauer bis auf die Dins ge selbst erstreckt, die ihnen gefallen; und vielleicht hat eine ähnliche Ursache den Shakesa pear abgehalten, eine ausgebesserte und volls ständige Ausgabe selbst zu besorgen. Der guté Schußgeist des welschen Theaters wolle den Arbeiten eines Gozzi günstiger seyn und sich derselben nicht berauben lassen. Ich wünsche ihnen ein besseres Schicksal als dem Shakespear, und daß seine künftigen Ausleger nicht nöthig haben mögen, Stellen wieder herzustellen, ih ren Verstand zu berichtigen, ihre Dunkelheit aufzuklären und ihre Rechtschreibung zu ver. bessern.

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Ueber das Urtheil des Baretti, aus seis nem Account of the Manners and Coftoms of Italy, von Goldonis Comödien, befindlich in der Beylage zum 23ften Stück der Königsbergischen gelehrten und politischen Zeitung 1770.

Es ist felten, in der Welt so gut als in der Kritik, daß man den rechten Punkt des urtheils und die gehöris ge Billigkeit trifft. Ist es nicht unwissenheit, so ist es zuweilen Hårte oder ein Eigensinn des Geschmacks. Der Englander, welcher des Bacetti Urtheil über den armen Goldoni liest, und von seinem Nationaltheater eingenommen ist, wird ihm völlig Recht geben. Andere hingegen möchten es ihm noch wohl sehr streitig machen, ob die Regelmäßigkeit, die er der englischen Bühne zuz schreibt, durchgehends daran zu finden sey. Indessen hans delt der Engländer, der dem Baretti beypflichtet, so freymuthig, wie Goldoni selbst den Engländer in feiner schlauen Wittwe characterisirt Allein Saretti, der dem Engländer ein Compliment macht, indem er seiz

men Gozzi jener ihrem Shakespear zur Seite segt, scheint vielleicht auch zu sehr ein Anbeter des Gozzi zu seyn. Wenigstens, wenn Gozzi ein italienischer Shakespear ist, so kann er ihn gar nicht mit einem Goldoni in Parallele ftellen. Das hieße einen guten Maler von Kuchenstücken mit einem Bellino vergleichen s obgleich jeder in seinem Felde groß seyn kann. und soDann? da Gozzi noch hinter der Wand stehet, und seis ne Stücke noch nicht das Publikum richten kann, woraus kann man seinen Werth sicher bestimmen, und woher kann man des Baretti hochgespanntem Lobe, der ihn auf des Goldoni und Chiari Trümmern so colossalisch erhöhet, zuverläßig trauen? Kann Gozzi nicht so gut, als sein zu Boden geschlagener Feind der Göße der Ves netianer und der Ball des Gerüchts seyn? Ist Baretti allein der Mann, dessen Augen aller Augen, dessen Ges schmack ein Orakel wäre? In Wahrheit! Hier giebt der Kunstrichter zu viel Blöße, und es ist ordentlich lu ftig, wie viel er uns von seinem Lama, der uns wenig stens noch eine unsichtbare Gottheit ist, erzählt, eben so Juftig als die Ursache klingt, weßwegen Gozzi seine fieben Wunderwerke dem Publico vorenthält. Kann der Gott der Ehre, der so sehr die dramatischen Schriftstel ler hegt, nicht den Gott der Liebe bey ihm überwinden? Indessen kann Baretti wegen des Gozzi Recht haben, wie er in Absicht des so tief erniedrigten Goldoni nicht ganz unrecht und nicht ganz Recht has ben möchte.

Allerdings ist Goldoni ein sehr fruchtbarer komischer Dichter. Diese Fruchtbarkeit ist ohne Schaden, wenn sie gute gesunde Kinder liefert. Aber freylich! etwas vers

dächtig wird sie bey den Geburten des Wizes. Ein Vielschreiber erschöpft und übereilt sich leicht. Zira quels Ruhm, er habe in 32 Jahren alle Jahr ein Buch und ein Kind der Welt verschafft, wird, was das erste bes trifft, in der Litteratur nicht so viel Verdienst haben, als das zweite für die Bevölkerungsideen. Man besorget sogar, daß einer unserer besten deutschen Dichter auf dem Theater, der eben so gut, jedoch mit mehr Recht als Goldoni, der Liebling der Nation ist, durch feine fertige Feder, und durch die Art des Drama, die er jest erwählt, eher sinken als steigen möchte, und daß die Musik nur hauptsächlich diesen Ton der theatralischen Muse noch erhalte. Der gute Schuhgeist der deutschen Bühne, wünsche man dem Baretti nach, wolle sie bey

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ihrem reifenden Alter vor allen Jugendfünden bewals ren !

Allein keines von Goldonis noch Chia ris Stücken kann die Probe der Kris tik aushalten. Zuförderft welcher Kritik? Hie nächst, welches dramatische Stück ist, wenn man scherzen darf, ganz schußfrey? und könnte man nicht eben diese Frage gegen alle shakespearische Stücke aufwer: fen? Den Chiari kennen wir Deutsche weniger; seis ne Landsleute, die auch wohl Cabalen haben, mögen ihn vertheidigen. Aber Goldoni? Man muß raisonnabel denken. Es ist wahr, sein Hauptgeschmack ist die Burs leste. Giebt es aber keine gereinigtere Burs leske, die unter dem Ernst und über das bloße Poss senspiel wåre? Wo bleibt denn das gute Bas Comis que und die komische Oper? Vielleicht sind seine Pantalons, Brighellen und Arlequine noch gegen andere Farcen des italienischen Theaters feiner und leidlicher. Bon seiner Sprache, ob sie toscanifire u. dgl., muß der Italiener entscheiden. Wir sehen hier nur auf sein kos misches Verdienst. Hat Goldoni gar keine komischen 3 üge von Stärke, die Menschen und Sitten nach dem Leben schildern, und sollte sich Voltaire so vorseglich und gänzlich geirret haben, wenn er ihn den Maler der Natur nennet? Das wäre viel. Ueberdem wie viel eins sichtsvolle Kunstrichter und Leute von Geschmack haben nicht seinen so natürlichen und doch meisterhaften Diaz log, als ein besonderes Talent, empfunden und gefchäst? Wenn man seinen Lügner und einige wes nige ausgesuchtere Stücke liest, so muß man vielleicht bey andern Gaukeleyen von ihm, wie Boileau ben des Molieres Betrügereyen des Scapins feufzen: Ich erkenne nicht im Sack des Scaping den Verfasser des Misanthropen,

Den Vorwurf, daß des Goldonis Begriff vom Udel zu kriechend sey, gesteht man gerne zu. Die widerfinnis ge Auflösung feiner ersten Pamela ist Probe genug davon. Aber: kurz Goldoni besigt weder Kunst noch Wissenschaft. Ein Machtspruch! Und das Pub likum, das ihn nicht mehr achtet? Es ist vielleicht des Herrn Baretti eigene hohe Person. Wir haben in den goldonischen Stücken vernünftige Männer man, ches mit Grund tadeln gehört; wir haben sie die Schuls tern zucken, aber noch keinen gähnen oder einschlafen ge sehen, wie man sich dessen wohl bey sehr regelmäßigen

gepriesenen Stücken erwehren muß, ohne hieben die Bez friedigung der Empfindungen mit dem Pöbel nach Baucherschütterungen zu rechnen.

Kurz, und auch kurz gesagt: Baretti behandelt den Goldoni mit gar zu großer und zu bitterer Verachtung, daher einige Ausdrücke wohl gar nach einem groz ben Rostbeef schmecken. Weit entfernt, den schon nach feiner Meynung vom Theater verbannten Flüchtling zu mitleidig wieder an seinen Plaß einsehen zu wollen, konn= te man doch jenes Todesurtheil rectificiren oder mildern, und wir erinnern nur, daß der Geschmack auf der Bühne, wie in allen Dingen, seine Moden habe. Prüfet, heißt es, alles, und behaltet das Beste. Von der deut fchen Uebersehung der goldonischen Komödien sagen wir nichts, die wenigsten Zuschauer können und werden fie mit dem Original zusammenhalten. Man giebt uns vielleicht den Goldoni so wenig als den Shakefpear mit allen Schönheiten und mit allen Auswüchsen zugleich.

Wenn einige deutsche Kunstrichter, vielleicht noch zu frühe den Fremden geradezu nachlallen, und das ohne genugsame unterscheidung; so bringen sie vermuth lich die noch schlechteren Nachahmer des Goldoni zu dieser Galle. Bie wird es indessen von solchen gestrengen pers ren einem Holberg, und wenn man übermüthiger wirdl, zulegt einem Plautus selbst ergehen? Ist Goldoni kein Gozzi, so ist er doch kein bloßer Polichinelle.

Ueber die Barettische Ueberseßung in der Beylage zum 23. Stück und ihre Antikri tik im gelehrten Artikel des 25. Stücks der Königsberger - Zeitung.

Es ist nicht nur selten, sondern sehr oft eben so unmöglich als unnöthig, den rechten Punkt des Urtheils zu treffen. Ob nächst den drey angeführten Ursachen eine vierte oder fünfte, ich meyne die etwas eigennüßige Gefälligkeit für die Stimme eines Municipal. oder auch bis

weiten nur Privat Publici sich einer voll kommeneren Billigkeit rühmen darf, lasse ich gleichfalls dahin gestellt seyn. Es giebt zwar in der Kritik eine güldene Mittelstraße, welche das Product der scharfsinnigsten Einsichten und erhabensten Gesinnungen ist; desto weniger fehlt es aber an Kunstrichtern, die nach der bekann ten Fabel, den Kern der Sache verschlucken und ihre Leser mit einer genauen Theilung der lee ren Schaalen befriedigen oder sie auch mit Grün den abspeisen, die sich wie Mohnkaulchen * zum Rostbeef reimen - Hier aber ist weder die Frage, wie ein Engländer noch wie ein Liebhaber der hiesigen Bühne des Ba retti Urtheil über den Goldoni lieset; sondern es kommt vielmehr darauf an, beide Landsleute nach ihrem eigenen Horizont zu vergleichen, Wenn also Baretti dem Goldoni Kunst und Wisfenschaft abspricht, so hebt dieser Mangel (der, wenn er muthwillig und mit einer abges fchmackten und unverschämten Eitel keit gepaart ist, meines Erachtens allerdings die bitterste Verachtung verdient) noch gar nicht allen Werth der komischen Talente auf, die aber in den Augen eines welschen Kunstrichters weder von so großem Gewicht noch von solcher Seltenheit seyn können, als etwa in unsern Gegenden. Der natürliche und glückliche Dialog ist eine eben so natürliche Wirkung einer frucht baren und leichten Einbildungskraft, die fein vernünftiger Leser dem Goldoni absprechen wird.

*) Ein bekanntes preußisches Fastnachtsgericht Petron fest mellitos verborum globulos et dicta quali pa pauere et fefamo sparsa, den verbis atrocis fiyli und artis feuerae effectibus entgegen.

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