ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

270

Schon durch die Adern der Natur zu fließen
Und, schaffend, Götterleben zu genießen,

Sich ahnungsvoll vermaß, wie muß ich's büßen!
Ein Donnerwort hat mich hinweggerafft.

Nicht darf ich dir zu gleichen mich vermessen.
Hab' ich die Kraft dich anzuziehn besessen,
So hatt' ich dich zu halten keine Kraft.
In jenem sel'gen Augenblicke,

Ich fühlte mich so klein, so groß;

275 Du stießest grausam mich zurücke Ins ungewisse Menschenloos.

Wer lehret mich? Was soll ich meiden?

Soll ich gehorchen jenem Drang?

Ach, unsre Thaten selbst, so gut als unsre Leiden, 280 Sie hemmen unsers Lebens Gang.

Dem Herrlichsten, was auch der Geist empfangen,
Drängt immer fremd- und fremder Stoff sich an;
Wenn wir zum Guten dieser Welt gelangen,
Dann heißt das Bessre Trug und Wahn.
285 Die uns das Leben gaben, herrliche Gefühle,
Erstarren in dem irdischen Gewühle.

Wenn Phantasie sich sonst mit kühnem Flug
Und hoffnungsvoll zum Ewigen erweitert,
So ist ein kleiner Raum ihr nun genug,
290 Wenn Glück auf Glück im Zeitenstrudel scheitert.
Die Sorge nistet gleich im tiefen Herzen,
Dort wirket sie geheime Schmerzen,

V. 282. fremd- und fremder s. Textrevision.

V. 285. Die Liebe stirbt wie das Ideal im Genusse „des Guten dieser Welt". Dagegen im Divan (I, 18): „Und dich reißet neu Verlangen Auf zu höherer Begattung."

V. 291. Die Sorge erscheint Faust am Schlusse des Zweiten Theils personifizirt; den neuen Masken (V. 294) entsprechen dort die Verse: „In verwandelter Gestalt Ueb' ich grimmige Gewalt", obigem V. 297 dort das: „Stets gefunden, nie gesucht". Wofür wir beben (V. 297), giebt V. 295, wovor, V. 296 an.

Goethe's Fauft, I.

3

Unruhig wiegt sie sich und störet Lust und Ruh;

Sie deckt sich stets mit neuen Masken zu,

295 Sie mag als Haus und Hof, als Weib und Kind erscheinen, Als Feuer, Wasser, Dolch und Gift;

Du bebst vor Allem, was nicht trifft,

Und was du nie verlierst, das mußt du stets beweinen.

Den Göttern gleich' ich nicht! Zu tief ist es gefühlt;
300 Dem Wurme gleich' ich, der den Staub durchwühlt,
Den, wie er sich im Staube nährend lebt,
Des Wandrers Tritt vernichtet und begräbt.

Ist es nicht Staub, was diese hohe Wand
Aus hundert Fächern mir verenget,
305 Der Trödel, der mit tausendfachem Tand
In dieser Mottenwelt mich dränget?
Hier soll ich finden, was mir fehlt?

Soll ich vielleicht in tausend Büchern lesen,
Daß überall die Menschen sich gequält,
310 Daß hie und da ein Glücklicher gewesen? -
Was grinsest du mir, hohler Schädel, her,
Als daß dein Hirn, wie meines, einst verwirret,
Den leichten Tag gesucht und in der Dämmrung schwer,
Mit Lust nach Wahrheit, jämmerlich geirret?

315 Ihr Instrumente freilich spottet mein

Mit Rad und Kämmen, Walz' und Bügel.

Ich stand am Thor, ihr solltet Schlüssel sein;

Zwar euer Bart ist kraus, doch hebt ihr nicht die Riegel.
Geheimnißvoll am lichten Tag,

320 Läßt sich Natur des Schleiers nicht berauben,

Und was sie deinem Geist nicht offenbaren mag,

V. 309. Vischer versteht (S. 254) das sich quälen als einander quälen, ohne zwingenden Grund; Taylor übersetzt richtig: self-tortured.

V. 311. Schädel; nach Bodinus (in Fischart's Uebertragung S. 265) zeigen Todtenköpfe im Hause den Schwarzkünstler an.

V. 319. Ein oft bei Goethe wiederkehrender Gegensaß, auch hier Th. II, 4, V. 55. Vergl. das „Offenbare Geheimniß“ im Divan (II, 9), in den Sprüchen (Nr. 214) und die Beispiele in den Noten daselbst. Il segreto de' fatti palesi betitelte Tommaseo 1859 eine seiner Schriften nach einem Gozzi'schen Stücke.

Das zwingst du ihr nicht ab mit Hebeln und mit Schrauben.

Du alt Geräthe, das ich nicht gebraucht,

Du stehst nur hier, weil dich mein Vater brauchte.

325 Du alte Nolle, du wirst angeraucht,

So lang' an diesem Pult die trübe Lampe schmauchte.
Weit besser hätt' ich doch mein Weniges verpraßt,
Als mit dem Wenigen belastet hier zu schwitzen!
Was du ererbt von deinen Vätern hast,

330 Erwirb es, um es zu besigen.

Was man nicht nüht, ist eine schwere Last;

Nur was der Augenblick erschafft, das kann er nüßen.

Doch warum heftet sich mein Blick auf jene Stelle? Ist jenes Fläschchen dort den Augen ein Magnet? 335 Warum wird mir auf einmal lieblich helle,

Als wenn im nächt'gen Wald uns Mondenglanz umweht?

Ich grüße dich, du einzige Phiole!
Die ich mit Andacht nun herunterhole,
In dir verehr' ich Menschenwiß und -Kunst.
340 Du Inbegriff der holden Schlummersäfte,
Du Auszug aller tödtlich feinen Kräfte,
Erweise deinem Meister deine Gunst!

Ich sehe dich, es wird der Schmerz gelindert,
Ich faffe dich, das Streben wird gemindert,

Den Gedanken der Verse 319-24 spricht eine der Goethe-Schiller'schen
Tabulae votivae von 1796 aus, Die Versuche:

Dich zu greifen, ziehen sie aus mit Neßen und Stangen,

Aber mit leisem Tritt schreitest du mitten hindurch.

V. 325 f. V. 52 und Note.

V. 330. Dem lebendigen, mit einem fruchtbringenden Gebrauch verbundnen, den Gegenstand mir wirklich aneignenden Besitze steht der todte Besitz gegenüber, das bloße Haben; Und er besitzt dich nicht, er hat dich nur" (Goethe in Künstlers Erdewallen). J. Grimm (I, 1628) citirt ein Gedicht von Tscherning v. J. 1642 vom Geizhals, welches ebenso schließt: er „Besißt nicht was er hat". Kant (V, 62): ich erwerbe etwas, wenn ich mache, daß etwas meine werde. S. bei Grimm die Artikel Ererben, Erwerben und Besitzen. Gesteigert kehrt der Gedanke, namentlich von V. 332, wieder Thl. II, 5, V. 517 fg.

345 Des Geistes Fluthstrom ebbet nach und nach.
Ins hohe Meer werd' ich hinausgewiesen,
Die Spiegelfluth erglänzt zu meinen Füßen,
Zu neuen Ufern lockt ein neuer Tag.

Ein Feuerwagen schwebt auf leichten Schwingen
350 An mich heran! Ich fühle mich bereit,
Auf neuer Bahn den Aether zu durchdringen
Zu neuen Sphären reiner Thätigkeit.
Dies hohe Leben, diese Götterwonne,
Du, erst noch Wurm, und die verdienest du?
355 Ja, kehre nur der holden Erdensonne
Entschlossen deinen Rücken zu!

Vermesse dich, die Pforten aufzureißen,
Vor denen Jeder gern vorüberschleicht!
Hier ist es Zeit, durch Thaten zu beweisen,
360 Dağ Manneswürde nicht der Götterhöhe weicht,
Vor jener dunkeln Höhle nicht zu beben,

In der sich Phantasie zu eigner Qual verdammt,
Nach jenem Durchgang hinzustreben,

Um dessen engen Mund die ganze Hölle flammt,
365 Zu diesem Schritt sich heiter zu entschließen,
Und wär' es mit Gefahr, ins Nichts dahinzufließen.

Nun komm herab, krystallne reine Schale,
Hervor aus deinem alten Futterale,
An die ich viele Jahre nicht gedacht!
370 Du glänztest bei der Väter Freudenfeste,
Erheitertest die ernsten Gäste,

Wenn Einer dich dem Andern zugebracht.
Der vielen Bilder künstlich reiche Pracht,
Des Trinkers Pflicht, sie reimweis zu erklären,
375 Auf einen Zug die Höhlung auszuleeren,
Erinnert mich an manche Jugendnacht.
Ich werde jegt dich keinem Nachbar reichen,

Ich werde meinen Wig an deiner Kunst nicht zeigen;

V. 345 fgg. enthalten eine Vorahnung des Kommenden, wie noch flärker

V. 721 fgg. und 769 fgg.

Hier ist ein Saft, der eilig trunken macht. 380 Mit brauner Fluth erfüllt er deine Höhle. Den ich bereitet, den ich wähle,

385

Der lezte Trunk sei nun mit ganzer Seele

Als festlich hoher Gruß dem Morgen zugebracht!
(Er seßt die Schale an den Mund.)

Glockenklang und Chorgesang.
Chor der Engel.
Christ ist erstanden!
Freude dem Sterblichen,
Den die verderblichen,
Schleichenden, erblichen
Mängel umwanden.

Faust.

Welch tiefes Summen, welch ein heller Ton 390 Zieht mit Gewalt das Glas von meinem Munde? Verkündiget ihr dumpfen Glocken schon

Des Osterfestes erste Feierstunde?

Ihr Chöre, singt ihr schon den tröstlichen Gesang, Der einst um Grabesnacht von Engelslippen klang, 395 Gewißheit einem neuen Bunde?

400

Chor der Weiber.
Mit Spezereien
Hatten wir ihn gepflegt,
Wir, seine Treuen,
Hatten ihn hingelegt;
Tücher und Binden
Reinlich umwanden wir,
Ach, und wir finden
Christ nicht mehr hier.

V. 384. Dem Gesange der Engel liegt das alte Osterlied der christlichen Kirche zu Grunde, welches anfängt:

Christ ist erstanden

Von der Marter Banden.

V. 396 fgg. Alles auf biblischer Grundlage. Nach Matth. 27, 61 waren bei der Grablegung zugegen „Maria Magdalena und die andere Maria“ (Jakob's Mutter) und nach Joh. 19, 40 „nahmen sie den Leichnam Jesu und banden ihn in leinene Tücher mit Spezereien, wie die Juden pflegen zu begraben“. Vergl. Marcus 16, 1 und Lucas 24, 10, wo noch andrer Frauen gedacht wird.

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »