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kontrastirte und parallelisirte er auch im Zweiten Theile des Faust, was im Ersten mehr unbewußt geschehen war, heidnische und christliche Mythen mit klarstem Bewußtsein und mit voller Intention. Die Peripherie der ganzen Faustsage ist dadurch ins Unendliche hinausgerückt, ebenso nach der Seite der Ideen als der mythischen und historischen Grundlagen. Erinnerungen an Wodan tauchen_verwandelt auf, wie in der Legende vom ewigen Juden. Ihm ist das achtbeinige Wunderroß als Symbol göttlicher Allgegenwart beigege= ben. Roskoff (2, 5) weist, darauf hin, wie der weite Mantel, in welchem der Gott, nach einer von Grimm angeführten Sage bei Saxo, einen Schüßling faßt und durch die Lüfte führt, in der Faustsage demselben Zwecke" dient. Ebenso durchsprengt in den vier Haimonskindern das dem Bucephalus der Alerandersage verwandte Zauberpferd Bahart das Luftreich. Was Odin vermochte, vermag auch Karl der Große. Der Amadis kennt den Zaubermantel, Ariost's Orlando das Vogelpferd, den Hippogryph. Auch Meister Klingsohr fuhr mit Heinrich von Ofterdingen unter seinem Mantel, wie Mephistopheles mit Faust, in einer Nacht von Siebenbürgen zum Wirth Heinrich Hellgref in Eisenach.

Findet man schon in Firdusi's Schah-Nameh eine Art Faustsage der Urwelt, in der Geschichte vom Tyrannen Sohak und dem bösen Geist Jblis, so ist der wahre Prototyp des Bundes von Faust und Mephistopheles das Verhältniß der germanischen Götter Odin und Loki.*) Mephistopheles selbst ist lahm, weil Vulkan, weil Loki, der Volant der Eddasage, hinkte; andrerseits kommt in ihm die Figur des alten deutschen Hausgeistes als eine Abschwächung seiner diabolischen Natur zur Geltung. Die Kobolde betreiben mythologisches Weinbohren, zauberhaftes Schlagen des Weins aus der Spule, Ziehen der Milch aus der Spindel. Die ganze Scene in Auerbach's Keller bewegt sich in Wiederholungen alter Ruprechtscherze und der Künste des deutschen Kobolds. Diesem wird die Lust beigelegt, die Menschen durch Vorspiegelungen und Sinnestäuschungen auf einander zu heßen, doch ohne daß sie dabei Schaden nehmen. Ganz ebenso verfährt Mephistopheles dort; er sagt zwar den Gesellen: „Und merkt euch, wie der Teufel spaße", es ist aber mehr ein Spaß der Heinzel

*) Pfleiderer, Religion nach ihrer Geschichte S. 44, und Hauff, Deutsche Vierteljahrsschrift 1868, 2, 43 fgg.: „Ueber die Religion der alten Deutschen." Ethé, Studien . 260.

männer als des Satans; denn ein Spaß des Leßtern könnte nicht so harmlos enden, und so gewinnen in Mephisto die semitischen Teufelselemente durch die des Kobolds eine mildere Legirung, einen humoristischen Zusak, der die menschliche Personificirung des Teufels sehr erleichtert.*) Er ist nicht nur Spiritus, sondern auch Lar familiaris, Schwager auf du und du (V. 2230).

Die alten Götter drängten aus der christlichen Hölle, wohin die Kirche sie sammt und sonders verbannt hatte, immer wieder auf die Oberwelt zurück, zwar nicht mehr in alter Herrlichkeit, sondern verwandelt und verdorben, als Zaubergestalten und nächtlicher Herenspuk, und die Herenprozesse und Herenverbrennungen sind Symptome des fortdauernden Kampfes der christlichen Kirche gegen die unausrottbaren Wahnvorstellungen. Nicht in dem Gegensah gegen das ethisch Gute bestand das Böse, sondern in dem Abfall von dem christlichen Kultus, in der Hingabe an die dunkeln Mächte. Dazu gehörte das Versprechen, dem Teufel dienen zu wollen, **) gegen das Wort der Schrift: Nolo vos socios fieri, daemoniorum (An die Korinther 10), weshalb auch Dante (Canto XX des Inferno) Zauberer und Heren in die Hölle sendet. So nimmt Faust eine Stelle ein in der von Dante bis Byron, über Vondel und Milton reichenden Satansliteratur. Das Zeitalter der Reformation fand im Norden Europa's, besonders in Deutschland die auf altheidnischen Erinnerungen beruhenden Vorstellungen, welche in Italien nie den gleichen Einfluß gewonnen hatten und mit dem wiedererwachten antiken Geiste längst geschwunden waren, ***) noch lebendig vor. Die Faustsage, welche gleich der Karlssage und der dem Faustischen Geiste des Mittelalters ganz ent= sprechenden Alexandersage diese Erinnerungen in sich aufnahm, gewann jezt eine dergestalt erhöhte nationale Bedeutung, daß sie, wie schon oft bemerkt worden ist, die folgenden Jahrhunderte in Sage und Dichtung mit einer Ausschließlichkeit beherrschte, wie die früheren Jahrhunderte nur je die Siegfriedsage. †) Sonst ist es mißlich, in

*) Grimm, Mythologie S. 1025. Altteutsche Blätter 1, S. 289. Teutsche Sagen 1, S. 109 ff. Vischer bemerkt mit Recht (S. 258): „Goethe hat den groß genialen Gedanken gehabt, einen humoristischen Teufel zu dichten.“ **) Bodinus, Dämonomania S. 281.

***) Burkhard, die Kultur der Renaissance in Italien. 1860, S. 547–50. †) „Faust ist im Wesentlichen nichts als eine höhere Potenz des Siegfried.“ F. B. im Arch. f. d. Stud. d. n. Sprachen 12, 473 fgg.

Faust den modernen Siegfried, Sigurd den Schlangentödter, wiederfinden zu wollen; es fehlen hier alle Bindeglieder, und ist auch das Uebergreifen in die göttliche Sphäre, das Uebermenschliche, Beiden gemeinsam, so schließt doch der Titanismus des lichten Siegfried, des nordischen Achilles, und der vorwiegend innerliche des mönchischen, grübelnden Faust jede Vergleichung aus. Die Faust-Legende ist fast die einzige der Reformationszeit. *) In ihr gewann, auch als Folge des plöglichen Sturzes der geistlichen Herrschaft, worauf Achim von Arnim in der Einleitung zu Marlowe's Faust hinweist (S. XVIII), die Vorstellung eines Teufels, als des Affen Gottes, eine erhöhte Bedeutung. Luther selbst hat dies klar entwickelt: „Da nun der Teufel sahe, daß Gott eine so heilige Kirche gebauet, feiert er nicht und baut seine Kapellen dabei und will, daß durch sein Affenspiel die Kreatur neue Kraft und Macht kriege. Weihwaffer soll Sünde tilgen, den Bösen austreiben; etliche Segen heilen die Kühe, etliche Brief' machen ficher im Krieg."

Die Idee des Teufelsbündnisses gewann in dem erneuten Glauben nothwendig eine ganz andre Stellung als in dem alten, weil das protestantische Gewissen den Kampf mit dem Bösen nicht wie das katholische der Kirche überlassen konnte. Er mußte von jedem Einzelnen persönlich aufgenommen, persönlich durchgeführt werden. Wie Luther, so hatte Jeder diesen unheimlichen Hausgeist. Der Verkehr mit ihm geschah auf dem Boden evangelischer Gewissensfreiheit, auf eigne Verantwortung und Gefahr, und Rettungen, wie in der Theophilussage und in der von Frau Jutta, hier schon aus der Hölle, nicht vor der Hölle, waren mit dem Charakter der protestantischen Faustsage unvereinbar.

Als Goethe einen Stoff von so hervorragender nationaler und geistiger Bedeutung ergriff, um ihm eine poetische Gestalt zu geben, die Volkspoesie und Kunstpoesie zu verschmelzen, leitete ihn ein mehr oder weniger bestimmtes Gefühl der Verwandtschaft seiner Zeit mit dem Zeitalter der Reformation. Aus diesem hatte er seine GößTragödie geschöpft; dem Ritter, der seine Freiheit in der Selbsthülfe suchte, stellte er den Faust als Vertreter der Selbsthülfe und Selbst= befreiung auf geistigem, nicht blos auf religiösem Gebiete, in beiden

*) Kolloff, Der evangelische Sagenkreis (Raumer's Hist. Taschenb. 1860, 4,31) und Sagenhafte und symbolische Thiergeschichten des Mittelalters (das. 1867, 4, 38).

die Natur der von ihr abgefallenen Kultur gegenüber. Der Gök konnte in seiner historischen Gestalt beibehalten werden; bei Faust find die thatsächlichen Vorgänge zwar auch zeitlich in dieselbe Periode, räumlich ebenso nach Deutschland gelegt, obgleich nur Leipzig einmal als Ort der Handlung genannt wird, aber das ganze Drama ist in die Sphäre des Ueberfinnlichen gerückt, wo allein für das moderne Bewußtsein die Gestalt des Mephistopheles eine Existenz haben konnte, und mit innrer Nothwendigkeit der Inhalt des Stücks, so weit es diese Figur betrifft, in symbolische Mythen, wie solche eben der Sage zu Grunde liegen, aufgelöst. Der nicht eigentlich mythische — wenn man unter Mythen Göttermythen versteht, aber sagenhafte und legendarische Vorgang bestimmte ebenso die dichterische Behandlung wie die dramatische Form.

Die symbolische Behandlung machte der Stoff nothwendig, der fich zu einer halb religiösen, halb weltlichen Legende ausgebildet hatte. Als ein zweiter Paracelsus wendet der Goethische Fauft sich von der Scholastik des Mittelalters zur Natur, die jener für ein Werk des Teufels galt, mit Hülfe der gleichfalls verdammlichen astrologischen, alchymistischen und theurgischen Künste. Aus seiner Doktor= zelle dringt er vor in das Leben, vom Studium zu Thaten, in diejenige Welt, der zu entsagen die christliche Ascetik zum Heil der Seele verlangte. *) Dieser Faust soll, nach des Dichters Absicht, sein Streben nach dem Höchsten des Menschenlooses erreichen, den Zwiespalt zwischen Ideal und Wirklichkeit durch sein Leben aufheben und dieses selbst, durch die Läuterung nach dem Falle, den Triumph des Guten über die Versuchungen der Welt darstellen. Die objektiven Mächte der Religion, der Sitte, des Staats find, wie in einer ursprünglichen Welt, dichterisch zurückverlegt in das menschliche Innere, aufgelöst in den lebendigen Inhalt der freien Individualität. Sowohl wegen des Grundthemas, ob die menschliche Selbstbefreiung im Einflange mit den ewigen göttlichen und ethischen Geseßen und damit die Totalität unsrer Natur überhaupt erreichbar ist, als besonders wegen der überfinnlichen Kräfte, welche nicht wie in einigen Shakespeare'schen Stücken vorübergehend in die Wirklichkeit hineingreifen, sondern deren Spiel, wie in Calderon's Autos sacramentales, das

*) Der Begründer der modernen Philosophie, Descartes, nahm einen ganz Faustischen Ausgang; er wandte sich dem Leben zu, wurde Soldat, weil ihm die Wissenschaften nicht genügten.

Drama selbst ausmacht, ist Goethe's Faust mit Recht ein Mysterium zu nennen. Die Magie, der sich Faust ergiebt, findet in der Mystik des Schlusses ihr Gegenbild. Der Prolog im Himmel und Faust's Himmelfahrt rahmen als zwei besondre Mirakelspiele die ganze Tragödie ein und bestimmen ihren Charakter. *) Zugleich aber hat Goethe den Hergang an ganz bestimmte historische Bedingungen ge= knüpft, indem er den Weg des begabten Subjekts von idealem Aufschwunge zur Lösung der höchsten realen Lebensaufgaben geschichtlich faßt als den Uebergang von mittelalterlicher Scholastik zum modernen Leben. Aus der Scholastik befreite uns die Renaissance. Faust's Weg führt daher durch das in der Person der Helena neu auferweckte Griechenland, durch die antike Welt.

Da es Goethe unternahm, die Faust-Legende, also einen ausgebildeten biographischen Stoff, zu dramatisiren, so sah er sich auf jene ältere volksthümliche Darstellungsform angewiesen, worin die christliche Passion, die Legenden der Heiligen und das Leben der Märtyrer in Scene gesezt zu werden pflegten. Das Drama des Mittelalters, welches solche Stoffe liebte, stellt nicht einzelne Handlungen, sondern in epischer Weise einen Verlauf von Handlungen in einem Entwicklungsgange dar, z. B. das Leben Christi von seiner Geburt bis an seinen Tod, und ebenso war der Teufel unserm ältern Drama als komisch-tragische Person, aus der sich der Hanswurst entwickelte, durchaus nothwendig. **) Auch die Hans Sachs'sche Tragödie, an die Goethe unmittelbar anknüpfte, ist in diesem epischen Stil verfaßt. Wollte Goethe die Faust-Legende nicht in einen Cyklus einzelner Dramen, deren jedes eine besondre Handlung enthielte, zerstückeln, so blieb ihm nur die gewählte Form übrig. Die Wiederbelebung der Faustsage des sechzehnten Jahrhunderts ging so Hand in Hand mit der Wiederbelebung des Hans Sachs'schen Tons und der dramatischen Form, welche dasselbe Jahrhundert beherrscht hatte. Diese Form hat Goethe im Faust, sohr er fie veredelte und mit den Vorzügen des Kunstdramas im Einzelnen

*) Der englische Uebersetzer des Faust, Anster, neunt die Tragödie gleichfalls „Faustus, a Dramatic Mystery" (Frankfurt a. M. 1841).

**) Mone, Altdeutsche Schauspiele 1841, S. 15; Keller, Fastnachtsspiele 4, 342; Mone, Schauspiele des Mittelalters 2, 29; Goedeke, Grundriß 1, 339, 286, 300. Lewes 2, 260 nennt Fauft richtig „ein Schauspiel im großen Stil der alten Sage". C

Goethe's Fauft, I.

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